Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion: Konkurrenzen zwischen dem Sich-Verschaffen und dem Gebrauchen einer gefälschten Kreditkarte, dem Herstellen mehrerer Falsifikate sowie dem Herstellen von Dubletten und deren Gebrauch
Gesetze: § 52 StGB, § 152a StGB, § 152b StGB
Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/12 KLs 8/17
Gründe
I.
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Fälschens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Betrug, sowie wegen Betrugs in drei Fällen und in einem weiteren Fall wegen versuchten Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt sowie Einziehungsentscheidungen getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat nach Teileinstellung und Verfahrensbeschränkungen den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
II.
2Die Verfahrensbeanstandung hat aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg.
III.
31. Soweit der Angeklagte in Fall 13 der Urteilsgründe wegen Betruges verurteilt worden ist, stellt der Senat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts aus prozessökonomischen Gründen gemäß § 154 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 StPO ein.
42. Zur Verfahrensvereinfachung nimmt der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts den Vorwurf des vollendeten Betrugs bzw. Computerbetrugs in den Fällen 1, 2, 3, 4, 5, 6a, 7 und 8 der Urteilsgründe von der Strafverfolgung aus (§ 154a Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO).
53. Die auf die Sachrüge erfolgte umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils führt unter Berücksichtigung der Verfahrensbeschränkungen und der Teileinstellung zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs.
6a) Die konkurrenzrechtliche Einordnung der Fälle 2, 3 und 15 als drei tatmehrheitlich begangene Delikte der Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
7Den Urteilsgründen lässt sich nicht ausreichend entnehmen, wie und durch wie viele Handlungen der Angeklagte die verwendeten Kreditkartenfalsifikate erlangt hat. Wenn sich - was im Hinblick auf die verwendeten Daten und den kurzen zeitlichen Abstand ihres Einsatzes naheliegt - der Angeklagte alle verwendeten Kreditkartenfälschungen in einem Akt verschafft hätte, wäre sein gesamtes Tathandeln lediglich als eine Tat im Rechtssinne zu bewerten, da das Sich-Verschaffen einer gefälschten Kreditkarte (als Vorbereitungsakt) mit dem Gebrauch (als Ausführungsakt) nur eine einzige Tat bildet, wenn der Täter die Karte in der Absicht erwirbt, diese alsbald einzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn er sich mehrere gefälschte Zahlungskarten in einem Vorbereitungsakt verschafft hat (Senat, Beschluss vom - 2 StR 516/04, NStZ 2005, 329; Beschluss vom - 2 StR 44/08, NStZ 2008, 568). Dann wären alle nachfolgenden Einsätze als Folgehandlungen des Sich-Verschaffens im Sinne einer deliktischen Einheit Teil einer Tat im Rechtssinne (Senat, Beschluss vom - 2 StR 243/10, StraFo 2010, 391). Ebenso würde das Herstellen der Falsifikate nur eine Tat im Sinne der §§ 152a, 152b StGB darstellen, wenn es jeweils in einem durchgehenden Arbeitsgang in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang erfolgt (, NStZ 2005, 566; Senat, Beschluss vom - 2 StR 91/11, NStZ-RR 2011, 367, 368). Werden Dubletten in der Absicht hergestellt, sie später zu gebrauchen, werden das Nachmachen und das Gebrauchen zu einer deliktischen Einheit verbunden.
8Da konkrete Feststellungen zur Erlangung der Kreditkartenfalsifikate nicht möglich erscheinen, ändert der Senat den Schuldspruch in den Fällen 2, 3 und 15 unter Berücksichtigung der vom Landgericht zutreffend getroffenen rechtlichen Einordnung als gewerbsmäßig auf tateinheitliche Begehung ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
9b) Der Schuldspruch wegen jeweils tateinheitlichen vollendeten Betruges in den Fällen 1, 4/5 und 6a/7/8 sowie wegen tateinheitlichen versuchten Betruges in den Fällen 9 bis 12 hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte im Fall 1 sowie in den Fällen 4 bis 12 jeweils unter fingiertem Namen im Internet Waren bestellt. Dabei nutzte er zur Zahlung entweder zuvor ausgespähte Konto- oder Kreditkartendaten Dritter (Fälle 5, 6a, 9, 10 und 13) oder PayPal-Konten, die zuvor unter Verwendung solcher ausgespähten Daten (Fälle 1, 4, 7, 8, 11 und 12) auf die Namen der Fiktivpersonen registriert worden waren. Für die Entgegennahme der Lieferungen war der Mitangeklagte G. zuständig, der sich entsprechend der Abrede mit dem Angeklagten dabei entweder gegenüber dem Paketzusteller jeweils als der Adressat ausgab oder die Pakete unter Vorlage eines falschen Passes und einer gefälschten Vollmacht des fingierten Adressaten von dem gesondert verfolgten O. in einem DHL-Paketshop abholen ließ.
11Die Strafkammer hat den Tatbestand eines Betruges jeweils dadurch als erfüllt angesehen, dass der Paketzusteller durch eine Täuschung des Mitangeklagten G. über seine Identität bzw. die Betreiberin des Paketshops durch eine Täuschung des von ihm mit der Abholung beauftragten O. dazu veranlasst wurden, die Pakete auszuhändigen. Dabei ist sie in den Fällen, in denen die Pakete übergeben wurden, von vollendeten Betrugstaten und im Übrigen von einem versuchten Betrug ausgegangen, wobei sie die (versuchte) gleichzeitige Abholung mehrerer Lieferungen im Paketshop (Fälle 4/5, 6a/7/8 und 9 bis 12) jeweils nur als eine Tat angesehen hat.
12Diese rechtliche Wertung begegnet bereits deshalb durchgreifenden Bedenken, da der eigentliche und für die rechtliche Bewertung entscheidende Bestellvorgang, für den der Angeklagte unberechtigt fremde Kreditkartendaten (Fälle 1, 4, 6a, 7, 8, 9, 11, 12) oder fremde IBAN-Daten (Fälle 5 und 10) verwendete, ausschließlich computergestützt abgewickelt wurde. Somit fehlt es an einer für die Annahme eines Betruges erforderlichen Täuschungshandlung gegenüber einer bestimmten Person.
13Die Feststellungen tragen jedoch - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausführt - eine Verurteilung wegen Computerbetrugs nach § 263a StGB, wobei sämtliche Taten im Verhältnis der Tatmehrheit stehen. Um jedwede Beschwer des Angeklagten auszuschließen, ändert der Senat im Hinblick auf die im Revisionsverfahren erfolgte Verfolgungsbeschränkung in den Fällen 1, 4, 5, 6a, 7 und 8 der Urteilsgründe und auf die bereits vom Landgericht vorgenommene Beschränkung in den Fällen 9 bis 12 der Urteilsgründe den Schuldspruch auf versuchten Computerbetrug in zehn Fällen ab. § 265 StPO steht hier ebenfalls nicht entgegen.
14c) Die Schuldspruchänderung entzieht dem Rechtsfolgenausspruch die Grundlage. Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
15d) Das Schreiben des Angeklagten vom hat der Senat zur Kenntnis genommen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:020720B2STR226.18.0
Fundstelle(n):
QAAAH-57668