BGH Urteil v. - VI ZR 575/20

Schadensersatzanspruch des Fahrzeugkäufers in einem sog. Dieselfall: Vorteilsausgleichung bei Weiterverkauf des Fahrzeugs

Leitsatz

Verlangt der geschädigte Fahrzeugkäufer in einem sog. Dieselfall vom Fahrzeughersteller Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises und hat er im Wege der Vorteilsausgleichung das erworbene Fahrzeug Zug um Zug an den Fahrzeughersteller herauszugeben und zu übereignen, tritt im Fall des Weiterverkaufs im Rahmen der Vorteilsausgleichung der erzielte marktgerechte Verkaufserlös an die Stelle des herauszugebenden und zu übereignenden Fahrzeugs.

Gesetze: § 249 Abs 1 BGB, § 826 BGB, § 6 EG-FGV, § 27 Abs 1 EG-FGV, Art 3 Nr 10 EGV 715/2007, Art 5 Abs 2 EGV 715/2007

Instanzenzug: Az: 7 U 167/19 Urteilvorgehend Az: 9 O 389/18 Urteil

Tatbestand

1Die Klägerin nimmt den beklagten Kraftfahrzeughersteller wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung, die zu erhöhten Schadstoffemissionen führte, auf Schadensersatz in Anspruch.

2Die Klägerin erwarb am von einem Autohändler einen von der Beklagten hergestellten VW Touran 1.6 TDI mit einer Laufleistung von 19.030 km zu einem Kaufpreis von 19.790 €. Das Fahrzeug war mit einem Dieselmotor der Beklagten des Typs EA189 EU 5 ausgestattet. Die Steuerung des Motors erkannte, ob sich das Fahrzeug zur Messung der Schadstoffemissionen auf einem Prüfstand befand, und bewirkte in dieser Situation einen geringeren Stickoxidausstoß als im "Echtbetrieb" auf der Straße.

3Während des laufenden Rechtsstreits, am , veräußerte die Klägerin das Fahrzeug bei einem Kilometerstand von 147.000 für einen marktgerechten Preis von 4.477 € an einen Dritten.

4Die Klägerin hat den Rechtsstreit in Höhe von 4.477 € einseitig für erledigt erklärt. Im Übrigen hat sie in den Vorinstanzen beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 15.313 € (Kaufpreis abzüglich des Veräußerungserlöses) nebst Zinsen zu zahlen und sie von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen.

5Das Landgericht hat festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 4.477 € erledigt sei, und die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, 6.299,50 € nebst Zinsen an die Klägerin zu zahlen und diese von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Zinsen abgeändert. Es hat der Klägerin Zinsen in Höhe von 4 % auf 19.790 € für die Zeit vom bis zum (Deliktszinsen) sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 14.791,26 € für die Zeit vom bis zum und auf 6.299,50 € seit dem zugesprochen. Die weitergehende Berufung der Klägerin und die auf vollständige Klageabweisung gerichtete Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen.

6Mit ihrer vom Berufungsgericht beschränkt zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag insoweit weiter, als sie zur Zahlung von 6.299,50 € nebst Zinsen seit dem verurteilt worden ist. Soweit sich die Beklagte mit ihrer Revision außerdem gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von Deliktszinsen für den Zeitraum vor dem gewandt hat, hat die Klägerin die Klage zwischenzeitlich mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen. Zudem hat die Klägerin ihre eigene Revision vor Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Gründe

I.

7Das Berufungsgericht, dessen Urteil bei juris und unter BeckRS 2020, 22692 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

8Die Klägerin habe einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus § 826 BGB. Die Beklagte habe die Klägerin durch das Inverkehrbringen des von dieser erworbenen Fahrzeugs, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüstet gewesen sei und dem deshalb die Stilllegung gedroht habe, vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Der Schaden der Klägerin liege im Erwerb des Fahrzeugs, der auf der Täuschungshandlung der Beklagten beruht habe.

