BFH Urteil v. - I R 31/99 BStBl 2001 II S. 685

Gewerbesteuerliche Schachtelvergünstigung über die Grenze bei mittelbarer Beteiligung

Leitsatz

Die Beteiligung eines inländischen Unternehmens an einer ausländischen Kapitalgesellschaft gemäß § 9 Nr. 7 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 GewStG muss keine unmittelbare sein.

Gesetze: GewStG § 9 Nr. 7 Satz 1GewStG § 12 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1

Instanzenzug: FG Münster (EFG 1999, 678) (Verfahrensverlauf), ,

Tatbestand

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine AG, ist durch Umwandlung im Jahr 1985 Rechtsnachfolgerin einer GmbH, der GIG, geworden. Die GIG erwarb mit Kauf und Beteiligungsvertrag vom von einer GmbH & Co. KG, der B-KG, deren Kommanditbeteiligung an der Beteiligungs-KG. Diese hielt etwa 74 v. H. der Anteile (= 5 166 980 Ordinary Shares) der C-Ltd., einer Gesellschaft schottischen Rechts; GIG beabsichtigte, über einen Erwerb der Beteiligungs-KG die Anteile an der C-Ltd. zu erwerben.

Diese Beteiligung hatte sich bis zum Abschluss des Kauf- und Beteiligungsvertrages wie folgt entwickelt:

Im Jahre 1982 brachten drei Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) ihre insgesamt 738 140 Anteile an der C-Ltd. zum in die B-KG ein. Die Umschreibung der bisher von den drei Vermögensverwaltungsgesellschaften gehaltenen Anteile auf die B-KG wurde am veranlasst. Im September 1982 war die B-KG Inhaberin der 5 166 980 Anteile der C-Ltd.

Entsprechend einer Vereinbarung vom brachte die B-KG sodann die Anteile an der C-Ltd. als Kommanditeinlage in die neu gegründete Beteiligungs-KG ein und verpfändete die Kommanditbeteiligung an ein Bankenkonsortium. Zivilrechtlich geschah dies absprachegemäß durch Einschaltung eines Treuhänders, des persönlich haftenden Gesellschafters G. Zu diesem Zweck wurden die Anteile auf G umgeschrieben und wurde dieser in das schottische Register eingetragen. Er leistete ebenso wenig wie die beiden anderen persönlich haftenden Gesellschafter eine Einlage; die persönlich haftenden Gesellschafter waren auch weder am Gewinn noch am Verlust der Gesellschaft beteiligt. - Die Beteiligungs-KG beschränkte sich darauf, die eingebrachten Anteile zu verwalten.

Der Erwerb der Kommanditbeteiligung der B-KG an der Beteiligungs-KG durch die GIG änderte an der Treuhandstellung von G nichts. Dieser erteilte der GIG unwiderruflich die Vollmacht, ihn in seiner Stellung als Inhaber der Anteile an der C-Ltd. zu vertreten und die damit verbundenen Stimmrechte wahrzunehmen. Am Gewinn und Verlust war allein die GIG beteiligt. In der Folgezeit erwarben die GIG bzw. die Klägerin weitere Anteile an der C-Ltd.

Die Klägerin behandelte die an sie ausgeschütteten Dividenden der C-Ltd. als steuerfrei gemäß Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung vom i. d. F. des Revisionsprotokolls vom - DBA-Großbritannien - (BGBl. II 1966, 359; II 1971, 46). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) folgte dem im Ergebnis nicht. Es vertrat die Auffassung, die rein vermögensverwaltend tätige Beteiligungs-KG sei als GbR anzusehen. Auf die hiernach gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünfte aus Kapitalvermögen sei weder das Schachtelprivileg gemäß Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 3 DBA-Großbritannien i. V. m. § 9 Nr. 8 und § 12 Abs. 3 Nr. 5 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der im Streitjahr maßgeblichen Fassung noch das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg gemäß § 9 Nr. 7 Satz 1, § 12 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 GewStG zu gewähren, weil es an der hierfür erforderlichen unmittelbaren Beteiligung der Klägerin fehle. Die mit dem Erwerb dieser Beteiligung verbundenen Verbindlichkeiten wurden gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG als Dauerschulden hinzugerechnet, desgleichen die entsprechenden Finanzierungsaufwendungen gemäß § 8 Nr. 1 GewStG als Dauerschuldzinsen.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 678 abgedruckt.

Seine Revision stützt das FA auf Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

II.

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat die Dividendenzahlungen der C-Ltd. sowie die betreffenden Anteile an dieser bei der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrages 1986 im Ergebnis zu Recht unberücksichtigt gelassen. Dabei kann dahinstehen, ob sich die Freistellungen - wie von der Klägerin und der Vorinstanz angenommen werden - aus Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Sätze 1 und 3 DBA-Großbritannien i. V. m. § 9 Nr. 8 und § 12 Abs. 3 Nr. 5 GewStG ergeben. Auch wenn dieses - mit dem FA - zu verneinen wäre, weil die betreffenden Anteile nicht der GIG bzw. der Klägerin, vielmehr der B-KG im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens ,,gehörten'' und weil es deshalb womöglich an der erforderlichen Unmittelbarkeit der Beteiligung fehlte (vgl. allerdings Beckmann in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. XVIII Großbritannien Rz. 25 und 40 in Abweichung zu entsprechenden Schachtelprivilegien in anderen Abkommen, vgl. dazu Wassermeyer, ebenda, Art. 23A MA Rz. 55; Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, 3. Aufl., Art. 23 Rz. 104, m. w. N. zur Rechtsprechung), so stünden der Klägerin gleichwohl die nationalen Schachtelprivilegien gemäß § 9 Nr. 7 Satz 1 sowie § 12 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 GewStG zu. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften sind erfüllt; einer unmittelbaren Beteiligung bedarf es dafür nicht.

