BGH Beschluss v. - 5 StR 456/19

Tatertragseinziehung: Verzicht auf sichergestelltes Bargeld; Verweigerung der Annahme der Verzichtserklärung durch die Staatsanwaltschaft

Gesetze: § 73c StGB vom

Instanzenzug: Az: 632 KLs 1/19vorgehend Az: 5 StR 198/18 Beschlussvorgehend Az: 615 KLs 5/16

Gründe

1Das Landgericht hatte den Angeklagten im ersten Rechtsgang am wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vierzehn Fällen, bewaffneten Betäubungsmittelhandels in nicht geringer Menge und wegen Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit Besitz von Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt und hiervon zwei Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt erklärt; zudem hatte es die „Einziehung in Höhe eines Geldbetrages“ von 139.200 Euro unter Anrechnung näher bezeichneter Vermögensgegenstände angeordnet, auf welche der Angeklagte in der Hauptverhandlung verzichtet hatte. Nachdem der Senat das Urteil im Schuldspruch abgeändert und im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen aufgehoben hatte (, BGHSt 63, 305), hat das Landgericht nunmehr erneut die Einziehung „in Höhe eines Geldbetrages von 139.200 Euro“ angeordnet. Das auf nicht ausgeführte Rügen der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Rechtsmittel hat den in der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Berechnung des Einziehungsbetrags unterliegt durchgreifenden rechtlichen Bedenken, soweit das Landgericht nicht den Wert des sichergestellten Bargelds in Höhe von 11.380 Euro in Abzug gebracht hat.

3a) Mit der formlosen Einziehung dieses Betrages hatte sich der Angeklagte in der ersten Hauptverhandlung am einverstanden erklärt. Damit lag schon damals ein wirksamer Verzicht auf das sichergestellte Bargeld vor, der zur Folge hatte, dass der staatliche Zahlungsanspruch nach § 73c StGB in Höhe des jeweiligen Betrages erloschen und die Einziehung des Wertes des Tatertrages insoweit ausgeschlossen ist (vgl. etwa , NStZ 2000, 480, 481, und vom - 4 StR 233/02, BGHSt 48, 40; Beschlüsse vom - 2 StR 399/15, NStZ-RR 2016, 83, und vom - 2 StR 490/16).

4aa) Beim Verzicht auf sichergestelltes Bargeld lässt sich auf eine Annahme des Übereignungsangebots schließen, wenn die Staatsanwaltschaft dieses nicht durch eine nach außen erkennbare Willensäußerung ablehnt (, BGHSt 63, 305, 308 f.). Dies ist - wie nunmehr festgestellt - in der Hauptverhandlung vom nicht geschehen. Folglich ist unerheblich, dass die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft in der neuen Hauptverhandlung vom die Annahme des „Verzichts“ abgelehnt hat.

5bb) Die Übereignung des Bargelds scheiterte auch nicht an einer fehlenden Verfügungsbefugnis des Angeklagten.

6Das Landgericht ist zwar beiläufig in den Urteilsgründen der Auffassung der Staatsanwaltschaft beigetreten, die den Angeklagten als Nichtberechtigten angesehen und hiermit ihre nachträgliche Verweigerung einer Annahme seiner ursprünglichen Verzichtserklärung begründet hat. Hierfür genügt deren Einschätzung, dass es sich bei dem sichergestellten Geld „hochwahrscheinlich“ um Einnahmen aus Drogenverkäufen handele, nicht. Nach dem Rechtsgedanken des § 1006 Abs. 1 und 2 BGB wird das Eigentum des Besitzers an einer Sache vermutet. Die Widerlegung dieser Vermutung erfordert - nicht anders als in den Fällen der erweiterten Einziehung von Taterträgen gemäß § 73a StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 63/18, und vom - 2 StR 231/18, NStZ-RR 2018, 380, 381 f. mwN; Fischer, StGB 66. Aufl., § 73a Rn. 6 f.) - eine sichere Überzeugung von der deliktischen Herkunft des Geldes, hier aus (anderweitigen) Drogengeschäften.

7Eine solche hat die Strafkammer allerdings gerade nicht gewonnen. Vielmehr hat sie - wie bereits das Landgericht im ersten Rechtsgang - nur unter Heranziehung der Vorschrift des § 73c StGB „einen Geldbetrag“ eingezogen, der dem Wert der Taterträge entspricht. Damit ist sie davon ausgegangen, dass keine unmittelbar aus Drogengeschäften herrührenden Erlöse mehr vorhanden sind. Denn der Anwendungsbereich der Wertersatzeinziehung nach § 73c StGB ist erst dann eröffnet, wenn die Einziehung des ursprünglich Erlangten nicht möglich ist (vgl. ).

8b) Der Senat kann deshalb auf der Grundlage der zur Höhe der Taterträge rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst in der Sache entscheiden und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 127.820 Euro anordnen.

92. Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:260919B5STR456.19.0

Fundstelle(n):
ZAAAH-73437