OFD Karlsruhe - S 2342/135-St 142

Anwendungshilfe zur Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 34 EStG (Gesundheitsvorsorge); Umsetzung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements

Bezug:

1. Gesetzliche Grundlagen

1.1.Steuerbefreiung des § 3 Nr. 34 EStG

1Die Rechtsgrundlage der Steuerfreiheit arbeitgebergeförderter Präventions- und betrieblicher Gesundheitsförderungsleistungen ist § 3 Nr. 34 EStG:

„Steuerfrei sind…

34. zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20 b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genügen, soweit sie 600 € je Kalenderjahr nicht übersteigen“.

2Nach der Gesetzesbegründung fallen unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 34 EStG:

  • Maßnahmen zur verhaltensbezogenen Prävention, die nach § 20 Abs. 2 S. 2 SGB V zertifiziert sind, sowie

  • gesundheitsförderliche Maßnahmen in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung), die den vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen nach §§ 20 Abs. 2 S. 2, 20 bSGB V festgelegten Kriterien entsprechen.

1.2. Verweis in § 3 Nr. 34 EStG auf die §§ 20, 20 b SGB V

3§ 20 SGB V verlangt, dass Maßnahmen der individuellen verhaltensbezogenen Prävention (Präventionskurse), die von Krankenkassen bezuschusst werden, den vom GKV-Spitzenverband definierten Handlungsfeldern und Kriterien (GKV-Leitfaden Prävention) genügen (§ 20 Abs. 1 S. 3 SGB V) und von den Krankenkassen bzw. einer von ihnen beauftragten Stelle zertifiziert sind (§ 20 Abs. 5 SGB V).

4§ 20b SGB V beschreibt die Anforderungen an Maßnahmen der Gesundheitsförderung in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung), die von Krankenkassen gefördert werden können. Diese Maßnahmen sind an den spezifischen betrieblichen Bedarfen ausgerichtet und werden entsprechend den Handlungsfeldern und Kriterien des GKV-Leitfadens Prävention zwischen dem Betrieb und der fördernden Krankenkasse individuell vereinbart. Für Leistungen betrieblicher Gesundheitsförderung nach § 20b SGB V ist eine Zertifizierung grds. nicht vorgesehen. Die Abrechnung erfolgt nicht beschäftigtenbezogen.

2. Nach § 3 Nr. 34 EStG von der Einkommensteuer befreite Arbeitgeber-Leistungen

5Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 34 EStG erfasst zum einen zertifizierte Leistungen der individuellen verhaltensbezogenen Prävention (s. Tz 2.1). Nicht zertifizierte Leistungen können ebenfalls steuerfrei sein, wenn entweder nicht zertifizierte Präventionskurse den Anforderungen der §§ 20 und 20 b SGB V genügen (Tz 2.2) oder Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Leistungen der Krankenkassen im Handlungsfeld „gesundheitsförderlicher Arbeits- und Lebensstil“ des GKV-Leitfadens Prävention (Kapitel 6) entsprechen (s. Tz 2.3).

2.1. Individuelle verhaltensbezogene Prävention (zertifizierte Präventionskurse)

6Die Zertifizierung von Leistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention erfolgt durch eine Krankenkasse oder in ihrem Namen durch einen mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe beauftragten Dritten.

2.1.1. Zertifizierte Präventionskurse der Krankenkassen

7Die meisten Krankenkassen lassen ihre Leistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention nach § 20 Abs. 4 Nr. 1 SGB V im Rahmen einer Kooperationsgemeinschaft über die „Zentrale Prüfstelle Prävention“ des Dienstleistungsunternehmens „Team Gesundheit GmbH“ prüfen und zertifizieren (Muster für Zertifikat in Anlage 1, s. BeckVerw 478673).

8Die zertifizierten Präventionskurse der Krankenkassen finden idR außerhalb des Betriebsgeländes statt und werden durch den Arbeitgeber bezuschusst. Leistet der Arbeitgeber einen Zuschuss an die Krankenkasse, ist der auf den teilnehmenden Arbeitnehmer entfallende Zuschuss nach Maßgabe des § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei.

