BAG Urteil v. - 10 AZR 419/19

Beteiligung an Privatliquidationserlösen - nachgeordnete Ärzte - konkludenter Vertragsschluss - Vertrag zugunsten Dritter

Gesetze: § 133 BGB, § 145 BGB, § 157 BGB, § 242 BGB, § 314 BGB, § 315 Abs 1 BGB, § 328 Abs 1 BGB, § 584 BGB, § 612 BGB, § 614 S 2 BGB, § 621 BGB, § 624 BGB, § 723 BGB, § 812 BGB, § 108 Abs 1 S 1 GewO, § 38 Abs 1 S 1 EStG, § 38 Abs 3 S 1 EStG, § 253 Abs 1 ZPO, § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 268 ZPO, § 295 Abs 1 ZPO, § 308 Abs 1 S 1 ZPO, § 1 TVG, § 4 Abs 1 S 2 TV-Ärzte/VKA, § 37 Abs 1 TV-Ärzte/VKA

Instanzenzug: ArbG Siegburg Az: 4 Ca 663/18 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Köln Az: 5 Sa 104/19 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Beteiligung des Klägers an den Privatliquidationserlösen des Beklagten zu 1. in der Zeit von Januar 2017 bis August 2021.

2Die Beklagte zu 2. betreibt ein Krankenhaus mit einer Fachabteilung „Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und plastische Gesichtschirurgie“, die der Beklagte zu 1. als Chefarzt im Streitzeitraum leitete.

3Der Kläger ist bei der Beklagten zu 2. als leitender Oberarzt dort beschäftigt. Kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme kommt ua. der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung. Dessen § 4 lautet auszugsweise:

4Im Arbeitsvertrag des Klägers vom findet sich folgende Regelung:

5Der Beklagte zu 1. schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2. einen Dienstvertrag, den sog. Chefarztvertrag. Im Anschluss an die Regelung in § 11 des Chefarztvertrags, der einen Vorteilsausgleich durch den Beklagten zu 1. zugunsten des Krankenhausträgers für die Einräumung eines Liquidationsrechts im stationären Bereich vorsieht, findet sich folgende Bestimmung:

6Die ambulante Behandlung von Privatpatienten führte der Beklagte zu 1. im Rahmen einer genehmigten Nebentätigkeit auf der Grundlage eines mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2. geschlossenen „Nutzungsvertrags für Tätigkeiten außerhalb der Dienstaufgaben“ aus.

7Bis einschließlich Dezember 2016 zahlte der Beklagte zu 1. unmittelbar an den Kläger monatlich 2.000,00 Euro. Diese Zahlungen wies die Beklagte zu 2. in den für den Kläger bestimmten Entgeltabrechnungen als „Chefarztzahlung“ aus und führte Steuern sowie Sozialversicherungsabgaben ab. Mit dem Monat Januar 2017 reduzierte der Beklagte zu 1. diese Zahlungen auf zunächst 1.000,00 Euro. Später erfolgten Zahlungen in wechselnder Höhe. Zahlungen des Beklagten zu 1. erfolgten auch an andere nachgeordnete Ärzte.

8Mit inhaltsgleichen Schreiben des Beklagten zu 1. vom und mit Anwaltsschreiben vom kündigte der Beklagte zu 1. „höchst vorsorglich“ eine möglicherweise gegenüber dem Kläger aus jeglichem Rechtsgrund bestehende Verpflichtung auf eine Mitarbeiterbeteiligung zum .

9Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stünden mindestens 2.000,00 Euro monatlich als Beteiligung an den Privatliquidationserlösen des Beklagten zu 1. zu. Der Anspruch beruhe auf einem stillschweigend mit dem Beklagten zu 1. zustande gekommenen Vertrag. Dessen Kündigung halte einer gerichtlichen Kontrolle am Maßstab des § 315 BGB nicht stand. Darüber hinaus ergebe sich der Anspruch gegen beide Beklagten aus dem Chefarztvertrag als Vertrag zugunsten Dritter. Die geltend gemachten Auskünfte benötige er, um prüfen zu können, ob beide Beklagte mit den monatlichen Zahlungen ihren Verpflichtungen nachgekommen seien.

10Der Kläger hat zuletzt - der Sache nach - beantragt,

11Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte zu 1. hat behauptet, er habe mit dem Kläger keinen Vertrag geschlossen. Die Zahlungen habe er ausschließlich geleistet, um seine gegenüber der Beklagten zu 2. bestehende arbeitsvertragliche Pflicht zu erfüllen, die nachgeordneten Ärzte an den Privatliquidationen für die stationäre Behandlung von Privatpatienten zu beteiligen. Dies sei dem Kläger auch bekannt gewesen. Jedenfalls habe er mehr als 20 % seiner Bruttohonorareinnahmen aus der stationären Tätigkeit an die nachgeordneten Ärzte weitergereicht. Ein Anspruch, an den Liquidationserlösen aus ambulanten Behandlungen beteiligt zu werden, bestehe in keinem Fall. § 12 des Chefarztvertrags beziehe sich ausschließlich auf die stationäre Behandlung von Patienten und die Beteiligung an den hieraus erzielten Erlösen.

12Die Beklagte zu 2. hat den Standpunkt vertreten, ein Vertrag zur Beteiligung des Klägers an den Privatliquidationserlösen des Beklagten zu 1. sei mit ihr nicht zustande gekommen, auch nicht in Form eines Vertrags zugunsten Dritter. Sie habe lediglich als Abrechnungsstelle fungiert. Ihre im Arbeitsvertrag mit dem Kläger begründete Vergütungspflicht habe sie erfüllt; Auskunftsansprüche bestünden auch als Nebenpflicht nicht.

13Der Kläger hatte zunächst neben dem Beklagten zu 1. die Klinikum O GmbH in Anspruch genommen. Mit Schriftsatz vom hat er erklärt, dass sich die Klage nicht gegen diese, sondern gegen die Beklagte zu 2. richte. Das Arbeitsgericht hat dem Zahlungsantrag iHv. 14.000,00 Euro brutto nebst Zinsen gegen den Beklagten zu 1. entsprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung auf die Berufung des Klägers und unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten zu 1. teilweise abgeändert und diesen verurteilt, weitere 8.000,00 Euro brutto nebst Zinsen an den Kläger zu zahlen. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision will der Beklagte zu 1. die vollständige Klageabweisung erreichen. Mit seiner Anschlussrevision verfolgt der Kläger seine ursprünglichen Begehren, soweit er unterlegen ist, in vollem Umfang weiter.

Gründe

14Sowohl die Revision des Beklagten zu 1. als auch die Anschlussrevision des Klägers sind begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht weder der Zahlungsklage gegen den Beklagten zu 1. stattgeben noch die Klage im Übrigen abweisen. Dies führt insgesamt zur Aufhebung der Entscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Mangels hinreichender Feststellungen kann der Senat nicht selbst in der Sache entscheiden. Der Rechtsstreit ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

15A. Die zulässige Revision des Beklagten zu 1. ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht dem Kläger keinen Anspruch gegen den Beklagten zu 1. auf Zahlung von 22.000,00 Euro brutto nebst Zinsen zuerkennen.

