BAG Urteil v. - 9 AZR 856/11

Weiterbeschäftigung nach Wegfall des Weiterbeschäftigungstitels

Gesetze: § 133 BGB, § 157 BGB, § 15 Abs 2 TzBfG, § 14 Abs 4 TzBfG, § 17 Abs 1 TzBfG, § 611 Abs 1 BGB

Instanzenzug: Az: öD 4 Ca 2172 b/10 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Az: 5 Sa 155/11 Teilurteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

2Der Kläger war bei dem beklagten Land seit dem auf der Grundlage mehrerer befristeter Arbeitsverträge beschäftigt. Über die Wirksamkeit der Befristungen der beiden bis zum geschlossenen Arbeitsverträge führten die Parteien einen Rechtsstreit. Mit Urteil vom gab das Arbeitsgericht Kiel (- öD 4 Ca 1422 b/08 -) dem Befristungskontrollantrag sowie dem Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung des Klägers statt.

3Mit Schreiben vom verlangte der Kläger vom beklagten Land seine Weiterbeschäftigung. In dem Schreiben heißt es ua.:

„…

in obiger Angelegenheit dürfte auch Ihnen das Protokoll des vorliegen.

Das Land ist danach verpflichtet, seit dem bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits unseren Mandanten tatsächlich zu den bisherigen Bedingungen weiterzubeschäftigen. Bitte weisen Sie in diesem Sinne schriftlich bestätigend unserem Mandanten Arbeitsort, Arbeitsaufgabe und Arbeitsumfang zu. Den

notieren wir als Frist für den Eingang Ihrer schriftlichen Bestätigung. Für den Fall des fristlosen Fristablaufs nehmen wir

vor.“

4Das beklagte Land reagierte hierauf mit Schreiben vom , in dem es ua. ausführte:

„Nachdem das Gericht festgestellt hat, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristungen ab dem und am geendet habe, bemessen sich Arbeitsort, -aufgabe und -umfang weiterhin nach den geschlossenen Arbeitsverträgen.

Ihr Mandant möge seine Arbeitsverpflichtung an den entsprechenden Schulen nach den Weihnachtsferien längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits aufnehmen.“

5Ab dem beschäftigte das beklagte Land den Kläger wieder. Auf die Berufung des beklagten Landes wies das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein mit Urteil vom (- 4 Sa 1/09 -) unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage ab. Die vom Kläger hiergegen am eingelegte Revision wies das Bundesarbeitsgericht zurück ( - BAGE 136, 17).

6Nach der Revisionsverhandlung vom lehnte das beklagte Land die weitere Beschäftigung des Klägers am ab.

7Zuletzt erzielte der Kläger eine monatliche Vergütung iHv. 3.330,32 Euro brutto. Das beklagte Land zahlte an den Kläger für Oktober 2010 eine anteilige Vergütung iHv. 446,23 Euro netto. Die Agentur für Arbeit bewilligte ihm für den Monat Oktober 2010, beginnend mit dem , Arbeitslosengeld iHv. 1.101,24 Euro.

8Mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem beklagten Land am zugestellten Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit Beginn der Betriebszugehörigkeit seit dem besteht. Klageerweiternd hat er seine vorläufige Weiterbeschäftigung sowie mit einem dem Prozessbevollmächtigten des beklagten Landes am zugestellten Schriftsatz Vergütung für den Monat Oktober 2010 geltend gemacht.

9Der Kläger hat die Auffassung vertreten, durch seine Tätigkeit nach Verkündung der klageabweisenden Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Vorprozess sei ein unbefristeter, jedenfalls aber ein bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens befristeter Arbeitsvertrag zustande gekommen. Denn ab diesem Zeitpunkt sei er von dem beklagten Land nicht mehr in Erfüllung des erstinstanzlich titulierten vorläufigen Weiterbeschäftigungsanspruchs beschäftigt worden. Eine Befristung des Arbeitsvertrags wäre mangels Einhaltung des Schriftformgebots nach § 14 Abs. 4 TzBfG unwirksam.

10Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - beantragt

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht

- mit Beginn der Betriebszugehörigkeit seit dem ,

- mit einem Arbeitszeitanteil von 20,5 Unterrichtsstunden,

- zu tarifvertraglichen Bedingungen im Übrigen;

2. im Falle des klägerischen Obsiegens mit dem Antrag zu 1. das beklagte Land zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits tatsächlich weiterzubeschäftigen als Lehrer im Land Schleswig-Holstein mit einem Arbeitszeitanteil von 20,5 Unterrichtsstunden zu den bisherigen arbeitsvertraglichen und tarifvertraglichen Bedingungen im Übrigen;

3. das beklagte Land zu verurteilen, an ihn für den Monat Oktober 2010 einen Betrag iHv. 3.330,32 Euro brutto zu zahlen, abzüglich 446,23 Euro netto Teilzahlung des beklagten Landes und abzüglich 1.101,24 Euro Forderungsübergang auf die Bundesagentur für Arbeit nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten oberhalb des Basiszinssatzes seit dem .

11Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es vertritt die Auffassung, der Feststellungsantrag sei unzulässig. Diesem Antrag habe von Anfang an die Einrede der Rechtshängigkeit entgegengestanden; seit dem außerdem die Einrede der Rechtskraft. Ein Arbeitsvertrag der Parteien sei nicht zustande gekommen. Es habe den Kläger in Erfüllung des im Vorprozess erstinstanzlich titulierten Weiterbeschäftigungsanspruchs beschäftigt. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des arbeitsgerichtlichen Urteils sei durch die Verkündung des die Klage abweisenden Berufungsurteils nicht beseitigt worden. Auch sei der vorläufige Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers nicht mit Erlass des Berufungsurteils, sondern erst mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens entfallen. Der Kläger hätte den Mangel der Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG im Rahmen einer Befristungskontrollklage nach § 17 TzBfG geltend machen müssen.

12Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf die Berufung des Klägers durch Teilurteil im Wesentlichen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

13A. Die Revision des beklagten Landes ist im Wesentlichen unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses für die Zeit ab dem zu Recht festgestellt. Entgegen seiner Auffassung bestand aber nicht bereits ab dem ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien. Das Landesarbeitsgericht hat das beklagte Land auch zu Recht zur Zahlung der restlichen Vergütung für Oktober 2010 verurteilt.

14I. Zwischen den Parteien besteht seit dem ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

151. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Klage auch als Feststellungsklage zulässig.

16a) Der Kläger hat ausdrücklich eine allgemeine Feststellungsklage iSd. § 256 Abs. 1 ZPO erhoben.

17aa) Streitgegenstand der allgemeinen Feststellungsklage ist der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Bei einer Klage nach § 17 Satz 1 TzBfG besteht der Gegenstand des Streits darin, ob das bestehende Arbeitsverhältnis durch die zu einem bestimmten Zeitpunkt vereinbarte Befristung geendet hat (vgl.  - zu I 1 a der Gründe, BAGE 106, 72).

18bb) Der Wortlaut des Antrags spricht bereits für eine allgemeine Feststellungsklage. Er ist darauf gerichtet festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit rechtlichem Bestand seit dem besteht. Diese Formulierung entspricht nicht dem in § 17 Satz 1 TzBfG vorgesehenen Wortlaut einer Befristungskontrollklage. Zudem geht es dem Kläger nicht nur um die Frage, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung zu einem bestimmten Zeitpunkt geendet hat, sondern ob überhaupt ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen war. Der allgemeine Feststellungsantrag ist der diesem Begehren entsprechende Antrag.

19b) Der allgemeine Feststellungsantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass zwischen den Parteien ab einem bestimmten Zeitpunkt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitszeitumfang von 20,5 Unterrichtsstunden zu tarifvertraglichen Bedingungen im Übrigen besteht.

20c) Das erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die klagende Partei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das Feststellungsinteresse ist eine in jedem Stadium des Rechtsstreits von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Es muss in der Revisionsinstanz noch gegeben sein. Die Parteien streiten darüber, ob im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht, also am , ein unbefristetes Arbeitsverhältnis seit dem bestand. Trotz des Vergangenheitsbezugs des Antrags besteht das besondere Feststellungsinteresse, da sich aus ihm Rechtsfolgen für die Gegenwart und Zukunft, insbesondere mögliche Ansprüche des Klägers auf Vergütung ergeben können. Bestimmte Rechte und Pflichten knüpfen auch gerade an den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses an.

