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Technische Verfahrensdokumentation als wirksamer Teil des Tax-CMS
Vermeidung einer Hinzuschätzung wegen formeller Mangelhaftigkeit
In der betrieblichen Praxis beginnt eine steuerliche Betriebsprüfung regelmäßig mit der Überlassung der digitalen Buchhaltungsdaten (sog. GDPdU-Überlassung ). Sofern eine IDEA-spezifische Verarbeitung der Buchhaltung technische Schwierigkeiten bereitet – was regelmäßig bei atypischen Buchhaltungssystemen ohne herkömmliche IDEA-Schnittstelle der Fall ist –, kommt einer technischen IDEA-Verknüpfung mittels SmartX-Einlese praktische Bedeutung zu. Um weitere technische Besonderheiten des verfügbaren ERP-Systems seitens der Finanzverwaltung zu erkennen, fordert die Finanzverwaltung zudem regelmäßig eine technische Verfahrensdokumentation an. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, welche praktischen Besonderheiten sich bzgl. dieses Prüfungsschritts als Teil eines wirksamen Tax-CMS ergeben und welche Möglichkeiten bei Nichtexistenz einer Verfahrensdokumentation zur Umgehung einer regressrelevanten Schätzung durch formelle Mangelhaftigkeit bestehen.
Krüger, Kassenführung (HGB), infoCenter, NWB DAAAG-28623
Für jedes DV-System muss eine übersichtlich gegliederte Verfahrensdokumentation vorhanden sein, aus der Inhalt, Aufbau, Ablauf und Ergebnisse des DV-Verfahrens vollständig und schlüssig ersichtlich sind.
Die Verfahrensdokumentation muss hierbei als Teil eines wirksamen Tax-CMS insbesondere eine allgemeine Beschreibung, eine Anwenderdokumentation, eine technische Systemdokumentation sowie eine Betriebsdokumentation enthalten.
Das Fehlen der Verfahrensdokumentation wird nicht beanstandet, wenn Nachprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Buchführung nicht beeinträchtigt werden. Im Einzelfall kann bei Unvollständigkeit oder Fehlen einer Verfahrensdokumentation daher auch ein alternativer Dokumentationsansatz den Anlass einer Hinzuschätzung durch Verstoß gegen die formelle Ordnungsmäßigkeit entkräften.
I. Verfahrensdokumentation als „sonstige Organisationsunterlage“ der Buchführung
[i]Teutemacher/Krullmann, Verfahrensdokumentation zur Kassenführung bei elektronischen Aufzeichnungssystemen, BBK 9/2022 S. 405, NWB GAAAI-60359 Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen sind geordnet aufzubewahren (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO). Der Begriff der Aufzeichnungen erfasst hierbei sämtliche Aufzeichnungen, die für steuerliche Zwecke vorzunehmen sind. Sind diese Aufzeichnungen mittels eines Datenverarbeitungssystems (DV) erstellt, so unterfallen sie im Rahmen der steuerlichen Außenprüfung auch dem Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO. Den in § 147 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aufgeführten Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen kommt bei DV-gestützten Buchführungen besondere Bedeutung zu. Die Dokumentation hat insoweit nach Maßgabe der Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (sog. GoBD) zu erfolgen. Eine technische Verfahrensdokumentation stellt hierbei grds. eine „sonstige Organisationsunterlage“ i. S. des § 147 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO dar.
Aufbewahrungspflichtig sind ferner Unterlagen, die für die Überprüfung der Buchführung durch einen sachverständigen Dritten erforderlich sind. Hierzu gehören Arbeitsanweisungen sowie Organisationsunterlagen, insbesondere die Verfahrensdokumentation zur EDV-Buchführung, sofern ohne eine solche Verfahrensdokumentation die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit der Buchführung nicht gegeben ist. Denn nur dann besteht eine Pflicht zur Aufzeichnung der S. 738Dokumentation nach §§ 145, 146 AO und damit nach dem Grundsatz der Akzessorietät auch eine Aufbewahrungspflicht. Weder die Erstellung noch die Aufbewahrung einer Verfahrensdokumentation ist aber erforderlich, wenn die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit der Buchführung auch ohne Dokumentation zu bejahen ist.
Zu befürchten ist jedoch, dass die Finanzverwaltung diese Regelung nur ausnahmsweise anwenden wird und daher i. d. R. die Unvollständigkeit oder das Fehlen einer Verfahrensdokumentation zum Anlass einer Hinzuschätzung nehmen wird.