9Die Klägerin habe Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises in Höhe von 19.790 € abzüglich einer Nutzungsentschädigung von 9.013,50 € und abzüglich des von der Klägerin durch die Weiterveräußerung erzielten Erlöses von 4.477 €, also auf Zahlung eines Betrags von 6.299,50 €. Entgegen der Auffassung der Beklagten führe die Weiterveräußerung des Fahrzeugs nicht zu einem vollständigen Wegfall des Schadens. Der von der Klägerin geschuldete Wertersatz werde durch den Abzug des marktgerechten Verkaufserlöses geleistet. Ob die "Bemakelung" des Fahrzeugs zu einem Mindererlös geführt habe, sei unerheblich.

II.

101. Mit der teilweisen Klagerücknahme ist das Berufungsurteil, soweit die Beklagte zur Zahlung von Deliktszinsen für die Zeit vor dem verurteilt wurde, wirkungslos geworden.

112. Noch Gegenstand der Revision ist die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 6.299,50 € nebst Prozesszinsen seit dem . Insoweit ist die Revision zulässig, aber unbegründet.

12a) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Revision der Beklagten hinsichtlich des vorgenannten Gegenstandes aufgrund der Zulassung durch das Berufungsgericht gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft.

13aa) Das Berufungsgericht hat die Revision im Tenor seines Urteils "für beide Parteien in dem in den Entscheidungsgründen näher dargelegten Umfang" zugelassen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass es die Revision zulasse, weil angesichts der divergierenden Rechtsprechung zumindest des Oberlandesgerichts Braunschweig zum Anspruchsgrund und der kontrovers erörterten Frage der Zinspflicht aus § 849 BGB sowie - in Bezug auf die Klägerin - hinsichtlich des Nutzungsersatzes "insoweit" die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO erfüllt seien.

14Mit den genannten Formulierungen hat das Berufungsgericht die Revision u.a. hinsichtlich des Anspruchsgrundes zugelassen. Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf den Anspruchsgrund ist grundsätzlich zulässig, da das Berufungsgericht dem Revisionsgericht die Entscheidung über die Anspruchshöhe auch durch den Erlass eines Grundurteils gemäß § 304 ZPO vorenthalten könnte (vgl. , NJW 1982, 2380 f., juris Rn. 19; vom - VIII ZR 123/09, NJW 2010, 2122 Rn. 12). Hieraus folgt zugleich, dass eine auf den Anspruchsgrund bezogene Revisionszulassung jedenfalls alle Anspruchsvoraussetzungen und Einwendungen erfasst, die für den Erlass eines Grundurteils hätten erledigt werden müssen. Eine weitergehende Einschränkung auf einzelne Rechtsfragen oder Elemente des Anspruchsgrundes ist unzulässig (vgl. allgemein , juris Rn. 7; Urteil vom - V ZR 198/14, NJW 2015, 3371 Rn. 7; jeweils mwN).

15bb) Im Streitfall stellt sich die Frage, ob der Anspruch der Klägerin mit der Weiterveräußerung des Fahrzeugs aus Rechtsgründen vollständig - also nicht nur in Höhe des Veräußerungserlöses, den die Klägerin selbst in Abzug bringt - entfallen ist (vgl. hierzu , juris Rn. 11 f.; OLG Celle, Urteil vom - 7 U 424/18, BeckRS 2020, 6243 Rn. 8 f.; OLG Schleswig, Urteile vom - 18 U 9/19, BeckRS 2020, 6997 Rn. 23 und vom - 17 U 70/19, juris Rn. 30). Da ein Grundurteil nur ergehen darf, wenn nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner rechnerischen Höhe besteht (, NJW 2019, 661 Rn. 38 mwN - Schienenkartell), hätte diese Frage für den Erlass eines Grundurteils beantwortet werden müssen und wird somit von der Revisionszulassung hinsichtlich des Anspruchsgrundes erfasst.

16b) In der Sache bleibt die Revision der Beklagten ohne Erfolg. Die dem Grunde nach noch in Streit stehende Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 6.299,50 € nebst Prozesszinsen seit dem hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.