21d) Die Klage ist weder wegen anderweitiger Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) noch wegen entgegenstehender Rechtskraft (§ 322 ZPO) unzulässig. Im Vorprozess ging es im Rahmen der Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG um die Frage, ob die beiden Arbeitsverhältnisse der Parteien mit Ablauf des endeten. Soweit das vorliegende Verfahren dem Senat zur Entscheidung anfällt, ist Streitgegenstand die Frage, ob zwischen den Parteien im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz, dh. am , ein ab dem begründetes unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand.

222. Die Klage ist überwiegend begründet. Zwischen den Parteien besteht seit dem ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

23a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Parteien hätten mit Wirkung ab dem ein befristetes Prozessarbeitsverhältnis begründet. Das beklagte Land habe den Kläger nicht nur faktisch (zur Abwendung der mit Schreiben des Klägers vom angedrohten Zwangsvollstreckung) weiterbeschäftigt, sondern konkludent ein befristetes Prozessarbeitsverhältnis vereinbart. Hierfür spreche, dass das beklagte Land den Kläger auch nach Abweisung der Befristungskontrollklage durch das Landesarbeitsgericht weiterbeschäftigt habe, obwohl die vorläufige Vollstreckbarkeit des arbeitsgerichtlichen Urteils entfallen sei. Zudem habe die Weiterbeschäftigung nach dem Wortlaut des Schreibens des beklagten Landes vom nicht zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, sondern bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits erfolgen sollen. Hierfür spreche auch, dass das beklagte Land den Kläger noch am dienstlich beurteilt habe. Rechtsgrundlage einer dienstlichen Beurteilung könne nur ein Beamten- bzw. Dienstverhältnis sein, nicht aber ein faktisches Arbeitsverhältnis. Die Befristung sei unwirksam, da das Schriftformerfordernis gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG nicht gewahrt sei.

24b) Diese Auslegung hält der eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle nur zum Teil stand. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, es sei bereits ab dem ein befristetes Prozessarbeitsverhältnis zustande gekommen, ist rechtsfehlerhaft.

25aa) Für die Zeit vom 7. Januar bis zum schlossen die Parteien keinen Arbeitsvertrag. Während dieser Zeit beschäftigte das beklagte Land den Kläger zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Weiterbeschäftigungstitel des Vorprozesses.

26(1) Ob, ab wann und mit welchem Inhalt Parteien einen Vertrag geschlossen haben, bestimmt sich nach dem Inhalt ihrer Willenserklärungen. Dieser ist vom Gericht der Tatsacheninstanz durch Auslegung der ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln (vgl.  - Rn. 51 mwN, BAGE 139, 109). Dasselbe gilt für die Frage, ob eine bestimmte Erklärung oder ein bestimmtes Verhalten als Willenserklärung zu werten ist oder nicht (vgl.  - zu II 3 b aa der Gründe, BGHZ 149, 129; - IX ZR 197/88 - zu 3 b bb (1) der Gründe, BGHZ 109, 171). Da es sich vorliegend um atypische, individuelle Willenserklärungen handelt, ist die Auslegung revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, allgemeine Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder für die Auslegung wesentliche Umstände außer Acht gelassen wurden (vgl.  - Rn. 23; - 7 AZR 228/10 - Rn. 51 mwN, BAGE 139, 109).

27(2) Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie der Empfänger sie aufgrund des aus der Erklärung erkennbaren Willens des Erklärenden unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der Grundsätze von Treu und Glauben vernünftigerweise verstehen konnte. Ziel der Auslegung ist die Ermittlung ihrer objektiven, normativen Bedeutung, die beide Parteien gegen sich gelten lassen müssen. Dabei ist sowohl die Verständnismöglichkeit des Empfängers als auch das Interesse des Erklärenden daran zu berücksichtigen, dass sich der Empfänger darum bemüht, die Erklärung nicht misszuverstehen. Der Empfänger darf sich nicht einfach auf den wörtlichen Sinn der Erklärung verlassen, sondern muss seinerseits unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände, die dafür von Bedeutung sein können, danach trachten, das Gemeinte zu erkennen. Die Auslegung hat sich dabei an dem Grundsatz auszurichten, dass im Zweifel gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht ( - Rn. 25 mwN, BAGE 116, 336; vgl. auch  - Rn. 30). Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinn verstanden, so geht der wirkliche Wille des Erklärenden dem Wortlaut vor (vgl.  - zu I 2 a der Gründe, BAGE 22, 169;  - zu II 3 b aa der Gründe).

