BGH Beschluss v. - IX ZB 23/10

Insolvenzverfahren: Umfang der selbstständigen Offenbarungspflicht des Insolvenzschuldners

Gesetze: § 20 InsO, § 97 InsO

Instanzenzug: LG Augsburg Az: 7 T 76/10vorgehend AG Augsburg Az: 5 IN 999/06

Gründe

I.

1In dem auf Antrag des Schuldners am eröffneten Insolvenzverfahren hat der beteiligte Gläubiger in dem auf den anberaumten Schlusstermin die Versagung der Restschuldbefreiung wegen der Verletzung von Auskunftspflichten des Schuldners beantragt. Diesem Antrag hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom stattgegeben. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

2Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 7, 6 Abs. 1, § 289 Abs. 2 Satz 1 InsO in Verbindung mit Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig, weil die in § 574 Abs. 2 ZPO geregelten Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht erfüllt sind.

31. Die von der Rechtsbeschwerdebegründung geltend gemachte Obersatzabweichung des Beschwerdegerichts greift als Zulässigkeitsgrund nicht durch. Auf die Frage, inwieweit der Insolvenzverwalter daran gebunden ist, dass der Schuldner zur Sicherung eines von ihm während des eröffneten Verfahrens aufgenommenen Darlehens seinen Gesellschaftsanteil auf den Darlehensgeber übertragen hat, kommt es nicht an. Der Schuldner wäre ungeachtet dieser Vereinbarung verpflichtet gewesen, die Darlehensaufnahme anzuzeigen. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, welche Auswirkungen es hat, dass die Abtretung von Gesellschaftsanteilen gemäß § 15 Abs. 3 und 4 GmbHG eines notariellen Vertrages bedarf, den es vorliegend nicht gibt.

42. Der Schuldner ist nach §§ 20, 97 InsO verpflichtet, Auskunft über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse zu erteilen. Dieser Begriff ist weit auszulegen und umfasst alle rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse, die für das Verfahren von Bedeutung sein können. Die Verpflichtung zur Auskunft ist nicht stets davon abhängig, dass an den Schuldner entsprechende Fragen gerichtet werden. Der Schuldner muss vielmehr diejenigen Umstände von sich aus, ohne besondere Nachfrage, offen legen, die offensichtlich für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sein können und nicht klar zu Tage liegen (, ZInsO 2012, 751 Rn. 13 mwN). Hier waren die Aufnahme des Darlehens zur Finanzierung des Stammkapitals der zu gründenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die beabsichtigte Sicherungsübereignung des Gesellschaftsanteils, die Gründung der Gesellschaft und deren Eintragung erkennbar für das Verfahren von erheblicher Bedeutung. Gleichwohl hat der Schuldner den Insolvenzverwalter erst, nachdem dieser schon durch andere Gläubiger auf die Gründung der GmbH und die Einzahlung des Stammkapitals von 25.000 € hingewiesen worden war, informiert. In seinem Schreiben vom hatte er dem Insolvenzverwalter gegenüber verschwiegen, dass die von ihm angeblich beabsichtigte Gründung einer Gesellschaft tatsächlich bereits erfolgt war. Zu der am erfolgten Darlehensaufnahme und zur Einzahlung des Stammkapitals enthielt das Schreiben überhaupt keine Informationen.

53. Im Übrigen wird von einer Begründung abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 4 InsO, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).

Kayser                      Raebel                              Lohmann

                Pape                          Möhring

Fundstelle(n):
LAAAI-10369