16I. Die Klage ist hinsichtlich dieses Leistungsantrags zulässig.

171. Sie ist ordnungsgemäß iSv. § 253 Abs. 1 ZPO auch gegenüber der Beklagten zu 2. erhoben. Der Schriftsatz vom , mit dem der Kläger erklärt hat, die Klage nicht gegen die Klinikum O GmbH, sondern gegen die Beklagte zu 2. zu richten, ist dieser zwar nur formlos übermittelt und nicht zugestellt worden. Dieser Mangel ist aber nach § 295 Abs. 1 ZPO geheilt, weil die Beklagte zu 2. trotz Kenntnis der mangelnden Zustellung im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am rügelos verhandelt hat.

182. Der in der Auswechslung der Klinikum O GmbH durch die Beklagte zu 2. liegende gewillkürte Parteiwechsel ist wirksam. Für das mit Schriftsatz vom und damit vor Beginn der mündlichen Verhandlung erklärte Ausscheiden der Klinikum O GmbH war deren Zustimmung nicht erforderlich (vgl.  - Rn. 9 mwN). Da Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht über den Antrag in der Sache entschieden haben, ist im Übrigen in entsprechender Anwendung von § 268 ZPO in der Revisionsinstanz nicht mehr zu prüfen, ob durch den Parteiwechsel eine Klageänderung gegeben und sie ggf. zulässig war (vgl.  - Rn. 28 mwN).

193. Die Klage ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

20a) Der Kläger stützt seinen Zahlungsantrag zum einen auf eine zwischen ihm und dem Beklagten zu 1. bestehende, stillschweigend zustande gekommene Vereinbarung über eine monatliche Beteiligung an dessen Privatliquidationen, zum anderen auf ein unmittelbares Forderungsrecht aus dem zwischen den beiden Beklagten geschlossenen Chefarztvertrag, den er als sog. echten Vertrag zugunsten Dritter iSv. § 328 Abs. 1 BGB ansieht.

21b) Ausgehend vom Wortlaut richtet sich der Antrag zu 1. zwar in gleicher Weise gegen beide Beklagte. Dem Vorbringen des Klägers lässt sich jedoch entnehmen, dass sich das Zahlungsbegehren, soweit es der Kläger auf eine mit dem Beklagten zu 1. zustande gekommene Vereinbarung stützt, nur gegen diesen richtet. Der Kläger hat in seinen Schriftsätzen zusammengefasst dazu ausgeführt, der Beklagte zu 1. sei persönlicher Anspruchsschuldner. Der Anspruch ergebe sich aus einer konkludenten Vereinbarung sowie - auch gegen die Beklagte zu 2. - aus einem Vertrag zugunsten Dritter. Daraus wird deutlich, dass sich der Kläger für den Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu 2. nur auf den Chefarztvertrag beruft.

224. Seine Klageforderung stützt der Kläger damit auf zwei verschiedene Lebenssachverhalte. Er stellt ein einheitliches Klagebegehren zur gerichtlichen Entscheidung, das er aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet. Dabei handelt es sich nicht um eine unzulässige alternative Klagehäufung, weil der Kläger klargestellt hat, in welcher Reihenfolge das Gericht über die Ansprüche entscheiden soll.

23a) Eine alternative Klagehäufung verstößt gegen das Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen, wenn der Kläger dem Gericht die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt. Deshalb muss, was auch konkludent möglich ist, eine Reihenfolge gebildet werden, in der die Streitgegenstände zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden. Dies ist noch im Lauf des Verfahrens möglich ( - Rn. 18 mwN).

24b) Diesem Erfordernis wird die Klage gerecht. Der Kläger hat schriftsätzlich ausgeführt, dass sich der Anspruch in erster Linie aus der konkludent zustande gekommenen Vereinbarung ergibt und nur nachrangig aus dem Chefarztvertrag als Vertrag zugunsten Dritter. Damit hat der Kläger die Reihenfolge seiner prozessualen Ansprüche bestimmt, ohne sie in ein Eventualverhältnis zu setzen.

25c) Darin liegt auch keine unzulässige subjektive Eventualklage (vgl.  - Rn. 10 mwN). Der Kläger hat die auf Zahlung von 22.000,00 Euro gerichtete Klage unbedingt gegen beide Beklagte erhoben. Dass der vorrangig zur gerichtlichen Entscheidung gestellte Streitgegenstand - der auf eine Individualvereinbarung gestützte Anspruch - nur den Beklagten zu 1. betrifft, steht dem nicht entgegen. Der Kläger hat die beiden Streitgegenstände nicht im Weg von Haupt- und Hilfsantrag verfolgt, sondern einen einheitlichen Anspruch unterschiedlich begründet.

26II. Ob der Beklagte zu 1. aus einer Individualvereinbarung mit dem Kläger zur Zahlung von 22.000,00 Euro nebst Zinsen verpflichtet ist, steht noch nicht fest. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts trägt dieses Ergebnis nicht. Dies führt insoweit zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

271. Zwischen einem zur Privatliquidation berechtigten leitenden Arzt eines Krankenhauses und einem nachgeordneten Arzt bestehen nicht ohne Weiteres vertragliche Beziehungen. Insbesondere besteht zwischen diesen Parteien regelmäßig kein Arbeitsverhältnis, aus dem Vergütungsansprüche des nachgeordneten Arztes resultieren könnten ( - zu II 1 der Gründe). So ist die Lage auch im Streitfall.

28a) Der Kläger erbringt die ärztliche Leistung bei der Behandlung der Privatpatienten des Beklagten zu 1. grundsätzlich im Rahmen seines mit der Beklagten zu 2. bestehenden Arbeitsverhältnisses. Dies gilt sowohl für die stationäre als auch für deren ambulante Behandlung.

29aa) Die stationäre Behandlung aller Patienten zählt auf der Grundlage des Chefarztvertrags zur Dienstpflicht des Beklagten zu 1., unabhängig davon, ob es sich um Kassen- oder Privatpatienten handelt. Dem Kläger als Oberarzt obliegt es wiederum arbeitsvertraglich, diese Patienten im stationären Krankenhausbetrieb zu behandeln, was sich in § 8 Satz 1 bis 5 seines Arbeitsvertrags widerspiegelt.

30bb) Die ambulante Behandlung von Privatpatienten durch den Beklagten zu 1. erfolgt demgegenüber nicht als Dienstpflicht gegenüber der Beklagten zu 2., sondern im Rahmen einer zugelassenen Nebentätigkeit. Anders stellt sich die Situation für den Kläger dar: Dieser ist nach seinem Arbeitsvertrag iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 TV-Ärzte/VKA verpflichtet, auch im Rahmen einer zugelassenen Nebentätigkeit von leitenden Ärztinnen und Ärzten innerhalb der Einrichtung ärztlich tätig zu werden.

