OFD Frankfurt/M. - S 3812b A-017-St 711

Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen in Fällen der Umschichtung (Aktivtausch) und der Einbringung

(Az. 10 K 468/17 und 10 K 470/17) und Urteil des (Az. 1 K 7/18); (Az. II R 21/18, II R 18/18, II R 8/18 und II R 13/18)

Bezug:

Bezug:

Bezug:

Bezug:

Bezug:

Bezug:

Bezug:

Bezug:

Bezug:

Bezug:

1. Entstehungsmöglichkeiten von jungem Verwaltungsvermögen

1.1 Entstehung durch Umschichtung (Aktivtausch) bspw. von Wertpapieren

Mit Gerichtsbescheiden vom hat das Finanzgericht München (Az. 10 K 468/17 und 10 K 470/17) entschieden, dass zum jungen Verwaltungsvermögen nicht nur das innerhalb des Zweijahreszeitraums eingelegte Verwaltungsvermögen, sondern auch das innerhalb dieses Zeitraums in einem bestehenden Wertpapierdepot umgeschichtete oder zugekaufte Verwaltungsvermögen (sogenannte Umschichtungsfälle) gehört. Diese Entscheidung hat der BFH im Revisionsverfahren mit Urteilen vom (Az. II R 21/18 und II R 18/18) bestätigt.

Vorliegend handelt es sich um zwei Parallelentscheidungen des Gerichts. Die Entscheidungen betreffen aufgrund von Feststelllungen der Betriebsprüfung geänderte Bescheide über die gesonderte Feststellung des Werts des Anteils am Betriebsvermögen. Zum Betriebsvermögen gehörte vorliegend ein Wertpapierdepot. Der Betriebsprüfer verwies hinsichtlich der Qualifizierung als junges Verwaltungsvermögen auf R E 13b.19 Abs. 1 Satz 2 ErbStR a. F. (R E 13b.27 Satz 2 ErbStR n. f.).

1.2 Entstehung durch Einbringung bspw. von Grundstücken

Mit Urteil vom hat das Niedersächsische Finanzgericht (Az. 1 K 7/18) entschieden, dass junges Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a. F. (§ 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG n. F.) auch durch eine ertragsteuerlich neutrale Umwandlung von Betriebsvermögen einer Gesellschaft in Betriebsvermögen einer anderen Gesellschaft entstehen kann.

Das Urteil betrifft den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Werts des Anteils am Betriebsvermögen. Zum Betriebsvermögen gehörte vorliegend ein fremdvermietetes Grundstück. Dieses Grundstück stammte aus einem anderen Betriebsvermögen, das im Rahmen der Neugründung eingebracht worden ist. Das Finanzamt stützte sich bei der Qualifizierung als junges Verwaltungsvermögen auf den Wortlaut des Gesetzes.

2. Gemeinsame Inhalte der Gerichtsbescheide und des Urteils

Sowohl das Finanzgericht München, das Niedersächsische Finanzgericht als auch der BFH haben die Verwaltungsauffassung bestätigt. Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es für die Nichtbegünstigung von Verwaltungsvermögen allein darauf an, ob dieses dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war. Die Norm sieht eine Unterscheidung zwischen eingelegtem, erworbenen oder ertragsteuerlich neutral umgewandelten Betriebsvermögen nicht vor. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. In Anbetracht des in der Gesetzeshistorie erkennbaren Willens des Gesetzgebers ist für eine teleologische bzw. enge Auslegung, wie sie überwiegend, im Falle des Aktivtausches, von der Literatur befürwortet wird (z.B. Kramer in: DStR 2012, 1948 ff, Scholten/Korezkij in: DStR 2009, 147 ff, Fechner/Bäuml in: FR 2009, 22 ff), nach Auffassung der Senate kein Raum. Weder ein Umschichtungsvorgang noch eine Einbringung rechtfertigen, vom erklärten Willen des Gesetzgebers abzuweichen, auch wenn dies unbefriedigende Ergebnisse mit sich bringt.

2.1 Besondere Inhalte der Gerichtsbescheide des Finanzgerichtes München sowie der Urteile des BFH hinsichtlich der Umschichtung von Wertpapieren

Bei den Wertpapieren handelt es sich um Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG a. F. (§ 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG n. F.) Die Qualifizierung als junges Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a. F. (§ 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG n. F.) wurde entgegen der in der Literatur überwiegend vertretenen Ansicht bekräftigt.

Es ist nicht danach zu unterscheiden, ob es sich um Umschichtungen innerhalb eines bestehenden Wertpapierdepots oder ob es sich um Neuanschaffungen aus Betriebsmitteln der Gesellschaft handelt. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a. F. (§ 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG n. F.) ist wirtschaftsgutbezogen zu verstehen. Zum nicht begünstigten jungen Verwaltungsvermögen gehört daher jedes einzelne Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens, das sich weniger als zwei Jahre vor dem Stichtag durchgehend im Betriebsvermögen befand. Eine Saldierung oder gattungsbezogene Betrachtung ist nicht vorzunehmen. Auch eine einzelfallbezogene Missbrauchsprüfung hat nicht zu erfolgen. Umschichtungen, auch innerhalb des Verwaltungsvermögens, oder auch Kapitalanlagen in Gestalt von Verwaltungsvermögen können daher betriebswirtschaftlich sinnvoll und angezeigt sein und trotzdem grundsätzlich zu jungem Verwaltungsvermögen führen.

2.2 Besonderer Inhalt des Urteils des Niedersächsischen Finanzgerichtes hinsichtlich der Einbringung eines Grundstückes

Bei dem fremdvermieteten Grundstück handelt es sich um Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ErbStG a.F. (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG n. F.) Die Qualifizierung als junges Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a. F. § 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG n. F.) wurde bekräftigt.

Die Vorschrift gilt nicht nur für Fälle, in denen ein Gesellschafter Verwaltungsvermögen aus dem Privatvermögen in ein begünstigtes Vermögen einbringt, sondern erfasst in gleicher Weise Einbringungen aus einem anderen Betriebsvermögen.

Das Niedersächsische Finanzgericht hat die Revision zum BFH nicht zugelassen.

3. Geäußerte Rechtsauffassung gilt für altes und neues Recht

Da die Voraussetzungen für junges Verwaltungsvermögen durch die zum in Kraft getretenen Gesetzesänderungen nicht geändert wurden, sind die Gerichtsbescheide auch für aktuelle Bewertungsstichtage von Bedeutung.

4. Anhängige Verfahren und Zwangsruhe

Die beim BFH unter den Az. II R 21/18 und II R 18/18 anhängigen Revisionsverfahren gegen die (Az. 10 K 468/17 und 10 K 470/17) sowie die zur gleichen Frage anhängigen Revisionsverfahren zu den Entscheidungen des Az. 3 K 2867/15 Erb) und des Az. 2 K 1056/15) (Az. II R 8/18 bzw. II R 13/18) wurden mit Urteilen vom durch den BFH entschieden. Hierbei wurde die Verwaltungsauffassung bestätigt. Verfahren, die unter Berufung auf diese Verfahren bisher nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO geruht haben, sind daher zu entscheiden.

OFD Frankfurt/M. v. - S 3812b A-017-St 711

Fundstelle(n):
BAAAH-65478