Arbeitgeberdarlehen im Lohnsteuerrecht
Die Reaktion der Finanzverwaltung auf das BFH-Urteil zur marktüblichen Verzinsung von Arbeitgeberdarlehen
Der BFH hatte letztes Jahr in einem Urteil entschieden, dass ein geldwerter Vorteil nicht vorliegt, wenn bei einem Arbeitgeberdarlehen der typisierte Zinssatz der Lohnsteuerrichtlinien unterschritten wird, es sich aber um eine marktübliche Verzinsung handelt. Denn aufgrund des niedrigen Zinsniveaus der letzten Jahre lag der marktübliche Zinssatz beispielsweise für Baufinanzierungen unter dem in den Lohnsteuerrichtlinien festgelegten Zinssatz. Nun hat sich die Finanzverwaltung zu dem BFH-Urteil geäußert und legt künftig einen durchschnittlichen Marktzins zugrunde.
I. Die Entscheidung des
Nach mehreren Entscheidungen der Finanzgerichte musste sich 2006 der BFH mit der Frage befassen, wann ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil bei Gewährung eines Arbeitgeberdarlehens gegeben ist. In seinem Urteil vom – VI R 28/05 NWB BAAAB-92965 hatte der BFH der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung in den Lohnsteuerrichtlinien widersprochen und die Entscheidung des NWB SAAAB-57266 bestätigt:
Es läge kein lohnsteuerpflichtiger Vorteil vor, wenn ein Darlehen zu marktüblichen Konditionen gewährt werde, das den typisierten Zinssatz von 5 % unterschreite. Objektiv betrachtet S. 1026läge in diesen Fällen keine Bereicherung vor. Ein steuerlich zu berücksichtigender Vorteil ist laut BFH sogar dann nicht gegeben, wenn der Zinssatz an der Untergrenze der Streubreite der Bundesbank-Statistik liegt, da ein Kreditnehmer normalerweise das günstigste Angebot annimmt. Weiter führte der BFH aus, dass der in den Lohnsteuerrichtlinien genannte Zinssatz lediglich eine Nichtaufgriffsgrenze darstellt und keinen steuerbaren geldwerten Vorteil begründet.
Außerdem ist laut BFH ein steuerlich zu erfassender Vorteil auch gem. § 8 Abs. 2 Satz 8 EStG i. V. mit R 31 Abs. 8 Satz 3 LStR nicht gegeben, da die Organkompetenzen verletzt werden: Denn die Lohnsteuerrichtlinien werden von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats erlassen und nicht – wie in § 8 Abs. 2 Satz 8 EStG vorgeschrieben – von der obersten Finanzbehörde des Landes mit Zustimmung des Bundesfinanzministeriums. Aus diesem Grunde wird in den Lohnsteuerrichtlinien 2008 auf die Angabe eines entsprechenden Zinssatzes verzichtet werden.
II. Die Reaktion der Finanzverwaltung
1. Marktüblicher Zinssatz
Nachdem der BFH in seiner o. g. Entscheidung der Finanzverwaltung die Basis für ihre Verfahrensweise bei der Besteuerung des geldwerten Vorteils bei der Gewährung von Arbeitgeberdarlehen entzogen hat, hat die Finanzverwaltung am ein BMF-Schreiben zur Behandlung von geldwerten Vorteilen bei Arbeitgeberdarlehen veröffentlicht (IV C 5 - S 2334/07/0009, NWB NAAAC-47818).
Bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils bei Arbeitgeberdarlehen legt jetzt auch die Finanzverwaltung den marktüblichen Zinssatz zugrunde. Laut dem BMF-Schreiben ist der Zinssatz bei Vertragsabschluss für die gesamte Vertragslaufzeit maßgeblich. Dies gilt jedoch nicht für Darlehen mit einem variablen Zinssatz.
