Online-Nachricht - Donnerstag, 01.10.2020

Außensteuergesetz | Hinzurechnungsbesteuerung im Drittstaatenfall (BFH)

Sind die Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß § 7 Abs. 1 AStG erfüllt, kommt der in § 7 Abs. 6 AStG enthaltenen Regelung über die Hinzurechnung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter keine selbständige Bedeutung mehr zu. Wirtschaftlich zusammengehörende Tätigkeiten sind einheitlich unter § 8 Abs. 1 AStG zu subsumieren (funktionale Betrachtungsweise). Abweichendes gilt nur für Einzeltätigkeiten mit einem erheblichen wirtschaftlichen Eigengewicht (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerinnen sind zwei GmbH´s, die in den Streitjahren an der Holding-Kft, einer ungarischen Kapitalgesellschaft, zu 0,0037 % (Klägerin zu 1.) bzw. zu 99,9963 % (Klägerin zu 2.) beteiligt waren. Die Holding-Kft nahm ihre Tätigkeit am auf. Im Streitzeitraum ermittelte sie ihre Einkünfte zunächst aufgrund eines kalendergleichen Wirtschaftsjahres (bis ), eines Rumpfwirtschaftsjahres ( bis ) und sodann aufgrund eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres jeweils zum 30.September. Das Wirtschaftsjahr der inländischen Beteiligten erstreckte sich ebenfalls vom 1.10. bis zum 30. September.

Die Holding-Kft hielt Ende 2004 Beteiligungen an dreizehn in Ungarn operativ tätigen Märkten, die jeweils in der Rechtsform einer Kft organisiert waren. Verbunden mit dem Halten der Beteiligungen war auch die Erbringung von zentralen Dienstleistungen gegenüber den ungarischen Tochtergesellschaften, die u.a. in Hilfeleistungen bei der Eröffnung und Expansion des ungarischen Unternehmens, Einkaufs- und Vertriebsberatung, Buchhaltung und Marketing bestanden.

In den Jahren 2000 bis 2003 erwirtschaftete die Holding-Kft den überwiegenden Teil ihrer Einkünfte im Zusammenhang mit der Vergabe von zahlreichen Darlehen an die Tochtergesellschaften. Die Darlehen wurden im Wesentlichen aus Eigenkapital sowie aus bei der Klägerin zu 2. aufgenommenen Krediten (re-)finanziert. Der allgemeine Körperschaftsteuersatz in Ungarn betrug bis 18 % und ab 16 %. Ungarn ist mit Wirkung zum der Europäischen Union (EU) beigetreten.

Das FA ging davon aus, dass die Holding-Kft mit der Erbringung von Dienstleistungen an die ungarischen Tochtergesellschaften eine aktive Tätigkeit i.S. des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AStG entfaltet habe. Dagegen sei die Darlehensvergabe an die ungarischen Tochtergesellschaften unter § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG zu subsumieren. Die dabei erwirtschafteten sogenannten passiven Einkünfte unterlägen der Hinzurechnungsbesteuerung. In den betreffenden Feststellungsjahren seien von den passiven Finanzerträgen jedoch geschätzte Anteile von 10.000 € (2001), 20.000 € (2002), 30.000 € (2003) und 40.000 € (2004) auszunehmen, da diese in funktionalem Zusammenhang mit der aktiven Tätigkeit stünden. Das FA stellte jeweils mit Bescheiden vom über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 18 AStG dieser Auffassung entsprechende Hinzurechnungsbeträge für die Wirtschaftsjahre 2000 bis 2003/Feststellungsjahre 2001 bis 2004 fest, die es den beiden Klägerinnen im Verhältnis ihrer Beteiligungsquoten zurechnete.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (zum erstinstanzlichen Urteil des s. Lieber, IWB 16/2015 S. 586).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Sind die Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß § 7 Abs. 1 AStG erfüllt, kommt der in § 7 Abs. 6 AStG enthaltenen Regelung über die Hinzurechnung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter keine selbständige Bedeutung mehr zu.

  • Wirtschaftlich zusammengehörende Tätigkeiten sind einheitlich unter § 8 Abs. 1 AStG zu subsumieren (funktionale Betrachtungsweise). Abweichendes gilt nur für Einzeltätigkeiten mit einem erheblichen wirtschaftlichen Eigengewicht.

  • Die Hinzurechnung von im Wirtschaftsjahr 2000 erzielten Zwischeneinkünften einer in Ungarn tätigen Zwischengesellschaft wird von der sog. Standstill-Klausel des Art. 57 Abs. 1 EG (jetzt: Art. 64 Abs. 1 AEUV) erfasst und verstößt daher nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Fortführung des Senatsurteils v. - I R 11/19).

  • Die Hinzurechnung von in den Wirtschaftsjahren 2001 bis 2003 erzielten Zwischeneinkünften einer solchen Gesellschaft verstößt gegen Unionsrecht (Fortführung des Senatsurteils v. - I R 11/19).

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB FAAAH-59779