OFD Karlsruhe - S 0339 A

§ 50a EStG Inanspruchnahme des Entrichtungspflichtigen für 1. Kapitalertragsteuer auf verdeckte Gewinnausschüttungen an ausländische Anteilseigner und 2. Steuerabzugsbeträge nach § 50a Abs. 4 EStG

1. Bei Nichtabgabe der KapErtrSt-Anmeldung kann das FA auf der Grundlage des § 191 Abs. 1 AO i. V. mit § 44 Abs. 5 EStG gegen den zum Steuerabzug und zur Anmeldung der KapErtrSt verpflichteten Entrichtungspflichtigen (§ 43 Satz 2 AO) einen Haftungsbescheid erlassen. In der Vergangenheit haben die FÄ hiervon insbesondere zur Nachforderung der bei vGA an ausländische Anteilseigner zu erhebenden KapErtrSt Gebrauch gemacht.

Die Inanspruchnahme des Entrichtungspflichtigen für nicht angemeldete KapErtrSt im Wege eines Haftungsbescheids ist wegen der Akzessorietät der Haftung nicht (mehr) zulässig, wenn die KapErtrSt gegen den Steuerschuldner (den Gläubiger der Kapitalerträge) wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr festgesetzt werden kann (§ 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO). Die Festsetzungsverjährung tritt beim Steuerschuldner vier Jahre nach Ablauf des Kj ein, in dem die Steuer entstanden ist (§§ 169, 170 Abs. 1 AO). Nach der Verwaltungsauffassung, wie sie dem (zum BStBl 1996 II S. 608, ergangenen) Nicht-Anwendungserl. v. , BStBl 1997 I S. 414, zugrunde liegt, führt die dem Entrichtungspflichtigen auferlegte Pflicht zur Abgabe der KapErtrSt-Anmeldung zu keiner Anlaufhemmung (§ 170 Abs. 2 AO) beim Steuerschuldner.

Anstelle eines Haftungsbescheids kann das FA bei Nichtabgabe der Kap-ErtrSt-Anmeldung gegen den Entrichtungspflichtigen auf der Grundlage des § 167 Abs. 1 Satz 1 AO auch einen Steuerbescheid (§ 155 Abs. 1 AO) erlassen ( BStBl 2001 II S. 67). Ein solcher Nachforderungsbescheid unterliegt den für die Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid maßgeblichen Vorschriften. Er setzt lediglich zusätzlich voraus, dass die Voraussetzungen zur Haftung des Entrichtungspflichtigen nach § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG vorliegen ( a. a. O.). Nach dieser Vorschrift haftet der Schuldner der Kapitalerträge für die KapErtrSt, die er einzubehalten und abzuführen hat, es sei denn, er weist nach, dass er die ihm auferlegten Pflichten weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat.

Die Nachforderung der KapErtrSt durch Nachforderungsbescheid ist nicht den sich bei Erlass eines Haftungsbescheids aus der Regelung des § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO ergebenden Einschränkungen unterworfen. Auch ist bei Festsetzung der KapErtrSt durch Nachforderungsbescheid - anders als bei Erlass eines Haftungsbescheids - die Darlegung von Ermessenserwägungen zur Inanspruchnahme des Entrichtungsschuldners nicht erforderlich. Es ist daher regelmäßig angebracht, die KapErtrSt auf vGA an ausländische Anteilseigner auf der Grundlage der §§ 155 Abs. 1 und 167 Abs. 1 Satz 1 AO durch Erlass eines Nachforderungsbescheids gegen den Entrichtungspflichtigen festzusetzen, wenn dieser der Pflicht zur Abgabe der Steueranmeldung nicht nachkommt.

Die OFD bittet, ab sofort entsprechend zu verfahren. Außerdem bittet die OFD um Pfrüfung, ob in Einzelfällen, in denen der Erlass eines Haftungsbescheids gegen den Entrichtungspflichtigen aufgrund beim Steuerschuldner eingetretener Festsetzungsverjährung unterblieben ist, eine nachträgliche Inanspruchnahme des Entrichtungspflichtigen durch Nachforderungsbescheid zulässig ist und dies ggf. nachzuholen.

2. Die Ausführungen zu Ziff. 1 gelten hinsichtlich der Inanspruchnahme des Entrichtungspflichtigen für Steuerabzugsbeträge nach § 50a Abs. 4 EStG entsprechend; § 73g Abs. 1 EStDV schließt den Erlass von Nachforderungsbescheiden gegen den Entrichtungspflichtigen nicht aus. Da die Haftung des Entrichtungspflichtigen (des Schuldners der Vergütungen i. S. des § 50a Abs. 4 EStG) hier - im Gegensatz zur Haftung des Entrichtungspflichtigen (des Schuldners der dem Steuerabzug zu unterwerfenden Kapitalerträge) für die KapErtrSt - nach dem Gesetz nicht eingeschränkt ist (§ 50a Abs. 5 Satz 5 EStG sieht im Gegensatz zu § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG für den Entrichtungspflichtigen keine Exkulpationsmöglichkeit vor), ist hinsichtlich der Steuerabzugsbeträge nach § 50a Abs. 4 EStG die Festsetzung der Steuer durch Nachforderungsbescheid an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft.

OFD Karlsruhe v. - S 0339 A

Fundstelle(n):
HAAAA-84626