Vollstreckungsaufschub nach § 258 AO gem. IV A 3 – S 0336/19/10007 :002, BStBl 2020 I S. 262:
Anwendbarkeit des BMF-Schreibens auch für alte Steuerrückstände aus der Zeit vor der Pandemie
Tilgung der Rückstände bis nicht für Vollstreckungsaufschub erforderlich
Erfordernis einer Glaubhaftmachung der aktuellen Vermögensverhältnisse
Leitsatz
1. Der Anwendungsbereich IV A 3 – S 0336/19/10007 :002, BStBl 2020 I S. 262, „Steuerliche Maßnahmen
zur Berücksichtigung der Auswirkungen des Coronavirus (COVID-19/SARS-CoV-2)” ist für einen Vollstreckungsaufschub nach § 258
AO grundsätzlich insoweit eröffnet, als ein Steuerpflichtiger (hier: Betreiber eines Imbisses mit Geldspielautomaten) unmittelbar
und nicht unerheblich wirtschaftlich durch das Coronavirus betroffen ist (hier: durch Umsatzausfälle März/April 2020). Das
gilt auch für Rückstände aus der Zeit vor der Corona-Pandemie.
2. Das BMF-Corona-Schreiben kehrt ein Regel-Ausnahme-Verhältnis um: Während zu normalen Zeiten eine nachhaltige Vollstreckung
die Regel und ein Vollstreckungsaufschub die Ausnahme ist, soll während der Pandemie bei von der Pandemie wirtschaftlich nachteilig
Betroffenen regelmäßig nicht vollstreckt werden. Der Regelfall der Ermessensausübung soll in Anbetracht der wirtschaftlichen
Belastungen durch die Corona-Pandemie nunmehr das Absehen von der Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen sein (Anschluss
an , EFG 2020 S. 1049).
3. Lediglich vor der Pandemie bereits ergriffene Vollstreckungsmaßnahmen bleiben bestehen und werden wegen der Pandemie nicht
aufgehoben. Dies steht jedoch einem regelmäßigen Ausschluss neuer Vollstreckungsmaßnahmen für alte Schulden durch das BMF-Schreiben
nicht entgegen. Es ist für einen auf das BMF-Schreiben gestützten Vollstreckungsaufschub auch nicht erforderlich, dass die
Rückstände bis zum getilgt werden können (Abgrenzung zum ), sondern nur,
dass überhaupt eine Aussicht auf Tilgung nach Ende der Pandemie besteht; letzteres ist für Gastronomiebetriebe aufgrund eines
zu ewartenden Nachholeffekts zu bejahen.
4. Der Steuerpflichtige hat aber auch in Pandemiezeiten keinen Anspruch auf Vollstreckungsaufschub, wenn er nicht glaubhaft
macht, nach seinen Vermögensverhältnissen zur Begleichung der offenen Steuern aktuell nicht in der Lage zu sein. Es fehlt
an der Glaubhaftmachung, wenn der Steuerpflichtige ein Schließfach bei einer Bank unterhält und bislang der vollstreckenden
Finanzbehörde trotz deren wiederholter Aufforderung den Zugang zu diesem – angeblich leeren – Schließfach verweigert hat.
Fundstelle(n): KÖSDI 2021 S. 22133 Nr. 3 NWB-Eilnachricht Nr. 3/2021 S. 164 GAAAH-67066
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FG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 20.11.2020 - 10 V 10146/20
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