Online-Nachricht - Donnerstag, 14.01.2021

Gewerbesteuer | Erweiterte Kürzung bei Mitvermietung eines zur Nutzung einer Dienstbarkeit angemieteten Gebäudeteils (BFH)

Die An- und Weitervermietung fremden Grundbesitzes neben der Überlassung eigenen Grundbesitzes verstößt nicht gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, wenn sie zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung des eigenen Grundbesitzes ist und nur einen geringfügigen Umfang hat (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes gekürzt (sog. einfache Kürzung). An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte Kürzung). Zweck der erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben, freizustellen.

Sachverhalt: Zum Vermögen der Klägerin, einer GmbH & Co. KG, das zum Teil im Wege einer Anwachsung auf sie übergegangen war, gehörten im Streitzeitraum verschiedene Grundstücke, die an Dritte vermietet wurden. Im Streitfall ging es um die Überlassung eines eigenen Grundstücks (Flurstück 1) und eines Teils des Nachbargrundstücks (Flurstück 2). Die Grundstücke waren mit Erbbaurechten und diese mit Untererbbaurechten belastet.

Untererbbauberechtigte des Flurstücks 1 waren die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin, Untererbbauberechtigte des Flurstücks 2 eine KG. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Teilfläche des Flurstücks 2 bestand eine Grunddienstbarkeit über ein ausschließliches Geh- und Fahrtrecht zugunsten der Klägerin. Daneben bestand eine schuldrechtliche Abrede, wonach bei Nutzung der auf der Teilfläche errichteten Halle zur Warenannahme (Lieferschlauch) ein Entgelt geschuldet wurde.

Die Klägerin vermietete beide Flurstücke in einem einheitlichen Mietvertrag an eine GmbH und zahlte ein Nutzungsentgelt an die KG. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung versagte das Finanzamt die beantragte erweitere Kürzung des Gewerbeertrags. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg (zur erstinstanzlichen Entscheidung des s. unsere Online-Nachricht v. 15.2.2019).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Die An- und Weitervermietung fremden Grundbesitzes neben der Überlassung eigenen Grundbesitzes verstößt nicht gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, wenn sie zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung des eigenen Grundbesitzes ist und nur einen geringfügigen Umfang hat.

  • Ein Untererbbaurecht einschließlich des vom Untererbbauberechtigten errichteten Gebäudes ist "eigener Grundbesitz" des Untererbbauberechtigten i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG: Das Erbbaurecht ist als dingliches Recht bürgerlich-rechtlich dem Grundstück gleichgestellt. Ist an dem Erbbaurecht ein Untererbbaurecht bestellt, kann dieses im Verhältnis zum Erbbaurecht nicht anders behandelt werden als das Erbbaurecht im Verhältnis zum Eigentum am Grundstück.

  • Ist an einem Grundstück eine Grunddienstbarkeit bestellt, ist die Dienstbarkeit für Zwecke des § 9 Nr. 1 GewStG dem Grundbesitz zuzuordnen, zu dem das herrschende Grundstück gehört.

Anmerkung von Walter Bode, Richter im IV. Senat des BFH:

Nebentätigkeiten können innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG (sog. erweiterte Kürzung) gezogenen Rahmens liegen und sind ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinn dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können. Die An- und Weitervermietung fremden Grundbesitzes neben der Überlassung eigenen Grundbesitzes kann danach nur dann eine begünstigte Nebentätigkeit sein, wenn sie zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung des eigenen Grundbesitzes ist. Ist der Umfang einer solchen Tätigkeit gering, kommt es nicht zur Versagung der erweiterten Kürzung wegen Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot. Die im Besprechungsfall vorliegende Untervermietung eines Hallenteils durfte das FG nach Ansicht des BFH als eine solche nicht begünstigungsschädliche Nebentätigkeit würdigen.

Der BFH hat zunächst ausgeführt, was im Besprechungsfall als "eigener Grundbesitz" i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG anzusehen ist. Ein Erbbaurecht einschließlich des vom Erbbauberechtigten errichteten Gebäudes ist solcher "eigener Grundbesitz". Ist an dem Erbbaurecht ein Untererbbaurecht bestellt, kann dieses im Verhältnis zum Erbbaurecht nicht anders behandelt werden als das Erbbaurecht im Verhältnis zum Eigentum am Grundstück. Auch die an einem Grundstück bestellte Grunddienstbarkeit (hier ein Geh- und Fahrtrecht) gehört für den Eigentümer des herrschenden Grundstücks zu dessen "eigenem Grundbesitz" i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Ist die Dienstbarkeit für ein Erbbaurecht bestellt, gehört sie zum Grundbesitz des Erbbauberechtigten.

Ausgehend hiervon konnte die Untervermietung eines nicht im Eigentum der Klägerin befindlichen Teils eines Hallengebäudes im Besprechungsfall als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Nutzung des Geh- und Fahrtrechts gewürdigt werden. Die zum eigenen Grundbesitz der Klägerin gehörende Dienstbarkeit (Geh- und Fahrtrecht) konnte wirtschaftlich sinnvoll nur durch Mitvermietung des auf dem dienenden Grundstücksteil befindlichen Teils des Hallengebäudes genutzt werden. Der BFH hat als (gebotene) restriktive Auslegung des Begriffs der "Neben"-Tätigkeit auch nicht beanstandet, dass das FG eine dem Grunde nach als zulässig angesehene Nebentätigkeit zusätzlich von der Geringfügigkeit des Umfangs dieser Tätigkeit abhängig gemacht hat.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB LAAAH-68609