Online-Nachricht - Donnerstag, 24.06.2021

Einkommensteuer | Sonderbetriebseinnahmen bei Stipendiengewährung an die Mitunternehmer einer GbR (BFH)

Das einem Mitunternehmer gewährte Stipendium ist als Sonderbetriebseinnahme i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. mit § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG zu erfassen, wenn die durch das Stipendium geförderte Tätigkeit des Mitunternehmers im Rahmen der Mitunternehmerschaft mit deren Mitteln betrieben wird (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Kläger waren jeweils zur Hälfte an einer GbR beteiligt. Die GbR, die sich mit Softwareentwicklung befasste, ermittelte ihren Gewinn im Streitjahr durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Die Kläger hatten Stipendiatenverträge mit einer Universität abschlossen. Danach erhielten die Gesellschafter Mittel aus dem Programm „Existenzgründungen aus der Wissenschaft (EXIST)“ zur Realisierung eines Gründungsvorhabens im Bereich der Softwareentwicklung. Nach dem jeweiligen Stipendiatenvertrag sollte das Stipendium den Gesellschaftern ermöglichen, sich ganz der Verfolgung und Realisierung ihrer Gründungsidee zu widmen. Es war weder als Vergütung noch als Arbeitsentgelt ausgestaltet, sondern diente vielmehr allein der Sicherung des Lebensunterhalts und einer angemessenen Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit des Existenzgründers während der Phase der Weiterverfolgung und Realisierung der Gründungsidee.

In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung für das Streitjahr wurden die an die Kläger erfolgten Stipendienzahlungen nicht angegeben. Dementsprechend waren die Zahlungen in dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr nicht berücksichtigt worden. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Allerdings erklärten die Kläger die Einkünfte aus den Stipendien in ihren Einkommensteuererklärungen für das Streitjahr. Das zuständige FA behandelte die Stipendienzahlungen in den Einkommensteuerbescheiden als steuerfreie Einnahme.

In einer aus Anlass der Betriebsaufgabe bei der GbR durch das FA durchgeführten Außenprüfung gelangte die Prüferin zu der Auffassung, die Stipendien seien als Sonderbetriebseinnahmen der Kläger zu erfassen. Das FA folgte dieser Auffassung und erließ am einen entsprechend geänderten Feststellungsbescheid für das Streitjahr, in dem es den Klägern die gezahlten Stipendien als Sonderbetriebseinnahmen zurechnete.

Das FG gab der hiergegen erhobenen Klage statt (). (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 15.5.2018)

Der BFH hat die Revision des FA als begründet angesehen, das FG Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen:

  • Das FG hat zwar zutreffend erkannt, dass die streitigen Stipendienzahlungen keine Sondervergütungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG darstellen, weil die Universität als Stipendiengeberin nicht im Sinne der Rechtsprechung des BFH (z.B. ; ) in einen Leistungsaustausch zwischen den Klägern einerseits und der GbR andererseits eingeschaltet war. Es hat jedoch unter Anwendung eines unzutreffenden rechtlichen Maßstabes angenommen, die Stipendienzahlungen könnten mangels Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch keine (sonstigen) Sonderbetriebseinnahmen i. S. des § 18 Abs. 4 Satz 2 i. V. mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sein.

  • Das einem Mitunternehmer gewährte Stipendium ist als Sonderbetriebseinnahme zu erfassen, wenn die durch das Stipendium geförderte Tätigkeit des Mitunternehmers im Rahmen der Mitunternehmerschaft mit deren Mitteln betrieben wird. Stipendien dienen regelmäßig dazu, den Geförderten bei der Umsetzung eines bestimmten Forschungs-, Ausbildungs- oder Gründungsvorhabens finanziell zu unterstützen. Sie steigern - auch soweit hiervon der Lebensunterhalt bestritten wird - die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Stipendiaten. Bedient sich der so Geförderte als Mitunternehmer der Mitunternehmerschaft, um das geförderte Vorhaben voranzutreiben, ist die Stipendienzahlung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.

  • Mangels hinreichender Feststellungen des FG kann nicht entschieden werden, ob die Stipendienzahlungen als Sonderbetriebseinnahmen zu qualifizieren sind. Das FG wird im zweiten Rechtsgang die tatsächlichen Umstände der Umsetzung des geförderten Gründungsvorhabens durch die Kläger näher aufzuklären haben.

  • Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Aufhebung des Feststellungsbescheides vom nicht schon aus verfahrensrechtlichen Gründen geboten ist.

  • Der Grundsatz von Treu und Glauben hindert das FA nicht daran, Stipendienzahlungen, die es bei der Einkommensteuerveranlagung eines Mitunternehmers (rechtsirrig) als steuerfreie Einnahmen i. S. des § 3 Nr. 44 EStG angesehen hat, später in einem gem. § 181 Abs. 1 Satz 1 i. V. mit § 173 Abs. 1 AO geänderten Feststellungsbescheid als Sonderbetriebseinnahmen des Mitunternehmers zu erfassen.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
NWB FAAAH-81950