31b) Mit der Vergütung, die der Kläger aus seinem mit der Beklagten zu 2. bestehenden Arbeitsverhältnis erhält, sind deshalb grundsätzlich - mangels arbeitsvertraglicher Vereinbarung einer gesonderten Vergütung - auch dessen Leistungen im Rahmen der stationären und ambulanten Behandlung von Privatpatienten abgegolten. Ansprüche des nachgeordneten Arztes gegen den leitenden Arzt, etwa aus stillschweigender Vergütungsvereinbarung iSv. § 612 BGB oder nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 BGB), sind in einem solchen Fall nicht gegeben. Grundlage der Leistungserbringung ist vielmehr der Arbeitsvertrag mit der Beklagten zu 2. ( - zu B IV 2 b aa der Gründe).

322. Für die geltend gemachte Beteiligung besteht auch weder eine gesetzliche Anspruchsgrundlage im Krankenhausgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen, noch kann sich der Kläger auf standesrechtliche Bestimmungen stützen (st. Rspr., zB  - zu B I der Gründe mwN).

333. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass Zahlungsansprüche des nachgeordneten Arztes gegen den leitenden Arzt wegen der Leistung ärztlicher Dienste, für die dem leitenden Arzt ein Liquidationsrecht zusteht, generell ausscheiden. Solche Ansprüche bedürfen aber einer gesonderten vertraglichen Anspruchsgrundlage.

34a) Insoweit geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, dass sich der Beklagte zu 1. nach dem Grundsatz der Privatautonomie (§ 311 Abs. 1 Satz 1 BGB) verpflichten kann, den Kläger an Privatliquidationserlösen ohne Rücksicht auf dessen arbeitsvertragliche Verpflichtungen zu beteiligen (vgl. Gehrlein/Pröpper BB 2012, 2049, 2052; vgl. auch § 8 Satz 8 des klägerischen Arbeitsvertrags). In diesem Fall ist es Sache des nachgeordneten Arztes, die Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die Verpflichtung des leitenden Arztes zu einer solchen Honorierung über die vom Arbeitgeber geschuldete Vergütung hinaus ergeben soll. Auf den Abschluss eines Dienst- oder Arbeitsvertrags zwischen dem leitenden und dem nachgeordneten Arzt kommt es nicht an ( - zu B IV 2 b cc der Gründe).

35b) Ein Anspruch des nachgeordneten Arztes gegen den leitenden Arzt auf Beteiligung an dessen Privatliquidationserlösen kann sich neben einer unmittelbar zwischen diesen beiden Personen getroffenen Vereinbarung auch aus dem zwischen dem leitenden Arzt und dem Krankenhausträger geschlossenen Vertrag - hier dem Chefarztvertrag - ergeben. Das ist dann der Fall, wenn diese vertragliche Vereinbarung als echter Vertrag zugunsten Dritter iSv. § 328 Abs. 1 BGB einzuordnen und der leitende Arzt Versprechender ist.

36aa) Nach § 328 Abs. 1 BGB kann durch Vertrag eine Leistung mit der Wirkung vereinbart werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. Ein Dritter erwirbt aus einem solchen Vertrag Forderungsrechte ungeachtet der Tatsache, dass er an dessen Abschluss rechtsgeschäftlich nicht beteiligt ist. Dagegen ist beim sog. ermächtigenden oder unechten Vertrag zugunsten Dritter lediglich der Schuldner ermächtigt, mit befreiender Wirkung an den Dritten zu leisten. Das Recht, die Leistung an den Dritten zu verlangen, steht allein dem Gläubiger zu (Raab Austauschverträge mit Drittbeteiligung S. 22; MüKoBGB/Gottwald 8. Aufl. § 328 Rn. 19). Entscheidend für die eine oder andere Möglichkeit ist stets der erkennbare Parteiwille ( - Rn. 60 mwN).

37bb) Dieser ist auch entscheidend für die Frage, welche Vertragspartei Versprechender der vereinbarten Leistung ist. Im Schrifttum wird dazu überwiegend diskutiert, dass die Regelung im Vertrag des leitenden Arztes mit dem Krankenhausträger, wie die nachgeordneten Ärzte an den Privatliquidationserlösen des leitenden Arztes zu beteiligen sind, ein Versprechen des Chefarztes beinhalten kann (Gehrlein/Pröpper BB 2012, 2049, 2052; v. Harbou/Scharpf NZA 2008, 333, 336; Münzel NJW 2001, 1752, 1756 f.). Ebenso kommt aber in Betracht, dass Versprechender die andere Vertragspartei - der Krankenhausträger - ist.

384. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, aufgrund der jahrelangen vorbehaltlosen Zahlung in gleicher Höhe habe der Kläger davon ausgehen dürfen, dass sich der Beklagte zu 1. ihm gegenüber vertraglich binden wolle. Insbesondere habe beim Kläger nicht der Eindruck entstehen können, der Beklagte zu 1. habe auf eine fremde Schuld leisten wollen. Diese Annahme hält auch einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

39a) Vertragliche Vereinbarungen kommen durch auf den Vertragsschluss gerichtete, einander entsprechende Willenserklärungen zustande, indem das Angebot („der Antrag“) der einen Vertragspartei nach §§ 145 ff. BGB von der anderen Vertragspartei angenommen wird. Eine Willenserklärung ist eine Äußerung, die darauf gerichtet ist, einen rechtsgeschäftlichen Erfolg herbeizuführen. Sie kann nicht nur durch eine ausdrückliche Erklärung, sondern auch durch schlüssiges Verhalten abgegeben werden. Dazu muss die Erklärung - aus der Sicht des Adressaten - mit dem Willen zur rechtlichen Bindung abgegeben worden sein (st. Rspr., zuletzt zB  - Rn. 18; - 10 AZR 16/20 - Rn. 36 mwN).

40aa) Ob eine Äußerung oder ein Verhalten als Willenserklärung zu verstehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Nach §§ 133, 157 BGB sind Willenserklärungen und Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten, wobei vom Wortlaut auszugehen ist. Auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände sind einzubeziehen, um den wirklichen Willen der Parteien zu ermitteln, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinn verstanden, geht der wirkliche Wille dem Wortlaut des Vertrags und jeder anderen Interpretation vor. Er setzt sich selbst gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch. Diese Grundsätze sind auch anzuwenden bei der Frage, ob ein bestimmtes willentliches Verhalten eine Willenserklärung darstellt ( - Rn. 37 mwN).

41bb) Die revisionsrechtliche Prüfdichte für eine vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung hängt davon ab, ob eine individuelle Willenserklärung oder eine typische Erklärung gegeben ist. Die Auslegung individueller Willenserklärungen kann das Revisionsgericht nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Gesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat. Die Auslegung typischer Erklärungen unterliegt dagegen einer unbeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle (st. Rspr., zB  - Rn. 20).

42b) Danach hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts selbst einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

43aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts scheint nicht ausgeschlossen, dass der Kläger die monatlichen Zahlungen des Beklagten zu 1. nach dem objektiven Empfängerhorizont dahin verstehen durfte, dass sich der Beklagte zu 1. ihm gegenüber rechtsgeschäftlich binden wollte (vgl.  - Rn. 11 mwN).

