Online-Nachricht - Mittwoch, 18.11.2020

Einkommensteuer | Erstattung von Kapitalertragsteuer bei Streubesitzdividenden (FG)

Das FG Köln hat europarechtliche Zweifel an den Voraussetzungen der Erstattung von Kapitalertragsteuer bei sog. Streubesitzdividenden und den EuGH in diesem Zusammenhang zur Beantwortung zweiter Fragen angerufen (). Das Verfahren ist beim EuGH unter dem Az. C-572/20 anhängig).

Hintergrund: § 32 Abs. 5 S. 2 Nr. 5 KStG setzt für eine weitergehende Erstattung der Kapitalertragsteuer unter anderem voraus, dass die Steuer nicht beim Gläubiger oder einem unmittelbar oder mittelbar am Gläubiger beteiligten Anteilseigner angerechnet oder als Betriebsausgabe oder als Werbungskosten abgezogen werden kann; die Möglichkeit eines Anrechnungsvortrags steht der Anrechnung gleich.

Nach § 32 Abs. 5 S. 5 KStG muss die ausländische Steuerbehörde bescheinigen, dass die deutsche Kapitalertragsteuer nicht angerechnet, nicht abgezogen oder nicht vorgetragen werden kann und inwieweit eine Anrechnung, ein Abzug oder Vortrag auch tatsächlich nicht erfolgt ist.

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine in Großbritannien ansässige Kapitalgesellschaft, die zu weniger als 6% an einer deutschen Tochtergesellschaft beteiligt war. 100%iger Anteilseigner der Klägerin war eine börsennotierte ausländische Kapitalgesellschaft. Die Klägerin hatte von ihrer Tochtergesellschaft Gewinnausschüttungen erhalten, für die Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag einbehalten und abgeführt wurden.

Das BZSt gewährte der Klägerin nur eine anteilige Erstattung der Kapitalertragsteuer gemäß § 50d Abs. 1 EStG in Verbindung mit dem einschlägigen DBA. Die darüber hinausgehende Erstattung der Kapitalertragsteuer lehnte es mit der Begründung ab, dass die Klägerin die hierfür gemäß § 32 Abs. 5 KStG erforderlichen Nachweise nicht erbracht habe.

Das Finanzgericht Köln bezweifelt, ob die in § 32 Abs. 5 S. 2 Nr. 5 und Satz 5 KStG aufgestellten Anforderungen mit dem Grundsatz der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 Abs. 1, 65 AEUV, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie dem Prinzip des "effet utile" (praktische Wirksamkeit von Europarecht) vereinbar sind.

Es hat daher dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

  1. Steht Art. 63 AEUV (ex-Art. 56 EGV) einer nationalen Steuervorschrift wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegen, die von einer im Ausland ansässigen Gesellschaft, die Dividenden aus Beteiligungen bezieht und nicht die Mindestbeteiligung gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 90/435/EWG (Mutter-Tochter-Richtlinie in der durch die Richtlinie 2003/123 geänderten Fassung) erreicht, zum Zwecke der Erstattung der Kapitalertragsteuer den Nachweis durch Bescheinigung der ausländischen Steuerverwaltung verlangt, dass die Kapitalertragsteuer nicht bei ihr oder einem unmittelbar oder mittelbar an ihr beteiligten Anteilseigner angerechnet oder als Betriebsausgabe oder als Werbungskosten abgezogen werden kann und inwieweit eine Anrechnung, ein Abzug oder Vortrag auch tatsächlich nicht erfolgt ist, wenn von einer im Inland ansässigen Gesellschaft bei gleicher Beteiligungshöhe zum Zwecke der Erstattung der Kapitalertragsteuer ein solcher Nachweis nicht gefordert wird?

  2. Für den Fall, dass die Frage zu 1. verneint werden sollte:: Stehen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Prinzip des Effet utile dem Erfordernis der in der Frage zu 1. genannten Bescheinigung entgegen, wenn es dem im Ausland ansässigen Bezieher von Dividenden aus sog. Streubesitzanteilen faktisch unmöglich ist, diese Bescheinigung beizubringen?

Hinweis:

Das Vorlageverfahrens ist beim EuGH unter dem Az. C-572/20 anhängig. Der Volltext des Beschlusses ist in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE recherchierbar. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung v. sowie Beschluss v. - 2 K 283/16 (il)

Fundstelle(n):
NWB QAAAH-63921