BFH Urteil v. - I R 33/18

Körperschaftsteuerrechtliche Organschaft

Leitsatz

NV: Zur Frage der Organschaftsanerkennung bei atypisch stiller Beteiligung des vermeintlichen Organträgers am Handelsgewerbe der vermeintlichen Organgesellschaft.

Gesetze: EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; KStG § 8 Abs. 3 Satz 2; KStG § 14 Abs. 1 Satz 1; AO § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a;

Instanzenzug: ,

Tatbestand

I.

1 Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1. (Klägerin zu 1.), eine in Liquidation befindliche GmbH, und die Klägerin und Revisionsklägerin zu 2. (Klägerin zu 2.), eine GmbH, sind aus verschiedenen Umstrukturierungsvorgängen hervorgegangen. In den Streitjahren (2004 bis 2008) war folgende Situation gegeben:

2 Zwischen der Klägerin zu 1. und der Klägerin zu 2. bestand ein Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag (im Folgenden EAV), wonach sich die Geschäftsführung der Klägerin zu 1. dem Weisungsrecht der Klägerin zu 2. unterwarf und sie sich zur Abführung ihres gesamten, nach den maßgeblichen handelsrechtlichen Vorschriften ermittelten Ergebnisses verpflichtete.

3 Es bestand des Weiteren ein Vertrag, wonach die Klägerin zu 2. sich am Betrieb der Klägerin zu 1. als stille Gesellschafterin mit einer Kapitaleinlage beteiligt. Der Vertrag sah u.a. folgende Regelungen vor: Die Führung der Geschäfte stand allein der Klägerin zu 1. zu, die stille Gesellschafterin war an deren Entscheidungen entsprechend der gesetzlichen Vorschriften für einen Kommanditisten beteiligt. Am Gewinn und Verlust sowie am Vermögen der Klägerin zu 1. war die Klägerin zu 2. mit 10 % beteiligt, ebenso an den stillen Reserven im Falle einer Auflösung der stillen Gesellschaft.

4 Die Klägerinnen und der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) gingen übereinstimmend davon aus, dass durch den Vertrag eine steuerrechtliche Mitunternehmerschaft in Gestalt einer atypisch stillen Gesellschaft („... GmbH und Still"; im Folgenden: Mitunternehmerschaft) entstanden war.

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Für diese Mitunternehmerschaft wurden in den Streitjahren Feststellungserklärungen abgegeben. In einer Anlage zu den jeweiligen Feststellungserklärungen ist eine Position „Aufwand aus Gewinnabführung“ enthalten, die betragsmäßig mit dem 90 %-igen Anteil der Klägerin zu 1. an den laufenden Einkünften der atypisch stillen Gesellschaft übereinstimmt. In der Anlage findet sich eine weitere Position „Gewinnzuweisung Stille Gesellschafterin“, die betragsmäßig mit dem 10 %-igen Anteil der Klägerin zu 2. an den laufenden Einkünften übereinstimmt. In der Feststellungserklärung für das Jahr 2004 wurden folgende weitere Angaben gemacht: ·         Einkünfte aus Gewerbebetrieb: ... € ·         Aufteilung von Besteuerungsgrundlagen: o   laufende Einkünfte: ... € o   Verluste aus Ergänzungsbilanzen: ... € o   Vergütungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage: ... € o   Summe: ... € o   Beteiligter 1 —Klägerin zu 1.—: §  laufende Einkünfte: ... € o   Beteiligter 2 —Klägerin zu 2.—: §  laufende Einkünfte: ... € §  Verluste aus Ergänzungsbilanzen: ... € §  Vergütungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage: ... €.
  Die Feststellungserklärungen für die anderen Streitjahre enthalten vergleichbare Angaben. Die laufenden Einkünfte wurden nach dem Schlüssel 90 zu 10 auf die Klägerinnen verteilt. Bei der Klägerin zu 2. wurden zudem Ergebnisse aus Ergänzungsbilanzen sowie Vergütungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage erfasst.