44(1) Die ärztlichen Leistungen, die der Kläger im Rahmen der Behandlung der Privatpatienten des Beklagten zu 1. erbracht hat, waren Teil seiner gegenüber der Beklagten zu 2. geschuldeten arbeitsvertraglichen Leistung und daher aus seiner Sicht grundsätzlich mit der Zahlung der vereinbarten Vergütung abgegolten. Die Zahlungen des Beklagten zu 1. können bei objektiver Betrachtung dahingehend interpretiert werden, dieser gewähre dem Kläger eine Beteiligung an den Privatliquidationserlösen unabhängig von und zusätzlich zu dem von der Beklagten zu 2. gezahlten Entgelt.

45(2) Dafür spricht, dass die Zahlungen über einen längeren Zeitraum in gleichbleibender Höhe erfolgten, ohne dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. ein Arbeitsverhältnis oder eine ausdrückliche andere vertragliche Vereinbarung bestand. Einen Vorbehalt - darauf stellt das Landesarbeitsgericht zu Recht ab - hat der Beklagte zu 1. nicht erklärt. Die Zahlungen erfolgten bis zum Ablauf des Jahres 2016 als fester Betrag. Dies könnte gegen die Annahme sprechen, der Beklagte zu 1. habe den Kläger lediglich in Erfüllung seiner Verpflichtung gegenüber der Beklagten zu 2. aus § 12 des Chefarztvertrags abhängig von den konkret erzielten Liquidationserlösen beteiligen wollen. Ebenso möglich erscheint es allerdings, die monatlichen Zahlungen als der Abrechnung vorweggenommene Abschlagszahlungen aufzufassen. Gegen ein solches Verständnis spricht allerdings, dass eine solche (kalenderjährliche) Abrechnung (vgl. § 12 Abs. 3 des Chefarztvertrags) nie erfolgte.

46(3) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Ausweisung der Zahlungen des Beklagten zu 1. auf den dem Kläger von der Beklagten zu 2. erteilten Abrechnungen einem Verpflichtungswillen des Beklagten zu 1. nicht entgegensteht. Zum einen handelt es sich bei einer Entgeltabrechnung iSv. § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO regelmäßig um eine Wissens- und nicht um eine Willenserklärung. Die Abrechnung dient der Transparenz und bezweckt die Information über die erfolgte Zahlung ( (A) - Rn. 39). Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass Arbeitgeber nach § 38 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 EStG verpflichtet sind, die Lohnsteuer bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten. Arbeitslohn im steuerrechtlichen Sinn können auch von Dritten gewährte Vorteile sein, wenn sich die Zahlung - wie im Streitfall - als Gegenleistung für eine konkrete Arbeitsleistung darstellt (NK-GA/Hummel § 19 EStG Rn. 24, 27; Luxenburger Das Liquidationsrecht der leitenden Krankenhausärzte S. 389 ff.). Aus der steuerlichen Behandlung können demnach keine Rückschlüsse auf die privatrechtliche Rechtsgrundlage dieser Zahlung gezogen werden (vgl.  - zu II 3 der Gründe).

47bb) Allerdings hat das Landesarbeitsgericht bei der Würdigung des Verhaltens der Parteien wesentliche Tatsachen nicht berücksichtigt.

48(1) Nicht gewürdigt hat das Berufungsgericht die Behauptung des Beklagten zu 1., dem Kläger sei bekannt gewesen, dass die Beteiligung an den Privatliquidationen ausschließlich in Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung gegenüber der Beklagten zu 2. erfolgt sei. Sollte der Kläger hiervon Kenntnis gehabt haben, stünde das der Annahme einer individualvertraglichen Vereinbarung entgegen. Werden Leistungen erkennbar aufgrund einer anderen Rechtspflicht erbracht, kann der Leistungsempfänger nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer und unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden (vgl.  - Rn. 18 [zum Entstehen einer betrieblichen Übung]).

49(2) Ebenso unberücksichtigt gelassen hat das Landesarbeitsgericht, dass nicht nur eine Beteiligung an den Liquidationserlösen des Beklagten zu 1. für die stationäre Behandlung von Privatpatienten im Raum steht, sondern auch eine solche an den Liquidationserlösen aus ambulanter Behandlung. Damit kommen zwei verschiedene Ansprüche auf Beteiligung an den Privatliquidationserlösen in Betracht. Gerade mit Blick auf die ambulante Tätigkeit leitender Ärzte sieht § 8 Satz 8 des Arbeitsvertrags des Klägers vor, dass er sich mit dem leitenden Arzt über den Anteil der Vergütung für die Mitwirkung an einer dem leitenden Arzt genehmigten Nebentätigkeit verständigen muss. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Zahlungen des Beklagten zu 1. - zumindest auch - deshalb erfolgten, um den Kläger an den Liquidationserlösen zu beteiligen, die der Beklagte zu 1. aus der ambulanten Behandlung von Privatpatienten erzielt hat. Für eine solche Annahme könnte insbesondere sprechen, dass der Beklagte zu 1. selbst darauf hinweist, die an den Kläger gezahlten 2.000,00 Euro monatlich hätten deutlich über dem nach § 12 des Chefarztvertrags vorgesehenen Anteil gelegen.

50c) Der Senat kann in der Sache mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen nicht selbst nach § 563 Abs. 3 ZPO entscheiden.

51aa) Das Landesarbeitsgericht wird, nachdem es den Parteien Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme gegeben hat, zunächst zu prüfen haben, ob der Kläger im Zusammenhang mit den monatlichen Zahlungen des Beklagten zu 1. wusste, dass der Beklagte zu 1. damit seine gegenüber der Beklagten zu 2. bestehende arbeitsvertragliche Pflicht erfüllen wollte, nachgeordnete Ärzte angemessen zu beteiligen. Ohne eine solche Kenntnis des Klägers spricht Vieles dafür, dass der Beklagte zu 1. - ausgehend vom Empfängerhorizont eines objektiven Dritten - die monatlichen Zahlungen an den Kläger als rechtsgeschäftlichen Verpflichtungsgrund gegen sich gelten lassen müsste.

52bb) Das Landesarbeitsgericht müsste weiterhin konkretere Feststellungen zum Inhalt einer möglichen Verpflichtung treffen. Das betrifft insbesondere die Frage, ob die Zahlungen ausschließlich für die Mitwirkung des Klägers an der stationären oder der ambulanten Behandlung von Privatpatienten erfolgten oder beide Tätigkeitsfelder abdecken sollten. In diesem Zusammenhang wird zu würdigen sein, ob der Beklagte zu 1. - aus der Sicht eines objektiven Empfängers - mit den Zahlungen in stets gleicher Höhe bezweckte, die Mitwirkung des Klägers nur in einem oder in beiden Bereichen pauschal zu honorieren und dabei von einer abschließenden Regelung der Beteiligung ausging. Dabei wird auch in den Blick zu nehmen sein, ob mit der möglichen Vereinbarung einer Pauschalzahlung durch den Beklagten zu 1. auch mögliche Ansprüche gegen die Beklagte zu 2. abgegolten werden sollten und es - wie diese meint - zu einer konkludenten Abänderung von § 12 des Chefarztvertrags gekommen ist.

