Online-Nachricht - Freitag, 12.03.2021

Kaufrecht | "Fiktive" Mängelbeseitigungskosten können weiterhin verlangt werden (BGH)

Ein kaufvertraglicher Anspruch auf Schadensersatz wegen Mängeln der erworbenen Immobilie kann weiterhin anhand der voraussichtlich entstehenden, aber bislang nicht aufgewendeten ("fiktiven") Mängelbeseitigungskosten berechnet werden ().

Sachverhalt: Die Kläger erwarben von dem Beklagten im Jahr 2014 eine Eigentumswohnung zum Preis von 79.800 € unter Ausschluss der Sachmängelhaftung.

In dem Kaufvertrag heißt es:

"Dem Verkäufer ist bekannt, dass es in der Vergangenheit an der Schlafzimmerwand Feuchtigkeit gab. Sollte es bis zum erneut zu einer Feuchtigkeit im Schlafzimmer kommen, verpflichtet sich der Verkäufer, diese auf seine eigenen Kosten zu beheben."

Nach Übergabe der Wohnung trat Ende 2014 Feuchtigkeit in dem Schlafzimmer der Kläger auf, zu deren Beseitigung die Kläger den Beklagten erfolglos unter Fristsetzung aufforderten. Die Wohnungseigentümer ermächtigten die Kläger durch Beschluss auch insoweit zur Behebung der Schäden, als das Gemeinschaftseigentum betroffen ist. Mit der Klage verlangen die Kläger von dem Beklagten die Zahlung der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten ohne Umsatzsteuer in Höhe von 7.972,68 € sowie vorgerichtliche Anwaltskosten; ferner soll festgestellt werden, dass der Beklagte weitere Schäden ersetzen muss. In den Vorinstanzen hatten sie hiermit Erfolg.

Der BGH wies die Revision des Beklagten zurück:

  • Die von dem Berufungsgericht vorgenommene Bemessung des kaufvertraglichen Schadensersatzes statt der Leistung gemäß § 437 Nr. 3, § 280, § 281 Abs. 1 BGB entspricht der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung.

  • Danach kann der Käufer im Rahmen des kleinen Schadensersatzes entweder Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts oder Ersatz der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten verlangen, wobei es unerheblich ist, ob der Mangel tatsächlich beseitigt wird.

  • Zwar hat der VII. Zivilsenat des BGH für den werkvertraglichen Anspruch auf kleinen Schadensersatz gemäß § 634 Nr. 4, § 280, § 281 Abs. 1 BGB seine langjährige Rechtsprechung, nach der die Schadensbemessung anhand der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten zulässig war, inzwischen aufgegeben ().

  • Dies lässt sich jedoch auf die kaufrechtliche Sachmängelhaftung nicht übertragen. Insbesondere steht dem Käufer - anders als dem Besteller im Werkvertragsrecht - kein Vorschussanspruch zu.

  • Es wäre aber nicht vertretbar, wenn der Käufer einer Sache die beabsichtigte Mängelbeseitigung vorfinanzieren müsste.

  • Eine Ausnahme gilt nur im Hinblick auf die Umsatzsteuer, die – wie im Delikts- und Werkvertragsrecht - nur ersetzt werden muss, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Hinweis:

Eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen hielten die Richter nicht für erforderlich. Details hierzu können Sie der vollständigen Pressemitteilung entnehmen.

Quelle: BGH, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB BAAAH-73698