6 Das FA erließ zunächst erklärungsgemäß Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO). Diese standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

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Im Zuge einer Außenprüfung änderte das FA seine Rechtsauffassung. Es ging nunmehr davon aus, dass die auf dem EAV beruhende Gewinnabführung nicht zu einer Einkommenszurechnung gemäß §§ 14 Abs. 1, 17 des Körperschaftsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (KStG) führe. Wegen der Gewinnzuweisung an die Klägerin zu 2. als atypisch stille Beteiligte sei es nicht mehr zu der für die Anerkennung einer Organschaft erforderlichen Abführung des „ganzen Gewinns“ gekommen. Die aufgrund des EAV tatsächlich erfolgte Gewinnabführung sei daher als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu qualifizieren. Die mit dieser rechtlichen Bewertung verbundenen Entscheidungen seien im Feststellungsbescheid für die Mitunternehmerschaft und nicht im Körperschaftsteuerbescheid für die vermeintliche Organgesellschaft —Klägerin zu 1.— zu treffen. Seine Rechtsauffassung setzte das FA im geänderten Feststellungsbescheid für das Jahr 2004 wie folgt um: ·         Einkünfte aus Gewerbebetrieb: ... €, ·         zusammengesetzt aus: o   Betriebseinnahmen/Gewinn aus Gesamthandsbilanz: ... € o   Einkünfte aus Ergänzungsbilanzen: ... € o   Vergütungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage: ... € o   als Sonderbetriebseinnahme zu erfassende Vergütungen auf schuldrechtlicher Grundlage: ... €. ·         Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen: o   Beteiligter 1 —Klägerin zu 1.—: o   Einkünfte aus Gewerbebetrieb: ... €, zusammengesetzt aus: als Sonderbetriebseinnahme zu erfassende Vergütungen auf schuldrechtlicher Grundlage ... € o   Beteiligter 2 —Klägerin zu 2.—: o   Einkünfte aus Gewerbebetrieb: ... €, o   zusammengesetzt aus: ·         Betriebseinnahmen/Gewinn aus Gesamthandsbilanz: ... € ·         Einkünfte aus Ergänzungsbilanzen: ... € ·         Vergütungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage: ... €.  
Die Bescheide für die Feststellungsjahre 2005 bis 2008 enthalten vergleichbare Ansätze.

8 Gegen die geänderten Feststellungsbescheide vom wandten sich die Klägerinnen —nach erfolglosem Einspruch— mit ihrer Klage, die indes weitgehend erfolglos blieb (Urteil des Finanzgerichts —FG— Mecklenburg–Vorpommern vom  - 1 K 396/14, Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 1228).

9 Mit ihrer Revision verfolgen die Klägerinnen ihr Begehren auf Anerkennung der Organschaft weiter. Dass sich der (vermeintliche) Organträger am Unternehmen der (vermeintlichen) Organgesellschaft atypisch still beteilige, sei unschädlich. Die Gewinnabführung an den stillen Gesellschafter stelle handelsrechtlich Aufwand dar. Das hiernach verbleibende handelsrechtliche Ergebnis werde anschließend vollständig an den Organträger abgeführt. Damit erhalte dieser den „ganzen Gewinn“ i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG.

10 Die Klägerinnen beantragen (sinngemäß), unter Aufhebung des angegriffenen FG-Urteils die geänderten Bescheide für 2004 bis 2008 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass keine an die Klägerinnen zugewiesenen Einkünfte auf der Ebene der Mitunternehmerschaft als vGA qualifiziert werden.

11 Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

12 Das beigetretene Bundesministerium der Finanzen hat keinen Antrag gestellt. In der Sache unterstützt es die Auffassung der Vorinstanz.

Gründe

II.

13 Die Revision der Klägerin zu 1. ist begründet. Dies führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Klagestattgabe. Das FG hat zu Unrecht die vom FA in den streitigen Feststellungsbescheiden „als Sonderbetriebseinnahmen zu erfassenden Vergütungen auf schuldrechtlicher Grundlage“ im angegriffenen Urteil als „Gewinnzurechnung aufgrund verdeckter Gewinnausschüttung“ festgestellt:

14 1. Materiell-rechtlich ist das FG im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin zu 2. in den Streitjahren atypisch still am Unternehmen der Klägerin zu 1. beteiligt war, wodurch eine steuerrechtliche Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begründet wurde (vgl. z.B. , BFH/NV 2015, 1075; vom  - IV R 10/17, BFH/NV 2018, 1268). Hiervon gehen die Beteiligten zutreffend aus; der Senat sieht insoweit von näheren Darlegungen ab.

