Online-Nachricht - Donnerstag, 29.10.2020

Lohnsteuer | Arbeitslohn: Zahlung von Verwarnungsgeldern (BFH)

Der Arbeitgeber als Halter eines Kfz leistet die Zahlung eines Verwarnungsgeldes wegen einer erteilten Verwarnung (Parkverstoß) auf eine eigene Schuld. Die Zahlung führt daher nicht zu Arbeitslohn des die Ordnungswidrigkeit begehenden Arbeitnehmers (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Das klagende Unternehmen betreibt einen Paketzustelldienst. Es hat in mehreren Städten (kostenpflichtige) Ausnahmegenehmigungen erwirkt, die ein kurzfristiges Halten der Auslieferungsfahrzeuge zum Be- und Entladen in Halteverbots- und Fußgängerzonen gestatten. Sofern eine derartige Ausnahmegenehmigung nicht erhältlich ist, wird es zur Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufs im Interesse der Kunden hingenommen, dass die Fahrer ihre Fahrzeuge auch in Halteverbotsbereichen oder Fußgängerzonen kurzfristig anhalten. Das Unternehmen trägt die dem Fahrer gegenüber festgesetzten Verwarnungsgelder. Das beklagte FA behandelte die Übernahme der Verwarnungsgelder - einer geänderten Rechtsprechung des BFH folgend - als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn der Fahrer (s. unsere Online-Nachricht v. 19.1.2017).

Das hatte darauf abgestellt, dass es bereits an einem Zufluss von Arbeitslohn auf Seiten der Arbeitnehmer fehlt. Denn die Klägerin erfüllt mit der Zahlung der Verwarnungsgelder lediglich eine eigene Verbindlichkeit. Zwar haben die Fahrer die Ordnungswidrigkeit begangen, die Verwarnungsgelder sind jedoch unmittelbar gegenüber dem Unternehmen als Halterin der Fahrzeuge festgesetzt worden.

Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Rechtssache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:

  • Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Zahlung des Verwarnungsgeldes auf eine eigene Schuld der Klägerin erfolgt ist und daher nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn bei dem Arbeitnehmer führen kann, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat. Die Klägerin als Betroffene hat die Verwarnung durch Zahlung des Verwarnungsgeldes sich gegenüber wirksam werden lassen.

  • Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von dem zugrunde liegenden Sachverhalt. Denn dort wurde bindend festgestellt, dass die Klägerin die Zahlung von Verwarnungsgeldern übernommen hatte, die von den bei ihr beschäftigten Fahrern wegen Verletzungen des Halteverbots erhoben worden waren. Auch im ging es um die Übernahme von gegen die Arbeitnehmer verhängten Bußgeldern.

  • Der Erlass einer Forderung (§ 397 Abs. 1 BGB), die dem Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer zusteht, kann Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG darstellen ( und ). Einen geldwerten Vorteil und damit Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG stellt es auch dar, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine realisierbare Forderung erlässt ( und ).

  • Der BFH verweist zurück an das FG: Es kann nicht abschließend geprüft werden, ob das FG zu Recht davon ausgegangen ist, dass es am Zufluss eines geldwerten Vorteils bei den Arbeitnehmern der Klägerin fehlt. Dass es sich bei den zugrundeliegenden Parkverstößen um Ordnungswidrigkeiten im absoluten Bagatellbereich handelt, spielt nach dem BFH für die Beurteilung, ob Arbeitslohn vorliegt, keine Rolle.

Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:

Bei der Zahlung von Verwarnungsgeldern (wegen Parkverstößen) ist zu unterscheiden, ob die Verwarnung gegenüber dem Arbeitnehmer oder dem Arbeitgeber wirksam wird. Wird die Verwarnung (anders als im Besprechungsfall) gegenüber dem Arbeitnehmer wirksam, führt die Übernahme der Verwarnungsgelder zu Arbeitslohn. Das Vorliegen von Arbeitslohn kann in diesem Fall nicht unter dem Aspekt verneint werden, die Zahlung der Verwarnungsgelder sei im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt (so noch ). Von dieser Auffassung hat sich der verabschiedet und dies in der Besprechungsentscheidung nochmals bestätigt. Dieser Bestätigung hätte es im Grunde jedoch nicht bedurft. Denn im Streitfall ist die Verwarnung gegenüber dem Arbeitgeber wirksam geworden. Der Klägerin als Fahrzeughalterin und nicht dem Fahrer, der die Ordnungswidrigkeit begangen hatte, wurde die Verwarnung ungeachtet ihres fehlenden Tatbeitrags erteilt. Damit sie die Zahlung des Verwarnungsgeldes auf eine eigene Schuld geleistet. In diesem Fall kann die Zahlung der Verwarnungsgelder nicht zu Arbeitslohn bei den Fahrern führen. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit können insoweit nur vorliegen, wenn der Arbeitgeber wegen der begangenen Parkverstöße einen realisierbaren Schadensersatzanspruch gegen die Fahrer hat und ihnen gegenüber auf die Geltendmachung dieses Anspruchs verzichtet. Es sei denn der Verzicht erfolgt im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers. Ein solches könnte möglicherweise in der Wahrung des Betriebsfriedens (nicht aber in dem „Arbeitgeberinteresse“ an einem Parkverstoß wegen eines reibungslosen Betriebsablaufs) liegen. Mehr als ein Silberstreif am Horizont ist dieser Erkenntnis jedoch nicht. Denn mit ihr geht der Verlust des Betriebsausgabenabzugs einher. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG dürfen u.a. Verwarnungsgelder, die - wie im Streitfall - von einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes (gegen die Klägerin festgesetzt wurden), den Gewinn nicht mindern. Das ist bei der Übernahme von Verwarnungsgeldern, die gegenüber den Arbeitnehmern wirksam geworden sind (= Arbeitslohn) nicht der Fall.

Quelle: BFH Pressemitteilung v. , ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB EAAAH-62431