BGH Urteil v. - V ZR 282/19

Wohnungseigentum: Neuregelung des Kostenverteilungsmaßstabes durch Mehrheitsbeschluss; Ermittlung der für die Verteilung der verbrauchsunabhängigen Warmwasserkosten maßgeblichen "Wohnfläche"

Leitsatz

1. Die Aufgabe eines Verteilungsschlüssels zugunsten eines neuen Verteilungsmaßstabes durch Mehrheitsbeschluss nach § 16 Abs. 3 WEG setzt nicht voraus, dass der geltende Kostenverteilungsschlüssel einzelne Wohnungseigentümer benachteiligt oder dass aufgrund sonstiger Umstände eine Neuregelung erforderlich ist. Den Wohnungseigentümern steht aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der lediglich durch das Willkürverbot beschränkt wird.

Das gilt auch, wenn die Wohnungseigentümer die in § 6 Abs. 4 HeizkostenV genannten Abrechnungsmaßstäbe ändern. Insoweit stellt das Kriterium des „sachgerechten Grundes“ i.S.d. § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 HeizkostenV lediglich eine Ausprägung des allgemeinen Willkürverbots dar.

2. Der für die Verteilung der verbrauchsunabhängigen Warmwasserkosten maßgebliche Begriff der „Wohnfläche“ i.S.d. § 8 Abs. 1 HeizkostenV kann unter Rückgriff auf die Bestimmungen der Wohnflächenverordnung und damit unter Einbeziehung von Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen ermittelt werden. Die Wohnungseigentümer können aber auch eine andere Berechnungsmethode festlegen.

Gesetze: § 16 Abs 3 WoEigG, § 21 WoEigG, § 6 Abs 4 S 2 Nr 3 HeizkostenV, § 8 Abs 1 HeizkostenV, § 556 Abs 1 BGB, § 1 WoFlV, §§ 1ff WoFlV

Instanzenzug: LG München I Az: 1 S 2230/18 WEGvorgehend AG Fürstenfeldbruck Az: 80 C 1116/17 WEG

Tatbestand

1Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Gemeinschaftsordnung enthält hinsichtlich der Verteilung der Kosten für Heizung und Warmwasser in § 12 Nr. 3 folgende Regelung:

2In der Eigentümerversammlung vom fassten die Wohnungseigentümer u.a. folgenden Beschluss:

3Die gegen diesen Beschluss gerichtete Anfechtungsklage der Kläger hat das Amtsgericht abgewiesen. Ihre Berufung hat das Landgericht zurückgewiesen und die Revision zugelassen „beschränkt auf die Frage, ob die materiellen Einwände der Kläger gegen den angegriffenen Beschluss durchgreifen“. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, wollen die Kläger zu 3 und 4 weiterhin erreichen, dass der Beschluss für ungültig erklärt wird.

Gründe

I.

4Nach Ansicht des Berufungsgerichts entspricht der Beschluss der Wohnungseigentümer ordnungsmäßiger Verwaltung. Es könne dahingestellt bleiben, ob hinsichtlich der Methode zur Berechnung der Wohnfläche i.S.v. § 8 Abs. 1 HeizkostenV ein Entscheidungsspielraum bestehe oder ob diese nach den Vorgaben der Wohnflächenverordnung zu bestimmen sei. In beiden Fällen sei der gefasste Beschluss rechtmäßig. Sollte § 8 Abs. 1 HeizkostenV dahingehend auszulegen sein, dass die Wohnflächen unter entsprechender Anwendung der Vorschriften der Wohnflächenverordnung zu bestimmen und dabei die Grundflächen von Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen zu 1/4 anzurechnen seien, wäre der von den Wohnungseigentümern gefasste Beschluss nur deklaratorischer Natur und aus diesem Grunde unbedenklich. Komme den Eigentümern dagegen bei der Berechnungsart für die Wohnflächen ein Auswahlermessen zu, seien sie auf der Grundlage von § 16 Abs. 3 WEG zur Änderung der Berechnungsmethode berechtigt gewesen. Die Ermittlung der Wohn- oder Nutzfläche in entsprechender Anwendung von § 4 Nr. 4 WoFlV sei sachgerecht, da Balkone, Loggien und Dachterrassen nicht unerheblich zum Wohn- und Nutzwert und damit zum Wert der Sondereigentumseinheit beitrügen und die Änderung der Berechnungsweise somit zu einer höheren Verteilungsgerechtigkeit führe. Damit liege auch ein sachgerechter Grund im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 HeizkostenV vor, so dass nicht entschieden werden müsse, ob die erfolgte Änderung überhaupt anhand dieser Norm zu prüfen sei.