9Die Teilnahme ist vom Arbeitnehmer mit einer vom Kursleiter unterschriebenen Teilnahmebescheinigung nachzuweisen, aus der der Titel des Kurses einschließlich der Kurs- Identifikationsnummer der jeweiligen Prüfstelle und die Teilnahme des Beschäftigten hervorgehen (Muster in Anlage 2, s. BeckVerw 478673).

10Sofern der Arbeitnehmer selbst in finanzielle Vorleistung getreten ist, kann er bei seinem Arbeitgeber unter Vorlage der Teilnahmebescheinigung (Muster in Anlage 2, s. BeckVerw 478673) eine Arbeitgeberförderung beantragen (Muster in Anlage 3, s. BeckVerw 478673). Zur Vermeidung von Doppelförderungen ist in dem Antrag vom Arbeitnehmer eine Erklärung abzugeben, ob bereits die Krankenkasse einen Zuschuss gezahlt hat oder ein solcher beantragt wurde. In diesem Fall kann nur der den Krankenkassen-Zuschuss übersteigende Betrag nach § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei sein.

11Das Zertifikat, die Teilnahmebescheinigung und ggf. der Antrag auf Arbeitgeberförderung sind vom Arbeitgeber als Beleg zum Lohnkonto zu nehmen.

2.1.2. Zertifizierte Präventionskurse des Arbeitgebers

12Für Leistungen, die der Arbeitgeber gewährt zur individuellen verhaltensbezogenen Leistungen durch eine Krankenkasse oder in ihrem Namen durch einen mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe beauftragten Dritten zertifiziert sind.

13Von der Steuerbefreiung umfasst sind auch Mitgliedsbeiträge an Sportvereine, Fitness-Studios und ähnliche Einrichtungen, wenn die Teilnahme an den nach § 20 Abs. 2 S. 2 SGB V zertifizierten Kursen zwingend eine Mitgliedschaft voraussetzt und die Kosten der Kurse über die Mitgliedsbeiträge abgerechnet und durch Bescheinigungen nachgewiesen werden.

14Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Leistung auf Veranlassung des Arbeitgebers zertifiziert wurde oder ob der Arbeitgeber eine bereits zertifizierte Leistung einkauft und seinen Arbeitnehmern anbietet. Im Fall des Einkaufs einer bereits zertifizierten Leistung ist allerdings erforderlich, dass

  • der beim Arbeitgeber durchgeführte Kurs mit dem zertifizierten Kurs inhaltlich identisch ist,

  • das Zertifikat auf den Kursleiter ausgestellt ist, der den Kurs beim Arbeitgeber durchführt, und

  • das Zertifikat bei Kursbeginn noch gültig ist.

15Das Zertifikat und die Teilnahmebescheinigung (Muster in Anlage 1 u. 2, s. BeckVerw 478673) sind vom Arbeitgeber als Beleg zum Lohnkonto zu nehmen.

2.2. Nicht zertifizierte Präventionskurse des Arbeitgebers

16Damit nicht zertifizierte Präventionskurse nach § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei sind, müssen sowohl der Kurs als auch die Qualifikation des Kursleiters den Anforderungen der §§ 20 und 20 b SGB V genügen.

17Der Präventionskurs genügt jedenfalls dann den Anforderungen der §§ 20 und 20 b SGB V, wenn er inhaltlich mit einem bereits zertifizierten und geprüften Kurskonzept eines Fachverbands oder einer anderen Organisation (zB Kursinhalt „Rücken-Fit“) identisch ist. Der Kursleiter hat das von ihm genutzte zertifizierte Kurskonzept zu benennen und schriftlich zu bestätigen, dass der angebotene Präventionskurs entsprechend den vorgegebenen Stundenverlaufsplänen durchgeführt wird.