28(3) Das Landesarbeitsgericht ist bei seiner Auslegung zutreffend von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgegangen, wonach in der tatsächlichen Beschäftigung des Arbeitnehmers nach Ausspruch einer Kündigung und nach Ablauf der Kündigungsfrist oder nach Ablauf der vereinbarten Befristung der Abschluss eines neuen befristeten Arbeitsvertrags liegen kann oder die Vereinbarung, dass das gekündigte Arbeitsverhältnis auflösend bedingt durch die rechtskräftige Abweisung der Kündigungsschutzklage fortgesetzt werden soll (vgl.  - zu II 2 a der Gründe; - 8 AZR 636/84 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 53, 17). Fordert der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer auf, seine Tätigkeit bis zur Entscheidung über den Bestandsschutzrechtsstreit fortzuführen, geht der Wille der Parteien regelmäßig dahin, das Arbeitsverhältnis, das der Arbeitgeber als beendet ansieht, bis zur endgültigen Klärung, ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt die Beendigung eingetreten ist, fortzusetzen oder für die Dauer des Rechtsstreits ein befristetes Arbeitsverhältnis zu begründen. Anders kann das Verhalten der Arbeitsvertragsparteien nicht verstanden werden. Denn der Arbeitnehmer ist aufgrund des gekündigten Arbeitsverhältnisses oder des Fristablaufs bei befristeten Arbeitsverhältnissen zu weiterer Arbeitsleistung nicht verpflichtet. Der Arbeitgeber muss ihn vor Erlass eines die Kündigung oder die vereinbarte Befristung für unwirksam erklärenden Urteils in der Regel nicht weiterbeschäftigen (vgl.  - Rn. 34, BAGE 108, 191). Wird dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung gegen seinen Willen und unter Beeinträchtigung seiner Vertragsfreiheit aufgezwungen, schließen die Parteien regelmäßig nicht durch neue Willenserklärungen ein eigenständiges Rechtsgeschäft (vgl. so schon  - zu C II 3 b der Gründe, BAGE 48, 122).

29(4) Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass die Beschäftigung des Klägers vom zumindest bis zum zweitinstanzlichen Urteil im Vorprozess am der Abwendung der Zwangsvollstreckung diente. Das beklagte Land hat vorgetragen, dass die Beschäftigung des Klägers während des Vorprozesses als Prozessbeschäftigung zur Erfüllung des im erstinstanzlichen Urteil titulierten Weiterbeschäftigungsanspruchs erfolgte. Der Kläger hat die Weiterbeschäftigung nach dem erstinstanzlichen und vor dem zweitinstanzlichen Urteil ebenfalls als Prozessbeschäftigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung verstanden. Dies zeigt sich schon daran, dass der Kläger das vorliegende Verfahren nicht während der Weiterbeschäftigung nach dem erstinstanzlichen Urteil im Vorprozess, sondern erst während der Weiterbeschäftigung nach dem zweitinstanzlichen Urteil einleitete. Hierzu hat er im Berufungsverfahren ausgeführt, dass kein vertraglich befristetes Arbeitsverhältnis, welches der Schriftform bedurft hätte, vereinbart worden sei, solange das beklagte Land ihn auf der Grundlage des erzwingbaren Weiterbeschäftigungsanspruchs beschäftigt habe.

30(5) Das Landesarbeitsgericht hat dieses übereinstimmende Verständnis der Parteien von der Weiterbeschäftigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung vom 7. Januar bis zum unberücksichtigt gelassen. Da der übereinstimmende Wille der Beteiligten einer anderen Auslegung der Parteierklärungen vorgeht, ist die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung rechtsfehlerhaft.

31(6) Der Senat kann die Auslegung der Erklärungen selbst vornehmen.

32(a) Bei rechtsfehlerhafter Auslegung durch das Berufungsgericht kann der Senat die Auslegung selbst vornehmen, wenn die dafür maßgeblichen Tatsachen feststehen und ein weiterer Sachvortrag der Parteien nicht zu erwarten ist (vgl.  - Rn. 53, BAGE 139, 109; - 7 AZR 113/04 - zu II 1 der Gründe).