5Bei der Beschlussfassung seien die Wohnungseigentümer auch nicht von einer falschen Entscheidungsgrundlage ausgegangen. Sie seien vor der Beschlussfassung informiert worden, dass eine Verpflichtung, die Berechnungsmethode für die Wohnflächen entsprechend der Wohnflächenverordnung zu ändern, nicht bestehe.

II.

6Die Revision hat keinen Erfolg.

7A. Die Revision ist unzulässig, soweit sie rügt, dass der Beschluss über die Änderung der Berechnungsmethode für die Wohnfläche auf einer unzureichenden Entscheidungsgrundlage gefasst worden sei. Insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen. Die Beschränkung ist wirksam. Die Zulassung der Revision kann auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und damit abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, auf den auch die Partei selbst ihre Revision beschränken könnte. Dafür reicht es aus, dass der von der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden kann und nach einer Zurückverweisung eine Änderung des von der beschränkten Zulassung erfassten Teils nicht in die Gefahr eines Widerspruchs zu dem nicht anfechtbaren Teil gerät. Solche abtrennbaren Teile des Streitstoffs können auch einzelne Beschlussmängelgründe sein (Senat, Urteil vom - V ZR 184/16, NJW 2018, 1309 Rn. 6). So verhält es sich hier. Die materiell-rechtliche Frage, wie die Wohnfläche im Sinne des § 8 Abs. 1 HeizkostenV zu bestimmen ist, und die Frage, ob die Wohnungseigentümer den Beschluss auf einer zureichenden Entscheidungsgrundlage gefasst haben, können jeweils alleiniger Gegenstand einer Beschlussanfechtungsklage sein und stellen daher abtrennbare Teile des Prozessstoffs dar.

8B. Soweit sie zulässig ist, ist die Revision unbegründet. Das Berufungsgericht nimmt zu Recht an, dass der Beschluss der Wohnungseigentümer rechtlich nicht zu beanstanden ist.

91. Die Wohnungseigentümer hatten gemäß § 16 Abs. 3 WEG die Kompetenz, die in der Gemeinschaftsordnung festgelegte Berechnungsmethode für die Ermittlung der Wohnfläche zur Abrechnung der Warmwasserkosten im Wege eines Beschlusses zu ändern.

10a) Nach § 16 Abs. 3 WEG können die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit beschließen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums im Sinne des § 556 Abs. 1 BGB, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden, statt nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile (§ 16 Abs. 2 WEG) nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder einem anderen Maßstab verteilt werden. Die Vorschrift begründet die Kompetenz der Wohnungseigentümer, den Verteilungsschlüssel durch Mehrheitsbeschluss abweichend von dem in § 16 Abs. 2 WEG bestimmten Maßstab, aber auch abweichend von einem durch die Wohnungseigentümer vereinbarten oder beschlossenen Verteilungsschlüssel zu regeln (Senat, Urteil vom - V ZR 221/09, NJW 2010, 3298 Rn. 7; Urteil vom - V ZR 202/09, NJW 2010, 2654 Rn. 9; Urteil vom - V ZR 225/11, NJW 2012, 2578 Rn. 12). Die Beschlusskompetenz bezieht sich auch auf verbrauchs- und verursachungsunabhängige Kosten (Senat, Urteil vom - V ZR 225/11, NJW 2012, 2578 Rn. 12).

11b) Von dieser Kompetenz haben die Wohnungseigentümer hier Gebrauch gemacht. Die Kosten des Betriebs einer gemeinschaftlich betriebenen Warmwasseranlage stellen Betriebskosten im Sinne des § 556 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2 Satz 1 Nr. 5a BetrkV dar. Die Wohnungseigentümer haben auch einen neuen Verteilungsmaßstab i.S.d. § 16 Abs. 3 WEG beschlossen. Zwar haben sie den Verteilungsschlüssel, wonach die Kosten für Warmwasser zu 70% nach dem Verbrauch und zu 30% nach der Wohnfläche umgelegt werden, nicht geändert, sondern nur den Berechnungsmodus für die Ermittlung der Wohnfläche. Die Festlegung des von der Gemeinschaftsordnung abweichenden Maßstabes zur Berechnung der Wohnfläche für die Abrechnung des verbrauchsunabhängigen Anteils an den Warmwasserkosten führt aber im Ergebnis zu einer veränderten Verteilung der Kosten der zentralen Warmwasserversorgung unter den Wohnungseigentümern. Auch eine solche Änderung ist von der Beschlusskompetenz zur Kostenverteilung nach § 16 Abs. 3 WEG erfasst (vgl. Bärmann/Becker, WEG, 14. Aufl., § 16 Rn. 46 f., 98).

