Online-Nachricht - Donnerstag, 29.10.2020

Umsatzsteuer | Ermäßigter Steuersatz für Techno- und House-Konzerte II (BFH)

Eintrittserlöse für Techno- und House-Konzerte sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG steuersatzermäßigt, wenn diese Musikaufführungen den eigentlichen Zweck der Veranstaltung darstellen und die daneben erbrachten Leistungen von so untergeordneter Bedeutung sind, dass sie den Charakter der Musikaufführung nicht beeinträchtigen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Frage, ob es sich bei Clubveranstaltungen mit bekannten Discjockeys (DJs) um Konzerte oder konzertähnliche Veranstaltungen handelt, mit der Folge, dass die Umsätze aus diesen Veranstaltungen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG unterliegen.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Eintrittserlöse für Techno- und House-Konzerte sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG steuersatzermäßigt, wenn diese Musikaufführungen den eigentlichen Zweck der Veranstaltung darstellen und die daneben erbrachten Leistungen von so untergeordneter Bedeutung sind, dass sie den Charakter der Musikaufführung nicht beeinträchtigen.

  • Die Darbietung von Techno- und House-Musik durch verschiedene DJs kann einer Veranstaltung auch dann das Gepräge eines Konzerts oder einer konzertähnlichen Veranstaltung geben, wenn die Musikaufführungen regelmäßig (wöchentlich) stattfinden (Fortführung des , BStBl II 2006, 101).

Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter im V. Senat des BFH:

Das Urteil betrifft - ebenso wie die Entscheidung V R 16/17 - die Steuerermäßigung gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG für verschiedene Kulturschaffende, hier die Steuerermäßigung für die Eintrittsberechtigung für Konzerte bzw. für Konzerten vergleichbare Darbietungen ausübender Künstler. Die vom BFH zu beantwortende Frage war: was ist ein Konzert oder eine vergleichbare Darbietung oder – präziser – kann eine Veranstaltung, auf der DJs Musikstücke kunstvoll darbieten, auf der aber auch getanzt und gefeiert wird, unter diese Begriffe fallen?

Der BFH hat – unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung zu diesem Themenkreis – zunächst einmal die Grundlagen herausgearbeitet und fortentwickelt. Der V. Senat hatte bereits zuvor entschieden, dass auch für "Mischformen" von Theateraufführungen und Konzerten die Steuervergünstigung in Anspruch genommen werden kann, wenn eine Vorführung als konzertähnlich einzustufen ist und eine persönlich geistige Schöpfung in der für einen Urheberrechtsschutz geforderten geistigen Höhe vorliegt (, BFH/NV 2004, 984).

Zudem ist der Konzertbegriff im Hinblick auf die technischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Musik und dem unionsrechtlichen Neutralitätsgrundsatz weit auszulegen. Konzert oder konzertähnliche Darbietung können deshalb auch Darbietungen von DJs sein, was nichts anderes heißt, dass auch Plattenteller, Mischpulte, CD-Player u.Ä. als Musikinstrument anzusehen sein können, wenn sie (wie konventionelle Instrumente) zum Vortrag des Musikstücks und nicht nur zum Abspielen eines Tonträgers genutzt werden. Allerdings muss die begünstigte Veranstaltung oder Vorführung den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen (, BStBl II 2006, 101, Rz 16, 18). Daher müssen Leistungen anderer Art, die in Verbindung mit diesen Veranstaltungen erbracht werden, von so untergeordneter Bedeutung sein, dass dadurch der Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigt wird.

Ob das der Fall ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Der BFH hat die Würdigung des FG, dass im konkreten Sachverhalt die Auftritte der DJs den Klubnächten das Gepräge gäben, weil die musikalischen Darbietungen im Vordergrund stünden und die Begleitumstände (Tanzen, Feiern, Getränkeverkauf) dagegen zurückträten, revisionsrechtlich nicht beanstandet und die Klagestattgabe bestätigt. Die Würdigung des FG beruht auf der Perspektive eines Durchschnittsverbrauchers und verstößt – so der BFH - nicht gegen Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze und ist deshalb nach § 118 Abs. 2 FGO bindend. D.h. nicht, dass es die einzig mögliche Würdigung ist.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB TAAAH-62426