33(b) Vorliegend ist der Sachverhalt unstreitig. Lediglich über die aus den unstreitigen Erklärungen und dem unstreitigen Verhalten der Parteien zu ziehenden Schlussfolgerungen für die Zeit ab dem herrscht Uneinigkeit. Der Sachverhalt ist auch durch das Landesarbeitsgericht festgestellt. Weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien ist nach einer Zurückverweisung nicht zu erwarten.

34(c) Grundlage der Beschäftigung des Klägers ab dem ist nicht eine ohne weitere Erklärung erfolgte tatsächliche Weiterbeschäftigung, sondern das Schreiben des beklagten Landes vom . Die nach § 133 BGB vorzunehmende Auslegung ergibt, dass die Beschäftigung des Klägers vom 7. Januar bis zum nicht auf vertraglicher Grundlage, sondern zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Weiterbeschäftigungstitel des Vorprozesses erfolgte.

35(d) Nach dem Wortlaut dieses Schreibens sollte der Kläger seine Arbeit an den Schulen „längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits“ aufnehmen. Damit wurde deutlich, dass die Beschäftigung gerade nicht zwangsläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens erfolgen sollte. Sie hätte auch vorher enden können. Die Erklärung kann deshalb entsprechend ihrem Wortlaut nur so verstanden werden, dass die Beschäftigung für die Zeit des Bestands des vorläufig vollstreckbaren Weiterbeschäftigungstitels erfolgen sollte. Mit der zeitlichen Beschränkung „längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits“ sollte deutlich werden, dass eine so erzwungene faktische Beschäftigung mit rechtskräftigem Abschluss des Rechtsstreits seine Grundlage verlieren sollte.

36(e) Für diese Auslegung des Schreibens sprechen auch die dem Kläger erkennbaren Begleitumstände der Erklärung. Die Erklärung des beklagten Landes erfolgte erst in Ansehung des nach § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG vorläufig vollstreckbaren Weiterbeschäftigungstitels und des die Zwangsvollstreckung unter Fristsetzung zum androhenden Schreibens vom . In dem Antwortschreiben des beklagten Landes, das vom datiert, nahm das beklagte Land das erstinstanzliche Urteil des Vorprozesses und das Schreiben vom in Bezug und forderte den Kläger auf, seine Arbeit nach den Weihnachtsferien zu den bisherigen Arbeitsvertragsbedingungen wieder aufzunehmen. Zuvor hatte das beklagte Land kein Interesse an der Beschäftigung des Klägers gezeigt, obwohl es den Kläger schon seit dem nicht mehr beschäftigte.

37(f) Aufgrund der dargestellten Begleitumstände war dem Kläger erkennbar, dass das Interesse des beklagten Landes entsprechend dem Schreiben vom allein darauf gerichtet war, die Zwangsvollstreckung abzuwenden. Wäre es dem beklagten Land in erster Linie auf eine Verringerung des Annahmeverzugslohnrisikos angekommen, hätte es dem Kläger bereits vor, jedenfalls aber nach dem erstinstanzlichen Urteil vor dem Schreiben vom ein befristetes oder auflösend bedingtes vertragliches Prozessarbeitsverhältnis anbieten können. Zum Zeitpunkt der Weiterbeschäftigung ab dem bestand für das beklagte Land auch kein Bedürfnis zum Vertragsschluss. Denn die Weiterbeschäftigung hatte aufgrund des arbeitsgerichtlichen Titels zu erfolgen. Vertraglicher Abreden dazu bedurfte es nicht.

38bb) Im Gegensatz dazu schlossen die Parteien für die Zeit ab dem konkludent einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Dies ergibt die Auslegung der Willenserklärungen der Parteien nach §§ 133, 157 BGB. Danach bot der Kläger dem beklagten Land durch die Erbringung der Arbeitsleistung ab dem den Abschluss eines Arbeitsvertrags zu den Bedingungen der zuletzt geltenden befristeten Arbeitsverträge als angestellter Lehrer im Umfang eines Arbeitszeitanteils von 20,5 Unterrichtsstunden wöchentlich an. Durch die Annahme der Arbeitsleistung, die Zuweisung weiterer Arbeit sowie durch die Zahlung der Vergütung nahm das beklagte Land dieses Angebot an.