122. Von der Beschlusskompetenz zu trennen ist die Frage, ob der auf der Grundlage von § 16 Abs. 3 WEG gefasste Beschluss der Wohnungseigentümer, bei der Verteilung der verbrauchsunabhängigen Warmwasserkosten künftig die Wohnfläche unter Einbeziehung der Flächen von Dachterrassen und Balkonen/Loggien zu einem Viertel zu berücksichtigen, ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 202/09, NJW 2010, 2654 Rn. 9). Dies bejaht das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei.

13a) Den Wohnungseigentümern ist bei Änderungen des Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der neue Umlageschlüssel muss lediglich den Anforderungen einer ordnungsmäßigen Verwaltung genügen. Sie dürfen danach jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt. Dabei dürfen an die Auswahl eines angemessenen Kostenverteilungsschlüssels nicht zu strenge Anforderungen gestellt werden, weil sich jede Änderung des Verteilungsmaßstabes zwangsläufig auf die Kostenlast des einen oder des anderen Wohnungseigentümers auswirkt. Zwar ist den Materialien zu entnehmen, dass eine Änderung des Umlageschlüssels darüber hinaus an das Vorliegen eines sachlichen Grundes geknüpft sein soll (BT-Drucks. 16/887 S. 23). Dies bedeutet jedoch nur, dass sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ der Änderung nicht willkürlich sein dürfen (Senat, Urteil vom - V ZR 162/10, NJW 2011, 2202 Rn. 8; Urteil vom - V ZR 3/11, NZM 2012, 28 Rn. 8). Die Aufgabe eines Verteilungsschlüssels zugunsten eines neuen Verteilungsmaßstabes durch Mehrheitsbeschluss nach § 16 Abs. 3 WEG setzt insbesondere nicht voraus, dass der geltende Kostenverteilungsschlüssel einzelne Wohnungseigentümer benachteiligt oder dass aufgrund sonstiger Umstände eine Neuregelung erforderlich ist (aA LG Berlin, ZWE 2014, 459, 460). Ein solches Erfordernis würde die durch § 16 Abs. 3 WEG ermöglichte Entscheidungsfreiheit der Wohnungseigentümer ohne Not wieder einschränken, was das Gesetz gerade verhindern will. Dem den Wohnungseigentümern bei einer Beschlussfassung über die Änderung des Verteilungsschlüssels eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum wird eine Grenze nur durch das Willkürverbot gezogen (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 162/10, NJW 2011, 2202 Rn. 8).

14b) Gemessen daran ist das „Ob“ der Änderung, also die Aufgabe der in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Berechnungsmethode für die Wohnfläche, nicht willkürlich.

15aa) Dies folgt allerdings nicht daraus, dass - wie das Berufungsgericht unter Hinweis auf eine deklaratorische Natur des gefassten Beschlusses in Erwägung zieht - die Teilungserklärung einer zwingenden Vorgabe in der Heizkostenverordnung widersprochen habe und deshalb eine Anpassung erforderlich gewesen sei.

16Zwar ist die Anpassung einer Kostenregelung an zwingende Vorgaben in der Heizkostenverordnung als sachgerecht anzusehen (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 221/09, NJW 2010, 3298 Rn. 15); denn die Heizkostenverordnung ist auch innerhalb der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu beachten (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 2 HeizkostenV). Dies gilt unabhängig davon, ob die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung oder Beschluss abweichende Bestimmungen getroffen haben, da sich die Verpflichtung, nach den Vorschriften der Heizkostenverordnung abzurechnen, unmittelbar aus § 3 Satz 1 HeizkostenV ergibt, der die Anwendung der Vorschriften der Heizkostenverordnung im Verhältnis der Wohnungseigentümer vorschreibt (Senat, Urteil vom - V ZR 9/19, NJW-RR 2020, 526 Rn. 8).

17Der für die Verteilung der verbrauchsunabhängigen Kosten der Versorgung mit Warmwasser maßgebliche Begriff der „Wohnfläche“ i.S.v. § 8 Abs. 1 HeizkostenV ist aber nicht dahingehend auszulegen, dass deren Berechnung zwingend unter entsprechender Anwendung der Wohnflächenverordnung und damit gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Nr. 2 WoFlV unter Einbeziehung von Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen erfolgen muss.