53cc) Da mit der Klage Bruttobeträge verlangt werden, ist noch darauf hinzuweisen, dass eine solche Pauschalzahlung eventuell anfallende Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung enthalten dürfte (vgl.  - zu I 3 der Gründe). Ebenfalls zu klären ist der Zeitpunkt der Fälligkeit eines möglichen Anspruchs. Insoweit kommt, wenn sich aus dem Zahlungsverhalten des Beklagten zu 1. nichts anderes ergibt, eine Anwendung des § 614 Satz 2 BGB in Betracht.

54dd) Eine Ausschlussfrist steht eventuellen Ansprüchen nicht entgegen. Insbesondere ist § 37 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA nicht anwendbar. Die darin geregelte Ausschlussfrist greift nicht bei Ansprüchen der Arbeitnehmer untereinander (Dassau/Wiesend-Rothbrust TVöD Krankenhäuser, Pflege- und Betreuungseinrichtungen § 37 TV-Ärzte/VKA/§ 37 TVöD-K Rn. 9). Sie erfasst daher nicht Ansprüche, die sich aus einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. ergeben.

55ee) Sofern das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. eine individualvertragliche Vereinbarung zustande gekommen ist, wird es sich im Weiteren mit der Wirksamkeit der vorsorglich unter dem 13. und ausgesprochenen ordentlichen Kündigung zum auseinanderzusetzen haben.

56(1) Ein unbefristetes Dauerschuldverhältnis kann in entsprechender Anwendung der §§ 584, 624, 723 BGB grundsätzlich ordentlich unter Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Dies gilt auch dann, wenn Vorschriften über ein ordentliches Kündigungsrecht fehlen und die Parteien die ordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen haben ( - Rn. 32; - VIII ZR 241/08 - Rn. 6 mwN). Wegen der Nähe zum Dienstvertrag kommt auch hier die entsprechende Anwendung der gesetzlichen Bestimmung zum Dienstvertragsrecht - § 621 BGB - in Betracht. Eines Kündigungsgrundes bedürfte es insoweit nicht; allerdings könnte der Wirksamkeit der Kündigung im Einzelfall Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegenstehen (vgl. dazu zB  - Rn. 33 mwN, BAGE 171, 44;  - Rn. 23), wie es das Landesarbeitsgericht hier angenommen hat.

57(2) Allerdings spricht Vieles dafür, dass es sich bei dem Vertragsverhältnis, mit dem sich ein leitender Arzt zur Erfüllung seiner Standespflichten oder aus anderen Gründen zur Beteiligung der nachgeordneten Ärzte an den Privatliquidationseinnahmen verpflichtet, bei einer Ausgangslage wie der hier bestehenden (vgl. Rn. 27 ff.) nicht um ein unbefristetes Dauerschuldverhältnis handelt. Vielmehr liegt nahe, darin eine doppelt auflösend bedingte Vereinbarung eigener Art zu sehen, die einerseits an die Erzielung von Erlösen aus der Privatliquidation des Chefarztes und andererseits an die Beteiligung des nachgeordneten Arztes an der Behandlung dieser Patienten geknüpft ist. Diese Einordnung als auflösend bedingter Vertrag trägt dem Umstand Rechnung, dass einerseits die Beteiligung der nachgeordneten Ärzte an ihre Leistungserbringung im Rahmen des fortlaufenden Arbeitsverhältnisses anknüpft und andererseits der leitende Arzt standesrechtlich regelmäßig nur so lange zu einer Beteiligung verpflichtet ist, wie sich die nachgeordneten Ärzte an der Behandlung der Privatpatienten beteiligen. Ein Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung kann dann auch schon in der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung als solcher zu finden ( - Rn. 14) und dürfte in einer solchen Konstellation zu bejahen sein (vgl. zB  - Rn. 22).

58Unberührt bliebe in jedem Fall das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund nach § 314 BGB. Ob der Kläger und der Beklagte zu 1. - konkludent - ein solches Vertragsverhältnis geschlossen und ggf. das Recht zur ordentlichen Kündigung vereinbart haben, bedarf der Prüfung durch das Landesarbeitsgericht, nachdem die Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme auch zu dieser Fragestellung erhalten haben.

59B. Ebenso begründet ist die zulässige Anschlussrevision des Klägers. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht weder die Klage auf Zahlung von 22.000,00 Euro brutto nebst Zinsen, soweit sie auf den Chefarztvertrag als Vertrag zugunsten Dritter gestützt wurde, noch die Stufenklage abweisen. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil es unter anderem auf den Inhalt einer möglichen Individualvereinbarung zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. ankommt und weiterer Sachvortrag der Parteien, insbesondere zum Inhalt des Auskunftsanspruchs und zu einer möglichen konkludenten Abänderung von § 12 des Chefarztvertrags, erforderlich ist. Der Rechtsstreit ist deshalb auch insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

60I. Gegenstand der Anschlussrevision sind sowohl die auf einen Vertrag zugunsten Dritter gestützte Zahlungsklage als auch die Stufenklage. Ausweislich ihrer Begründung verfolgt der Kläger mit der Anschlussrevision „seine Anträge aus der Berufung weiter, die von den Vorinstanzen abgewiesen wurden“. Abgewiesen hat das Landesarbeitsgericht den auf Zahlung von 22.000,00 Euro brutto nebst Zinsen gegen beide Beklagten gerichteten Antrag, soweit ihn der Kläger mit einem aus dem Chefarztvertrag als Vertrag zugunsten Dritter herrührenden Anspruch begründet hat. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht die gegen beide Beklagten gerichtete Stufenklage als insgesamt unbegründet abgewiesen.

61II. Die Anschlussrevision ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft. Auch wenn die Anschlussrevision nicht den Streitgegenstand betrifft, der Gegenstand der Hauptrevision ist, kann der Kläger die von den Tatsacheninstanzen abgewiesenen Ansprüche im Weg der Anschlussrevision weiterverfolgen. Zwischen den Lebenssachverhalten, die den Ansprüchen der Revision und Anschlussrevision zugrunde liegen, besteht ein unmittelbarer rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang (vgl. zu diesem Erfordernis  - Rn. 15 mwN;  - Rn. 29 f. mwN, jeweils Fälle einer beschränkt zugelassenen Revision betreffend). Deshalb kann dahinstehen, ob dieses Erfordernis dann greift, wenn - wie hier - auch hinsichtlich des Gegenstands der Anschlussrevision die Revision zugelassen worden ist (vgl.  - Rn. 17, BAGE 165, 255; GK-ArbGG/Ahrendt Stand Dezember 2020 § 74 Rn. 200).