17aa) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist zunächst die Annahme des Berufungsgerichts, dass mit dem Fahrzeugerwerb am ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB entstanden ist. Die Klägerin wurde durch das einer arglistigen Täuschung gleichstehende sittenwidrige Verhalten der Beklagten veranlasst, einen Vertrag abzuschließen, den sie sonst nicht geschlossen hätte. Da die Verkehrsanschauung diesen Vertragsschluss bei Berücksichtigung der obwaltenden Umstände als unvernünftig, den konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig ansieht, liegt in der damit verbundenen Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung der der Klägerin zugefügte Schaden im Sinne des § 826 BGB (vgl. , ZIP 2021, 368 Rn. 21; vom - VI ZR 367/19, NJW 2020, 2804 Rn. 21; vom - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 46 ff.; vom - VI ZR 15/14, NJW-RR 2015, 275 Rn. 19; , NJW 2005, 2450, 2451, juris Rn. 13). Nach deren Erfüllung hat sich der Vermögensschaden in dem Verlust des gezahlten Kaufpreises fortgesetzt (vgl. , NJW 2013, 450 Rn. 18).

18bb) Der Inhalt der Pflicht zum Ersatz eines solchen Schadens bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Nach § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ohne das schädigende Ereignis hätte die Klägerin nicht in Erfüllung der ungewollten Verpflichtung den Kaufpreis bezahlt. Der Weiterverkauf des Fahrzeugs hat diesen Schaden nicht vollständig entfallen lassen.

19(1) Wie sich die Weiterveräußerung des Fahrzeugs auf den entstandenen Schadensersatzanspruch auswirkt, ist in Rechtsprechung und Literatur allerdings umstritten.

20(a) Ein Teil der Rechtsprechung vertritt die Ansicht, durch den Weiterverkauf sei eine anspruchsausschließende Befreiung des Geschädigten von dem ungewollten Kaufvertrag eingetreten (vgl. , juris Rn. 11 f.; OLG Celle, Urteil vom - 7 U 424/18, BeckRS 2020, 6243 Rn. 8 f.; OLG Schleswig, Urteile vom - 18 U 9/19, BeckRS 2020, 6997 Rn. 21; vom - 17 U 70/19, juris Rn. 28).

21(b) In der Literatur wird die Meinung vertreten, der Weiterverkauf des Fahrzeugs lasse den Kaufpreiserstattungsanspruch gemäß § 275 Abs. 1 BGB und analog § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB entfallen, sofern der Geschädigte den beklagten Hersteller nicht zuvor in Annahmeverzug gesetzt hat (§ 326 Abs. 2 Satz 1 BGB analog). Dies wird damit begründet, dass die vom Geschädigten vom Hersteller verlangte "Rückabwicklung" denselben Grundsätzen zu unterwerfen sei, wie sie für die Rückabwicklung des mit dem Autohaus geschlossenen Kaufvertrags über das Fahrzeug gegolten hätten (vgl. Peterek, NJW 2021, 1425 Rn. 15, 21 f.).

22(c) Die Revision vertritt - gestützt auf ein von ihr vorgelegtes Rechtsgutachten - die Ansicht, unter Heranziehung der bisherigen Senatsrechtsprechung in "Diesel-Fällen" bilde der "ungewollte Vertragsschluss" den Schaden des Fahrzeugerwerbers, weshalb nach dem Weiterverkauf die Naturalherstellung im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB nicht mehr möglich sei und nur eine Entschädigung in Geld nach § 251 Abs. 1 BGB verlangt werden könne. Auf dieser Grundlage könne der Fahrzeugerwerber den Ausgleich eines etwaigen - hier nicht festgestellten und auch nicht ersichtlichen - negativen Vermögenssaldos verlangen, der sich aus dem ursprünglichen Wertverhältnis von Leistung und Gegenleistung nach Maßgabe des Kaufvertrags ergebe. Dieser negative Saldo bilde den Betrag des im "ungewollten Vertrag" verkörperten Vermögensschadens.