18(1) Nach § 8 Abs. 1 HeizkostenV sind von den Kosten des Betriebs der zentralen Warmwasserversorgungsanlage mindestens 50 vom Hundert, höchstens 70 vom Hundert nach dem erfassten Warmwasserverbrauch, die übrigen Kosten nach der Wohn- oder Nutzfläche zu verteilen. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Begriff der Wohnfläche auslegungsbedürftig ist (vgl. , NJW 2010, 1064 Rn. 17). Weder die Heizkostenverordnung noch andere Vorschriften enthalten verbindliche Vorgaben zur Berechnung der Wohnfläche bei der Verteilung der Warmwasserkosten (vgl. OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 754, 755); die Vorschriften der Wohnflächenverordnung betreffen in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich die Berechnung von Wohnflächen nach dem Wohnraumförderungsgesetz (vgl. § 1 Abs. 1 WoFlV). Es besteht auch kein allgemeiner Sprachgebrauch, der mit dem Begriff der Wohnfläche deren Berechnung nach festgelegten Regeln verbindet (Senat, Urteil vom - V ZR 91/89, NJW 1991, 912, 913, juris Rn. 18; , NJW 2004, 2230, 2231; Senat, Urteil vom - V ZR 78/14, NJW 2016, 1815 Rn. 29 mwN, insoweit in BGHZ 207, 349 nicht abgedruckt).

19(2) Im Wohnraummietrecht wird nach der ständigen Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats für die Bestimmung der geschuldeten Wohnungsgröße der Begriff der „Wohnfläche“ auch bei frei finanziertem Wohnraum grundsätzlich anhand der für den preisgebundenen Wohnraum geltenden Wohnflächenverordnung ermittelt. Etwas anderes gilt dann, wenn die Parteien dem Begriff der Wohnfläche im Einzelfall eine abweichende Bedeutung beimessen oder ein anderer Berechnungsmodus örtlich üblich oder nach der Art der Wohnung naheliegender ist (vgl. , NJW 2019, 2464 Rn. 36 mwN).

20(3) Auch der für die Verteilung der verbrauchsunabhängigen Warmwasserkosten maßgebliche Begriff der „Wohnfläche“ i.S.d. § 8 Abs. 1 HeizkostenV kann nach allgemeiner Auffassung unter Rückgriff auf die Bestimmungen der Wohnflächenverordnung ermittelt werden (BeckOK/Pfeifer, Mietrecht [], § 6 HeizkostenV Rn. 63, § 8 HeizkostenV Rn. 2, BeckOGK/Drager, [], § 8 HeizkostenV Rn. 5, § 7 HeizkostenV Rn. 19; Kreuzberg/Wien, Heizkostenabrechnung, 9. Aufl., Erläuterung 2 zu § 8 HeizkostenV, S. 106, Fn. 433; Lammel, Heizkostenverordnung, 4. Aufl., § 8 Rn. 9, § 7 Rn. 60; Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 14 HeizkostenV Rn. 35; Lehmann-Richter/Streyl, NZM 2018, 673, 674; Schultzky in Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, BGB, 4. Aufl., § 16 WEG Rn. 32; Schmidt, ZWE 2008, 371; ders. CuR 2013, 10, 12). Dem schließt sich der Senat an. Die Anwendung der Wohnflächenverordnung führt in der Praxis zu sachgerechten Ergebnissen. Die Vorgaben, nach denen aufgrund der Wohnflächenverordnung die Wohnfläche zu berechnen ist, sind nicht durch die Preisbindung des Wohnraums bedingt und stehen damit in keinem inneren Zusammenhang (, NJW 2004, 2230 Rn. 14).

