Dr. Martin Strahl, Thomas Carlé, Sergej Müller

Grundlegende Reformen für Personengesellschaften durch KöMoG und MoPeG

Auswirkungen auf Steuer- und Handelsrecht sowie Bilanzierung

1. Aufl. 2022

ISBN der Online-Version: 978-3-482-02831-1
ISBN der gedruckten Version: 978-3-482-68941-3

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Grundlegende Reformen für Personengesellschaften durch KöMoG und MoPeG (1. Auflage)

Obwohl der Bundesrat das Optionsmodell nach § 1a KStG noch im Gesetzgebungsverfahren als insgesamt unausgegoren kritisiert hat, ist es – wenn auch leicht überarbeitet – mit dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) v.  (BGBl 2021 I S. 2050) rasch verabschiedet worden. Bereits in einer Vielzahl von Fachbeiträgen wurden die strittigen Praxisfragen diskutiert. Probleme ergeben sich insbesondere aufgrund der anspruchsvollen Verweisungstechnik auf die steuerlichen Regelungen zum Formwechsel sowie der Notwendigkeit, die gesellschaftsrechtlichen Regelungen für die fortbestehende Personengesellschaft und das neu eintretende Besteuerungsrecht für Kapitalgesellschaften in Einklang zu bringen. Nunmehr hat das BMF mit Datum v.  (NWB IAAAH-90311) ein finales Anwendungsschreiben zur Körperschaftsteueroption veröffentlicht. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die für die Praxis wichtigsten Aussagen und unterzieht sie einer kritischen Würdigung.

I. Anwendungsbereich

Nachdem das BMF in seinem Schreiben v.  (NWB IAAAH-90311) unter Rz. 1 in zeitlicher Hinsicht klarstellt, dass die Option gem. § 34 Abs. 1a KStG bereits erstmals für Wirtschaftsjahre ausgeübt werden kann, die nach dem beginnen, nimmt es im Anschluss zu praxisrelevanten Fragen des persönlichen Anwendungsbereichs Stellung.

1. Allgemeines

In Rz. 2 Satz 1 zählt das BMF die OHG und KG i. S. des §§ 105 und 161 HGB einschließlich der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV – als Sonderform der OHG) als antragsberechtigte Personenhandelsgesellschaften auf. Soweit in Rz. 2 Satz 3 zudem erwähnt wird, eine GmbH & Co. KG sei auch dann antragsberechtigt, wenn deren Komplementärgesellschaft vermögensmäßig nicht beteiligt ist, ist nicht ersichtlich, dass dies unklar oder streitig ist. Die GmbH & Co. KG zählt unzweifelhaft zu den Personenhandelsgesellschaften. Jedenfalls kann das Fehlen einer vermögensmäßigen Beteiligung der Komplementär-GmbH keinen Einfluss auf die Antragsberechtigung haben.

2. Vermögensverwaltende Gesellschaften

Zu begrüßen ist, dass das BMF nunmehr – anders als noch in der Entwurfsfassung – auch zu vermögensverwaltenden Gesellschaften Stellung bezieht und in Rz. 2 Satz 2 die Auffassung vertritt, dass auch rein vermögensverwaltende Gesellschaften antragsberechtigt sind. Diese Sichtweise ist deshalb zutreffend (a. A. aber Demuth, NWB 35/2021 S. 2586, 2588), weil § 1a Abs. 1 Satz 1 KStG die Optionsberechtigung lediglich von der zivilrechtlichen Rechtsform abhängig macht. Ob es sich hierbei ertragsteuerlich um eine Mitunternehmerschaft handelt, spielt dagegen erst bei der Frage eine Rolle, ob die Optionsausübung für die beteiligten Gesellschafter zu Buchwerten ohne Aufdeckung stiller Reserven erfolgen kann. Hierzu wird in Rz. 30 ausgeführt, dass 20 UmwStG (i. V. mit § 25 UmwStG) keine Anwendung finde, wenn es sich um eine rein vermögensverwaltende Personengesellschaft und damit nicht um eine Mitunternehmerschaft handle. Diese Sichtweise ist – auch falls der Gesellschaftsanteil beim Gesellschafter Betriebsvermögen darstellt (sog. Zebragesellschaft) – zutreffend (vgl. hierzu Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rz. 133). Im Fall einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft soll aber ggf. § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG zu prüfen sein. Aufgrund der Bruchteilsbetrachtung (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) kommt es dadurch ggf. zu einem einer Veräußerung gleich gestellten steuerbaren tauschähnlichen Vorgang hinsichtlich des bisherigen Privatvermögens durch die Gesellschafter gegen Gewährung von Anteilen an der optierenden Gesellschaft.

Beispiel (angelehnt an Rz. 40 des Abwandlung):

Die optierende, vermögensverwaltende Zebragesellschaft CD-KG ist Eigentümerin eines Grundstücks. An der CD-KG sind die natürlichen Personen C als Komplementärin (Beteiligung im Betriebsvermögen) und D als Kommanditist (Beteiligung im Privatvermögen) beteiligt. Auf C findet § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG Anwendung, so dass es insoweit zur Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven des Grundstücks kommt. Auf D findet hingegen § 22 Nr. 2 i. V. mit § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG Anwendung, so dass unter Umständen ein steuerfreier Vorgang vorliegt.