Als marktüblichen Zinssatz akzeptiert die Finanzverwaltung jetzt auch die von der Deutschen Bundesbank zuletzt veröffentlichten Effektivzinssätze, die abgerufen werden können unter:
http://www.bundesbank.de/statistik/statistik_zinsen_tabellen.php
Dort sind unter der Rubrik „EWU-Zinsstatistik (Bestände, Neugeschäft)” diverse Zinssätze zusammengestellt, unter anderem finden sich dort Tabellen mit den Zinssätzen für Baufinanzierungen und Konsumentenkredite. Das Interessante hierbei ist, dass es sich bei diesen Zinssätzen um nach Volumina gewichtete Durchschnittszinssätze handelt und nicht um den niedrigsten Zinssatz am Markt, wie vom BFH akzeptiert. Die Streubreite der Zinssätze und damit auch der günstigste Zinssatz am Markt lassen sich aus diesen Tabellen nicht ablesen. S. 1027Deshalb werden diese Zinssätze von der Finanzverwaltung als Maßstabszinssätze bezeichnet. Da es sich hierbei nur um eine Vereinfachungsregelung handelt, kann auch ein niedrigerer marktüblicher Zinssatz gewählt werden; jedoch dürften die Anforderungen an den Nachweis der Marktüblichkeit in solchen Fällen relativ hoch ausfallen.
Wichtig hierbei ist auch die Unterscheidung bei den Zinssätzen in a) Bestände und b) Neugeschäft.
Der Arbeitnehmer A bekommt im März 2007 von seinem Arbeitgeber ein Darlehen zur Finanzierung eines Wohnungskaufs. Der Zinssatz soll für 10 Jahre fix sein. Laut der Tabelle unter dem oben aufgeführten Link (in der Rubrik „EWU-Zinssätze (Bestände, Neugeschäft)” unter b) Neugeschäft für Wohnungsbaukredite mit anfänglicher Zinsbindung in der Spalte „von über 5 Jahren bis 10 Jahre”) liegt der marktübliche Zinssatz bei 4,78 %.
2. 44 €-Freigrenze
Des Weiteren wird in dem o. g. BMF-Schreiben ausgeführt, dass ein geldwerter Vorteil nur zu versteuern ist, wenn die ersparten Zinsen monatlich 44 € übersteigen. Zu beachten ist jedoch, dass die Freigrenze von 44 € pro Monat für alle gewährten geldwerten Vorteile gilt, d. h. sobald neben einem vergünstigten Arbeitgeberdarlehen noch beispielsweise Benzingutscheine gewährt werden, gilt die Freigrenze für die Summe der gewährten Vorteile. Überschreitet die Summe dieser Vorteile die Freigrenze von 44 €, sind die gesamten geldwerten Vorteile der Lohnsteuer zu unterwerfen.
Der Arbeitnehmer N erhält im Juni 2007 von seinem Arbeitgeber ein Darlehen in Höhe von 15.000 € zu einem Zinssatz von 3 % (für die gesamte Laufzeit fix) für Konsumzwecke, welches in 3 Jahren zu tilgen ist. Laut der Tabelle unter dem oben aufgeführten Link (in der Rubrik „EWU-Zinssätze (Bestände, Neugeschäft)” unter b) Neugeschäft für Konsumentenkredite mit einer Zinsfestschreibung bis zu 5 Jahren) beträgt der Zinssatz 5,75 %. Von diesem Zinssatz kann noch ein Abschlag von 4 % vorgenommen werden. Damit ergibt sich als maßgeblicher Zinssatz 5,52 % (= 5,75 · 96 %). Nach Abzug des Zinssatzes, den N selbst zu tragen hat, ergibt sich ein Vorteil von 2,52 % (= 5,52 - 3 %). Damit beträgt der monatliche Zinsvorteil 31,50 € und liegt unterhalb der 44 €-Freigrenze, der Zinsvorteil bleibt somit lohnsteuerfrei.
