Online-Nachricht - Donnerstag, 08.04.2021

Einkommensteuer | Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen (FG)

Das FG München hatte zu entscheiden, ob Veräußerungsgewinne teilweise nach alter Rechtslage zu besteuern sind, da die Wertsteigerungen der Beteiligungen in früheren Jahren entstanden sind. Unter Vertrauensschutzgesichtspunkten besteht kein verfassungsrechtlicher Anspruch darauf, dass die in der Vergangenheit gebildeten stillen Reserven auf die Haltedauer zu verteilen sind (; rechtskräftig).

Sachverhalt: Streitig ist die Besteuerung eines Veräußerungsgewinnes gem. § 17 Abs. 2 EStG und die Besteuerung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Personengesellschaftsanteils (§ § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Der Kläger stellt darauf ab, dass die Wertsteigerungen der Beteiligungen in früheren Jahren stattgefunden haben und in früheren Jahren Veräußerungsgewinne noch dem Halbeinkünfteverfahren unterlagen bzw. zeitweise in voller Höhe bzw. betragsmäßig in höherem Umfang einem ermäßigten Steuersatz unterlegen hätten.

Die langjährigen Beteiligungen stammen aus den Jahren 1999 (Beteiligung an Kapitalgesellschaft) und 1968 (Beteiligung Personengesellschaft). Im Fokus der Streitfälle liegen zwei Gesetzesänderungen; das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 v. , BGBl I 1999, 402 und das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 v. , BGBl I 2007, 1912.

Das FG führt aus:

  • Veräußert der Steuerpflichtige eine langjährig (hier: seit 1999) gehaltene Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft unter Geltung des Teileinkünfteverfahrens (hier: im Streitjahr 2012), so ist der Veräußerungsgewinn nach der im Veräußerungsjahr geltenden Gesetzeslage (Steuerbefreiung nach dem Teileinkünfteverfahren in Höhe von 40 % gem. § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG) zu besteuern. Es ist nicht verfassungswidrig und verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG, dass ein unter Geltung des Teileinkünfteverfahrens realisierter Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG auch insoweit nach dem Teileinkünfteverfahren in Höhe von 60 % besteuert wird, als damit Wertsteigerungen erfasst werden, die noch vor dem und damit unter der Geltung des Halbeinkünfteverfahrens entstanden sind. Es besteht daher kein Anspruch darauf, dass der Veräußerungsgewinn zeitlich auf die Zeit vor und nach Einführung des Teileinkünfteverfahrens aufgeteilt wird und der auf die Zeit vor Einführung des Teileinkünfteverfahrens entfallende Teil des Veräußerungsgewinns entsprechend dem damals geltenden Halbeinkünfteverfahren nur zu 50 % besteuert wird.

  • Veräußert der Steuerpflichtige eine langjährig (hier: seit 1968) gehaltene Beteiligung an einer Personengesellschaft im Streitjahr 2012, so ist der Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nach der im Veräußerungsjahr geltenden Gesetzeslage (unter anderem halber durchschnittlicher Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG (2012) maximal für einen Teilbetrag des Veräußerungsgewinns i. H. von 5.000.000 €) zu besteuern. Es ist nicht verfasssungswidrig, dass während der Haltedauer der Beteiligung bei einer früheren Veräußerung ein Veräußerungsgewinn zeitweise in voller Höhe bzw. betragsmäßig in höherem Umfang einem ermäßigten Steuersatz unterlegen hätte und dass bei der nunmehrigen tatsächlichen Veräußerung im Jahr 2012 Wertsteigerungen nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, die in Veranlagungszeiträumen entstanden sind, in denen die Begrenzung nach § 34 Abs. 3 EStG (2012) noch nicht oder noch nicht in dieser Höhe bestanden hat. Es besteht daher auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten kein verfassungsrechtlicher Anspruch darauf, dass die in der Vergangenheit gebildeten stillen Reserven auf die Haltedauer zu verteilen und nach der damals jeweils gültigen Rechtslage abschnittsweise zu besteuern sind.

Hinweis

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe ersichtlich ist. Auch die Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ist nicht geboten (vgl. Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz i.V.m. § 80 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht).

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB KAAAH-75600