Online-Nachricht - Montag, 19.09.2022

Verfahrensrecht | Zeitpunkt des Beginns einer Außenprüfung (FG)

Das Anfordern von Unterlagen kann eine Prüfungshandlung darstellen, durch die eine den Ablauf der Festsetzungsfrist hemmende Außenprüfung wirksam beginnt (; Nichtzulassungsbeschwerde anhängig, BFH-Az. V B 75/22).

Sachverhalt: Die Klägerin reichte ihre Umsatzsteuererklärung 2015 im Jahr 2016 beim beklagten FA ein. Nachdem im Dezember 2020 bereits mit einer Außenprüfung für die Umsatzsteuer 2016 bis 2018 begonnen worden war, erweiterte der Prüfer den Prüfungszeitraum mit Schreiben vom (Eingang laut Kanzleistempel des Prozessbevollmächtigten am ) auf die Umsatzsteuer 2015. Als voraussichtlicher Prüfungsbeginn war der angegeben.

Mit Fax vom , das auf die Erweiterung der Betriebsprüfung Bezug nahm, forderte der Prüfer bestimmte Unterlagen für 2015, wie Eingangs-/Ausgangsrechnungen, elektronische FiBu-Daten etc., an. Zudem bat er um die Beantwortung mehrerer, ausführlich formulierter Fragen für den Zeitraum 2016 bis 2018. Eine Frage betraf dabei die Errichtung und die Veräußerung von Bauten auf einem in 2015 erworbenen Grundstück.

Nach Abschluss der Betriebsprüfung im Jahr 2021 erließ der Beklagte einen geänderten Umsatzsteuerbescheid. Dagegen wandte die Klägerin ein, der Umsatzsteuerbescheid 2015 habe nicht geändert werden dürfen, da die reguläre Festsetzungsfrist am abgelaufen sei. Eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO greife nicht. Reine Vorbereitungshandlungen wie die Versendung einer Prüfungsanordnung bzw. die Anforderung allgemeiner Unterlagen mit Schreiben vom führten noch nicht zu einer Ablaufhemmung. Zudem seien in zeitlicher Hinsicht vor dem in der Prüfungsanordnung angegebenen Prüfungsbeginn, dem , durchgeführte Tätigkeiten lediglich als Prüfungsvorbereitungen zu bewerten. Nach dem bis zum Jahresende seien aber keine Prüfungshandlungen vorgenommen worden.

Das FG bejahte eine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist wegen der am begonnenen Außenprüfung:

  • Die ergänzende Prüfungsanordnung vom und die Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen vom ist als Beginn der Außenprüfung für die Umsatzsteuer 2015 zu werten.

  • Das Vorlageersuchen hat konkrete Ermittlungsmaßnahmen auch für das Jahr 2015 zum Inhalt gehabt und stellt insoweit eine Prüfungshandlung dar, die über eine bloße Vorbereitungshandlung hinausgeht.

  • Für eine Prüfungshandlung ist nicht erforderlich, dass der Prüfer auf einen bestimmten Einzelsachverhalt bezogene Unterlagen anfordert oder Fragen stellt. Anhaltspunkte für bloße Scheinhandlungen, die lediglich den Zweck verfolgen, die Ablaufhemmung herbeizuführen, konnten nicht festgestellt werden.

  • Unschädlich ist ferner, dass die tatsächliche Bekanntgabe der ergänzenden Prüfungsanordnung der Prüfungshandlung nachfolgte, denn für die Klägerin ist zu diesem Zeitpunkt erkennbar gewesen, dass die Prüfung mit der Anforderung der Unterlagen am bereits begonnen hat.

Hinweis:

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Klägerin hat gegen das Urteil eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die unter dem Az. V B 75/22 beim Bundesfinanzhof anhängig ist.

Quelle: ; FG Düsseldorf Newsletter August/September 2022 (RD)

Fundstelle(n):
NWB JAAAJ-22181