18Zum Nachweis der Qualifikation hat der Kursleiter schriftlich zu versichern, dass seine Qualifikation den Kriterien des GKV-Spitzenverbandes zur Zertifizierung von Kursangeboten in der individuellen verhaltensbezogenen Prävention entspricht.

19Die Erklärung des Kursleiters zum verwendeten Kurskonzept und zu seiner Qualifikation sind als Beleg zum Lohnkonto zu nehmen.

2.3. Leistungen betrieblicher Gesundheitsförderung im Handlungsfeld „gesundheitsförderlicher Arbeits- und Lebensstil“

20Leistungen der betrieblichen Gesundheitsförderung des Arbeitgebers werden von der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 34 EStG erfasst, wenn die Leistungen Bestandteil eines betrieblichen Gesundheitsförderungsprozesses sind und im Handlungsfeld „gesundheitsförderlicher Arbeits- und Lebensstil“ erbracht werden.

21Die Leistungen müssen im Rahmen eines strukturierten innerbetrieblichen Prozesses (zB gesteuert durch ein internes betriebliches Gremium) mit Analyse des Bedarfs (zB durch Befragung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Analyse des Krankenstandes, partizipative Methoden wie Gesundheitszirkel oder Zukunftswerkstätten oa) und unter Einbindung der Beschäftigten bzw. ihrer Vertretungen sowie – sofern vorhanden – der für Sicherheit und Gesundheit verantwortlichen Fachkräfte im Betrieb (zB Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte) erbracht werden. Sie werden insbesondere in Form von Kursen bzw. Vorträgen in Gruppen durchgeführt.

22Die Steuerfreiheit gilt für die im GKV-Leitfaden Prävention beschriebenen persönlich zuordenbaren Leistungen im Handlungsfeld „gesundheitsförderlicher Arbeits- und Lebensstil“ mit den Präventionsprinzipien „Stressbewältigung und Ressourcenstärkung“, „Bewegungsförderliches Arbeiten und körperlich aktive Beschäftigte“, „Gesundheitsgerechte Ernährung im Arbeitsalltag“ sowie „Verhaltensbezogene Suchtprävention im Betrieb“. In der nachfolgenden Aufstellung sind den Präventionsprinzipien beispielhaft mögliche Inhalte zugeordnet:

23Stressbewältigung und Ressourcenstärkung

  • Sensibilisierung und Information zu durch Stress bedingten Gesundheitsproblemen und ihrer Verhütung

  • Vermittlung und praktische Einübung von Selbstmanagement-Kompetenzen in Bereichen wie systematisches Problemlösen, Zeitmanagement und persönliche Arbeitsorganisation

  • Vermittlung von Methoden zur Ressourcenstärkung, insbesondere kognitive Umstrukturierung zur Einstellungsänderung, positive Selbstinstruktion, Stärkung der Achtsamkeit, Resilienz, Balance von Berufs- und Privatleben sowie deren praktische Einübung

  • Vermittlung und praktische Einübung von Entspannungsverfahren wie zB Autogenes Training und Progressive Relaxation, Hatha Yoga, Tai Chi und Qigong

  • Vermittlung von Selbstbehauptungs- und sozialkommunikativen Kompetenzen

  • Anleitungen für Übungen außerhalb der Trainingssitzungen

24Bewegungsförderliches Arbeiten und körperlich aktive Beschäftigte

  • Sensibilisierung und Information zu durch Bewegungsmangel und körperliche Fehlbelastungen bedingten Gesundheitsproblemen und ihrer Verhütung

  • Angeleitete Gesundheitssportangebote zur Reduzierung von Bewegungsmangel: Vermittlung von Wissen und Aufbau von Handlungskompetenzen zur Vorbeugung von bewegungsmangelbedingten und durch Fehlbeanspruchungen induzierten Beschwerden und Erkrankungen (zB Pausengymnastik, Ausgleichsgymnastik, Krafttraining mit bis zu 50 % Geräteeinsatz; Ausdauertraining auch im Wasser, Lauftreff)