15 Nach der Rechtsprechung des BFH ist die 100 %-ige Beteiligung der Klägerin zu 2. an der Klägerin zu 1. —die zugleich zu deren finanzieller Eingliederung i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG führte— grundsätzlich dem Sonderbetriebsvermögen II des atypisch still beteiligten Gesellschafters bei der Mitunternehmerschaft zuzuordnen (vgl. , BFHE 250, 121, BStBl II 2015, 935, m.w.N.). Die Zuordnung der Kapitalgesellschaftsbeteiligung zum Sonderbetriebsvermögen II des atypisch still beteiligten Gesellschafters hat zur Folge, dass dieser Sonderbetriebseinnahmen erzielt, wenn die Kapitalgesellschaft (im Streitfall die Klägerin zu 1.), an ihren Anteilseigner (im Streitfall die Klägerin zu 2.), der als „Doppelgesellschafter“ zugleich an ihr atypisch still beteiligt ist, verdeckt Gewinne ausschüttet (BFH-Urteil in BFHE 250, 121, BStBl II 2015, 935).

16 2. Verfahrensrechtlich sind die in der Mitunternehmerschaft erzielten Einkünfte und die mit ihnen in Zusammenhang stehenden anderen Besteuerungsgrundlagen gesondert und einheitlich gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO festzustellen (z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 1075). Zu den „anderen Besteuerungsgrundlagen“ gehören nach ständiger Rechtsprechung insbesondere die Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben des einzelnen Mitunternehmers und damit auch derjenigen Person, die sich atypisch still am Handelsgewerbe eines anderen beteiligt hat (vgl. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679; Kunz in Gosch, AO § 180 Rz 49, m.w.N.). Die Feststellung, dass ein Mitunternehmer Sonderbetriebseinnahmen bezogen hat, ist selbständig anfechtbar und kann daher, wenn eine Anfechtung nicht erfolgt, in Teil-Bestandskraft erwachsen (vgl. z.B. , BFH/NV 2016, 30).

17 3. Wiederum zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsansicht der Beteiligten ist das FG davon ausgegangen, dass die Klägerin zu 1. finanziell i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG eingegliedert war, ein wirksamer Ergebnisabführungsvertrag zwischen den beiden Kapitalgesellschaften bestand und insofern die wesentlichen Grundlagen für eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft gelegt waren. Die höchstrichterlich nicht entschiedene Streitfrage, ob die atypisch stille Beteiligung des vermeintlichen Organträgers (im Streitfall die Klägerin zu 2.) am Handelsgewerbe der vermeintlichen Organgesellschaft (im Streitfall die Klägerin zu 1.) und die damit verbundene anteilige Gewinnzurechnung an den Mitunternehmer dazu führt, dass i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG keine Abführung des „ganzen Gewinns“ mehr erfolgen kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom  - I B 177/10, BFH/NV 2011, 1397; vom  - I B 179/10, BFH/NV 2011, 2052), hat das FG bejaht. Es hat daher die Organschaft nicht anerkannt und die gleichwohl vollzogene Gewinnabführung in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung als vGA der vermeintlichen Organgesellschaft an die vermeintliche Organträgerin qualifiziert (vgl. , BFHE 220, 51; vom  - I R 19/15, BFHE 258, 344, BStBl II 2019, 81).

18 Das FG ist ferner davon ausgegangen, dass verfahrensrechtlich in einem Fall wie dem vorliegenden über die materiell-rechtliche Streitfrage der Organschaftsanerkennung und die davon abhängige Qualifizierung der getätigten Gewinnabführung als organschaftlich veranlassten Vorgang oder als vGA nicht im Körperschaftsteuerbescheid für die vermeintliche Organgesellschaft, sondern aufgrund der Qualifizierung der vGA als Sonderbetriebseinnahme des die Ausschüttung empfangenden Mitunternehmers (s. oben unter II.1. der Gründe dieser Entscheidung) im Feststellungsbescheid für die Mitunternehmerschaft zu entscheiden ist.

