Verfahren wegen Aufnahme in den notariellen Anwärterdienst in Bayern: Erlöschen des Bewerbungsverfahrensanspruchs
Leitsatz
Zum Erlöschen des Bewerbungsverfahrensanspruchs eines Bewerbers um die Aufnahme in den notariellen Anwärterdienst durch Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens.
Gesetze: § 7 Abs 2 BNotO
Instanzenzug: Az: VA - Not 3/11
Gründe
1Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Ein Zulassungsgrund ist nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen im Ergebnis weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils noch beruht es auf einer Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des erkennenden Senats. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung.
21. Das Oberlandesgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Es spricht zwar viel dafür, dass die in Nr. 1.1.3 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz betreffend die Angelegenheiten der Notare vom (JMBl. S. 32), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom (JMBl. 2010, S. 2), getroffene Regelung, wonach der Einstellungsbedarf an Notarassessoren grundsätzlich aus der jeweiligen zweiten juristischen Staatsprüfung gedeckt wird und Bewerber aus einer früheren zweiten juristischen Staatsprüfung nur ausnahmsweise unter besonderen Voraussetzungen berücksichtigt werden ("Prüfungsjahrgangsprinzip"), eine subjektive Berufszulassungsvoraussetzung darstellt und deshalb nicht den formellen Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG genügt (vgl. BVerfGE 80, 257 ff.). Diese Frage kann indes offen bleiben. Denn die angefochtene Entscheidung erweist sich aus anderen Gründen als richtig. Dem Kläger steht unabhängig davon, dass er sein zweites Staatsexamen bereits im Jahr 2005 abgelegt hat, kein Anspruch auf Übertragung des Amtes als Notarassessor aufgrund des durch die Ausschreibung im Justizministerialblatt Nr. 3/2010 vom eingeleiteten Auswahl- und Besetzungsverfahrens zu.
3Der Kläger wendet sich nicht gegen die Besetzung von sechs der sieben im Justizministerialblatt Nr. 3/2010 ausgeschriebenen Stellen durch fachlich besser geeignete Bewerber. Er beanstandet vielmehr, dass der Beklagte die ursprünglich ausgeschriebene siebte Stelle nicht mit ihm besetzt hat. Insoweit steht dem Kläger jedoch kein Anspruch auf rechtsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung mehr zu. Sein Bewerbungsverfahrensanspruch (vgl. dazu BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom - 1 BvR 1616/11, IÖD 2011, 242; BVerwG NVwZ-RR 2000, 172; , juris) ist erloschen, weil der Beklagte das im Mai 2010 eingeleitete Stellenbesetzungsverfahren in Bezug auf die siebte Stelle aus sachlichem Grund abgebrochen hat.
4a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht dem Bewerber um eine ausgeschriebene Stelle nur dann ein Anspruch auf rechtsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung zu, wenn eine Ernennung vorgenommen wird. Die Ausschreibung einer Stelle zwingt den Dienstherren nicht, die Stelle mit einem der Ausfallbewerber zu besetzen. Vielmehr darf der Dienstherr ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen jederzeit beenden und von einer ursprünglich geplanten Stellenbesetzung absehen (vgl. BVerwG NVwZ-RR 2000, 172 Rn. 25 f.; Urteil vom - 2 A 7/09, juris Rn. 26 f. mwN; , IÖD 2011, 242 Rn. 24). Unsachlich sind dabei solche Gründe, die nicht aus Art. 33 Abs. 2 GG abgeleitet werden können, etwa wenn mit dem Abbruch des Auswahlverfahrens das Ziel verfolgt wird, einen unerwünschten Kandidaten aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl für die Stelle auszuschließen (, juris Rn. 27 mwN). Dagegen ist es nicht zu beanstanden, wenn der zur Auswahlentscheidung befugte Dienstherr sich entschließt, mit dem Ziel einer bestmöglichen Besetzung der Beförderungsstelle einen breiteren Interessenkreis anzusprechen, weil er Bedenken gegen die Eignung des einzigen Bewerbers für den konkreten Dienstposten hat. Anders als bei einer Auswahlentscheidung zwischen Bewerbern kommt es dabei nicht darauf an, ob die Eignungsbeurteilung des Dienstherrn in vollem Umfang einer rechtlichen Überprüfung standhält. Vielmehr genügt es, dass er den einzigen Bewerber nicht uneingeschränkt für geeignet hält (BVerwG NVwZ-RR 2000, 172 Rn. 29). Als eine aus dem Organisationsrecht des Dienstherrn erwachsende verwaltungspolitische Entscheidung berührt der Abbruch des Auswahlverfahrens grundsätzlich nicht die Rechtstellung von Bewerbern. Das für den Abbruch des Auswahlverfahrens maßgebliche organisations- und verwaltungspolitische Ermessen ist ein anderes als das bei einer Stellenbesetzung zu beachtende Auswahlermessen (vgl. BVerwG NVwZ-RR 2000, 172 Rn. 26; , juris Rn. 27; BVerfG, aaO Rn. 24). Allerdings müssen die von dem Verfahren Betroffenen über den Abbruch des Auswahlverfahrens rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen (, juris Rn. 28).
5b) Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Besetzung der Amtsstellen der Notare und der Notarassessoren. Auch insoweit ist die zuständige öffentlich-rechtliche Körperschaft aufgrund ihrer Organisationsgewalt grundsätzlich berechtigt, ein Stellenbesetzungsverfahren aus sachlichen Gründen zu beenden (vgl. auch Senatsbeschluss vom - NotZ 1/80, DNotZ 1981, 59 Rn. 25). Als sachliche Gründe sind dabei solche anzusehen, die entweder aus § 4 BNotO oder aus §§ 5 - 7 BNotO abgeleitet werden können.
6c) Im Streitfall ist ein sachlicher Grund für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens gegeben. Der Beklagte hatte Bedenken an der Eignung des Klägers und der einzigen weiteren Bewerberin für das Amt. Den Kläger hielt er für fachlich nicht geeignet, weil dieser in der zweiten juristischen Staatsprüfung lediglich 5,9 Punkte erzielt hatte. Bei dieser Sachlage lag es in seinem weiten organisatorischen Ermessen, das Auswahl- und Besetzungsverfahren abzubrechen. Über die Beendigung des Auswahlverfahrens wurde der Kläger auch in der gebotenen Weise informiert. Er wurde mit Schreiben vom davon in Kenntnis gesetzt, dass sich der Beklagte entschieden hatte, die im Justizministerialblatt Nr. 3/2010 ausgeschriebene siebte Stelle nicht zu besetzen.
72. Bei dieser Sachlage war der Antrag auf Zulassung der Berufung zurückzuweisen. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verlangt nicht, die Berufung wegen eines Fehlers zuzulassen, der für den Ausgang des Berufungsverfahrens bedeutungslos ist (vgl. BVerwG NVwZ-RR 2004, 542, 543). Auch die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO sind nicht gegeben, da Rechtsfragen, auf die es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt, weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO noch eine Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zu begründen vermögen.
83. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 111g Abs. 2 BNotO.
Galke Diederichsen von Pentz
Doyé Müller-Eising
Fundstelle(n):
SAAAI-25940