23(d) Weite Teile der Rechtsprechung vertreten mit dem Berufungsgericht die Ansicht, der Weiterverkauf lasse den Schaden des Käufers nicht entfallen. Der durch den Weiterverkauf erzielte Erlös trete jedoch an die Stelle des Zug um Zug zu übergebenden Fahrzeugs und sei auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen (vgl. , juris Rn. 43 ff.; , juris Rn. 25 f.; OLG Frankfurt, NJW-RR 2021, 604 Rn. 19 ff.; OLG Stuttgart, NJW-RR 2021, 212 Rn. 26; OLG Schleswig, Urteil vom - 1 U 137/19, juris Rn. 79 ff.; , juris Rn. 32 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom - 6 U 286/19, juris Rn. 61 ff.).

24(2) Der Senat tritt der zuletzt genannten Ansicht bei.

25Der Weiterverkauf lässt den Schaden der Klägerin - entgegen der unter (1) (a) wiedergegebenen Auffassung - nicht ohne Weiteres entfallen.

26Nach § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Damit kann der Geschädigte nicht die Herstellung des gleichen Zustands verlangen, wie er vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses bestanden hat; dies wäre in den meisten Fällen auch kaum zu erreichen. Es kommt vielmehr darauf an, den Geschädigten wirtschaftlich möglichst so zu stellen, wie er ohne das schadensstiftende Ereignis stünde (vgl. , NJW-RR 2015, 275 Rn. 25 und vom - VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361, 369 f., juris Rn. 20).

27Ohne das schädigende Ereignis hätte die Klägerin den Kaufpreis für das Fahrzeug nicht in Erfüllung der ungewollten Verpflichtung bezahlt, hätte aber auch kein Fahrzeug erhalten. Ein Zustand, der dieser hypothetischen Situation wirtschaftlich gleichwertig ist, wird dadurch erreicht, dass die Beklagte der Klägerin den in Erfüllung der ungewollten Verpflichtung an das Autohaus gezahlten Kaufpreis erstattet. Im Gegenzug hat die Klägerin im Wege der Vorteilsausgleichung das erworbene Fahrzeug Zug um Zug an die Beklagte herauszugeben und zu übereignen (vgl. , NJW-RR 2015, 275 Rn. 25; vom - VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361, 370, juris Rn. 21). Durch den Weiterverkauf tritt der erzielte Erlös an die Stelle des Fahrzeugs (vgl. , NJW 2013, 450 Rn. 20 ff.).

28(a) Nach den von der Rechtsprechung im Bereich des Schadensersatzrechts entwickelten Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind dem Geschädigten in gewissem Umfang diejenigen Vorteile zuzurechnen, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zugeflossen sind. Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf einerseits im Hinblick auf das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht bessergestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nur diejenigen durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, also dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet (st. Rspr., s. nur Senatsurteil vom - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 65 mwN). Vor- und Nachteile müssen bei wertender Betrachtungsweise gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein. Letztlich folgt der Rechtsgedanke der Vorteilsausgleichung aus dem in § 242 BGB festgelegten Grundsatz von Treu und Glauben (, BGHZ 173, 83 Rn. 18 mwN). Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelten auch für einen Anspruch aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB (Senatsurteil vom - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 66 mwN).

29(b) Nach diesen Grundsätzen schuldete die Beklagte bis zum Weiterverkauf die Kaufpreiserstattung nur Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs (vgl. , BGHZ 225, 316 Rn. 58, 66; vom - VI ZR 15/14, NJW-RR 2015, 275 Rn. 25, 39; , NJW 2005, 2450, 2452, juris Rn. 18). Die Klägerin musste das Fahrzeug nur deshalb herausgeben und übereignen, weil sie andernfalls zusätzlich zum Schadensersatz auch das Fahrzeug gehabt hätte und dadurch besser gestellt wäre als ohne das schädigende Ereignis. Diese auf den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung beruhende Einschränkung des Schadensersatzanspruchs vermittelte der Beklagten keinen Anspruch auf Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs (vgl. , NJW-RR 2013, 825 Rn. 13).

30Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des konkreten Schadens im Schadensersatzprozess und damit auch der anzurechnenden Vorteile ist - sofern der Schuldner nicht bereits vorher seine Ersatzpflicht erfüllt - grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in einer Tatsacheninstanz (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 57; , NJW 2013, 450 Rn. 23; vom - V ZR 117/95, ZIP 1996, 1382, 1384, juris Rn. 18). Zu diesem Zeitpunkt bestand der nach den oben genannten Grundsätzen anzurechnende Vorteil in dem durch den Weiterverkauf des Fahrzeugs erzielten marktgerechten Verkaufserlös. In diesem Verkaufserlös setzt sich der anzurechnende Vorteil aus dem Fahrzeugerwerb fort (vgl. , NJW 2013, 450 Rn. 24).

31(3) Soweit die Revision der Beklagten geltend macht, die Differenz zwischen dem im Jahr 2014 gezahlten Kaufpreis und dem durch den Weiterverkauf erzielten Veräußerungserlös entspreche dem - zusätzlich zum Erlös - anspruchsmindernd anzurechnenden Nutzungsvorteil mit der Folge, dass die Klägerin im Ergebnis keinen Schaden mehr habe, greift das nicht durch. Da der Einwand jedenfalls in der Sache unbegründet ist, kann dahinstehen, ob die Bemessung des Nutzungsvorteils in Anbetracht der beschränkten Revisionszulassung überhaupt der revisionsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Das Berufungsgericht hat den anzurechnenden Nutzungsvorteil der Klägerin (nur) auf 9.013,50 € berechnet und in dieser Höhe im Rahmen des Vorteilsausgleichs berücksichtigt. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

32(a) Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat. Es ist insbesondere nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, dem Tatrichter eine bestimmte Berechnungsmethode vorzuschreiben (st. Rspr., s. nur Senatsurteil vom - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 79 mwN).

33(b) Im Streitfall hat das Berufungsgericht den Nutzungsvorteil berechnet, indem es die während der Besitzzeit der Klägerin zurückgelegte Fahrstrecke mit dem Kaufpreis multipliziert und das Ergebnis durch die - unangefochten - geschätzte Restlaufleistungserwartung im Kaufzeitpunkt dividiert hat. Diese Methode der Vorteilsbemessung ist, wie der Senat bereits entschieden hat, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; sie stellt sich als zulässige Ausübung des dem Tatrichter im Rahmen des § 287 ZPO zustehenden Ermessens dar (vgl. , BGHZ 226, 322 Rn. 12 f. mwN; vom - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 78 ff.). Eine Gleichsetzung des Nutzungsvorteils mit dem eingetretenen Wertverlust, auf die die Ansicht der Revision der Beklagten hinausläuft, ist nicht geboten (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 82).

34Aus der Veräußerung des Fahrzeugs durch die Klägerin folgt nichts anderes. Es handelt sich nicht um einen Umstand, den das Berufungsgericht bei der Berechnung des Nutzungsvorteils im Rahmen des § 287 ZPO hätte berücksichtigen müssen. Insbesondere hat die Veräußerung keinen Einfluss auf den Wert der zuvor gezogenen Nutzungen.

35(4) In der Zuerkennung eines nach Abzug des Veräußerungserlöses und des Nutzungsvorteils verbleibenden Schadensersatzanspruchs liegt daher auch keine nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen ungerechtfertigte Überkompensation (vgl. , juris Rn. 33; aA OLG Schleswig, Urteile vom - 18 U 9/19, BeckRS 2020, 6997 Rn. 23; vom - 17 U 70/19, juris Rn. 30).

36cc) Der Zinsanspruch der Klägerin seit dem folgt jedenfalls aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:200721UVIZR575.20.0

Fundstelle(n):
ZIP 2021 S. 1922 Nr. 37
ZIP 2021 S. 69 Nr. 36
FAAAH-88265