21(4) Allerdings ist die Anwendung der Wohnflächenverordnung zur Bestimmung der Wohnfläche i.S.d. § 8 Abs. 1 WEG nicht zwingend, da deren Vorschriften in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich die Berechnung von Wohnflächen nach dem Wohnraumförderungsgesetz betreffen (vgl. § 1 Abs. 1 WoFlV) und die Heizkostenverordnung keinen Hinweis darauf enthält, dass die Berechnung des von ihr verwendeten Begriffs der Wohnfläche unter entsprechender Anwendung der Wohnflächenverordnung zu erfolgen hat. Die Wohnungseigentümer können daher auch eine andere Berechnungsmethode festlegen (vgl. BeckOK/Pfeifer, Mietrecht [], § 6 HeizkostenV Rn. 63, § 8 HeizkostenV Rn. 2, BeckOGK/Drager, [], § 8 HeizkostenV Rn. 5, § 7 HeizkostenV Rn. 19; Kreuzberg/Wien, Heizkostenabrechnung, 9. Aufl., S. 67; Lammel, Heizkostenverordnung, 4. Aufl., § 8 Rn. 9; Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 14 HeizkostenV Rn. 35; aA Lehmann-Richter/Streyl, NZM 2018, 673, 674, die die Anwendung der Wohnflächenverordnung für geboten halten).

22(5) Eine Anpassung der in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Methode zur Berechnung der Wohnfläche war daher nicht zwingend erforderlich. Vielmehr stand es den Wohnungseigentümern frei, den ursprünglich gewählten Berechnungsmodus beizubehalten.

23bb) Dass das „Ob“ der Änderung des Maßstabes zur Berechnung der Wohnfläche für die Verteilung der Warmwasserkosten nicht willkürlich war, folgt aber schon allein daraus, dass die Wohnungseigentümer mit der künftigen Einbeziehung der Flächen von Dachterrassen und Balkonen/Loggien sich an den Vorgaben der Wohnflächenverordnung (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Nr. 2 WoFlV) orientiert haben und damit einen Maßstab zur Anwendung bringen wollten, der auch vom Gesetzgeber in verschiedenen Bereichen zur Wohnflächenberechnung verwendet wird.

24c) Auch das „Wie“ der Änderung, also die Einbeziehung von Dachterrassen und Balkonen/Loggien bei der Berechnung der Wohnfläche ist nicht willkürlich und entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.

25aa) Wie oben dargelegt, kann der für die Verteilung der verbrauchsunabhängigen Warmwasserkosten maßgebliche Begriff der „Wohnfläche“ i.S.d. § 8 Abs. 1 HeizkostenV unter Rückgriff auf die Bestimmungen der Wohnflächenverordnung und damit auch unter Einbeziehung von Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Nr. 2 WoFlV) ermittelt werden. Die Einwände der Revision, die sich gegen die Berücksichtigung solcher Außenflächen bei der Berechnung der Wohnfläche wendet, führen zu keiner anderen Beurteilung.

26Es kann dahingestellt bleiben, ob bei der Verteilung von Heizkosten nach § 7 Abs. 1 Satz 5 HeizkostenV auch nicht beheizbare Außenflächen wie Balkone, Loggien oder Dachterrassen berücksichtigt werden können (vgl. dazu , NJW 2008, 142 Rn. 19; Bub/Krämer/Emmerich, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 5. Aufl., Kap. III Rn. 537; Gramlich, Mietrecht, 15. Aufl., § 7 HeizkostenV Rn. 2; Jennißen in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 16 Rn. 111 f.; Peruzzo, Heizkostenabrechnung nach Verbrauch, 7. Aufl., § 7 Rn. 198; Sauren, WEG, § 16 Rn. 39B; Pfeifer HeizkostenV, 3. Aufl., § 6 Rn. 14 Theobald/Kühling/Schumacher, EnergieR [105. EL Februar 2020], § 7 HeizkostenV Rn. 16; Bärmann/Seuß/Wanderer, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Aufl., § 34 Rn. 94; BeckOGK/Drager, HeizkostenV, [], § 7 Rn. 19; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 16 Rn. 84e; Lammel, HeizkostenV, 4. Aufl., § 7 Rn. 62, 64; Schmid/Ormanschick, Handbuch der Mietnebenkosten, 16. Aufl., Rn. 6174a; Schmid, CuR 2013, 10, 13). Jedenfalls bei der Verteilung der verbrauchsunabhängigen Warmwasserkosten gemäß § 8 Abs. 1 HeizkostenV darf die Flächenberechnung unter Einbeziehung von Dachterrassen, Balkonen oder Loggien erfolgen. Entgegen der Auffassung der Revision verbietet der Umstand, dass in einer Wohnung mit solchen Außenflächen nicht zwangsläufig mehr Menschen als in einer gleich großen Wohnung ohne Terrasse oder Balkon leben und Außenflächen nicht typischerweise mit Entnahmestellen für die Warmwasserversorgung ausgestattet sind, nicht deren Einbeziehung in die Flächenberechnung. Hintergrund der in § 8 Abs. 1 HeizkostenV geregelten Aufspaltung der Kostenverteilung in verbrauchsabhängige und verbrauchsunabhängige Teile ist, dass durch den Betrieb der Warmwasseranlage und die ständige Verfügbarkeit von Warmwasser laufende Kosten entstehen, die unabhängig von dem tatsächlichen Verbrauch sind (vgl. MüKoBGB/Schmid/Zehelein, 7. Aufl., § 7 HeizkostenV Rn. 2; Lammel, Heizkostenverordnung, 4. Aufl., § 8 Rn. 8). Im Hinblick auf die verbrauchsunabhängige Entstehung der Bereitstellungskosten hat sich der Verordnungsgeber dafür entschieden, einen Teil der Warmwasserkosten nach einem verbrauchsunabhängigen Maßstab zu verteilen. Mit der Anknüpfung in § 8 Abs. 1 HeizkostenV an die „Wohnfläche“ hat er - ebenso wie § 556a BGB für die verbrauchsunabhängigen Betriebskosten - einen objektiven Abrechnungsmaßstab geschaffen (vgl. , NJW 2018, 2317 Rn. 23), nach dem die verbrauchsunabhängige Umlegung zu erfolgen hat. Da bei dem gewählten Flächenmaßstab die Zahl der Nutzer oder Bewohner, der Warmwasserverbrauch oder die Ausstattung des jeweiligen Raumes mit Warmwasser-Zapfhähnen (vgl. Lammel, 4. Aufl., HeizkostenV § 8 Rn. 9; Schumacher in Theobald/Kühling, Energierecht, Werkstand 105, § 8 HeizkostenV, Rn. 4; BeckOK/Pfeifer, Mietrecht [], § 8 HeizkostenV Rn. 2b; Kreuzberg/Wien, Heizkostenabrechnung, 9. Aufl., Erläuterung 2 zu § 8 HeizkostenV, S. 106) gerade keine Rolle spielen, vielmehr ein hiervon unabhängiger Maßstab gewählt wurde, kommt es bei der Flächenberechnung nach § 8 Abs. 1 WEG nicht darauf an, ob die Nutzung der Fläche typischerweise mit einem Warmwasserverbrauch verbunden ist.