62III. Die Anschlussrevision ist hinsichtlich der Abweisung der Zahlungsklage, soweit sie der Kläger mit einem Anspruch aus dem Chefarztvertrag begründet hat, erfolgreich. Das Landesarbeitsgericht hat die vom Kläger bestimmte Reihenfolge der zur Entscheidung gestellten Streitgegenstände nicht beachtet und damit gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen.

631. Der Antragsgrundsatz nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nicht nur dann verletzt, wenn einer Partei ohne ihren Antrag etwas zugesprochen wird, sondern auch, wenn ihr ein Anspruch aberkannt wird, den sie nicht zur Entscheidung gestellt hat. Ein Verstoß der Vorinstanzen gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten (st. Rspr., zB  - Rn. 42 mwN).

642. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger einen Anspruch auf Zahlung von 22.000,00 Euro brutto nebst Zinsen gegen den Beklagten zu 1. zugesprochen, den gegen beide Beklagten gerichteten identischen Anspruch aber abgesprochen und die Klage insoweit abgewiesen. Damit hat das Berufungsgericht dem Kläger einen Anspruch aberkannt, den er nicht zur Entscheidung gestellt hat. Die Auslegung des Klageantrags hat ergeben, dass der Kläger den Zahlungsanspruch im Weg einer alternativen Klagehäufung verfolgt und eine Reihenfolge vorgegeben hat, nach der er die Streitgegenstände zur gerichtlichen Entscheidung stellt (Rn. 24). Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht seine Prüfung mit dem Anspruch begonnen, den der Kläger auf die zwischen ihm und dem Beklagten zu 1. zustande gekommene Individualvereinbarung gestützt hat. Da das Landesarbeitsgericht diesen Anspruch zuerkannt hat, durfte es über den nur nachrangig zur Entscheidung gestellten Anspruch nicht mehr entscheiden.

65IV. Die Anschlussrevision ist ferner begründet, soweit das Landesarbeitsgericht die Stufenklage als unbegründet abgewiesen hat. Die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung trägt dieses Ergebnis nicht.

661. Dies gilt zunächst, soweit das Landesarbeitsgericht annimmt, ein höherer Beteiligungsanspruch gegen den Beklagten zu 1. könne wegen des vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Anspruchs auf Zahlung von 2.000,00 Euro brutto monatlich nicht bestehen. Ob ein solcher Anspruch besteht, welche Beteiligungsansprüche dieser erfasst (stationär und/oder ambulant) und ob es sich ggf. um eine abschließende, weitere Ansprüche ausschließende Vereinbarung handelt, steht noch nicht fest (vgl. Rn. 50 ff.).

672. Auch im Hinblick auf mögliche Ansprüche gegen die Beklagte zu 2. teilt der Senat das Verständnis des Landesarbeitsgerichts vom Inhalt des Chefarztvertrags nicht. Es hat dessen § 12 dahin ausgelegt, dass die Klausel lediglich eine Verpflichtung des Beklagten zu 1. gegenüber der Beklagten zu 2. beinhalte, Honorareinnahmen abzuführen, aber keine Ansprüche gegen die Beklagte zu 2. begründen könne. Diese Auslegung hält selbst einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand, da das Landesarbeitsgericht wesentliche Umstände nicht berücksichtigt hat. Daher kann offenbleiben, ob es sich bei § 12 des Chefarztvertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB, eine Einmalklausel iSd. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB oder um eine individuelle Vertragsabrede und damit eine nichttypische Willenserklärung handelt (vgl. zur unterschiedlichen Reichweite der revisionsrechtlichen Kontrolle  - Rn. 38).

68a) Das Landesarbeitsgericht hat nur auf die Verpflichtung des Beklagten zu 1. abgestellt, Honorareinnahmen an die Beklagte zu 2. abzuführen. Nicht beachtet hat es aber einerseits, dass sich die Regelung in § 12 des Chefarztvertrags allein auf die Beteiligung an Liquidationserlösen für die stationäre Behandlung von Privatpatienten erstreckt. Eine Beteiligung für die Mitwirkung an der ambulanten Behandlung von Privatpatienten kann mit Blick auf die Nutzungsvereinbarung, die zwischen den beiden Beklagten im Streitzeitraum bestand, nicht aus § 12 des Chefarztvertrags hergeleitet werden. In die Auslegung ist andererseits der Inhalt von § 12 Abs. 2 des Chefarztvertrags nicht hinreichend eingegangen. Dort ist geregelt, wie die vom Beklagten zu 1. an die Beklagte zu 2. abgeführten Liquidationserlöse an die nachgeordneten Ärzte verteilt werden.

69b) Die Auslegung von § 12 des Chefarztvertrags ergibt unter Berücksichtigung dieser Umstände, dass es sich dabei - soweit es nicht, wie die Beklagte zu 2. meint, nachfolgend zu einer konkludenten Abänderung der Bestimmung gekommen ist - um einen echten Vertrag zugunsten Dritter handelt. Er vermittelt den nachgeordneten Ärzten - wozu der Kläger zählt - einen Anspruch, an den Liquidationserlösen aus der stationären Behandlung angemessen beteiligt zu werden. Welcher Anteil angemessen ist, ist von der Beklagten zu 2. im Einvernehmen mit dem Beklagten zu 1. zu bestimmen. Dabei haben die Beklagten die in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Chefarztvertrags genannten Parameter Leistung, Verantwortung und Aufgaben der ärztlichen Mitarbeiter zu beachten und im Übrigen billiges Ermessen iSv. § 315 Abs. 1 BGB zu wahren (zu § 315 Abs. 1 BGB näher  - Rn. 51 mwN).

70aa) Dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 des Chefarztvertrags lässt sich eine Drittbegünstigung der nachgeordneten Ärzte entnehmen. Die Bestimmung sieht vor, dass die nachgeordneten Ärzte an den Einnahmen des Chefarztes beteiligt werden, für die diesem ein Liquidationsrecht zusteht.

71(1) „Jemanden beteiligen“ steht für „jemanden teilhaben lassen“ oder „jemanden einen finanziellen Anteil an etwas geben“. Ein Verwendungsbeispiel lautet „jemanden am Gewinn, am Umsatz beteiligen“ (www.duden.de Stichwort „beteiligen“, zuletzt abgerufen am ). Die Beklagten haben damit vereinbart, dass die nachgeordneten Ärzte einen finanziellen Anteil an den Liquidationserlösen des Beklagten zu 1. erhalten sollen. Mit dieser Formulierung haben sie eine Begünstigung der nachgeordneten Ärzte vereinbart.

72(2) Für die Annahme des Beklagten zu 1., § 12 Abs. 1 Satz 1 des Chefarztvertrags weise lediglich auf geltendes Standesrecht hin, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten. Die Vertragsabrede erschöpft sich nicht in der schlichten Wiedergabe der einschlägigen standesrechtlichen Vorschrift des § 29 Abs. 3 der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte vom idF vom . Der Chefarztvertrag geht vielmehr über den Regelungsgegenstand des Standesrechts hinaus und schreibt in § 12 Abs. 1 Satz 3 einen an die Beklagte zu 2. abzuführenden Mindestanteil sowie in § 12 Abs. 2 Satz 2 Grundsätze für die Verteilung dieses Anteils an die nachgeordneten Ärzte vor. Damit handelt es sich nicht um die rein deklaratorische Wiedergabe eines Normtextes ohne besonderen Regelungscharakter, sondern um eine Vereinbarung mit rechtsgeschäftlicher Wirkung (vgl.  - Rn. 20; zum Arbeitsvertrag  - Rn. 23 mwN).

