Online-Nachricht - Donnerstag, 15.10.2020

Umsatzsteuer | Vorsteuerabzug für Edelmetalllieferungen bei unklaren Geschäftsbeziehungen (FG)

Die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug sind darzulegen. Bestehen Zweifel daran, dass Lieferungen tatsächlich vom Rechnungsaussteller ausgeführt worden sind und ist die Einbindung in einen Umsatzsteuerbetrug erkennbar, ist insoweit ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen (; Revision anhängig, BFH-Az. XI R 19/20).

Sachverhalt: Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Der Kläger hatte zunächst einen Großhandel mit Schmuck, Textilien und Kosmetik neben seiner Angestelltentätigkeit in der Goldbranche und ab einen Großhandel mit Schmuck im Haupterwerb angemeldet. Er gab an, Altgold von vier Großlieferanten bezogen zu haben und machte aus den Gutschriften im Streitjahr 2010 Vorsteuern geltend. Bis August 2010 hatte der Kläger wöchentlich 30 bis 40 Kilogramm Altgold an die Scheideanstalt S-AG geliefert und an die Bank verkauft, die an der S-AG beteiligt war.

Sodann veränderten sich die Geschäftsbeziehungen. Auf Nachfrage des Klägers riet ihm die Creditreform von Geschäften mit einigen Partnern ab. Der Kläger führte diese dennoch fort, erhielt nach seinen Angaben eine Gewinnmarge von ca. 0,5 % des für die Transaktionen erzielten Preises und die ihm in Rechnung gestellten Scheidekosten von seinen Lieferanten. Er habe kein Risiko gesehen, da ihm das Altgold in seine betrieblichen Räume geliefert und von ihm verarbeitet worden sei.

Die Bank erstattete im August 2010 eine Geldwäscheverdachtsanzeige an das LKA Baden-Württemberg. Ein Strafverfahren gegen den Kläger wurde eingeleitet und zwischenzeitlich eingestellt. Die Steuerfahndung gelangte zu dem Ergebnis, die vom Kläger erklärten Vorsteuerbeträge seien nicht abziehbar. Dieser sei insoweit kein Unternehmer und zudem nur „Schein-Eigentümer“ der angelieferten Waren gewesen. Die in den Gutschriften genannten Leistenden seien nicht die tatsächlichen Lieferer. Es fehle insoweit an einem Leistungsaustausch. Rechnungen bzw. Gutschriften seien formell mangelhaft. Daraufhin kürzte das beklagte Finanzamt die Vorsteuerbeträge und setzte unberechtigt ausgewiesene Steuerbeträge nach § 14c UStG fest.

Die hiergegen gerichtete Klage (Az. 1 K 2497/14) ruhte zunächst wegen anderer anhängiger Verfahren und wurde mit Urteil v. - 1 K 2037/18 überwiegend abgewiesen (s. hierzu Gehm, ). Nach einer Nichtzulassungsbeschwerde wies der BFH die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück ( s. hierzu Diemer, IWB 21/2019 S. 837).

Das FG wies die Klage im Wesentlichen erneut ab:

  • Es kann offen bleiben, ob der Kläger alle Edelmetalllieferungen tatsächlich ausgeführt hat. Entweder schuldet er die Umsatzsteuer als der die Lieferung ausführender Unternehmer oder weil er Umsatzsteuer zu Unrecht ausgewiesen hat.

  • Das FG ist davon überzeugt, dass der Kläger im Streitjahr Unternehmer gewesen ist und (teilweise) Umsätze tatsächlich ausgeführt hat. Die vom Finanzamt angesetzten Umsätze sind jedoch nicht nachvollziehbar. Infolgedessen hat das FG die Bemessungsgrundlage neu berechnet.

  • Der vom Kläger begehrten Vorsteuerabzug ist jedoch nicht zu gewähren: Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass alle abgerechneten Lieferungen von den genannten Firmen tatsächlich ausgeführt worden sind.

  • Bei einer Vielzahl der Lieferungen bestehen Zweifel daran, dass Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer identisch sind. Eine Identität ist jedoch Voraussetzung für einen Vorsteuerabzug.

  • Obliegt dem Kläger hierfür die objektive Beweislast (Feststellungslast), trägt er die steuerlichen Nachteile, wenn ihm der Nachweis nicht gelingt.

  • Hinzu kommt, dass einige Rechnungen formelle Mängel aufgewiesen haben und bereits deshalb ein Vorsteuerabzug ausscheidet. So ist zum Teil nicht der vollständige Name des Leistenden angegeben worden und der Kläger hat auch keine weiteren Informationen, z.B. Vertragsunterlagen, vorgelegt, aus denen sich dieser ergibt.

  • Selbst wenn tatsächlich Lieferungen an den Kläger erfolgt sein sollten, sind Vorsteuerbeträge nicht zu gewähren: Nach den Gesamtumständen des Falles hätte der Kläger wissen müssen, dass die betreffenden Umsätze in einen Mehrwertsteuerbetrug eingebunden gewesen sind.

  • Der Kläger hat die gebotene Sorgfalt eines Unternehmers in grobem Ausmaß außer Acht gelassen. Er hat die erheblichen Umsatzsteigerungen, die große Entfernung der Betriebsstätten sowie die Auskünfte der Creditreform ignoriert. Diese haben Anlass für weitere Erkundigungen gegenüber den (angeblichen) Vorlieferanten über die Herkunft der Edelmetalle gegeben.

  • Hinzu kommt, dass ein angeblicher Vorlieferant nach seinem Geschäftszweck nicht einmal im Edelmetallgeschäft tätig gewesen ist, Edelmetallmengen ohne jegliche Sicherheiten angeliefert worden sind und nur der Kläger - ohne Vertragsunterlagen seiner Geschäftspartner- die Scheideanstalt aufgesucht und Zahlungen über die Bank veranlasst hat. Dennoch hat der Kläger keine weiteren Auskünfte eingeholt, sondern darüber hinaus noch unrichtige Angaben gegenüber der Bank gemacht.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB CAAAH-61143