Steuern mobil Nr. 11 vom

Track 03-04 | Gewerbesteuer: Vorweggenommene Betriebsausgaben als Stolperfalle

Track 03 | Vorweggenommene Betriebsausgaben_1 Track 04 | Vorweggenommene Betriebsausgaben_2 und weitere...

Anders als bei der ESt sind bei der GewSt vorbereitende Betriebsausgaben, die in der Zeit vor Betriebseröffnung und vor Beginn der sachlichen Steuerpflicht entstehen, nicht vom Gewerbeertrag abzuziehen. Auf den Zahlungszeitpunkt kommt es dabei unabhängig von der Art der Gewinnermittlung nicht an. Aus gewerbesteuerlicher Sicht ist es daher sinnvoll, den Beginn des Gewerbebetriebs möglichst weit nach vorne zu ziehen, um alle anfallenden Kosten geltend machen zu können.

Eine Verwaltungsanweisung des Landesamtes für Steuern aus Niedersachsen [1] möchten wir zum Anlass nehmen, um eine Stolperfalle bei der Gewerbesteuer in Erinnerung zu rufen. Es geht darum, dass ein Abzug vorweggenommener Betriebsausgaben nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Anders als gewohnt, unterscheidet sich hier die steuerliche Beurteilung bei der Einkommensteuer einerseits und bei der Gewerbesteuer andererseits. [2]

Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind – so sagt es § 4 Abs. 4 EStG. Da die Aufwendungen durch den Betrieb nur veranlasst sein müssen, sind auch vorweggenommene und sogar vergebliche Betriebsausgaben einkommensteuerlich zu berücksichtigen. Es bestehen zwar erhöhte Anforderungen, um die Veranlassung der Aufwendungen durch den Betrieb nachzuweisen. Bei einer ordentlichen Dokumentation – wieso, weshalb, warum – ist dies jedoch in der Regel kein Problem.

Existenzgründer gehen regelmäßig davon aus: Das einkommensteuerliche Ergebnis ist auf die Gewerbesteuer zu übertragen. Schließlich ergibt sich der Gewerbeertrag aus dem Gewinn, der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes zu ermitteln ist. Hier droht jedoch – wie Sie wissen – eine Falle.

Anders als bei der Einkommensteuer sind bei der Gewerbesteuer vorbereitende Betriebsausgaben, die in der Zeit vor der Betriebseröffnung und vor dem Beginn der sachlichen Steuerpflicht entstehen, nicht vom Gewerbeertrag abzuziehen. Es dürfen nur die Kosten berücksichtigt werden, die durch einen bereits in Gang gesetzten Gewerbebetrieb veranlasst sind. Dieser Unterschied gegenüber der einkommensteuerlichen Behandlung beruht auf dem Objektcharakter der Gewerbesteuer. [3]

Der entscheidende Zeitpunkt ist der Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht, also dann, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs vorliegen. Erst ab diesem Zeitpunkt sind Gewerbeerträge zu ermitteln. Wichtig ist dabei, dass es – unabhängig von der Art der Gewinnermittlung – nicht auf den Zeitpunkt der Zahlung ankommt, sondern auf die Entstehung der Aufwendungen. Es bleibt also auch dann dabei, dass die vor der Betriebseröffnung entstandenen Kosten nicht abzugsfähig sind, wenn diese erst danach bezahlt werden.

Das Problem tritt häufig auf bei Anwalts- und Beratungskosten, bei Marketingkosten, bei Telefon- und Reisekosten, bei Schulungskosten für Mitarbeiter und natürlich auch bei Mieten für noch nicht betriebsbereite Geschäftsräume.

Aus gewerbesteuerlicher Sicht ist es sinnvoll, den Beginn des Gewerbebetriebs möglichst weit nach vorne zu ziehen, um alle anfallenden Aufwendungen geltend machen zu können. Dies gilt nicht nur bei Existenzgründungen, sondern bspw. auch im Zusammenhang mit Umwandlungen.

Bei Einzelgewerbetreibenden und bei Personengesellschaften beginnt die Gewerbesteuerpflicht in dem Zeitpunkt, in dem erstmals alle Voraussetzungen erfüllt sind, die zur Annahme eines Gewerbebetriebs erforderlich sind. Bloße Vorbereitungshandlungen genügen nicht. Die Anmietung eines Geschäftslokals reicht daher ebenso wenig wie die Errichtung eines Fabrikgebäudes. Auch der Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister ist ohne Bedeutung für den Beginn der Gewerbesteuerpflicht. Maßgeblich ist allein die Aufnahme der werbenden Tätigkeit. Typische Beispiele hierfür sind die Eröffnung eines Geschäftslokals und die Aufnahme von Kundenbesuchen.

Wie das Landesamt für Steuern aus Hannover in seiner Verfügung berichtet, wird die gewerbesteuerliche Problematik vom Risikomanagementsystem der Finanzverwaltung aufgegriffen. Zumindest in Niedersachsen wird immer dann ein Hinweis ausgegeben, wenn ein Verlust im ersten Jahr den Betrag von 30.000 € überschreitet. Eine automatische Veranlagung ist dann nicht möglich. Der Sachbearbeiter muss sich den Fall ansehen. Diese relativ hohe Nichtaufgriffsgrenze verdeutlicht, dass die Finanzämter in der Praxis bei üblichen Beträgen für Beratung, Visitenkarten und Werbung nicht kleinlich sind.

Fallen die Vorbereitungshandlungen und die Aufnahme der werbenden Tätigkeit in denselben Erhebungszeitraum, fordert das Landesamt die Finanzbeamten auf, die Umsatzsteuer-Voranmeldung zur Abgrenzung heranzuziehen. Wenn in den ersten Voranmeldungszeiträumen nur Vorsteuern angemeldet worden sind, sei dies ein Indiz für Anlaufverluste, die bei der Gewerbesteuer nicht zu berücksichtigen sind.

Die Gelegenheit ist günstig, Sie an dieser Stelle auf ein neu anhängiges BFH-Verfahren zum Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht hinzuweisen.

Der IV. Senat des BFH [4] muss klären: Beginnt die sachliche Gewerbesteuerpflicht eines gewerblichen Grundstückshändlers frühestens mit dem Abschluss des Kaufvertrags über den Erwerb des ersten Grundstücks?

Oder beginnt die sachliche Gewerbesteuerpflicht bereits mit den Vorbereitungshandlungen, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb stehen? Typische Beispiele wären die Einschaltung eines Maklers, Besichtigungstermine und Vertragsverhandlungen und die Beauftragung des Notars, damit dieser einen Entwurf des Kaufvertrags fertigen kann.

Die Aufwendungen, die zu den Anschaffungskosten der Immobilie gehören, werden natürlich stets auch bei der Gewerbesteuer berücksichtigt. Außen vor bleiben können aber bspw. Beratungs- und Finanzierungskosten.

Fundstelle(n):
Steuern mobil 11/2020
NWB BAAAH-60462