Oberfinanzdirektion Nürnberg - S 0338 - 89/St 24

§ 165 AO Vorläufige Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Musterverfahren (§ 165 Abs. 1 AO) Ruhenlassen von außergerichtlichen Rechtsbehelfen (§ 363 Abs. 2 AO); Vorläufigkeitsvermerk zur Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Wertpapiergeschäfte) ab dem Veranlagungszeitraum 2000

OFD-Verfügungen vom , S 2256 - 60/St 32, und , S 0338 - 89/St 24, jeweils bekannt gegeben per E-Mail

1. Vorläufigkeitsvermerk ab Veranlagungszeitraum 2000

Wie bereits durch die E-Mail vom mitgeteilt, sind die AO-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder übereingekommen, ab sofort sämtliche betroffene Einkommensteuerfestsetzungen ab dem Veranlagungszeitraum 2000 hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vorläufig zu erklären. Das hierzu ergangene wird in Kürze im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht und steht für eine Übergangszeit auf den Internet-Seiten des BMF unter der Rubrik Steuern und Zölle - Steuern- Veröffentlichungen zu Steuerarten - Abgabenordnung zum Download bereit.

Die maschinellen Programme sind unmittelbar nach Bekanntwerden des Referatsleiterbeschlusses überarbeitet worden. Ab Einsatz der geänderten Programme werden Vorläufigkeitsvermerke hinsichtlich der Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in den Einkommensteuerbescheiden für Veranlagungszeiträume ab 2000 entsprechend dem (vgl. AO-Kartei, Karte 2 blau zu § 165 AO und BStBl I 1995 S. 264) in den maschinellen Bescheiden ausgegeben. Der Einsatz der geänderten Programme wird durch gesondertes Telex bekannt gegeben.

Damit bei Änderungs- und Berichtigungsbescheiden zugunsten des Steuerpflichtigen die gebotene Unterdrückung der maschinellen Vorläufigkeitserklärung erreicht wird, ist es erforderlich, bei der Steuerungskennzahl 17.30 den Wert 0 einzutragen. Dieser Eintrag ist jedoch nicht vorzunehmen. bei

  • Änderungen/Berichtigungen nach § 164 Abs. 2 AO

  • Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 AO

  • Abhilfebescheiden im Einspruchsverfahren gegen Erstbescheide.

Zur Speicherung personeller Ergebnisse ist einzugeben

  • bei Kz 09.70 der Wert ”6”, wenn der Bescheid hinsichtlich der Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in vollem Umfang vorläufig erging bzw.

  • bei Kz 09.74 der Wert ”6”, wenn der Bescheid hinsichtlich der Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG mit dem Zusatz ”soweit die Änderung reicht” erlassen wurde.

2. Offene Einspruchsverfahren

Mittlerweile liegt bei den Finanzämtem eine Vielzahl von Einsprüchen vor, die ausschließlich nur im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des BFH IX R 62/99 vom eingelegt worden sind. Die OFD hatte mit Verfügung vom gebeten, diese Fälle nicht mehr an die zentrale Rechtsbehelfsstelle abzugeben, sondern vielmehr in den Arbeitseinheiten zu belassen.

Gemäß Tz II. des (a.a.O.) können diese Einspruchsverfahren zwar grundsätzlich (stillschweigend) ruhen, soweit vom Einspruchsführer nicht eine vorläufige Steuerfestsetzung begehrt wurde. Da bei der überwiegenden Zahl dieser Fälle jedoch - zumindest hilfsweise - die Anbringung eines Vorläufigkeitsvermerks beantragt wurde, bitte die OFD aus Gründen der einheitlichen Behandlung und der Verwaltungsökonomie im Wege eines Änderungsbescheids (§ 172 Abs. 1 Nr. 2a AO bzw. § 164 Abs. 2 AO) den Vorläufigkeitsvermerk aufzunehmen und den Einspruch gleichzeitig für erledigt zu erklären.

Soweit sich in Fällen, die nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen, keine Anhaltspunkte ergeben, dass der Steuerpflichtige auch mit der Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks zur Erledigung seines Einspruchs einverstanden ist, bittet die OFD mit ihm bzw. seinem steuerlichen Vertreter (femmündlich) Kontakt aufzunehmen, um die Zustimmung zur Anbringung des Vorläufigkeitsvermerks zu erhalten.

AdV ist nicht zu gewähren.

In Fällen, in denen eine begehrte AdV nicht gewährt wurde, bittet die OFD stets (auch bei Festsetzungen unter Vorbehalt der Nachprüfung) anzufragen, ob mit der Einspruchserledigung durch Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks Einverständnis besteht.

Soweit die Einsprüche vor Ergehen der E-Mail bereits an die zentrale Rechtsbehelfsstelle abgeben wurden und dort in der Einspruchsliste B eingetragen sind, ist entsprechend wie oben beschrieben zu verfahren.

3. Statistische Erfassung

Die Einsprüche, die ausschließlich wegen der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz Nr. 2 eingelegt wurden, bittet die OFD in den Einspruchslisten A und B zu kennzeichnen.

Die Fälle sind als Massenrechtsbehelfe anzusehen, sind aber auch weiterhin in den Einspruchslisten zu erfassen. Sie sind in der Jahresstatistik (wie seit dem Jahr 2000 üblich) wie jeder andere Einspruch anzuschreiben, jedoch zusätzlich gesondert auszuweisen.

4. Vorläufigkeitsvermerk für Veranlagungszeiträume vor 2000

Es wird derzeit auf Bundesebene noch geprüft, ob auch Steuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume vor dem Kalenderjahr 2000 für vorläufig erklärt werden sollen (z.B. bei Bescheidänderungen nach § 164 Abs. 2 AO oder bei Änderungen zuungunsten, soweit die Änderung reicht).

Über das Ergebnis der Erörterungen und der ggf. erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen werden die Finanzämter noch gesondert unterrichtet. Bis dahin ruhen die Einsprüche unter den Voraussetzungen des § 363 Abs. 2 Satz 2 AO weiterhin kraft Gesetzes.

5. Hinweis auf Einsprüche betreffend rückwirkende Verlängerung der Veräußerungsfrist bei privaten Grundstücksgeschäften (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG)

Auf die hierzu ergangenen OFD-Verfügungen vom und (S 2256 - 50/St 32) an die HSL-ESt wird hingewiesen. Danach kann in gleichgelagerten Fällen aufgrund des (BStBl II S. 405) auf Antrag der Steuerpflichtigen AdV gewährt werden. Die Einspruchsverfahren ruhen bis zur Entscheidung des BFH in der Hauptsache kraft Gesetzes gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO. Vorläufige Steuerfestsetzungen nach § 165 AO kommen aber nicht in Betracht.

Ebenfalls wird auf den aktuellen (EFG 2002 S. 1236) in dieser Angelegenheit hingewiesen.

Oberfinanzdirektion Nürnberg v. - S 0338 - 89/St 24

Fundstelle(n):
AAAAA-80791