73bb) Der weiteren Ausgestaltung von § 12 des Chefarztvertrags lässt sich entnehmen, dass Versprechende die Beklagte zu 2. und Versprechensempfänger der Beklagte zu 1. sind.

74(1) Verpflichtet sich ein leitender Arzt gegenüber dem Krankenhausträger, die nachgeordneten Ärzte an seinen Liquidationserlösen aus der Behandlung von Privatpatienten finanziell zu beteiligen, handelt es sich - ohne Hinzutreten weiterer Umstände - in der Regel um ein Versprechen des Chefarztes, das ihn verpflichtet, einen Teil seiner Erlöse an die nachgeordneten Ärzte weiterzureichen.

75(2) Im Streitfall erschöpft sich die Regelung in § 12 des Chefarztvertrags allerdings nicht in einem Versprechen des Beklagten zu 1. gegenüber der Beklagten zu 2. Vielmehr haben er und die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2. vertraglich vereinbart, wie die Beteiligung der nachgeordneten Ärzte prozedural und inhaltlich abzulaufen hat.

76(a) Nachdem sich die Grundverpflichtung zur Beteiligung der nachgeordneten Ärzte aus § 12 Abs. 1 Satz 1 des Chefarztvertrags ergibt, regelt dessen § 12 Abs. 1 Satz 2 die Pflichten, die den Beklagten zu 1. in diesem Zusammenhang treffen. Er hat einen angemessenen Teil der „bereinigten“ Einnahmen aus der stationären Behandlung der Privatpatienten abzuführen, der sich auf mindestens 20 % beläuft.

77(b) Für die Erfüllung des Anspruchs der nachgeordneten Ärzte ist aber nicht der Beklagte zu 1. verantwortlich, sondern die Beklagte zu 2. Dies zeigt sich an der Formulierung in § 12 Abs. 2 Satz 1, wonach die „Verteilung an die ärztlichen Mitarbeiter (…) im Einvernehmen mit dem Arzt“ erfolgt. Wäre die Auszahlung der abgeführten Liquidationserlöse an die nachgeordneten Ärzte eine Pflicht des Beklagten zu 1., hätte das Einvernehmen mit dem Krankenhausträger hergestellt werden müssen. Die Pflicht, die nachgeordneten Ärzte zu beteiligen, trifft damit die Beklagte zu 2.

78(c) Für die Verpflichtung der Beklagten zu 2. spricht zudem, dass der Beklagte zu 1. die zu verteilenden Einnahmen direkt an die Beklagte zu 2. zu entrichten hat. § 12 des Chefarztvertrags gibt keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Einnahmen zugunsten einer fremden Vermögensmasse abzuführen sind, die die Beklagte zu 2. sicherstellt und treuhänderisch verwaltet.

79(3) Der Annahme, die Beklagte zu 2. sei Versprechende, steht nicht entgegen, dass Gegenstand der Regelung in § 12 des Chefarztvertrags auch eine Verpflichtung des Beklagten zu 1. ist, nämlich einen angemessenen Anteil der Liquidationserlöse abzuführen. Dies ist die Gegenleistungspflicht des Versprechensempfängers, die regelmäßig der Pflicht des Versprechenden, an den Dritten zu leisten, gegenübersteht (BeckOGK/Mäsch Stand BGB § 328 Rn. 23).

80cc) Den nachgeordneten Ärzten steht - soweit keine konkludente Abänderung erfolgte - ein eigenes Forderungsrecht gegen die Beklagte zu 2. zu. Bei § 12 Abs. 2 des Chefarztvertrags handelt es sich nicht um einen sog. unechten Vertrag zugunsten Dritter, der die Beklagte zu 2. lediglich ermächtigte, mit befreiender Wirkung an die nachgeordneten Ärzte zu leisten.

81(1) Sofern keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde, ist im Weg der Vertragsauslegung zu ermitteln, ob dem Dritten ein eigenes Forderungsrecht zustehen oder er nur die Leistung als solche erhalten soll. Maßgeblich ist grundsätzlich der gemeinsame Wille der vertragsschließenden Parteien - Versprechender und Versprechensempfänger (BeckOGK/Mäsch Stand BGB § 328 Rn. 54). Nach § 328 Abs. 2 BGB sind bei der Beurteilung, ob der Dritte ein Recht erwerben soll, die Umstände und insbesondere der Vertragszweck zu berücksichtigen.

82(2) Mit § 12 des Chefarztvertrags bezweckten die Beklagten, die Mitwirkung der nachgeordneten Ärzte bei der stationären Behandlung von Privatpatienten des Beklagten zu 1. finanziell abzugelten. Der Regelung kommt Vergütungscharakter zugunsten der nachgeordneten Ärzte zu. Die in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Chefarztvertrags genannten Verteilungskriterien Leistung, Verantwortung und Aufgaben bringen den Vergütungszweck deutlich zum Ausdruck. Es liegt im Interesse beider Beklagter, die medizinischen Leistungen der nachgeordneten Ärzte zu honorieren. Ihnen geht es darum, diesem Personenkreis, der an der Behandlung der Privatpatienten des leitenden Arztes mitwirkt, eine zusätzliche Vergütung zukommen zu lassen.

83Die Durchführung durch die Beklagte zu 2. wird dem Umstand gerecht, dass die nachgeordneten Ärzte - wie der Kläger - bereits arbeitsvertraglich verpflichtet sind, an der Behandlung von Privatpatienten des leitenden Arztes mitzuwirken, und die Arbeitgeberin ihren Arbeitnehmern eine zusätzliche Vergütung für die Erfüllung dieser Aufgaben verschaffen möchte. Deshalb ist deren Anspruch bei der hier bestehenden Vertragslage - anders als bei der treuhänderischen Verteilung eines Mitarbeiterfonds (vgl. zu einer solchen Fallgestaltung zB  - zu I 1 der Gründe, BAGE 43, 232) - auch nicht auf die Beträge beschränkt, die der Beklagte zu 1. tatsächlich an die Beklagte zu 2. gezahlt hat.

84(3) Darüber hinaus entspricht es dem Interesse des Beklagten zu 1., dass die Beklagte zu 2. die Verteilung der abgeführten Liquidationserlöse übernimmt. Dadurch wird der Beklagte zu 1. in administrativer Hinsicht entlastet (vgl. aber Raab Austauschverträge mit Drittbeteiligung S. 63, der davon ausgeht, den Interessen des Gläubigers sei ausreichend gedient, wenn der Gläubiger vom Schuldner verlangen könne, an den Dritten zu leisten). Der Beklagte zu 1. vertraut die Vertragsabwicklung nach den Bestimmungen des Chefarztvertrags im Wesentlichen der Beklagten zu 2. an. Das kommt dadurch zum Ausdruck, dass er seinen Einfluss auf den Verteilungsprozess nur noch im Weg des Einvernehmenserfordernisses behält. Eine spürbare Entlastung des Beklagten zu 1. setzt dabei voraus, dass den nachgeordneten Ärzten ein eigenes Forderungsrecht zusteht. Dadurch wird die Durchsetzung dieses Interesses in besonders effizienter Weise gewährleistet.

