OFD Hannover - S 7162 – 25 – StO 353 S 7162 – 36 – StH 445

§ 4 UStG Umsatzsteuer bei der Veräußerung von Grundstücken

1. Steuerbarkeit

Bei Grundstücksveräußerungen ist zunächst zu prüfen, ob es sich dabei um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen handelt. Liegen die Voraussetzungen hierfür nicht vor, sind die Umsätze nach § 4 Nr. 9 a UStG steuerfrei, wenn sie unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen.

2. Steuerbefreiung

Unter die Umsatzsteuerfreiheit fallen insbesondere die Lieferung von Grundstücken und Grundstücksteilen sowie die Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten. Von der Steuerfreiheit ausgenommen und daher steuerpflichtig sind die mit dem Grundstücksumsatz in Zusammenhang stehenden Lieferungen von Scheinbestandteilen und Zubehör i.S. d. §§ 95, 97 BGB sowie die Übertragung von Betriebsvorrichtungen.

Während das Grunderwerbsteuergesetz bereits bei dem Verpflichtungsgeschäft, also dem Kaufvertrag greift, ist über die Umsatzbesteuerung erst zum Zeitpunkt der Lieferung, also bei Verschaffung der Verfügungsmacht zu entscheiden.

3. Umfang der Steuerbefreiung

In oder neben dem Vertrag über die Grundstücksveräußerung werden häufig weitere, von der Grundstücksübertragung abzugrenzende Verpflichtungen, z.B. im Zusammenhang mit der Bebauung des Grundstücks, eingegangen. Während im Grunderwerbsteuerrecht die verschiedenen, zu einem Leistungsbündel zusammengefassten Leistungen als eine einheitliche grunderwerbsteuerliche Leistung beurteilt werden, ist Besteuerungsgegenstand der Umsatzsteuer grundsätzlich jede einzelne entgeltliche Leistung eines Unternehmers. Eine Bündelung mehrerer Leistungen ist nur bei Leistungen desselben Unternehmers nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung zulässig. Weitere Leistungen zur Hauptleistung werden daher

von der Steuerfreiheit nur umfasst, wenn sie mit dem Leistungsgegenstand so abgestimmt sind, dass sie in ihm aufgehen und ihre Selbständigkeit verlieren. Der auf diese Weise bestimmte Umsatz begrenzt zugleich den Regelungsbereich des § 4 Nr. 9 a UStG.

Ist Vertraggegenstand ein bebautes Grundstück, z. B. ein schlüsselfertig erstelltes Eigenheim, ist dessen Lieferung steuerfrei. Das gilt auch dann, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nur das unbebaute Grundstück vorhanden war (s. BStBl 1979 II S. 749). Eine einheitliche steuerfreie Leistung kann auch bei der Übertragung eines bebauten Grundstücks und der im zeitlichen Zusammenhang damit stehenden weiteren Gewerken vorliegen, soweit es sich hierbei nach den o. a. Grundsätzen um Nebenleistungen handelt und der Veräußerer nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Vertragsgestaltung die Verfügungsmacht an dem fertigen Gebäude verschafft. Der Veräußerer muss für sämtliche Leistungen der Auftraggeber sein und das Bauherrenwagnis tragen.

Umsatzsteuerpflichtig sind dagegen z. B. Baubetreuungsleistungen oder gesondert berechnete bauvorbereitende Leistungen, insbesondere Architektenleistungen des Veräußerers eines unbebauten Grundstücks ( BStBl 1993 II S. 316 und vom , BStBl 2000 II S. 278) sowie die Herstellung eines schlüsselfertigen Fertighauses durch einen mit dem Grundstückveräußerer nicht identischen. Unternehmer ( BStBl 1999 II S. 737). Zur Frage des Besteuerungsgegenstands allgemein s. BStBl 1992 II S. 206.

Bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung des Grundstücksvertrages ist also zunächst zu prüfen, welche steuerfreien bzw. steuerpflichtigen Leistungen der Veräußerer im Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung erbracht hat und für welche dieser Leistungen Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist. Auswirkungen können sich insoweit insbesondere im Hinblick auf die Anwendung der § 9, § 14 Abs. 2 und 3 sowie § 15 a UStG ergeben.

4. Verzicht auf die Steuerbefreiung

Gem. § 9 Abs. 1 UStG kann der Veräußerer einen nach § 4 Nr. 9 a UStG steuerfreien Grundstücksumsatz steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung ist an keine besondere Form und Frist gebunden, s. Abschn. 148 Abs. 3 UStR. Voraussetzung für die Option ist, dass der Veräußerer das Grundstück seinem Unternehmen zugeordnet hatte. Eine Teiloption ist bei unterschiedlichen Nutzungsarten der Gebäudeteile möglich, siehe hierzu Abschnitt 148 Abs. 5 und 6 und zu den Grundsätzen der Zuordnung zum Unternehmen Abschn. 192 Abs. 18 UStR.

Der Umfang des Vorsteuerabzugs beim Erwerber des Grundstücks hängt von der ehemals getroffenen Zuordnungsentscheidung des leistenden Unternehmers (”handeln als Unternehmer”) als auch der eigenen Zuordnungsentscheidung (”Erwerb für sein Unternehmen”) ab. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist zu beachten, dass die Hälfte der Grunderwerbsteuer zum Entgelt gerechnet werden muss, wenn die Parteien des Grundstücksübertragungsvertrages vereinbaren, dass der Erwerber die Grunderwerbsteuer alleine zu tragen hat. Zur Bemessung der Umsatzsteuer ist die Hälfte der Grunderwerbsteuer nur insoweit heranzuziehen, als sie in ihrer Höhe noch nicht durch die Umsatzsteuer beeinflusst ist (s. Abschn. 149 Abs. 7 S. 4 u. 5 UStR).

5. Unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis

Hat der Unternehmer Umsatzsteuer für die Veräußerung eines nicht dem Unternehmen zugeordnete Gebäudeteils in der Rechnung bzw. im Vertrag ausgewiesen, ist diese nach § 14 Abs. 3 UStR festzusetzen, weil die Lieferung nicht im Rahmen des Unternehmens erfolgt. Ausgewiesene Umsatzsteuer für steuerfreie Grundstücksumsätze ist nach § 14 Abs. 2 UStG festzusetzen. Ein Vorsteuerabzug ist hieraus nicht zulässig, s. Abschn. 192 Abs. 6 UStR.

6. Vorsteuerberichtigung

Erfolgt die Veräußerung innerhalb des Berichtigungszeitraums von zehn Jahren, so ist eine Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG beim Veräußerer zu prüfen. Eine Änderung der Verhältnisse liegt vor, wenn der Veräußerungsumsatz anders zu beurteilen ist als die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung.

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Fundstelle(n):
LAAAA-82189