27bb) Da sich die Wohnungseigentümer mit dem Rückgriff auf Bestimmungen der Wohnflächenverordnung für eine allgemein anerkannte Berechnungsmethode entschieden haben, ist die Auswahl dieses Maßstabes nicht als willkürlich zu bewerten, selbst wenn der neue Verteilungsschlüssel zur Folge haben sollte, dass sich die durch die Änderung ergebende Mehrbelastung auf nur wenige Wohnungseigentümer verteilt. Im Übrigen liegt die Annahme einer ungerechtfertigten Benachteiligung der Kläger zu 3 und 4 angesichts einer jährlichen Mehrbelastung von 45,31 € auch nicht nahe.

283. Schließlich steht § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 HeizkostenV der Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses nicht entgegen. Die Vorschrift macht die Änderung der nach § 6 Abs. 2 sowie nach § 7 Abs. 1 Satz 1, §§ 8 und 9 HeizkostenV gewählten Abrechnungsmaßstäbe von dem Vorliegen eines sachgerechten Grundes abhängig. Die Regelung ist primär auf das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter zugeschnitten, die durch den Mietvertrag engen Bindungen unterworfen sind. Anders stellen sich dagegen die Beziehungen zwischen den Wohnungseigentümern dar. Diesen steht - wie § 16 Abs. 3 WEG deutlich macht - bei Änderungen des Verteilungsschlüssels aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der lediglich durch das Willkürverbot beschränkt wird. Das gilt auch, wenn die Wohnungseigentümer die in § 6 Abs. 4 HeizkostenV genannten Abrechnungsmaßstäbe ändern. Insoweit stellt das Kriterium des „sachgerechten Grundes“ i.S.d. § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 HeizkostenV lediglich eine Ausprägung des allgemeinen Willkürverbots dar und soll verhindern, dass die Wohnungseigentümer willkürlich den Verteilungsmaßstab ändern (Becker, ZWE 2010, 302, 303; Jennißen, ZWE 2011, 153, 158; Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 14 HeizkostenV Rn. 51; Bärmann/Becker, WEG, 14. Aufl., § 16 Rn. 110; LG Berlin, ZWE 2014, 459, 460).

III.

29Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:021020UVZR282.19.0

Fundstelle(n):
NJW-RR 2021 S. 141 Nr. 3
SAAAH-66855