  • Anleitung zur Bewältigung von Schmerzen und Beschwerden im Bereich des Muskel- und Skelettsystems (zB Rückenschule, Muskelaufbautraining auch mit bis zu 50 % Geräteeinsatz)

25Gesundheitsgerechte Ernährung im Arbeitsalltag

  • Sensibilisierung und Information für einen gesundheitsgerechten Ernährungsstil, auch durch Erstellung individueller Gesundheitsprofile (zB Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen, Metabolisches Syndrom)

  • Gruppen- und Einzelberatungen zur Vermeidung/Reduzierung von Übergewicht sowie von Mangel- und Fehlernährung

  • Gruppenangebote zur gesunden Ernährung mit Beratung und Anleitung (zB Informationen zu Inhaltsstoffen, praktischen Übungen, Kochen)

  • Unentgeltliche oder verbilligte Abgabe gesunder Mahlzeiten in einer Betriebskantine, wenn durch ein Gutachten oÄ eines

Sozialversicherungsträgers bestätigt wird, dass die Maßnahme unter §§ 20, 20 b SGB V fällt

26Verhaltensbezogene Suchtprävention im Betrieb

  • Sensibilisierung und Information zu Suchtgefahren und ihrer Verhütung

  • Beratungen/Kurse zur Tabakentwöhnung, zum gesundheitsgerechten Alkoholkonsum sowie zu weiteren Suchtformen

27Die Leistungen nach Tz 2.3 können auf dem Betriebsgelände oder in einer geeigneten Einrichtung (zB Fitness-Studio, Sportverein, Praxisräume freiberuflicher Fachkräfte) außerhalb des Betriebsgeländes erbracht werden.

28Der Arbeitgeber hat die Teilnahmebescheinigung (Muster in Anlage 2, s. BeckVerw 478673) und eine Erklärung als Beleg zum Lohnkonto zu nehmen, wonach die Maßnahme im Rahmen eines strukturierten innerbetrieblichen Prozesses mit einer Bedarfsanalyse und unter Einbindung der für Sicherheit und Gesundheit verantwortlichen Stellen und der Beschäftigten bzw. ihrer gesetzlichen Vertretung umgesetzt wurde (Muster in Anlage 3, s. BeckVerw 478673). In diesen Fällen ist eine Zertifizierung der Leistung für Zwecke der Steuerbefreiung nicht erforderlich.

29Wenn der Arbeitgeber bei der betrieblichen Gesundheitsförderung von einer gesetzlichen Krankenkasse unterstützt wird und die Leistung des Arbeitgebers Bestandteil dieser betrieblichen Gesundheitsförderung ist, kann anstelle der Erklärung des Arbeitgebers auch eine Bescheinigung der Krankenkasse über die erfolgte Unterstützung zum Lohnkonto genommen werden.

30Abweichend von Rn. 28 und 29 genügt bei Vorträgen zum Handlungsfeld „gesundheitlicher Arbeits- und Lebensstil“ eine vom Arbeitgeber zu führende Anwesenheitsliste, aus der sich zudem der wesentliche Inhalt des Vortrags ergibt.

3. Bewertung der Leistungen und Zufluss

31Die Leistungen des Arbeitgebers (zertifizierte und nicht zertifizierte Präventionskurse sowie Leistungen der betrieblichen Gesundheitsförderung im Handlungsfeld „gesundheitsförderlicher Lebens- und Arbeitsstil“) sind grds. mit den um übliche Preisnachlässe geminderten Endpreisen am Abgabeort anzusetzen (§ 8 Abs. 2 S. 1 EStG). Zuzahlungen des Arbeitnehmers sind auf den Endpreis anzurechnen.

32Es bestehen grds. keine Bedenken, wenn die Leistungen des Arbeitgebers aus Vereinfachungsgründen mit den tatsächlichen Aufwendungen des Arbeitgebers bewertet werden. Die Aufwendungen sind zu gleichen Teilen auf alle am Präventionskurs teilnehmenden oder beim Vortrag anwesenden Arbeitnehmer aufzuteilen.

