Online-Nachricht - Donnerstag, 18.03.2021

Einkommensteuer | Hafen als weiträumiges Tätigkeitsgebiet i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG (FG)

Für einen Hafenarbeiter, der im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung seines Arbeitgebers bei verschiedenen Hafeneinzelbetrieben auf dem Gebiet des Hamburger Hafens eingesetzt wird, stellt das Hamburger Hafengebiet dasselbe typischerweise arbeitstäglich aufzusuchende weiträumige Tätigkeitsgebiet dar, sodass Fahrten zwischen Wohnung und Hafenzugang nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur mit der Entfernungspauschale berücksichtigt werden können (, Revision zugelassen).

Sachverhalt: Der Kläger ist Hafenarbeiter. Er war ausschließlich bei einem Unternehmen angestellt, das u.a. auch die Arbeitnehmerüberlassung auf dem Gebiet des Hamburger Hafens betrieb. Im Rahmen dieser Arbeitnehmerüberlassung wurde der Kläger bei verschiedenen Hafeneinzelbetrieben tätig. Gemäß seinem Arbeitsvertrag war er verpflichtet, sich "nach Bedarf gegebenenfalls zu entsprechenden Arbeiten in einer anderen Abteilung, Betriebsstätte oder in einem Beteiligungsunternehmen des Arbeitgebers einsetzen zu lassen". Außerdem gab der Kläger "sein unwiderrufliches Einverständnis gem. Absatz 4 Ziff. 2 der Richtlinien zu § 7 der Satzung für den Gesamthafenbetrieb Hamburg, sich auf Weisung des Arbeitgebers in anderen Hafeneinzelbetrieben einsetzen zu lassen".

In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger die tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Hafenzufahrt geltend. Das FA erkannte lediglich die Entfernungspauschale an.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

  • Vorliegend erfolgte die jeweilige Zuordnung zu den Hafeneinzelbetrieben durch den Arbeitgeber des Klägers an jedem Arbeitstag neu, sodass sie nicht "dauerhaft" war und in der Folge keine erste Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 EStG vorlag.

  • Der Kläger hatte für seinen Arbeitseinsatz jedoch "typischerweise arbeitstäglich" das Gebiet des Hamburger Hafens und damit "dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet" aufzusuchen.

  • Auch wenn ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte i. S. des § 9 Abs. 4 EStG hat, er aber nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat, gilt die Regelung über die Entfernungspauschale für die Fahrten von der Wohnung zu dem zur Wohnung nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet entsprechend.

  • Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebietes gelten § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Sätze 1 und 2 entsprechend, nach denen die tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten oder die pauschalen Kilometersätze angesetzt werden können, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz (BRKG) festgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Sätze 3 und 4 EStG).

Hinweis:

Mit seinem Urteil gelangt das FG auf den ersten Blick zu einem anderen Ergebnis als der BFH, der bereits im Jahr 2019 den Hamburger Hafen im Lichte des neuen Reisekostenrechts zu bewerten hatte (, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 18.7.2019 mit Anmerkung Korn). Im dortigen Fall hatte der Kläger als sog. "Gesamthafenarbeiter" neben seinem Dienstverhältnis mit dem Gesamthafenbetrieb Hamburg zusätzlich Dienstverhältnisse mit verschiedenen Hafeneinzelbetrieben, die auf die jeweilige - teilweise eintägige - Dauer seines dortigen Arbeitseinsatzes befristet waren. Für diese - wenn auch nur sehr kurze - "Dauer des Dienstverhältnisses" erfolgte eine Zuordnung des Klägers zu der ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Hafeneinzelbetriebes, sodass dort nach § 9 Abs. 4 EStG die erste Tätigkeitsstätte des jeweiligen Dienstverhältnisses gegeben war und die Entfernungspauschale zur Anwendung kam.

Im vorliegenden Fall war der Kläger kein Gesamthafenarbeiter mit mehreren Dienstverhältnissen, sondern ausschließlich bei einem Unternehmen angestellt.

Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes Niedersachsen recherchierbar. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Niedersachsen, Newsletter 3/2021 (il)

Fundstelle(n):
NWB WAAAH-74193