3. Treuhand-KG

Nach Rz. 2 Satz 4 fallen Einzelunternehmen nicht in den Anwendungsbereich des § 1a KStG, ebenso wie GbRs, Erbengemeinschaften und reine Innengesellschaften (wie die atypisch stillen Gesellschaften). Damit ist der subjektive Anwendungsbereich der Option wesentlich enger gefasst als der der steuerlichen Mitunternehmerschaft. Dies ergibt sich bereits aus dem klaren Wortlaut des § 1a Abs. 1 KStG (vgl. zur Gesetzesbegründung BT-Drucks. 19/28656 S. 21; zur verfassungsrechtlichen Dimension Kanzler, FR 2021 S. 1049). Für diese Rechtsformen sind ggf. vorbereitende „Umwandlungsschritte“ erforderlich. In dem BMF-Schreiben ist hingegen keine Aussage dazu enthalten, ob auch eine Treuhand-KG antragsberechtigt sein kann. Problematisch ist insoweit nämlich, dass eine Treuhand-KG zwar gesellschaftsrechtlich als KG ausgestaltet ist, steuerlich aber als nicht existent (keine Mitunternehmerschaft) und damit etwa bei einer natürlichen Person als Komplementärin und Treugeberin als Einzelunternehmen behandelt wird („Treuhandmodell“, vgl. , BStBl 1993 II S. 574). Da auch die Treuhand-KG gesellschaftsrechtlich aber eine echte KG darstellt und der Wortlaut des § 1a Abs. 1 Satz 1 KStG „nur“ an die gesellschaftsrechtliche Rechtsform der Personenhandelsgesellschaft und nicht an die steuerliche Existenz einer Mitunternehmerschaft anknüpft, muss m. E. auch eine Treuhand-KG antragsberechtigt sein (Wacker/Krüger/Levedag/Loschelder, DStR-Beihefter 41/2021 S. 3, 8).

4. Ausländische Gesellschaften

Nach Rz. 3 des Anwendungsschreibens ist die Option zutreffenderweise auch Gesellschaften ausländischer Rechtsform eröffnet, wenn diese den in § 1a Abs. 1 Satz 1 KStG genannten Rechtsformen vergleichbar sind (ebenso Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 1a Rz. 29). Eine Beschränkung auf inländische Personenhandelsgesellschaften lässt sich dem Wortlaut m. E. auch nicht entnehmen. Diese Sichtweise entspricht der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/28656 S. 21). Hinsichtlich der Vergleichbarkeit verweist die Finanzverwaltung unter Bezugnahme auf Rz. 01.27 des Umwandlungssteuererlasses 2011 ( BStBl 2011 I S. 1314; im Folgenden: UmwSt-Erlass) auf den Rechtstypenvergleich (kritisch hierzu Haase, IWB 16/2021 S. 647). Entsprechend kann auf die den Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätzen (BStBl 1999 I S. 1076) im Anhang als Tabellen 1 und 2 beigefügten Hinweise für die Einordnung gängiger ausländischer Gesellschaftsformen zurückgegriffen werden.

Zur Körperschaftsbesteuerung optieren können sollen ausdrücklich auch Gesellschaften ohne Sitz und Geschäftsleitung im Inland, die nach der Option mit ihren inländischen Einkünften i. S. des § 49 EStG beschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind. Dies wird im Schrifttum bislang nicht einheitlich so gesehen, ist m. E. aber zutreffend (pro Antragspflicht etwa Müller/Lucas/Mack, IWB 13/2021 S. 528; zur Begründung Zapf, BB 2021 S. 2711, 2714; a. A. Haase, IWB 16/2021 S. 647). Antragsberechtigt sind nach Ansicht des BMF auch ausländische Gesellschaften, die keinerlei inländische Einkünfte erzielen. Diese Sichtweise erlangt Bedeutung für sog. Outbound-Strukturen. Inländische Gesellschafter sind nach der Optionsausübung steuerlich so zu behandeln, als ob sie Anteile an einer ausländischen Kapitalgesellschaft halten (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG; § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG).

Zu beachten ist gerade bei ausländischen Personengesellschaften die Antragsbeschränkung in § 1a Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 KStG (vgl. hierzu Rz. 5 des NWB IAAAH-90311). Demnach ist die Option für Gesellschaften mit Geschäftsleitung im Ausland ausgeschlossen, die nach Optionsausübung im Geschäftsleitungsstaat keiner der deutschen unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht vergleichbaren Steuerpflicht unterliegen (vgl. mit Beispielen Zapf, BB 2021 S. 2711, 2714 f.).

5. Nachweispflichten

Jede optierende Gesellschaft muss nach Rz. 6 und 7 das Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen für die Option während des gesamten Besteuerungszeitraums für jedes Jahr nachweisen, wenn es hierzu durch das Finanzamt aufgefordert wird. Anders als noch im Entwurf für das BMF-Schreiben vorgesehen, ist der Nachweis aber nicht mehr zwingend mit Abgabe der Körperschaftsteuererklärung zu erbringen. Demnach dürfte der Nachweis wohl bis zur Unanfechtbarkeit der Körperschaftsteuerveranlagung möglich sein.

Beachtenswert ist, dass die Finanzverwaltung in Rz. 11 für Gesellschaften mit Geschäftsleitung im Ausland fordert, dass diese Gesellschaften bereits mit Antragstellung nachweisen müssen, dass sie im Optionszeitraum im anderen Staat dem Grunde nach einer der deutschen unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht vergleichbaren Steuerpflicht unterliegen. Ein solcher Nachweis soll z. B. durch Vorlage eines aktuellen Körperschaftsteuerbescheids bzw. einer Bestätigung des ausländischen Staats geführt werden. Zudem soll eine Ansässigkeitsbescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde vorgelegt werden.