Online-Nachricht - Mittwoch, 07.10.2020

Gesetzgebung | Aktionsplan zur Bekämpfung von Bilanzbetrug (BMF)

Vor dem Hintergrund des Wirecard-Skandals hat das BMF am den Aktionsplan der Bundesregierung zur Bekämpfung von Bilanzbetrug und zur Stärkung der Kontrolle über Kapital- und Finanzmärkte im Kabinett vorgestellt, der gemeinsam mit dem BMJV erarbeitet worden ist. Nun soll sehr zügig ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, um das Bilanzkontrollverfahren grundlegend zu reformieren und weitere wichtige Reformen umzusetzen.

Die geplanten Maßnahmen:

Bilanzkontrolle grundlegend reformieren

Die Durchgriffsrechte der BaFin gegenüber den betroffenen Unternehmen sollen gestärkt werden. Künftig sollen alle Anlass- und Verdachtsprüfungen in die alleinige Zuständigkeit der BaFin fallen. Die Verdachts- und Anlassprüfungen der BaFin werden von den betroffenen Unternehmen finanziert.

Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungsprüfung (DPR) soll zwar weiterhin für Stichproben- bzw. Routineprüfungen verantwortlich sein. Die BaFin bekommt jedoch umfangreiche Auskunftsrechte gegenüber der DPR und die DPR muss die BaFin regelmäßig unterrichten.

Arbeit von Wirtschaftsprüfern verbessern

Die Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfer von ihren Klienten und die Qualität der Prüfung soll gestärkt werden, damit sich Anleger, Verbraucher und alle anderen Marktteilnehmer auf geprüfte Bilanzen und Jahresabschlüsse verlassen können. Dafür sollen drei Hebel sorgen:

  1. Rotationspflicht: Wirtschaftsprüfer sollten mindestens alle zehn Jahre wechseln müssen, um nicht betriebsblind zu werden. Für börsennotierte Banken gilt dies schon heute.

  2. Prüfung und Beratung trennen: Ein weitreichendes Verbot der gleichzeitigen Prüfung und Beratung von Unternehmen soll finanzielle und andere Interessenkonflikte vermeiden.

  3. Haftung verschärfen: Um die Qualität der Abschlussprüfungen zu erhöhen, soll die zivilrechtliche Haftung von Wirtschaftsprüfern verschärft werden. Künftig sollen Abschlussprüfer auch in Fällen grober Fahrlässigkeit unbeschränkt haften. Die Haftungshöchstgrenze bei leicht fahrlässigem Verhalten soll von derzeit maximal 4 Millionen auf künftig 20 Millionen Euro angehoben werden.

Unabhängigkeit interner Rechnungslegung stärken

Alle börsennotierten Unternehmen sollen künftig über ein angemessenes und wirksames internes Kontrollsystem und entsprechendes Risikomanagementsystem verfügen müssen. Zudem soll künftig in Aufsichtsräten von Gesellschaften, die sogenannte Unternehmen im öffentlichen Interesse sind, die Einrichtung von Prüfungsausschüssen vorgeschrieben werden.

Qualität von Börsenlistings erhöhen

Börsen sollen künftig Sanktionsmaßnahmen veröffentlichen und Emittenten bei Verstößen aus den Qualitätssegmenten der Börsen einfacher ausschließen können, z.B. im Insolvenzfall. Das soll die Qualität der Zulassung von Unternehmen zu den qualifizierten Marktsegmenten der Börse verbessern.

Verstöße gegen das Bilanzrecht schärfer bestrafen

Das Bilanzstraf- und Bilanzordnungswidrigkeitenrecht soll verschärft werden, um betrügerische Handlungen konsequent verfolgen und bestrafen zu können. Unrichtige Versicherung („Bilanzeid“) soll demnach zu einem eigenen Straftatbestand werden und mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bei vorsätzlich falschen Angaben bestraft werden können. Zudem sollen die Strafen in einigen weiteren Punkten verschärft und Bußgelder erhöht werden, beispielsweise bei leichtfertiger Verletzung der Berichtspflicht.

BaFin mit neuen internen Regeln stärken

Beschäftigten der BaFin soll der private Handel mit Finanzinstrumenten weitgehend untersagt werden, um etwaige Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der BaFin auszuräumen. Der private Handel von BaFin-Beschäftigten beispielsweise mit Aktien von DAX-Unternehmen oder von Banken aus der EU wäre damit tabu. Für Geschäfte mit allen anderen Finanzinstrumente besteht weiterhin eine Anzeigepflicht.

Mehr Kontrollbefugnisse für BaFin

Die BaFin soll unmittelbare Eingriffsbefugnisse gegenüber Unternehmen erhalten, auf die wesentliche Bankfunktionen ausgelagert werden. Dies ist eine im Finanzsektor weit verbreitete Praxis. Teilweise kann dies zu schwer identifizierbaren Risiken führen, die künftig besser von der BaFin identifiziert und kontrolliert werden können.

Anleger- und Verbraucherschutz stärken

Auch für Edelmetall- und Goldanlagen soll für Anleger künftig ein umfassender Prospekt erstellt werden müssen. Geschäftsmodelle, bei denen Edelmetalle angelegt und mit einer Verzinsung nach Ende der Laufzeit ausgekehrt werden, sind künftig als Vermögensanlage einzustufen. Somit unterfallen sie der Prospektpflicht und anderen anlegeschützenden Vorschriften. Die BaFin kann damit auch unlautere Praktiken effektiver unterbinden.

Financial Intelligence Unit (FIU) stärken

Bei der Verhinderung und Bekämpfung von Geldwäsche kommt der FIU als zentraler Meldestelle für Verdachtsmeldungen eine besondere Rolle zu. Sie soll nun auch in die Lage versetzt werden, ausgewählte steuerliche Grunddaten automatisiert abzurufen und so Geldwäsche noch effektiver zu verhindern und zu bekämpfen.

Hinweis:

Weitere Informationen zum Fall Wireard und seinen Konsequenzen hat das BMF auf seiner Homepage veröffentlicht.

Quelle: BMF online (il)

Fundstelle(n):
NWB CAAAH-60278