85(4) Wenn mit § 12 des Chefarztvertrags kein Anspruch der nachgeordneten Ärzte verbunden wäre, hätte für die Beklagten kein vernünftiger Grund bestanden, einen von dem Beklagten zu 1. an die Beklagte zu 2. abzuführenden Mindestbetrag und konkrete Verteilungsgrundsätze zu regeln (Münzel NJW 2001, 1752, 1756). Denn an das Standesrecht wäre der Beklagte zu 1. unabhängig von einer vertraglichen Abrede mit der Beklagten zu 2. schon allein aufgrund seiner Stellung als Arzt gebunden.

86(5) Der Annahme eines unmittelbaren Forderungsrechts der nachgeordneten Ärzte steht nicht entgegen, dass die Beklagten in § 12 des Chefarztvertrags den unbestimmten Rechtsbegriff „angemessen“ verwendet haben (so aber zB v. Harbou/Scharpf NZA 2008, 333, 336; Münzel NJW 2001, 1752, 1756 f.; Hüttl Arbeitsrecht in Krankenhaus und Arztpraxis S. 168). Der inhaltlichen Unbestimmtheit der „Angemessenheit“ kann mit einer billigem Ermessen entsprechenden Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 1 BGB begegnet werden (Mummenhoff in FS Beuthien 2009 S. 443, 448; zusammenfassend Gehrlein/Pröpper BB 2012, 2049, 2052). Sie ist auch bei einem Vertrag zugunsten Dritter möglich und zulässig (vgl. zum Leistungsbestimmungsrecht eines Drittbegünstigten  - zu II 4 a der Gründe; vgl. auch Mummenhoff aaO; Gehrlein/Pröpper aaO).

87(6) Die Beklagten haben in § 12 des Chefarztvertrags die forderungsberechtigten Dritten bestimmt. Hierfür müssen Name und Zahl der Begünstigten nicht feststehen. Es reicht aus, wenn die Person des Dritten bei Fälligkeit der Leistung nach persönlichen oder sachlichen Kriterien bestimmbar ist (MüKoBGB/Gottwald § 328 Rn. 24). Das ist mit der in § 12 Abs. 1 Satz 1 des Chefarztvertrags gewählten Terminologie „nachgeordnete Ärzte“ und dem Begriff „ärztliche Mitarbeiter“ in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Chefarztvertrags der Fall. Es handelt sich um das ärztliche Personal, das dem Leistungsbereich des Beklagten zu 1. zugeordnet ist und an der Behandlung von Privatpatienten mitgewirkt hat, für die dem Beklagten zu 1. ein Liquidationsrecht zusteht.

883. Das Landesarbeitsgericht wird, nachdem es den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, noch Folgendes zu beachten haben:

89a) Gegenstand der Stufenklage sind Ansprüche auf Auskunft über die Privatliquidationserlöse des Beklagten zu 1. in der Zeit vom bis - nach deren zulässiger Beschränkung in der Revisionsverhandlung - zum , auf Versicherung von deren Richtigkeit und Vollständigkeit sowie auf Zahlung einer Beteiligung.

90aa) Diese Ansprüche richtet der Kläger mit Ausnahme des Hilfsantrags gegen beide Beklagten. Nur der Hilfsantrag, der eine Poolbeteiligung zum Gegenstand hat, ist allein gegen die Beklagte zu 2. gerichtet.

91bb) Die Stufenklage erstreckt sich nach dem Wortlaut der Anträge auf alle Liquidationserlöse des Beklagten zu 1. für Behandlungsleistungen, „an denen der Kläger beteiligt war“. Erfasst sind damit sowohl stationäre als auch ambulante Behandlungen. Allerdings bezieht sich § 12 des Chefarztvertrags - wie ausgeführt - nur auf die stationäre Behandlung. Die ambulante Behandlung von Privatpatienten wird von dieser Abrede nicht erfasst, so dass aus ihr kein mit einem Vertrag zugunsten Dritter begründeter Anspruch hergeleitet werden kann. Insoweit ist dem Kläger Gelegenheit zu geben, zum Gegenstand seiner Klage ergänzend vorzutragen. Dabei wird er auch klarzustellen haben, was er mit „Beteiligung des Klägers“ meint, da § 12 des Chefarztvertrags keine unmittelbare Beteiligung des nachgeordneten Arztes an der einzelnen Behandlung verlangt, sondern dies lediglich ein Verteilungskriterium darstellt. Anderes wäre ggf. bei einem Anspruch auf Beteiligung an den Liquidationserlösen aus ambulanter Behandlung der Fall, der aber überhaupt nur bei gesonderter Vereinbarung bestehen könnte. Hinsichtlich des Zahlungsantrags ist zu beachten, dass der Kläger die Zahlung der „sich aus der Auskunft (…) ergebenden Beträge nebst Zinsen“ verlangt. Dem Wortlaut nach macht er damit geltend, alle sich aus der Auskunft ergebenden Beträge an ihn auszuzahlen. § 12 des Chefarztvertrags vermittelt jedoch nur einen Anspruch auf eine angemessene Beteiligung an der Privatliquidation aus stationärer Behandlung. Auch dies wird klarzustellen sein.

92b) Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass keine oder jedenfalls keine abschließende, andere Ansprüche des Klägers ausschließende Individualabrede zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. besteht, könnten in der ersten Stufe Auskunftsansprüche - wie oben dargelegt - gegen die Beklagte zu 2. bestehen. Allerdings wäre dann deren Einwand zu prüfen, dass im Hinblick auf die langjährige abweichende tatsächliche Abwicklung eine konkludente Änderung des Chefarztvertrags erfolgt sei und deshalb Ansprüche allenfalls gegenüber dem Beklagten zu 1. bestehen können. Da auch insoweit der Sachvortrag der Parteien noch der Präzisierung bedarf, weil beispielsweise im Chefarztvertrag nicht nur die Beteiligung des Klägers, sondern auch anderer nachgeordneter Ärzte geregelt ist, sieht der Senat von weiteren Hinweisen ab.

93c) Sollten Ansprüche gegen die Beklagte zu 2. aus dem Chefarztvertrag als Vertrag zugunsten Dritter gegeben sein, stünde ihnen die Ausschlussfrist nach § 37 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA nicht entgegen, da es sich nicht um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 2. handeln würde (vgl. zu einer Poolbeteiligung  - zu 2 b der Gründe, BAGE 43, 339).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2022:300322.U.10AZR419.19.0

Fundstelle(n):
GmbHR 2023 S. 107 Nr. 7
WAAAJ-16599