33Die Leistungen des Arbeitgebers fließen dem Arbeitnehmer mit Beginn des Präventionskurses oder Vortrags zu.

4. Leistungen, die nicht nach § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei sind

34Nicht unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 34 EStG fallen insbesondere

  • Mitgliedsbeiträge in Sportvereinen, Fitness-Studios und ähnlichen Einrichtungen (vgl. aber Rn. 13)

  • Maßnahmen ausschließlich zum Erlernen einer Sportart

  • Trainingsprogramme mit einseitigen körperlichen Belastungen (zB Training nur der unteren Extremitäten wie bspw. Spinning)

  • Physiotherapeutische Behandlungen

  • Massagen

  • Screenings (Gesundheitsuntersuchungen, Vorsorgeuntersuchungen) ohne Verknüpfung mit Interventionen aus den Handlungsfeldern der betrieblichen Gesundheitsförderung der Krankenkassen

  • Maßnahmen von Anbietern, die ein wirtschaftliches Interesse am Verkauf von Begleitprodukten (zB Diäten, Nahrungsergänzungsmitteln) haben

  • Maßnahmen, bei denen der Einsatz von Medikamenten zur Gewichtsabnahme, Formula-Diäten (Nahrungsersatz- oder -ergänzungsmitteln) sowie extrem kalorienreduzierter Kost propagiert wird

  • Aufwendungen für Arbeitsmittel, Sport- und Übungsgeräte, Einrichtungsgegenstände und bauliche Maßnahmen (vgl. aber Rn. 37)

  • Zuschüsse zur Kantinenverpflegung

5. Im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse liegende Arbeitgeber-Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung

35Losgelöst von der Regelung des § 3 Nr. 34 EStG sind Leistungen des Arbeitgebers zur betrieblichen Gesundheitsförderung steuerfrei, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erfolgen und daher nicht als Arbeitslohn anzusehen sind.

36Vorteile sind dann nicht als Arbeitslohn anzusehen, wenn sie sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen. Vorteile besitzen danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann (vgl. , BStBl 2019 II S. 785, DStR 2019, 1742).

37Leistungen aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse sind danach zB:

  • Leistungen zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen (zB Bereitstellung von Aufenthalts- und Erholungsräumen, Duschanlagen)

  • Aufwendungen für Sport- und Übungsgeräte, Einrichtungsgegenstände und bauliche Maßnahmen (zB betriebseigener Fitnessraum)

  • Leistungen zur Förderung von Mannschaftssportarten durch Zuschüsse – auch an Betriebssportgemeinschaften- oder Bereitstellung einer Sporthalle/eines Sportplatzes ohne Individualsportarten (zB Tennis, Squash und Golf)

  • Maßnahmen zur Vorbeugung spezifisch berufsbedingter Beeinträchtigungen der Gesundheit (durch medizinische Gutachten belegt)

  • Arbeitsplatzausstattung (zB höherverstellbarer Schreibtisch)

  • Qualifizierung/Fortbildung von Beschäftigten zu innerbetrieblichen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in Fragen betrieblicher Gesundheitsförderung

  • Analyseleistungen (zB Arbeitsunfähigkeits-, Arbeitssituations- und Altersstrukturanalysen, Befragungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Workshops zur Bedarfsfeststellung)

Beratung von betrieblich Verantwortlichen zur gesundheitsförderlichen Gestaltung von Arbeitstätigkeiten und -bedingungen, zum gesundheitsgerechten Führungsverhalten sowie zur gesundheitsförderlichen Gestaltung betrieblicher Rahmenbedingungen in Abstimmung mit den Vertreterinnen und Vertretern des Arbeitsschutzes

  • Beratung der betrieblich Verantwortlichen zur Ziel- und Konzeptentwicklung sowie zu allen Themen der Beschäftigtengesundheit einschließlich Unterstützungsmöglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und Umgang mit Diversität

