OFD Karlsruhe - S 2239 A – St 313

§ 14 EStG Realisierung von stillen Reserven bei der Erbauseinandersetzung von im Ganzen oder parzelliert verpachteten Betrieben unter Zuweisung von einzelnen Grundstücken.

Folgender Einzelfall von allgemeiner Bedeutung wurde der OFD Karlsruhe zur Beurteilung vorgelegt:

Sacherhalt

Ein Landwirt (L) hat seinen aktiv bewirtschafteten Betrieb ab im Ganzen verpachtet. Eine Betriebsaufgabe hat er gegenüber dem Finanzamt nicht erklärt.

Nach dem Tod des L am wird die Betriebsverpachtung im Ganzen von der Erbengemeinschaft, bestehend aus drei Kindern des L, fortgeführt. Mit Vertrag vom setzt sich die Erbengemeinschaft in der Weise auseinander, dass jedem Miterben einzelne Grundstücke von jeweils mehr als 30 ar zugewiesen werden. Die Grundstücke werden weiterhin verpachtet.

Die Miterben vertreten die Auffassung, dass hier eine Realteilung zu Buchwerten unter Zuweisung von Einzelwirtschaftsgütern vorliegt (§ 16 Abs. 3 Satz 2 EStG) und keine stillen Reserven zu realisieren sind. Da die den einzelnen Miterben zugewiesenen Fläche 30 ar übersteigen, sei nach den Grundsätzen des BStBl 2000 I S 1556, bei den ehemaligen Miteigentümern weiterhin von einer Betriebsverpachtung im Ganzen auszugehen.

Stellungnahme

Der Auffassung der Miterben ist nicht zu folgen.

Es handelt sich in dem vorliegenden Fall um eine vollständige Auflösung des Verpachtungsbetriebs unter Realisierung der stillen Reserven (§§ 14, 16 EStG).

Nach R 139 Abs. 5 EStR 2001 hat der Betriebsinhaber (oder dessen Rechtsnachfolger) bei der Verpachtung seines Betriebs das Wahlrecht, den Betrieb weiterhin fortzuführen, wenn eine Wiederaufnahme des Betriebs objektiv möglich ist, oder die Betriebsaufgabe zu erklären. Aufgrund des Todes des Betriebsinhabers und des Übergangs des Betriebs auf die Erben entsteht eine Mitunternehmerschaft (§ 1922 BGB; BStBl 1993 I S. 62 Tz. 3), die in die ”Fußstapfen” des Erblassers tritt (§ 6 Abs. 3 EStG) und daher das Wahlrecht nach R 139 Abs. 5 EStR 2001 weiterführen kann.

§ 16 Abs. 3 Satz 2 EStG lässt zwar ab dem Jahr 2001 im Rahmen der Realteilung – unter Beachtung einer Behaltefrist von fünf Jahren (§ 16 Abs. 3 Satz 3 EStG) – eine Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern zu, wenn diese in das Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer gelangen. Dennoch ist bei im Ganzen verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Folgendes zu beachten:

Wird der land- und forstwirtschaftliche Betrieb in der Weise real geteilt, dass eine vollständige Aufspaltung des Betriebs in Einzelwirtschaftsgüter erfolgt, die den Erben zugewiesen werden, so ist eine partielle Fortführung des ursprünglichen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs bei dem jeweiligen Erben, wie sie bei einer Realteilung mit Teilbetrieben möglich wäre, nicht denkbar. Der ursprüngliche Betrieb geht vollständig unter.

Die im Rahmen der Realteilung erhaltenen Einzelwirtschaftsgüter müssen in ein Betriebsvermögen des Mitunternehmers gelangen, d.h. entweder in ein schon vorhandenes Betriebsvermögen oder in einen Betrieb, der mit den erhaltenen Einzelwirtschaftsgütern erstmals begründet wird.

Da der ursprüngliche Betrieb durch die Realteilung über Einzelwirtschaftsgüter vollständig untergegangen ist, muss ein partieller Übergang eines bereits bestehenden Betriebs auf den Mitunternehmer verneint werden. Es fehlt für die Annahme eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs hinsichtlich der übernommenen Einzelflächen eine Eigenbewirtschaftung durch den Verpächter oder dessen Rechtsvorgänger, so dass eine ”Betriebsfiktion” und die Weitergeltung des Verpächterwahlrechts nicht möglich ist ( BStBl 1990 I S. 770 und BStBl 1995 II S. 700).

Durch die bloße (Weiter-) Verpachtung von landwirtschaftlichen Flächen wird auch kein neuer und eigenständiger land- und forstwirtschaftlicher Betrieb begründet ( BStBl 1989 II S. 863).

Auch das BStBl 2000 I S. 1556 nach dem bei einem verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb die Entnahme oder Veräußerung von Grundstücken unerheblich ist, sofern überhaupt ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft fortgeführt werden kann, ändert hieran nichts. Denn bei einer Realteilung eines verpachteten Betriebs unter Aufspaltung in Einzelwirtschaftsgüter handelt es sich nicht um eine Verkleinerung, sondern eine vollständige Auflösung dieses Betriebs.

Die Ausführungen gelten bei parzellenweisen verpachteten Betrieben analog.

OFD Karlsruhe v. - S 2239 A – St 313

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Fundstelle(n):
MAAAA-81305