Online-Nachricht - Donnerstag, 25.02.2021

Umsatzsteuer | Vorsteuerberichtigung bei Erfolglosigkeit (BFH)

Entfällt bei einem Gegenstand, den der Unternehmer zunächst gemischt für steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze genutzt hatte, die Verwendung für die steuerpflichtigen Umsätze, während der Unternehmer die Verwendung für die steuerfreien Umsätze fortsetzt, kann dies zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führen. Demgegenüber bewirkt der bloße Leerstand ohne Verwendungsabsicht keine Änderung der Verhältnisse (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Streitig ist, ob die Vorsteuer aus einer mißlungenen Investition, mit der steuerpflichtige Umsätze erzielt wurden, nach § 15a UStG zu berichtigen ist, wenn bei ruhendem Betrieb neben dem Leerstand der Cafeteria eine geringfügige Nutzung stattfindet, die keine steuerpflichtigen Umsätze zum Ziel hat. Das ursprüngliche Verfahren V R 61/17 ruhte gemäß bis zur Entscheidung des EuGH (zum Vorabentscheidungsersuchen des BFH s. Vanheiden, . Nach dem "Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler") wurde das Verfahren wieder aufgenommen (zur EuGH-Entscheidung s. unsere Online Nachricht v. 15.7.2020 sowie Rätke, BBK 15/2020 S. 704).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Entfällt bei einem Gegenstand, den der Unternehmer zunächst gemischt für steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze genutzt hatte, die Verwendung für die steuerpflichtigen Umsätze, während der Unternehmer die Verwendung für die steuerfreien Umsätze fortsetzt, kann dies zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führen.

  • Demgegenüber bewirkt der bloße Leerstand ohne Verwendungsabsicht keine Änderung der Verhältnisse.

  • Zur Vorsteuerberichtigung hat der EuGH in seinem Urteil v. - C 374/19 „Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler“ entschieden, dass Art. 184, 185 und 187 MwStSystRL "einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der ein Steuerpflichtiger, der das Recht erworben hat, die auf die Errichtung einer zur Nutzung sowohl für besteuerte als auch für steuerbefreite Umsätze bestimmten Cafeteria im Anbau eines von ihm umsatzsteuerfrei betriebenen Alten- und Pflegeheims entfallende Vorsteuer anteilig abzuziehen, zur Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs verpflichtet ist, wenn er jeglichen besteuerten Umsatz in den Räumlichkeiten dieser Cafeteria eingestellt hat, sofern er weiterhin steuerbefreite Umsätze in diesen Räumlichkeiten getätigt und diese somit nunmehr ausschließlich für diese Umsätze genutzt hat".

  • Entscheidend ist hierfür, dass "die Räumlichkeiten der genannten Cafeteria (...) nicht leer stehen, sondern nunmehr ausschließlich im Rahmen steuerbefreiter Umsätze genutzt werden" ( „Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler“, Rz 30).

  • Auf dieser Grundlage kommt es darauf an, ob die Räumlichkeiten der Cafeteria nunmehr "ausschließlich für die Zwecke der steuerbefreiten Umsätze der Klägerin des Ausgangsverfahrens verwendet wurden, was jedoch vom vorlegenden Gericht zu überprüfen ist".

  • Es "dienen die im früheren Stadium getätigten Umsätze [dann] (...) nicht mehr der Erbringung besteuerter Leistungen und unterliegen damit dem Mechanismus der Berichtigung der Abzüge" ( „Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler“, Rz 32).

Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter im V. Senat des BFH:

Das Urteil ist die Folgeentscheidung zum „Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler“. Aus diesem Urteil folgt, dass es zu einer Vorsteuerberichtigung führen kann, wenn bei einem Gegenstand, den der Unternehmer zunächst gemischt für steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze genutzt hatte, die Verwendung für die steuerpflichtigen Umsätze entfällt und der Unternehmer die Verwendung für die steuerfreien Umsätze fortsetzt. Demgegenüber bewirkt der bloße Leerstand ohne Verwendungsabsicht keine Änderung der Verhältnisse.

Hintergrund ist die Bedeutung der nachträglichen unternehmerischen Erfolglosigkeit für den Vorsteuerabzug. Seit den EuGH-Urteilen INZO v. - C-110/94, Ghent Coal Terminal v. - C-37/95, Brigitte Breitsohl v. - C-400/98 und Schlossstraße v. - C-396/98 war die Berechtigung des (erfolglosen) Unternehmers zum Vorsteuerabzug geklärt, wenn zwar die Absicht steuerpflichtige Umsätze auszuführen vorhanden ist, es aber gar nicht erst zu Ausgangsumsätzen kommt.

Nicht ganz so eindeutig ist die Beantwortung der Frage, ob die Einstellung einer zunächst durchgeführten unternehmerischen Tätigkeit wegen wirtschaftlicher Erfolglosigkeit zu einer Änderung der Verhältnisse und damit zu einer Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs führt. Nach dem EuGH-Urteil Imofloresmira - Investimentos Imobiliários v. - C-672/16 kann die vom Willen des Unternehmers unabhängige Nichtverwendung ohne weitere Nutzungsabsicht einer Nichtverwendung trotz Absicht einer steuerpflichtigen Nutzung gleichstehen. Daraus mag man den Schluss ziehen können, dass die Einstellung einer unternehmerischen Tätigkeit wegen Erfolglosigkeit zu einer vom Willen des Unternehmers unabhängigen Nichtverwendung in diesem Sinne führt. Das erscheint folgerichtig, denn es ist nicht ersichtlich, weshalb die anfängliche unternehmerische Erfolglosigkeit hinsichtlich des Vorsteuerabzugs bessergestellt sein sollte als die nachträgliche Erfolglosigkeit.

Das scheint sich auch aus dem EuGH-Urteil Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler zu ergeben, denn die Vorsteuerberichtigung setzt in der vorliegenden Fallgestaltung voraus, dass anstelle der anteilig steuerpflichtig/steuerfreien Verwendung eine vollständig steuerfreie Verwendung tritt. Daraus kann man den Rückschluss ziehen, dass die bloße Nichtverwendung unschädlich ist. Das FG muss nun klären, ob eine Nichtverwendung oder eine steuerfreie Nutzung vorliegt.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB YAAAH-72393