  • Beratung einzelner Beschäftigter oder Gruppen bei individuellen Problemen mit Bezug zum Arbeitsplatz oder Auswirkungen auf die individuelle Leistung am Arbeitsplatz (zB Mediation, psychologische Beratung durch Fachpersonal)

  • Maßnahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM)

  • Aufbau eines Projektmanagements

  • Moderation von Arbeitsgruppen

  • Interne Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit (zB Veranstaltungen zur Gesundheitsförderung, Arbeitsplatz- und Arbeitsablaufgestaltung)

  • Dokumentation, Evaluation und Qualitätssicherung

  • Bildschirmarbeitsplatzbrille auf ärztliche Verordnung, um eine ausreichende Sehfähigkeit in den Entfernungsbereichen des Bildschirmarbeitsplatzes zu gewährleisten; liegt eine ärztliche Verordnung nicht vor, findet § 3 Nr. 34 EStG Anwendung

  • Schutzimpfungen, es sei denn, es liegt ein offensichtlich privates Interesse vor

38Ob Maßnahmen des Arbeitgebers aufgrund von Gesetzen mit Bezug zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (zB Arbeitsschutzgesetz) im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt werden, ist ebenfalls anhand der Grundsätze in Rn. 36 zu entscheiden.

6. Unterstützungsmöglichkeiten durch Krankenkassen

39Die gesetzlichen Krankenkassen bieten interessierten Betrieben auf der Grundlage von § 20b SGB V in der betrieblichen Gesundheitsförderung Unterstützung an. Die Kontaktaufnahme durch den Betrieb kann bei jeder Krankenkasse, bei der ein Teil der Beschäftigten versichert ist, oder über die gemeinsame BGF-Koordinierungsstelle der Krankenkassen (www.bgf-koordinierungsstelle.de) im jeweiligen Bundesland erfolgen.

40Die möglichen Leistungen von Krankenkassen in der betrieblichen Gesundheitsförderung werden im GKV-Leitfaden Prävention des GKV-Spitzenverbandes beschrieben (www.gkv-Spitzenverband.de > Krankenversicherung > Prävention, Selbsthilfe, Beratung > Prävention und betriebliche Gesundheitsförderung > Leitfaden Prävention).

41Betriebliche Gesundheitsförderung bildet hiernach einen Prozess mit den Schritten „Vorbereitung“, „Nutzung/Aufbau von Strukturen“, „Analyse“, „Maßnahmenplanung“, „Umsetzung“ und „Evaluation“ unter Einbindung der Beschäftigten und der Verantwortlichen für den Betrieb einschließlich der Betriebsärzte und der Fachkräfte für Arbeitssicherheit.

42Leistungen von Krankenkassen in der betrieblichen Gesundheitsförderung nach § 20b SGB V werden gemäß GKV-Leitfaden Prävention nicht individuumsbezogen abgerechnet. Sie stehen bedarfsbezogen allen Beschäftigten eines Betriebes offen.

43Krankenkassen beraten und unterstützen Betriebe in der betrieblichen Gesundheitsförderung zeitlich befristet iS einer Hilfe zur Selbsthilfe und streben eine Verzahnung der von ihnen selbst erbrachten Maßnahmen mit den von Arbeitgebern geförderten Maßnahmen in der Prävention und Gesundheitsförderung gemäß § 3 Nr. 34 EStG an.

Anlage 1: Muster Zertifikat Datei öffnen

Anlage 2: Musterformular für von der Zentralen Prüfstelle Prävention zertifizierte Kurse der verhaltensbezogenen Prävention Datei öffnen

Anlage 3: Musteraufstellung der im Rahmen Betrieblicher Gesundheitsförderung durchgeführten Maßnahmen zur Vorlage beim Finanzamt im Kalenderjahr Datei öffnen

OFD Karlsruhe v. - S 2342/135-St 142

Fundstelle(n):
EStB 2020 S. 395 Nr. 10
LAAAH-61299