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Ertragsteuerliche Aspekte der Wegzugsbesteuerung
Anwendungsfälle und Fallstricke des § 6 AStG
[i]Deutschländer, Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 17 EStG, Grundlagen, NWB JAAAG-42489 Zieht eine im Inland bislang unbeschränkt steuerpflichtige Person, die eine Beteiligung i. S. des § 17 EStG hält, ins Ausland, greift die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG. Sinn und Zweck der Vorschrift ist die Besteuerung der in den Kapitalgesellschaftsanteilen enthaltenen stillen Reserven, weil Deutschland als bisheriger Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht an diesen in der Regel durch den Wegzug des Gesellschafters verliert. Dabei kommt es zu einer solchen Entstrickungsbesteuerung auch dann, wenn Deutschland das Besteuerungsrecht an diesen Anteilen aus anderen Gründen verliert, weil z. B. eine solche Beteiligung unentgeltlich auf eine Person übertragen wird, die nicht im Inland unbeschränkt steuerpflichtig ist. Da im Zuge der Globalisierung die Menschen immer mobiler werden, wächst auch die Bedeutung der Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG (international auch als „Exit-Tax“ bezeichnet) stetig. Die Kenntnis der Anwendungsfälle und Fallstricke des § 6 AStG ist daher für die Beratungspraxis unerlässlich.
I. Grundfall der Wegzugsbesteuerung: Aufgabe des inländischen Wohnsitzes/gewöhnlichen Aufenthalts
1. Sachlicher Anwendungsbereich
[i]Fingierte VeräußerungDie sog. Wegzugsbesteuerung ist Gegenstand des § 6 AStG. Mit dieser Entstrickungsregelung soll der Sachverhalt erfasst werden, bei dem eine im Inland bislang unbeS. 2schränkt steuerpflichtige Person ins Ausland zieht und Deutschland allein aufgrund des Wegzugs dieser Person und der damit verbundenen Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland das Besteuerungsrecht an den Anteilen i. S. des § 17 EStG verliert. Zwar unterliegt der Gewinn aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen der inländischen beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e EStG, allerdings weisen die vorrangig anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) das Besteuerungsrecht an diesen Veräußerungsgewinnen in der Regel dem Wohnsitzstaat des Anteilseigners zu, wie es das OECD-MA in Art. 13 Abs. 5 OECD-MA vorsieht. [i]Beendigung der unbeschränkten SteuerpflichtDaher kann der bisherige Wohnsitzstaat die stillen Reserven bei tatsächlicher Veräußerung der Anteile i. S. des § 17 EStG nicht mehr besteuern, weil der Anteilseigner nun in einem anderen Wohnsitzstaat ansässig ist.
[i]Erfassung der stillen Reserven aus der Beteiligung an KapitalgesellschaftenAls Rechtsfolge ordnet § 6 AStG eine fiktive Veräußerung der Anteile i. S. des § 17 EStG zum Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland an. Damit kommt es zu einer zeitlich vorgelagerten Besteuerung der stillen Reserven zum Zeitpunkt des Wegzugs, um den Regelungen in dem jeweiligen DBA bei tatsächlicher Veräußerung zuvorzukommen. Die Steuerfolgen dieser fiktiven Veräußerung richten sich nach § 17 EStG; sie entsprechen denen einer tatsächlichen Veräußerung der Beteiligung. Die Entstrickung erfolgt zum gemeinen Wert der Beteiligung im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts. Dieser Wert gilt als erzielter Veräußerungspreis i. S. des § 17 Abs. 2 EStG. Soweit die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Steuer entrichtet wurde, gilt der gemeine Wert nunmehr als Anschaffungskosten der fiktiv veräußerten Anteile, ansonsten gelten unverändert die ursprünglichen Anschaffungskosten. Sofern der Gesellschafter die Beteiligung anschließend tatsächlich veräußert, ist der nach § 17 und § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e EStG anzusetzende Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile um den nach den vorstehenden Vorschriften besteuerten Vermögenszuwachs zu kürzen.