Online-Nachricht - Donnerstag, 25.02.2021

Einkommensteuer | Rückfluss von Werbungskosten bei einvernehmlicher Beilegung eines Rechtsstreits über die Finanzierung von Schrottimmobilien (BFH)

Erklärt die finanzierende Bank, einen Teil des ausstehenden Darlehens, welches der Steuerpflichtige zur Finanzierung der Anschaffungskosten einer der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Eigentumswohnung aufgenommen hat, nicht mehr zurückzufordern, liegt keine Erstattung von Schuldzinsen und damit kein Rückfluss von Werbungskosten vor, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Bank mit dem "Verzicht" auf die weitere Geltendmachung der Forderung behauptete Schadensersatzansprüche des Steuerpflichtigen im Wege der Aufrechnung abgegolten hat (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger hatte im Jahr 1995 eine mit zwei Bankdarlehen finanzierte Eigentumswohnung erworben, die er anschließend vermietete. Im Dezember 2010 stellte der Kläger seine Zins- und Tilgungszahlungen ein. Die Bank betrieb daraufhin die Zwangsvollstreckung in Höhe der Restschuld von rund 150.000 €. Der Kläger erhob Vollstreckungsgegenklage und machte geltend, die Bank habe sich ihre Darlehensansprüche im Zusammenhang mit einer "drückervermittelten Schrottimmobilienfinanzierung" durch arglistige Täuschung verschafft. Der Kaufpreis für die 46,83 qm große Wohnung habe 284.000 DM (145.206 €) betragen, die nach einem späteren Wertgutachten lediglich 68.100 € wert gewesen sei. Im Rahmen eines im Dezember 2012 geschlossenen Vergleichs leistete der Kläger eine Einmalzahlung von 88.000 € und die Bank verpflichtete sich, die Darlehen gegen den Kläger nicht weiter geltend zu machen.

Das FA erhöhte die Einnahmen des Klägers aus Vermietung und Verpachtung, weil ihm durch den Vergleich seine Bankschulden zum Teil erlassen worden seien. Die "Erlasssumme" sei im Streitjahr 2012 teilweise als Rückzahlung von Schuldenzinsen zu behandeln und erhöhe daher die Vermietungseinkünfte des Klägers. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 16.3.2020 zu ).

Die Richter des BFH wiesen die hiergegen gerichtete Revision zurück:

  • Erklärt die finanzierende Bank, einen Teil des ausstehenden Darlehens, welches der Steuerpflichtige zur Finanzierung der Anschaffungskosten einer der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Eigentumswohnung aufgenommen hat, nicht mehr zurückzufordern, liegt keine Erstattung von Schuldzinsen und damit kein Rückfluss von Werbungskosten vor, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Bank mit dem "Verzicht" auf die weitere Geltendmachung der Forderung behauptete Schadensersatzansprüche des Steuerpflichtigen im Wege der Aufrechnung abgegolten hat.

  • Ein derartiger "Verzicht", den die Bank im Rahmen einer Vergleichsvereinbarung zur einvernehmlichen Beendigung eines Zivilrechtsstreits ausspricht, führt auf Seiten des Steuerpflichtigen auch nicht zu sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG.

  • Es fehlt bereits an einer konkreten Leistung des Klägers: Das FG der ersten Instanz hat nicht festgestellt, dass der Teilverzicht der Bank als Gegenleistung für die Rücknahme der Zivilklage oder den Verzicht auf die Geltendmachung weitergehender Ansprüche durch den Kläger erfolgt ist. Vielmehr hat es - in vertretbarer Weise - geschlussfolgert, der Vergleich sei "zur Beendigung der sowohl für den Kläger als auch für die Bank belastenden Prozesssituation" geschlossen worden. Ein konkretes Tun, Dulden oder Unterlassen des Klägers, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann, ist damit nicht verbunden.

Anmerkung von Dr. Nils Trossen, Richter im IX Senat des BFH:

Die Entscheidung liegt auf einer Linie mit zahlreichen weiteren Entscheidungen des BFH, die sich mit der Rückabwicklung des überteuerten Erwerbs von Schrottimmobilien befassen. In diesen war regelmäßig die Auffassung der Finanzverwaltung zur Behandlung von Schadensersatzzahlungen und zum Erlass von Darlehensforderungen verworfen worden (vgl. die , IX R 45/14; v. - IX R 27/15 und v. - IX R 26/16, vgl. dazu auch Fink, , ders. und ). Die Rückabwicklung des Erwerbs einer Schrottimmobilie führt damit nicht zu steuerlichen Nachteilen, wenn die Bank aufgrund eines Vergleichs auf Teile der noch ausstehenden Darlehensforderung verzichtet.

Hier hatten sich die Steuerpflichtigen aus dem Darlehensverhältnis sogar noch mit einer Einmalzahlung "herausgekauft", um die für sie belastende Prozesssituation zu beenden. Die Steuerpflichtigen hatten also dem für die Schrottimmobilie verausgabten "schlechten" Geld sogar noch "gutes" Geld hinterhergeworfen. Vor diesem Hintergrund lehnt der BFH die Ansicht der Finanzverwaltung ab, in dem Verzicht auf die Restforderung seitens der Bank liege ein Ersatz von Schuldzinsen und damit ein Rückfluss von Werbungskosten. Ansonsten träte auch das aus steuerlicher wie wirtschaftlicher Sicht kaum nachvollziehbare Ergebnis ein, dass die Steuerpflichtigen, die noch Geld aufgewandt haben, trotz Verringerung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mit einem der Besteuerung unterfallenden Zufluss belastet wären.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB MAAAH-72371