Die vereinbarte Verzinsung für das Arbeitgeberdarlehen liegt bei 2 %. Damit ergibt sich ein geldwerter Vorteil von 3,52 %, der monatliche Zinsvorteil beträgt damit genau 44 € und ist noch steuerfrei. Wird für dieses Darlehen jedoch ein Zinssatz vereinbart, der auch nur geringfügig unter 2 % liegt, ergibt sich ein monatlicher geldwerter Vorteil von über 44 €; aufgrund des Überschreitens der Freigrenze ist dieser dann in voller Höhe steuerpflichtig.S. 1028
3. Rabattfreibetrag
Die Finanzverwaltung weist in dem o. g. BMF-Schreiben ausdrücklich auf den Unterschied zwischen der Bewertung des geldwerten Vorteils nach § 8 Abs. 2 EStG und § 8 Abs. 3 EStG hin. § 8 Abs. 3 EStG gilt nur für Bank- bzw. Sparkassenangestellte; § 8 Abs. 2 EStG kommt immer dann zur Anwendung, wenn die Vergabe der Darlehen nicht zur Haupttätigkeit des Arbeitgebers gehört, also Einzelhändler oder Dienstleister wie Steuerberater etc. Damit können nur Angestellte von Arbeitgebern, die üblicherweise Darlehen vergeben, von dem Rabattfreibetrag Gebrauch machen. Der Rabattfreibetrag beträgt 1.080 € pro Kalenderjahr. Sofern der geldwerte Vorteil beispielsweise bei einem Sparkassenangestellten für ein Arbeitgeberdarlehen den Wert von 1.080 € im Kalenderjahr nicht überschreitet, bleibt dieser unversteuert.
Der Sparkassenangestellte Schneider erhält für den Erwerb eines neuen Fahrzeugs im Mai 2007 ein Arbeitgeberdarlehen in Höhe von 25.000 € zu einem Zinssatz von 3 %, der für die nächsten 3 Jahre festgeschrieben ist. Der Maßstabszinssatz der Finanzverwaltung beträgt lt. der Bundesbank-Statistik für Konsumentenkredite mit einer Zinsfestschreibung bis zu 5 Jahren 5,88 %. Nach Abschlag von 4 % beträgt der maßgebliche Zinssatz 5,64 %. Nach Abzug des von Schneider gezahlten Zinssatzes von 3 % ergibt sich ein Vorteil von 2,64 %, d. h. 55 € pro Monat. Damit ist die Freigrenze von 44 € überschritten und der Zinsvorteil wäre lohnsteuerpflichtig. Da mit 660 € im Jahr jedoch der Zinsvorteil den Rabattfreibetrag nicht überschreitet, bleibt der geldwerte Vorteil steuerfrei.
Grundsätzlich ist das Schreiben des Bundesfinanzministeriums zu begrüßen. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs, so vorteilhaft sie für manchen Steuerpflichtigen war, hat zu einer großen Nachweisproblematik geführt und damit auch zu Diskussionen im Rahmen von Betriebsprüfungen. Die Beurteilung des geldwerten Vorteils an Hand der Durchschnittszinssätze der Bundesbank führt zu einem realitätsnäheren Ergebnis als es mit dem typisierten Zinssatz in den Lohnsteuerrichtlinien jemals möglich war. Auch lässt sich aufgrund der Vereinfachungsregelung durch Anwendung der Zinssätze der Bundesbank der Nachweis verhältnismäßig leicht erbringen, ohne konkrete Angebote bei den einzelnen Banken einholen zu müssen.
M. E. ist mit diesem BMF-Schreiben ein guter Mittelweg eingeschlagen worden. Zum einen werden die Durchschnittszinssätze, die von der Bundesbank veröffentlicht werden, monatlich neu ermittelt und spiegeln damit auch die Entwicklung auf dem Markt relativ gut wider und zum anderen ist der Dokumentations- und Nachweisaufwand durch den einfachen Zugang zu den Bundesbankstatistiken und durch die Bindung der Finanzverwaltung an diese durch das veröffentlichte BMF-Schreiben verhältnismäßig gering.
Fundstelle(n):
BBK Fach 5 Seite 834 - 836
BBK2007 Seite 1025 - 1028
NWB EAAAC-59443