OFD Hannover - S 0520 - 20 - StH 462 S 0520 - 2 - StO 321

§ 276 AO Rückständige Steuer; Anrechnung geleisteter Zahlungen (§ 276 AO)

1 Die Höhe der aufzuteilenden Gesamtschuld ist abhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung:

1.1 Wird der Antrag vor Einleitung der Vollstreckung beim Finanzamt gestellt, so ist die im Zeitpunkt des Eingangs des Aufteilungsantrages geschuldete Steuer aufzuteilen (§ 276 Abs. 1 AO). Hierzu gehören auch gestundete (§ 222 AO) oder von der Vollziehung ausgesetzte (§ 361 AO) Beträge.

1.2 Geht der Antrag auf Aufteilung der Gesamtschuld nach Einleitung der Vollstreckung ein, so sind die im Zeitpunkt der Einleitung der Vollstreckung bestehenden Rückstände aufzuteilen (§ 276 Abs. 2 AO). Die Vollstreckung gilt mit der Ausfertigung der Rückstandsanzeige als eingeleitet (§ 276 Abs. 5 AO).

2 Rückständige Steuer (§ 276 Abs. 4 AO)

2.1 Nach § 276 Abs. 4 AO gehören auch Säumniszuschläge, Zinsen und Verspätungszuschläge zur rückständigen Steuer. § 276 Abs. 4 AO greift damit bestimmte steuerliche Nebenleistungen i. S. des § 3 Abs. 3 AO heraus und bestimmt sie zum Gegenstand der Aufteilung nach §§ 268 ff. AO).

2.2 Die in § 276 Abs. 4 AO genannten steuerlichen Nebenleistungen sind auch dann nach Maßgabe der §§ 268 ff. AO aufzuteilen, wenn die ihnen zugrunde liegende Steuer nicht mehr rückständig ist (vgl. BStBl II 1995, S. 487). Es erfolgt insoweit eine isolierte Aufteilung der aufgeführten steuerlichen Nebenleistungen.

3 Anrechnung geleisteter Zahlungen

3.1 Steuerabzugsbeträge (z. B. Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) und getrennt festgesetzte Vorauszahlungen sind in die Aufteilung auch dann einzubeziehen, wenn sie vor Stellung des Antrags entrichtet wurden (§ 276 Abs. 3 AO). Getrennt festgesetzte Vorauszahlungen können vorliegen, wenn die Steuerpflichtigen von der getrennten Veranlagung zur Zusammenveranlagung wechseln oder wenn die Vorauszahlungen aufgeteilt waren (§ 272 Abs. 1 AO). Die nach § 276 Abs. 3 AO in die Aufteilung einbezogenen Beträge werden dem Schuldner angerechnet, der sie geleistet hat oder für den sie geleistet worden sind (§ 276 Abs. 6 S. 1 AO).

3.2 Durch Zahlungen, die von einem Gesamtschuldner nach dem Aufteilungszeitpunkt (§ 276 Abs. 1 oder Abs. 2 AO) geleistet worden sind, tritt eine Minderung des Aufzuteilenden Gesamtbetrags nicht ein. Es erfolgt jedoch eine Anrechnung bei dem Gesamtschuldner, der die Zahlung geleistet hat oder für den sie geleistet worden ist (§ 276 Abs. 6 AO, BStBl 1995 II, 492). Der auf diesen Gesamtschuldner entfallende Steueranteil wird entsprechend gekürzt. Die Anrechnungsvorschrift des § 276 Abs. 6 AO entspricht der Regelung über die Person des Erstattungsberechtigten in § 37 Abs. 2 AO, wonach Erstattungsberechtigter derjenige ist, auf dessen Rechnung die Zahlung (ohne rechtlichen Grund) bewirkt worden ist. Es kommt also nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln geleistet worden ist, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden getilgt werden sollte. Auch § 276 Abs. 6 AO ist dahin auszulegen, dass die Anrechnung bei dem, der geleistet hat, nur erfolgt, soweit erkennbar ist, dass er auf eigene Rechnung zahlen wollte.

