OFD München - S 0622- 69 St 312

§ 357AO Verfahrenserklärungen; Auslegung und Umdeutung

1. Auslegung

Verfahrenserklärungen sind in entsprechender Anwendung des § 133 BGB wie Willenserklärungen auszulegen (siehe . BStBl II S. 417). Dies gilt grundsätzlich auch für Erklärungen rechtskundiger Personen (stehe BStBl II S. 374). Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Verfahrenserklärung auslagungsfähig und -bedürftig ist.

Eine solche Maßnahme kommt z.B. dann in Betracht, wenn es an einer eindeutigen und zweifelsfreien Erklärung des wirklich Gewollten fehlt (vgl. BStBl 1987 II S. 5).

Ist danach unklar, welchen Inhalt die Erklärung haben soll, Ist davon auszugehen, dass der Rechtsbehelf bzw. Antrag beabsichtigt war, der den Belangen des Stpil, entspricht und der zu dem angestrebten Erfolg führen kann (siehe BFH/NV 1985 S. 675, und a.a.O.). Dabei dürfen auch außerhalb der Erklärung begende Umstände berücksichtigt werden (vgl. BFH/NV 2002 S. 613 m.w.N.).

Keine Möglichkeit für eine Auslegung besteht allerdings, wenn die Erklärung nach Wortlaut und Zweck einen eindeutigen Inhalt hat ( BFH/NV 1997 S. 359).

Beispiel

Eine von einem Steuertierater stammende Formulienung in einem Einspruchsschreiben, es werde ”gegen den Körperschaftsleuerbescheid” Einspruch eingelegt, kann nicht als Einspruch auch gegen den Bescheid uber die Festsetzung von Zinsen zur Körperschaftsleuer ausgelegt werden. Die Erklärung ist eindeulig und nicht auslegungsbedürftig (vgl. a.a.O.).

Der BFH lührt zur Begründung an, dass mit dieser Fonnulierung nur der Körperschaftsteuerbescheid angelochten wurde, der Teil des Sammelbescheides (Körperschaflsteuer, Solidaritätszuschlag und Zinstestsetzung) war.

2. Umdeutung

Verfahrenserklärurigen können auch umgedeutet werden (siehe BStBl 1979 II S. 173).

Bei rechtskundigen Personen scheidet aber eine solche Sachbehandlung regelmäßig aus, weil davon ausgegangen werden kann, dass sich dieser Personenkreis über die rechtliche Tragweite seiner Erklärungen im Klaren ist (siehe HFR 1961 S. 39. und vom . HFR 1965 S. 177, BStBl II S. 813, 814; a.a.O.).

Von den Angehörigen der steuer- und rechtsberatenden Berufe kann verlangt werden, dass sie den Rechtsbehelf wählen oder den Antrag stellen, der dem Gesetz entspricht (siehe BStBl III S. 119, 120, und a.a.O.). Dieser Grundsatz wird dann noch verstärkt, wenn ein Verwaltungsakt mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung ergangen ist, weil dadurch auf den zutreffenden Rechtsbehelf hingewiesen worden ist. Es ist auch ein Gebot der Rechtssicherheit, einen Steuerpflichtigen., der durch einen Angehörigen der steuer- und rechtsberatenden Berufe vertreten wird, in seinen Prozesserklärungen wörtlich zu nehmen (siehe BStBl II S. 679, 680).

3. Auslegung und Umdeutung von Einspruchsschreiben bei Ehegatten

Wegen der Frage der Umdeutung bzw. Auslegung von Einspruchsschreiben bei Ehegatten siehe Karte 1 -blau- zu § 360 AO.

Hinweis der OFD Nürnberg:

Die bisherige Karte 1 - grün - zu § 357 AO (Kontroll-Nr. 112) bittet die OFD auszureihen.

Inhaltlich gleichlautend
OFD München v. - S 0622- 69 St 312
OFD Nürnberg v. - S 0622 - 159/St 24

Fundstelle(n):
TAAAA-80789