Online-Nachricht - Donnerstag, 15.10.2020

Einkommensteuer | Tarif für Zinseinkünfte einer nahe stehenden Person (BFH)

§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG ist kein Auffangtatbestand für den Ausschluss von Kapitalerträgen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG aus dem gesonderten Tarif (§ 32d Abs. 1 EStG), wenn die Voraussetzungen des Ausschlussgrundes gem. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG nicht erfüllt sind (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin und der Kläger sind verheiratet. Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der S GmbH, der Kläger war alleiniger Geschäftsführer dieser Gesellschaft. Zwischen dem Geschäftsführer und der S GmbH wurden verschiedene Darlehensverträge abgeschlossen, die jeweils vom Kläger als Darlehensgeber und als Geschäftsführer der S GmbH unterschrieben wurden. Der Kläger war von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Die Darlehen wurden mit 7,8 % und 5,646 % verzinst.

Die Beteiligten streiten darüber, ob Zinseinkünfte, die dem Kläger im Streitjahr 2014 zugeflossen sind, im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer dem gesonderten Tarif gem. § 32d Abs. 1 EStG unterliegen.

Das (Entscheidung wurde nicht veröffentlicht) stellte fest, dass die S-GmbH Darlehen zu vergleichbaren Konditionen von einem fremden Dritten nicht erhalten hätte. Sie hätte allerdings die Kontokorrentlinie bei ihrer Hausbank zu einem Zinssatz in Höhe von 8 % nutzen können. Das FG sah die Regelung in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG als nicht erfüllt an. Der Kläger sei keine der Klägerin als Anteilseignerin der S GmbH nahe stehende Person im Sinne der Vorschrift. Das FG gelangte jedoch zu dem Ergebnis, dass der Kläger eine der S GmbH nahe stehende Person i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG sei.

Die Revision der Kläger hatte vor dem BFH Erfolg:

  • Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die dem Kläger im Streitjahr zugeflossenen Zinsen Kapitalerträge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG und kein Arbeitslohn sind.

  • In den Zinszahlungen ist auch keine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) der S GmbH an die Klägerin zu sehen. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer hätte die mit dem Kläger abgeschlossenen Darlehensverträge unter diesen Umständen auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen. Zudem beruhten die Zinszahlungen auf klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Darlehensverträgen der S GmbH mit dem Kläger.

  • Ein Ausschluss der vom Kläger erzielten Zinseinkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG aus dem gesonderten Tarif (§ 32d Abs. 1 EStG) kann im Streitfall weder auf § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG noch - wie vom FG zu Unrecht angenommen - auf § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG gestützt werden.

  • Der Tatbestand des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG ist ein speziell für Vergütungen, die u.a. von einer Kapitalgesellschaft (hier: der S GmbH) an einen Anteilseigner oder an eine diesem nahe stehende Person gezahlt werden, geschaffener Ausschlusstatbestand. Er ist abschließend. Sind die Voraussetzungen der Regelung nicht erfüllt, kommt ein Rückgriff auf den Ausschlusstatbestand gem. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG weder für Vergütungen aus einem Darlehen des Anteilseigners noch einer nahe stehenden Person an die Kapitalgesellschaft in Betracht (vgl. Rz. 134, 135; :017).

Quelle: ; NWB Datenbak (JT)

Fundstelle(n):
NWB WAAAH-61145