Online-Nachricht - Dienstag, 27.10.2020

Cum/Fake-Geschäfte | Schlupfloch für Steuerbetrug schließen (BRH)

Der Bundesrechnungshof (BRH) weist in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages auf eine neue Gestaltung bei der Erstattung der Kapitalertragsteuer hin (sog. Cum/Fake-Geschäfte). Vor diesem Hintergrund empfiehlt der BRH, die Einführung des sog. TRACE-Verfahrens in Deutschland erneut zu prüfen.

Hintergrund: Bei "Cum/Fake-Geschäften" bedienen sich unberechtigte (institutionelle) Anleger am US-amerikanischen Kapitalmarkt gehandelter vorläufiger Hinterlegungsscheine auf deutsche Aktien (sog. Pre-Release-ADR). Sie fordern rechtswidrig eine Steuerbescheinigung ein und stellen einen Antrag auf Steuererstattung beim Bundeszentralamt für Steuern, ohne wirtschaftlich Eigentümer der Aktien zu sein. Dabei nutzen sie Erstattungsansprüche, die berechtigte Anleger aus unterschiedlichsten Gründen nicht geltend gemacht haben.

Hierzu führt der BRH u.a. weiter aus:

Nach "Cum/Ex-" und "Cum/Cum-Geschäften" führen auch "Cum/Fake-Geschäfte" zu erheblichen Steuerausfällen. Dabei geht es um Missbrauch bei der Erstattung der Kapitalertragsteuer. Sog. Cum/Fake-Geschäfte beinhalten ein erhebliches Missbrauchspotential, begünstigt durch das System des derzeitigen Erstattungsverfahrens," sagte der Präsident des BRH, Kay Scheller, anlässlich der Veröffentlichung des Berichts. "

Dem deutschen Gesetzgeber ist es bislang nicht gelungen, die "Cum/Fake"-Lücke zu schließen und weiteren Missbrauch bei der Erstattung von Dividendensteuern zu verhindern. Im Ergebnis profitieren unberechtigte institutionelle Anleger rechtswidrig davon, dass berechtigte Anleger (in der Regel Kleinanleger) aus Unkenntnis oder wegen des Verwaltungsaufwands darauf verzichten, ihren Erstattungsanspruch geltend zu machen. Diese Erstattungsbeträge stehen daher eigentlich dem deutschen Steuerzahler zu.

Schwerwiegende Schwächen im deutschen Erstattungsverfahren der Kapitalertragsteuer begünstigen diese Praxis. Das Verfahren lässt keine exakte und eindeutige Zuordnung einer abgeführten Kapitalertragsteuer zu einem berechtigten Anleger zu. Diese systembedingte Anonymität begünstigt Gestaltungen wie "Cum/Fake-Geschäfte".

Der BRH hat empfohlen, die Einführung des von der OECD 2006 initiierten, sogenannten TRACE-Verfahrens (Treaty Relief and Compliance Enhancement) zu prüfen. Es sieht eine Ermäßigung der Kapitalertragsteuer bereits bei der Zahlung der Dividende vor. Ein nachgelagertes, missbrauchsanfälliges Erstattungsverfahren, wie derzeit in Deutschland praktiziert, kann damit entfallen. Das TRACE-Verfahren kommt zudem ohne Steuerbescheinigungen aus, die bisher in betrügerischer Absicht verwendet werden konnten. "So wird der Erstattungstopf kleiner und Personen mit unlauteren Absichten können dann nicht mehr so tief in ihn hineingreifen," erläutert Scheller diesen Ansatz.

Hinweis:

Über seine Prüfung "Cum/Fake-Gestaltungen - Risiken bei der Erstattung von Kapitalertragsteuer aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen" hat der BRH den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages in einem Bericht nach § 88 Absatz 2 BHO beraten. Den Bericht können Sie auf der Homepage des BRH einsehen.

Quelle: BRH, Pressemitteilung v. 7.10.2020 (il)

Fundstelle(n):
NWB SAAAH-62192