19 4. Dem kann sich der Senat aus folgenden Gründen nicht anschließen:

20 a) Zwar führt die Nichtanerkennung der Organschaft zum Ansatz einer vGA, wenn die (vermeintliche) Organgesellschaft ihrer unternehmensvertraglichen Pflicht zur Gewinnabführung im Einzelfall nachgekommen ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist aber auch über die Frage des Ob und ggf. der Höhe einer vGA grundsätzlich im Rahmen der Besteuerung der Kapitalgesellschaft zu entscheiden (, BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832; vom  - IV R 94/93, BFHE 177, 408, BStBl II 1995, 637). Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft beteiligt und die Frage nach dem Vorliegen einer vGA untrennbar mit der Höhe ihres Gewinnanteils an der Personengesellschaft verbunden ist; in diesem Fall ist die vGA in die Gewinnfeststellung der Personengesellschaft einzubeziehen (Senatsurteil vom  - I R 7/02, BFHE 207, 429, BStBl II 2005, 867; Senatsbeschluss vom  - I R 78-80/05, BFH/NV 2007, 1091; s. zur vergleichbaren Situation bei einer GmbH & atypisch Still BFH-Urteil in BFHE 250, 121, BStBl II 2015, 935).

21 b) Im Streitfall kommt diese Ausnahme indes nicht zum Tragen.

22 aa) Auf Seiten der (vermeintlichen) Organgesellschaft hat eine durch Nichtanerkennung der Organschaft ausgelöste vGA keine Auswirkungen auf ihren Anteil an den gemeinschaftlich erzielten Einkünften. Dass die von der Organschaftsanerkennung abhängige Frage der „Selbstversteuerungspflicht“ der Organgesellschaft für das von ihr erzielte Einkommen die Sphäre der gemeinschaftlichen, also in der Mitunternehmerschaft erzielten Einkünfte nicht berührt, zeigt bereits das folgende einfache Beispiel: Erzielt die Mitunternehmerschaft einen Gewinn von 100.000 €, der —wie auch im Streitfall geschehen— nach dem gesellschaftsvertraglich vereinbarten Schlüssel von 90 zu 10 aufzuteilen ist, dann sind der (vermeintlichen) Organgesellschaft als feststellungsbeteiligter Mitunternehmerin 90.000 € und dem (vermeintlichen) Organträger 10.000 € als Gewinnanteile zuzuweisen. Ob der Gewinnanteil von 90.000 € von der (vermeintlichen) Organgesellschaft wegen der Einkommenszurechnung gemäß § 14 Abs. 1 KStG nicht (Organschaftsanerkennung) oder wegen der Einkommenserhöhung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG selbst zu versteuern ist (Nichtanerkennung der Organschaft), hat mit den gemeinschaftlich erzielten Einkünften, deren Höhe und deren Verteilung ersichtlich nichts zu tun (gleicher Auffassung Brühl, GmbH-Rundschau 2019, 796, 805). Die Tatbestandsmerkmale der Organschaft gehören nicht zum Bereich der gemeinschaftlich verwirklichten Tatbestandsmerkmale, sondern zu den persönlich vom jeweiligen Mitunternehmer verwirklichten Tatbestandsmerkmalen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679).

23 Wie dem Tatbestand dieser Entscheidung zu entnehmen ist (s. oben zu I.), zeigt der Vergleich zwischen dem ursprünglichen Feststellungsbescheid 2004, der auf der Annahme einer bestehenden Organschaft beruht, und dem angegriffenen Änderungsbescheid, dass die Höhe der gemeinschaftlich erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb und die Höhe des Gewinnanteils der (vermeintlichen) Organgesellschaft jeweils unverändert geblieben sind. Es wurde lediglich der 90 %-ige Gewinnanteil i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG als Folge der Nichtanerkennung der Organschaft und Annahme einer vGA in eine Sonderbetriebseinnahme der (vermeintlichen) Organgesellschaft beziehungsweise eine „Gewinnhinzurechnung aufgrund verdeckter Gewinnausschüttung“, so der Tenor des FG-Urteils, umqualifiziert. Das ist nach dem vorstehend Gesagten jedoch unzutreffend. Die fehlerhafte Qualifizierung stellt eine Rechtsverletzung dar, die von der Klägerin zu 1. auch prozessual geltend gemacht werden kann (vgl. , BFHE 143, 75, BStBl II 1985, 676; vom  - VIII R 77/05, BFH/NV 2008, 53, m.w.N., zur Feststellung einer unzutreffenden Einkunftsart).