39(1) Das wegen der Androhung der Zwangsvollstreckung erzwungene faktische Beschäftigungsverhältnis entfällt, sobald das die Weiterbeschäftigungspflicht aussprechende Urteil aufgehoben wird. Der Arbeitgeber kann sich dann nicht mehr darauf berufen, die Beschäftigung sei nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt. Setzen die Arbeitsvertragsparteien das Arbeitsverhältnis dadurch fort, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit im Betrieb nicht einstellt und der Arbeitgeber die Vergütung fortzahlt, ohne dass der Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung verpflichtet ist, ist davon auszugehen, dass sie das gekündigte oder durch Fristablauf beendete Arbeitsverhältnis bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Bestandsschutzrechtsstreit fortsetzen wollen (vgl.  - zu II 2 b der Gründe, BAGE 53, 17).

40(2) Am hatte das Landesarbeitsgericht unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils die Befristungskontrollklage und den Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers abgewiesen. Eine Rechtsgrundlage für die Beschäftigung des Klägers bestand nicht mehr. Nach dem klageabweisenden Urteil endeten die beiden letzten befristeten Arbeitsverhältnisse der Parteien am . Es bestand kein das beklagte Land zur Weiterbeschäftigung verurteilender, vorläufig vollstreckbarer Titel mehr. Deshalb entfiel die auf der Grundlage des Schreibens vom erzwungene faktische Weiterbeschäftigung des Klägers. Mögliche Rechtsgrundlage für eine Weiterbeschäftigung des Klägers konnte unter Berücksichtigung dieser Umstände nur ein Arbeitsvertrag sein. Die Interessenlage des Klägers bestand auch darin, einen Arbeitsvertrag mit dem beklagten Land zu schließen. Dies zeigt sich daran, dass er für einen solchen Arbeitsvertrag im Rahmen der Befristungskontrollklage im Vorprozess gerade stritt.

41(3) Sämtliche Umstände und die Interessenlage waren für das beklagte Land erkennbar. Am war das klageabweisende Urteil des Landesarbeitsgerichts im Vorprozess ergangen, gegen das der Kläger am Revision einlegte. In der Zwischenzeit - für ca. 2,5 Monate - beschäftigte und vergütete das beklagte Land den Kläger, obwohl nach dem klageabweisenden Urteil des Landesarbeitsgerichts im Vorprozess die vorangegangenen Arbeitsverhältnisse beendet waren. Ohne (neuen) Arbeitsvertrag bestand für das beklagte Land kein Grund zur Beschäftigung des Klägers. Es gab entgegen seiner Auffassung dem Kläger gegenüber auch keine Erklärung ab, wonach die Beschäftigung nur befristet oder auflösend bedingt erfolgen sollte. Diese Erklärung kann nicht dem Schreiben des beklagten Landes vom entnommen werden, da sich dieses Schreiben nach übereinstimmendem Verständnis der Parteien lediglich auf die Weiterbeschäftigung des Klägers zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, nicht aber auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags bezog. Der Kläger musste trotz des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Vorprozesses auch nicht davon ausgehen, dass nur eine Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits im Interesse des beklagten Landes lag. Denn die Befristungen zum wurden auf den Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG (Vertretung) gestützt. Bis zum waren mehr als acht Monate vergangen. Vor diesem Hintergrund konnte der Kläger das Verhalten des beklagten Landes dahin verstehen, dass zwar die früheren Arbeitsverhältnisse beendet sein sollten, es zwischenzeitlich aber wieder Beschäftigungsbedarf für den Kläger gab.

42(4) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des beklagten Landes, wonach sein Verhalten unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen sei, dass es sich als öffentlicher Arbeitgeber an die vorgegebenen Normen, also auch das Schriftformgebot des TV-L halten wolle. Ein Arbeitnehmer könne deshalb davon ausgehen, das beklagte Land wolle Erklärungen mit Rechtsbindungswillen nur schriftlich abgeben. Gemäß § 2 Abs. 1 TV-L wird der Arbeitsvertrag zwar schriftlich geschlossen. Hierbei handelt es sich aber gerade nicht um ein konstitutives Schriftformerfordernis (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand April 2014 § 2 Rn. 231). Auch mündlich geschlossene Verträge sowie durch schlüssiges Verhalten zustande gekommene Verträge sind wirksam. Das beklagte Land hat den Abschluss des Vertrags gerade nicht unter den Vorbehalt des schriftlichen Vertragsschlusses gestellt oder dem Arbeitnehmer die schriftliche Niederlegung des Vereinbarten angekündigt (vgl. zu den Folgen einer solchen Erklärung im Falle des Schriftformerfordernisses des § 14 Abs. 4 TzBfG:  - Rn. 14). Aus der fehlenden Schriftform musste der Kläger daher nicht darauf schließen, dass kein Vertragsschluss erfolgen sollte.

