NWB-EV Nr. 3 vom Seite 73

Geldanlage: In diesen Fällen sollten Steuerbescheide offengehalten werden

Beate A. Blechschmidt | Verantw. Redakteurin | nwb-ev-redaktion@nwb.de

Bei der Erstellung von Steuererklärungen erweist die Jahressteuerbescheinigung der Banken oft wertvolle Dienste. Jedoch sollten diese Angaben nicht ungeprüft übernommen werden. Denn inländische Banken müssen nach § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG für Zwecke des Kapitalertragsteuerabzugs die im Bundessteuerblatt veröffentlichte Rechtsauffassung der Finanzverwaltung umsetzen. Damit erfolgt z. B. auch dann ein Steuerabzug i. S. der Verwaltungsmeinung, wenn die Rechtsfrage zwischenzeitlich vom BFH entschieden wurde, die Verwaltungsanweisung aber noch nicht geändert wurde bzw. die geänderte Verwaltungsmeinung im Zeitpunkt des Steuerabzugs für diesen noch nicht anwendbar war. In diesen Fällen muss der Sachverhalt gegenüber dem Finanzamt erklärt und im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt werden.

Roland Ronig stellt ab der die maßgebenden BFH-Entscheidungen sowie die beim BFH bzw. beim BVerfG anhängigen Verfahren dar. Vorab erläutert er kurz die Verlustverrechnungsregelungen nach § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG.

So war beispielsweise bei der Frage des Ausfalls von Kapitalforderungen die bisherige Verwaltungsmeinung, dass nach § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG als Veräußerung neben der entgeltlichen Übertragung nur die Abtretung einer Forderung, die vorzeitige oder vertragsmäßige Rückzahlung einer Kapitalforderung oder die Endeinlösung einer Forderung oder eines Wertpapiers anzusehen ist. Dies hat der BFH jedoch bereits seit Längerem anders gesehen: Auch der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre führe nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust. Aus der Gleichstellung der Rückzahlung mit dem Tatbestand der Veräußerung einer Kapitalforderung in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG folge, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung zu einem Verlust i. S. des § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG führen kann. Allerdings sei erst dann von einem Forderungsausfall auszugehen, wenn endgültig feststeht, dass keine weiteren Rückzahlungen mehr erfolgen werden.

Nach langen Diskussionen und gesetzgeberischen Aktivitäten hat die Finanzverwaltung die BFH-Entscheidung Ende 2020 im Bundessteuerblatt amtlich veröffentlicht. Damit ist dieses Urteil im Veranlagungsverfahren allgemein anzuwenden. Da das BMF-Schreiben zur Abgeltungsteuer aber im Veranlagungszeitraum 2020 noch keine Berücksichtigung der Verluste vorsah, durfte die Kreditwirtschaft diese Verluste beim Steuerabzug nicht berücksichtigen. Entsprechende Verluste sind somit in der Veranlagung zu erklären, die nunmehr nach der Urteilsveröffentlichung im Bundessteuerblatt auch grundsätzlich zu berücksichtigen sind.

Beste Grüße

Beate Blechschmidt

Fundstelle(n):
NWB-EV 3/2021 Seite 73
NWB VAAAH-72209