3.3 Ergibt sich bei einem Gesamtschuldner eine Überzahlung gegenüber dem Aufteilungsbetrag, so ist der Überzahlte Betrag zu erstatten (§ 276 Abs. 6 S. 2 AO).

4 Beispiel zur Ermittlung der aufzuteilenden Beträge und zur Anrechnung geleisteter Zahlungen:


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Ausgangsfall
Einkommensteuer
Nachzahlungszinsen (§ 233 a AO)
festgesetzte Einkommensteuer 01 aufgrund einer Zusammenveranlagung
10.000,-- EUR
50,-- EUR
./. anzurechnende Lohnsteuer der Ehefrau
3.000,-- EUR
./. anzurechnende Vorauszahlungen
  2.000,-- EUR
                
Abschlusszahlung
5.000,-- EUR
50,-- EUR

Die Abschlusszahlung war am fällig. Nach einer Mahnung entrichtete der Ehemann am einen Teilbetrag i. H. v. 1.000,-- EUR. Über den Rückstand von 4.190,-- EUR (Einkommensteuer: 4.000,-- EUR, Nachzahlungszinsen: 50,-- EUR und Säumniszuschläge: 140,-- EUR) wurde am eine Rückstandsanzeige erstellt. Am leistete der Ehemann eine weitere Zahlung i. H. v. 500,-- EUR.

Fall 1:

Am beantragte die Ehefrau die Aufteilung der Einkommensteuerschuld gem. §§ 268 ff. AO.

Es ist die im Zeitpunkt des Eingangs des Aufteilungsantrages geschuldete Steuer aufzuteilen:


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am geschuldete Einkommensteuer:
5.000,-- EUR
+ Steuerabzugsbeträge vom Arbeitslohn
3.000,-- EUR
+ Nachzahlungszinsen
50,-- EUR
+ Säumnizuschläge
   100,-- EUR
aufzuteilender Betrag
B.150,-- EUR

Die Lohnsteuer i. H. v. 3.000,-- EUR ist auf den Aufteilungsbetrag der Ehefrau anzurechnen. Die Zahlungen i. H. v. 1.000,-- EUR und 500,-- EUR leistete der Ehemann jeweils nach dem Aufteilungsantrag. Es ist davon auszugehen, dass diese Beträge allein auf seine Rechnung entrichtet wurden. Sie sind deshalb auf den Aufteilungsbetrag des Ehemanns anzurechnen.

1. Abwandlung:

Am beantragte die Ehefrau die Aufteilung.

Es ist die am geschuldete Steuer aufzuteilen (§ 276 Abs. 2 u. 5 AO):


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am geschuldete Einkommensteuer:
4.000,-- EUR
+ Steuerabzugsbeträge vom Arbeitslohn
3.000,-- EUR
+ Nachzahlungszinsen
50,-- EUR
+ Säumniszuschläge
    140,-- EUR
aufzuteilender Betrag
7.190,-- EUR

Die Lohnsteuer der Ehefrau i. H. v. 3.000,-- EUR ist nur auf deren Aufteilungsbetrag anzurechnen.

Die nach dem Aufteilungsantrag geleistete Zahlung i. H. v. 500,-- EUR ist zu Gunsten des Ehemanns anzurechnen. Sie wurde offenbar nur auf dessen Rechnung bewirkt.

2. Abwandlung:

Am beantragte die Ehefrau die Aufteilung.

Es ist die am geschuldete Steuer aufzuteilen (§ 276 Abs. 2 u. 5 AO):


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am geschuldete Einkommensteuer:
4.000,-- EUR
+ Steuerabzugsbeträge vom Arbeitslohn
3.000,-- EUR
+ Nachzahlungszinsen
50,-- EUR
+ Säumniszuschläge
    140,-- EUR
aufzuteilender Betrag
7.190,-- EUR

Die Lohnsteuer i. H. v. 3.000,-- EUR kommt nur der Ehefrau zugute. Bei der Zahlung i. H. v. 500,-- EUR ist davon auszugehen, dass sie auf Rechnung beider Ehegatten geleistet wurde ( BStBl 1995 II, S. 492). Sie ist daher bei jedem Ehegatten zur Hälfte anzurechnen.

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