IWB Nr. 9 vom Seite 1

Zwei Herzen

Nils Henrik Feddersen | Verantw. Redakteur | iwb-redaktion@nwb.de

[i]Bei elementaren Vorhaben ist die Regierung entlang der Parteigrenzen uneinsDie Bundesregierung „setzt sich mit Nachdruck für eine faire Besteuerung international tätiger Unternehmen ein“, sagt sie. Das will ich gern glauben. Leider schlagen inzwischen geräuschvoll zwei Herzen in ihrer Brust. In diesem Wahljahr ist das laute Pochen kein Zeichen für die Kraft der zwei Herzen. Es ist ein Anzeichen offenkundiger Uneinigkeit auf der letzten Geraden der 19. Legislaturperiode.

[i]Public Country-by-Country Reporting dürfte Rechtskraft erlangenDiese Disharmonie war schon der Grund für die reichlich einjährige Verzögerung bei der ATAD-Umsetzung. Sie führt nun dazu, dass Deutschland sich bei Vorhaben im Rat der EU der Stimme enthält, wie beim EU-Projekt „öffentliches Country-by-Country Reporting“. Das SPD-geführte BMF ist dafür – das CDU-geführte BMWi dagegen. Dies war über viele Jahre die strikte Position der deutschen Regierung. Das EU-Vorhaben fußt jedoch auf einer breiten Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten, die darin auch ihres jeweiligen Volkes Stimme zu hören meinen. Mag sein. Darum wird es am Ende absehbar so kommen (vgl. Sommer/Litterscheid ab ). Der mit dem Country-by-Country Reporting verfolgte Transparenzansatz der EU steht leider im Widerspruch zu den OECD-Zusagen von 2015. Im BEPS-Aktionspunkt 13 wurde den großen Unternehmen noch Vertraulichkeit zugesagt, wenn CbCR-Daten unter den Finanzverwaltungen ausgetauscht und abgeglichen werden.

[i]Was wird aus dem Einstimmigkeitserfordernis für EU-Steuervorschriften?Der weitaus heiklere Streit bei diesem Vorhaben betrifft die Rechtsgrundlage, welche die EU-Kommission dafür anführt und die – wie man argwöhnen darf – hier einen Präzedenzfall für zukünftige Rechtsakte etablieren möchte. Dann droht das Ende des Einstimmigkeitserfordernisses für EU-Steuervorhaben. Auch insoweit ist die deutsche Position zur Aufgabe eines „Vetorechts“ in den letzten Jahren offenbar weicher geworden. Und doch schlagen längst nicht alle Herzen höher, wenn es um die Änderung des Systems der Gesetzgebung in Steuersachen im Europäischen Kontext geht.

[i]Vielfache Klärung, doch verbleibende Rechtsunsicherheit bei der Hinzurechnungsbesteuerung nach Erlass des BMFKeinen politischen Streit, sondern eher solchen in zukünftigen Steuerfällen lässt das zur Auslegung des § 8 Abs. 2 AStG erwarten (s. Schnitger/Gebhardt/Krüger ab ). Die Sicht der Finanzverwaltung bleibt hier eher engherzig. Zum Teil geht sie über die Anforderungen der EuGH-Rechtsprechung hinaus und zum Teil findet sich dafür weder eine Stütze im Gesetz noch in der einschlägigen Rechtsprechung. Auf einzelne strittige Punkte der Praxis geht das BMF-Schreiben gar nicht ein. Es scheint auch hier so, dass die Anforderungen den Puls treiben können.

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Nils Henrik Feddersen

Fundstelle(n):
IWB 9 / 2021 Seite 1
NWB RAAAH-78207