Nach § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen eines inländischen Mutterunternehmens nach Maßgabe näher bestimmter, vorliegend nicht streitiger Voraussetzungen um die Gewinne aus Anteilen an einer ausländischen Kapitalgesellschaft (Tochtergesellschaft) gekürzt, an deren Nennkapital das Mutterunternehmen seit Beginn des Erhebungszeitraums ununterbrochen mindestens zu einem Zehntel beteiligt ist. Gleichermaßen ist gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 GewStG die Summe des Einheitswerts des Gewerbebetriebs und der Hinzurechnungen um den Wert (Teilwert) einer zum Gewerbekapital gehörenden Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft zu kürzen. Insoweit in Einklang mit den nationalen Schachtelprivilegien nach § 9 Nr. 2 a und § 12 Abs. 3 Nr. 2 a GewStG kommt es danach nicht darauf an, dass die Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft ,,unmittelbar'' beteiligt ist. Für die Inanspruchnahme der Kürzung genügt vielmehr jedwelche Form der Beteiligung in dem gesetzlich bestimmten Umfang von einem Zehntel (gleicher Ansicht Meyer-Scharenberg/Popp/Woring, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 7 Rz. 7; Gosch in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 16. Aufl., § 9 Rz. 308 und 172; vgl. ebenso zu § 9 Nr. 2 a GewStG: Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, 9. Aufl., § 9 Nr. 2 a Rz. 27; Patt, Deutsche Steuer-Zeitung 1999, 597, 598).

Die Gegenmeinung (Güroff in Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 4. Aufl., § 9 Nr. 7 Rz. 2; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Rz. 15.254; ebenso, wenn auch zweifelnd, Odenthal in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, 5. Aufl., § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 20), der auch die Finanzverwaltung folgt (vgl. z. B. Steuererlasse in Karteiform - StEK -, Gewerbesteuergesetz, § 9, Nr. 38), beruft sich demgegenüber auf das entsprechende Erfordernis in den Parallelnormen des § 26 Abs. 2 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sowie des § 102 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) a. F., nach Auffassung des erkennenden Senats indes zu Unrecht. Der Umstand, dass es dort auf eine unmittelbare Beteiligung ankommt und dass die Vorschriften insoweit voneinander abweichen, deutet im Gegenteil darauf hin, dass der Gesetzgeber von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen wollte. Unterstrichen wird diese Annahme dadurch, dass sämtliche der genannten Vorschriften - jene des Gewerbesteuergesetzes ebenso wie diejenigen des Körperschaftsteuergesetzes und des Bewertungsgesetzes - zeitgleich durch das Gesetz zur Wahrung der steuerlichen Gleichmäßigkeit bei Auslandsinvestitionen vom (BGBl. I 1972, 1713) ergangen sind; sie sind überdies mehrfach aufeinander abgestimmt worden (vgl. Einführungsgesetz zum Körperschaftsteuerreformgesetz vom , BGBl. I 1976, 2641; Steuerentlastungsgesetz 1984 vom , BGBl. I 1984, 1583; Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom , BGBl. I 1985, 2436), ohne dass das Unmittelbarkeitserfordernis harmonisiert worden wäre. Angesichts dessen muss davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die unterschiedlichen Formulierungen bewusst gewählt hat. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass beim gewerbesteuerlichen Schachtelprivileg - ebenfalls abweichend vom Körperschaftsteuerrecht und Bewertungsrecht - die Schachtelbeteiligungen von jedem gewerblichen Unternehmen gehalten werden können, unabhängig von der Rechtsform; vielmehr gibt auch diese Unterscheidung einen Hinweis auf die Eigenständigkeit der gewerbesteuerlichen Regelungen. Und schließlich lässt sich nichts Entgegenstehendes daraus herleiten, dass das GewStG in § 9 Nr. 7 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 von der Beteiligung an einer ,,Tochtergesellschaft'' und in § 9 Nr. 7 Satz 2 und § 12 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 von der - mittelbaren - Beteiligumg an einer ,,Enkelgesellschaft'' ausgeht. Dies verdeutlicht lediglich, dass es sich um entsprechende Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften handeln muss; darüber, in welcher Weise diese Beteiligungen im Inland strukturiert sein müssen, besagen diese Erfordernisse nichts.

Fundstelle(n):
BStBl 2001 II Seite 685
BB 2001 S. 34 Nr. 1
BFH/NV 2001 S. 268 Nr. 2
BFHE S. 137 Nr. 193
BStBl II 2001 S. 685 Nr. 16
DStR 2000 S. 2187 Nr. 51
DStRE 2001 S. 93 Nr. 2
FR 2001 S. 248 Nr. 5
QAAAA-89023