43(5) Die Beschäftigung des Klägers erfolgte auch mit Wissen eines zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigten Vertreters des beklagten Landes, § 164 BGB (vgl. zum Erfordernis der Kenntnis eines Vertretungsberechtigten bei stillschweigender Verlängerung des Arbeitsverhältnisses:  - zu B II 2 der Gründe; - 7 AZR 620/00 - zu B II 1 der Gründe mwN, BAGE 99, 223). Das beklagte Land hat die fehlende Kenntnis eines Vertretungsberechtigten nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht behauptet.

44cc) Der Arbeitsvertrag ist mit dem Inhalt zustande gekommen, den die Parteien praktiziert haben, dh. mit einem Arbeitszeitanteil von 20,5 Unterrichtsstunden wöchentlich zu tarifvertraglichen Bedingungen. Er war auch nicht wirksam befristet.

45(1) Selbst wenn die Auslegung ergäbe, dass die Weiterbeschäftigung des Klägers auch nach Wegfall des Weiterbeschäftigungstitels entsprechend dem Schreiben des beklagten Landes „längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits“ zweckbefristet (§ 15 Abs. 2 TzBfG) zu diesem Zeitpunkt hätte enden sollen, wäre eine solche Befristungsabrede mangels Einhaltung der Schriftform gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG iVm. § 125 Satz 1 BGB nichtig.

46(2) Der Kläger hat bereits erstinstanzlich und damit vor dem Zeitpunkt der Zweckerreichung die fehlende Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG gerügt und damit die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG gewahrt. Hierzu bedurfte es nicht der gesonderten ausdrücklichen Formulierung einer Befristungskontrollklage. Die Klage ist zwar wie eine allgemeine Feststellungsklage formuliert. Aus ihrer Begründung folgt aber, dass der Kläger auch die Unwirksamkeit der Zweckbefristung des Arbeitsverhältnisses geltend macht.Eine entsprechende Antragstellung kann sich aus der gebotenen Auslegung ergeben (vgl.  - zu A I der Gründe, BAGE 110, 208; vgl. für den umgekehrten Fall der Auslegung eines Befristungskontrollantrags in einen allgemeinen Feststellungsantrag:  - Rn. 10, BAGE 126, 295). In der Berufungsbegründung vom sprach der Kläger vom „jetzigen Entfristungsprozess“ und auch im Revisionsverfahren formuliert er: „In diesem zweiten Rechtsstreit geht es hier nun um die Rechtmäßigkeit einer Prozessbefristung bzw. Prozessbeschäftigung.“ Damit wird deutlich, dass der Kläger nicht nur das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses durch Feststellungsklage, sondern darüber hinaus auch die Unwirksamkeit einer Zweckbefristung dieses Arbeitsverhältnisses geltend gemacht hat.

47II. Der auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits gerichtete Klageantrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

48III. Die Zahlungsklage ist begründet.

491. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von 3.330,32 Euro brutto abzüglich gezahlter 446,23 Euro netto sowie abzüglich des auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Anspruchs iHv. 1.101,24 Euro folgt für den Monat Oktober 2010 aus § 611 Abs. 1, § 615 Satz 1 iVm. §§ 293 ff. BGB sowie dem Arbeitsvertrag der Parteien. Bis zum beschäftigte das beklagte Land den Kläger, sodass sich der Anspruch für diesen Zeitraum aufgrund der tatsächlichen Arbeitsleistung des Klägers ergibt. Für die Folgezeit bis zum folgt der Anspruch aus § 615 Satz 1 iVm. § 294 BGB. Das beklagte Land lehnte die vom Kläger tatsächlich angebotenen Dienste ausdrücklich ab und befand sich damit in Annahmeverzug.

502. Seinen Anspruch machte der Kläger durch die am zugestellte Klageerweiterung innerhalb der sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L geltend.

513. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm. § 24 Abs. 1 Satz 2 TV-L.

52B. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision nach § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu tragen.

Fundstelle(n):
GAAAI-20899