Oberfinanzdirektion Koblenz - S 3014

Bedarfsbewertung;

hier: Maßgeblichkeit des dem Besteuerungszeitpunkt vorangehenden Bilanzabschlusses für den Gebäudewert nach § 147 Abs. 2 Satz 2 BewG hinsichtlich der Minderung aus einer übertragbaren Rücklage nach § 6 b EStG

Besprechung mit den Sachgebietsleiterinnen und Sachgebietsleitern der Bewertungsstellen im November 2000.

Anlässlich der o.a. Tagung wurde unter anderem die Frage erörtert, ob eine unter zeitlichen und sachlichen Gesichtspunkten zum Besteuerungszeitpunkt noch übertragbare Rücklage nach § 6 b EStG bei der Bestimmung des Gebäudewerts gemäß § 147 Abs. 2 Satz 2 BewG allein für Zwecke der Bedarfsbewertung mindernd berücksichtigt werden kann, ohne dass das ertragsteuerliche mögliche Wahlrecht in der Steuerbilanz des vorausgehenden Abschlusszeitpunkts ausgeübt wurde. Ich bitte hierzu folgende Auffassung, die mit dem Ministerium der Finanzen abgestimmt ist (Erlass vom - S 3014 A - 447), zu vertreten.

Nach § 147 Abs. 2 Satz 2 BewG bestimmt sich der Wert des Gebäudes in den Sonderfällen nach den ertragsteuerlichen Bewertungsvorschriften, wobei die Verhältnisse im Besteuerungszeitpunkt maßgebend sind. Bei bilanzierenden Steuerpflichtigen, bei denen das Grundstück zum ertragsteuerlichen Betriebsvermögen gehört, ist dies der Steuerbilanzwert unter Berücksichtigung sämtlicher Abschreibungen, unabhängig von ihrer bilanzsteuerlichen Behandlung und sonstiger Minderungen, z.B. aus einer übertragenen Rücklage nach § 6 b EStG oder durch Verrechnung von Zuschüssen (R 179 Abs. 3 Satz 2 Erbschaftsteuerrichtlinien).

Aus dem Wortlaut der Erbschaftsteuerrichtlinien, die von einer sonstigen Minderung aus einer übertragenen Rücklage nach § 6 b EStG sprechen, ist herzuleiten, dass Rücklagen rechtzeitig vor dem Besteuerungszeitpunkt übertragen worden sein müssen. Ein insoweit bestehendes Wahlrecht kann mithin nicht selbständig für die Bedarfswertung ausgeübt werden.

Aus ertragsteuerlicher Sicht kann jedes steuerliche Bilanzierungswahlrecht nur auf den Zeitpunkt des Bilanzstichtags ausgeübt werden. Die Entscheidung über eine Gewinnübertragung kann demnach - bezogen auf einen Besteuerungszeitpunkt im laufenden Geschäftsjahr - erst zum nachfolgenden Abschlusszeitpunkt erfolgen. Zum Besteuerungszeitpunkt ist dementsprechend der Veräußerungsgewinn auszuweisen (wie im Handelsbilanzrecht) und das Ersatzgrundstück mit ungekürzten Abschaffungskosten/Herstellungskosten anzusetzen.

Aus praktischen Erwägungen ist jedoch eine Gewinnübertragung auf die AfA-Bemessungsgrundlage des Ersatzgebäudes zum Besteuerungszeitpunkt nicht zu beanstanden, wenn diese zum nachfolgenden Abschlusszeitpunkt auch ertragsteuerlich vollzogen wird. Diese Regelung ist angezeigt, weil in der Praxis bei einer solchen Sachverhaltskonstellation das Problem der Kürzung des Steuerbilanzwerts bereits zum Besteuerungszeitpunkt kaum aufgedeckt werden kann. Denn buchhalterisch erfolgt meist schon bei Erwerb des Ersatzgrundstücks (im Vorgriff auf die Wahlrechtsausübung zum Abschlusszeitpunkt) eine Gewinnübertragung. Demzufolge dürfte als Steuerbilanzwert zum Besteuerungszeitpunkt meist der gekürzte Wert angegeben werden.

Soweit allerdings ein unter zeitlichen und sachlichen Gesichtspunkten zum Besteuerungszeitpunkt bestehendes Wahlrecht nach § 6 b EStG nicht spätestens zum folgenden Abschlusszeitpunkt ausgeübt wird, kann es nicht selbständig für die Wertermittlung nach § 147 Abs. 2 Satz 2 BewG im Besteuerungszeitpunkt ausgeübt werden. In diesen Fällen ist die Rücklage erbschaftsteuerlich als Vermögenswert (Eigenkapital) zu qualifizieren (§ 103 Abs. 3 BewG).

Oberfinanzdirektion Koblenz v. - S 3014

Fundstelle(n):
NWB EN 1394/2002
KAAAA-77588