24 bb) Auf Seiten des Organträgers kann sich der etwaige Ansatz einer vGA, die sich aus der (streitigen) Nichtanerkennung der Organschaft ergeben könnte, ebenfalls nicht auf die Höhe der gemeinschaftlich erzielten Einkünfte und seinen Anteil hieran auswirken. Denn im Streitfall besteht die Besonderheit, dass eine aus der Nichtanerkennung der Organschaft folgende und zu Sonderbetriebseinnahmen führende vGA aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr im Feststellungsbescheid für die Mitunternehmerschaft erfasst werden darf. Dies folgt daraus, dass das FA keine Feststellung zu Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin zu 2. in den angegriffenen Feststellungsbescheiden getroffen hat und die Klägerinnen diesbezüglich auch keinen Rechtsbehelf eingelegt haben (Eintritt der Teil-Bestandskraft). Zudem steht das finanzgerichtliche Verböserungsverbot einer erstmaligen Berücksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen bei der Klägerin zu 2. entgegen. Damit verbleibt es bei der im ursprünglichen Feststellungsbescheid getroffenen Regelung, wonach der Klägerin zu 2. ein zehnprozentiger Anteil an den gemeinschaftlich erzielten Einkünften sowie Einkünfte gemäß ihrer Ergänzungsbilanz und Tätigkeitsvergütungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage zugewiesen wurden. Was diese Besteuerungsgrundlagen angeht, besteht zwischen den Beteiligten jedoch kein Streit.

25 5. Die Revision der Klägerin zu 2. ist unbegründet.

26 Da die Klägerin zu 2. durch die Änderungsbescheide vom keinen Rechtsnachteil erlitten hat, war ihre Klage mangels Beschwer unzulässig. Ihre Beschwer folgt im Übrigen auch nicht aus der oben zitierten BFH-Rechtsprechung, wonach die Feststellung einer unzutreffenden Einkunftsart wegen ihrer Wirkung für Folgebescheide die Klagebefugnis begründet (BFH-Urteile in BFHE 143, 75, BStBl II 1985, 676; in BFH/NV 2008, 53). Zwar kann der Ansatz von als „Sonderbetriebseinnahmen zu erfassenden Vergütungen“ auf der Ebene der Mitunternehmerschaft —und nicht erst auf der Ebene der Zurechnungsfeststellung bei den einzelnen Mitunternehmern— der Feststellung einer unzutreffenden Einkunftsart gleichgeachtet werden, doch besteht im Streitfall die Besonderheit, dass wegen der teilbestandskräftigen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Klägerin zu 2. weder in den jeweiligen Folgebescheiden (Körperschaftsteuerbescheide) für die Streitjahre vGA in Gestalt von Sonderbetriebseinnahmen erfasst noch sonstige beschwerende Folgerungen aus der im Tenor des angegriffenen FG-Urteils festgestellten „Gewinnzurechnung aufgrund vGA“ gezogen werden dürfen.

27 6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung, wobei die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten getrennt behandelt werden müssen (vgl. BFH-Beschlüsse vom  - III B 7/71, BFHE 103, 126, BStBl II 1972, 17; vom  - III B 15/99, BFH/NV 2000, 827; Brandis in Tipke/Kruse, § 135 FGO Rz 24). Die Klägerin zu 2. war insoweit unterlegen, da ihre Klage unzulässig und ihre Revision unbegründet war. Das FA war im Verhältnis zur Klägerin zu 1. unterlegen. Daher haben die Klägerin zu 2. und das FA die Gerichtskosten je zur Hälfte zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten trägt das FA die der obsiegenden Klägerin zu 1. in vollem Umfang. Die Klägerin zu 2. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst (vgl. auch , Versicherungsrecht 2004, 489, zur Vertretung der Streitgenossen durch einen gemeinschaftlichen Prozessbevollmächtigten).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2020:U.150720.IR33.18.0

Fundstelle(n):
BFH/NV 2021 S. 776 Nr. 7
DStR 2021 S. 1097 Nr. 19
DStRE 2021 S. 697 Nr. 11
GmbH-StB 2021 S. 182 Nr. 6
GmbHR 2021 S. 950 Nr. 17
StuB-Bilanzreport Nr. 10/2021 S. 422
LAAAH-78021