FinMin BaWü - S 3811

§§ 11, 12 ErbStG Abzug einer aus einem Vorausvermächtnis entstehenden Herausgabeverpflichtung der Erben als Nachlassverbindlichkeit

Der BFH hat in dem nicht zur Veröffentlichung bestimmten Urt. v. - II R 47/00 - entschieden, ein vom Erblasser eingeräumtes Übernahmerecht an einen zum Nachlass gehörenden Grundstück sei auch im Fall eines Vorausvermächtnisses mit dem gemeinen Wert des Grundstücks zu bewerten. Allerdings habe der bedachte Erbe den Nachlassgegenstand aufgrund seiner durch den Erbfall eingetretenen dinglichen Mitberechtigung schon im Umfang seines Erbanteils erworben. Deshalb könne sich das Vorausvermächtnis nur auf den Teil des Nachlassgegenstands beziehen, den er nicht schon durch Erbanfall erworben habe. Dementsprechend könne auch die sich aus dem Vermächtnis ergebende Herausgabeverpflichtung nur bei den übrigen Erben als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG abgezogen werden. Der Vorausvermächtnisnehmer selbst sei durch das Vermächtnis letztlich nicht beschwert.

Die Erbschaftsteuer-Referatsleiter beschlossen, dieser Auffassung nicht zu folgen. Ein Vermächtnis und ein Vorausvermächtnis sollen hinsichtlich des vollen Ansatzes beim Berechtigten und des Abzugs der vollen Last vom Nachlass weiterhin gleich behandelt werden. Geht der Nachlass auf eine Mehrheit von Erben über, wird er nach Zivilrecht im Weg der Gesamtrechtsnachfolge gemeinschaftliches Eigentum der Erben (§ 1922 Abs. 1, § 2032 BGB). Kein Miterbe kann allein über seinen Anteil an einem einzelnen Nachlassgegenstand verfügen (§ 2033 Abs. 2 BGB). Auch über einen Gegenstand, der infolge eines Vorausvermächtnisses auf einen Erben zu übertragen ist, können die Erben nur gemeinschaftlich verfügen (§ 2040 Abs. 1 BGB). Zudem gilt nach § 2150 BGB das einem Erben zugewendete Vorausvermächtnis auch insoweit als Vermächtnis, als der Erbe selbst beschwert ist. Das Vermächtnis belastet mithin den ganzen Nachlass. Alle Miterben haben zur vollen Vermächtniserfüllung verhältnismäßig beizutragen, also nicht bloß zu dem ihrem jeweiligen Erbteil entsprechenden Anteil, sondern auch zu dem auf den Erbteil des Vorausbedachten entfallenden Anteil (vgl. Palandt, BGB § 2150 Rn. 3). Die hierauf beruhende Vorgehensweise der FinVerw führt rechnerisch zu dem gleichen Ergebnis wie die vom BFH dargestellten Vorgehensweise. Sie vermeidet aber komplizierte Berechnungen sowie Anpassung der EDV-Programme, die bei einer Anwendung der BFH-Rspr. erforderlich wären.

FinMin BaWü v. - S 3811

Fundstelle(n):
LAAAA-83135