BSG Urteil v. - B 6 KA 2/19 R

Instanzenzug: SG Marburg Az: S 12 KA 127/18 Urteil

Tatbestand

1Zwischen der klagenden Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) und dem beklagten Beschwerdeausschuss sind Honorarkürzungen aufgrund von Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Behandlungsweise sowie sachlich-rechnerischer Richtigstellungen im Quartal 3/2013 in Höhe von 472 077,27 Euro streitig.

2Der klagenden BAG gehörten im Quartal 3/2013 ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG-Chirurg), der zugleich zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen war, zwei Zahnärzte sowie im Juli 2013 ein weiterer Zahnarzt an. Sie beschäftigte in diesem Quartal sechs Zahnärzte mit insgesamt fünf Versorgungsaufträgen. Der MKG-Chirurg Dr. Dr. S rechnete zugleich Leistungen über die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) Hessen ab.

3Nach Auswahl zur Prüfung forderte die Prüfungsstelle bei der Klägerin vergeblich die ausführlichen schriftlichen Krankheits- und Befundberichte nach Nr 75 der Anlage Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen (Teil I) zur Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) (Ausführlicher schriftlicher Krankheits- und Befundbericht <einschließlich Angaben zur Anamnese, zu dem<n> Befund<en>, zur epikritischen Bewertung und gegebenenfalls zur Therapie; BEMA-Z Nr 7750; im Folgenden: Anlage zur GOÄ) zu den Behandlungsfällen, in denen allein diese Leistung, ggf mit Porto, abgerechnet wurde, an.

4Mit Bescheid vom strich die Prüfungsstelle in 1468 Fällen 1469 Leistungen nach Nr 75 Anlage zur GOÄ inklusive Portokosten in Höhe von 22 486,95 Euro und kürzte nach einer statistischen Vergleichsprüfung bezogen auf den Gesamtfallwert das Honorar der Klägerin für die konservierend-chirurgischen Leistungen im Quartal 3/2013 um 634 474,16 Euro (insgesamt 656 961,11 Euro; unter Berücksichtigung der Degressionsneuberechnung und des HVM-Einbehalts 466 308,09 Euro). Der Kürzung der konservierend-chirurgischen Leistungen lag - nach Absetzung der von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) vorgenommenen Kürzungen und Korrektur der Fallzahl um die Patienten, bei denen lediglich die Nr 75 Anlage zur GOÄ abgerechnet worden war - eine Gewichtung der Besetzung der BAG mit Zahnärzten und MKG-Chirurgen von 2,333 zu 1 zugrunde. Dabei beinhalteten die Fallwerte der MKG-Chirurgen neben hessischen Praxen auch Praxen aus Thüringen und dem Saarland, ohne dass dies offengelegt wurde. Zudem berücksichtigte die Statistik auch sog Mischpraxen, in denen neben MKG-Chirurgen auch (Allgemein-)Zahnärzte tätig waren. Dies ergab einen Vergleichswert für die Klägerin von 105 Punkten pro Fall. Die Prüfungsstelle kürzte das Honorar im Bereich der konservierend-chirurgischen Leistungen auf das 1,4-fache dieses Vergleichswerts. Zur Begründung führte die Prüfungsstelle aus, bereits in vergangenen Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren sei eine unwirtschaftliche Behandlungsweise der Klägerin festgestellt worden. Dass bisher keines der Verfahren rechtskräftig abgeschlossen worden sei, stehe der erneuten Durchführung einer statistischen Vergleichsprüfung nicht entgegen. Da sich die Praxis der Klägerin nicht wesentlich von der Typik der Vergleichsgruppe der Allgemeinzahnärzte bzw der Vertragszahnärzte mit einer Weiterbildung zum MKG-Chirurg in Hessen unterscheide, seien die vorliegenden Gesamtfallwerte beider Bereiche unter Berücksichtigung der Inhaberstruktur der Praxis verknüpft worden. Mit einer Überschreitung von 330 % liege der Abrechnungswert der Klägerin im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses. Eine eingehende Überprüfung einer Reihe von Behandlungsfällen aus der vorliegenden versichertenbezogenen Stichprobe habe die Auffälligkeiten bei der statistischen Vergleichsbetrachtung bestätigt. Die statistischen Überschreitungen im Gesamtfallwert seien nicht als Folge von Praxisbesonderheiten oder kompensatorischen Einsparungen zu werten. Die Leistungen nach Nr 75 Anlage zur GOÄ seien trotz Aufforderung nicht nachgewiesen worden und daher einschließlich der Portokosten zu korrigieren gewesen.

5Gegen den Bescheid legten die Klägerin und die zu 2. bis 7. beigeladenen Verbände der Krankenkassen Widerspruch ein. Die Klägerin legte ua elektronische Briefausdrucke zu einem Teil der abgerechneten Leistungen nach Nr 75 Anlage zur GOÄ vor.

6Der beklagte Beschwerdeausschuss berichtigte die Leistungen im konservierend-chirurgischen Bereich nach Nr 75 Anlage zur GOÄ in Höhe von 21 585,43 Euro (Leistungsinhalt nicht erfüllt) und 797,98 Euro (fehlende Dokumentation) und im Bereich der Behandlung von Verletzungen des Gesichtsschädels (Kieferbruch), Kiefergelenkserkrankungen (Aufbissbehelfe) ("KB-Bereich") in Höhe von 300,71 Euro und setzte die pauschale Honorarkürzung wegen Unwirtschaftlichkeit bei den konservierend-chirurgischen Leistungen in Höhe von 639 853,96 Euro fest (insgesamt 662 538,08 Euro; 472 077,27 Euro nach Degressionsneuberechnung und HVM-Einbehalt; Bescheid vom aus der Sitzung vom ). Der Kürzung lag nunmehr eine Fallzahl von 2133 (3100 Patienten abzüglich 967 Patienten, bei denen lediglich die Nr 75 Anlage zur GOÄ abgerechnet worden war) sowie eine Gewichtung der Besetzung der BAG mit Zahnärzten (einschließlich der angestellten Zahnärzte) und MKG-Chirurgen von 7,33 zu 1 zugrunde, was zu einem Vergleichswert von 96 Punkten pro Behandlungsfall führte. Ausgehend von einer Abrechnung von durchschnittlich 451 Punkten pro Behandlungsfall ergab sich eine Überschreitung von 370 %. Der Beklagte nahm eine Kürzung auf den 1,4-fachen Vergleichswert (134 Punkte) vor. Praxisbesonderheiten und kompensatorische Einsparungen hätten aufgrund der Unterlagen nicht festgestellt werden können. Zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung führte der Beklagte im Übrigen aus, die zur Verfügung gestellten Briefausdrucke entsprächen nicht dem Leistungsinhalt der Nr 75 Anlage zur GOÄ. Eine entsprechende Berichtigung unterfalle der Annexkompetenz der Wirtschaftlichkeitsprüfgremien. Es bestehe ein untrennbarer Sachzusammenhang zur statistischen Vergleichsprüfung aufgrund der notwendigen Fallzahlkorrektur bei Absetzung der isoliert abgerechneten Leistungen. Soweit trotz entsprechender Anforderung Arztbriefe nicht vorgelegt worden seien, könne von der fehlenden Dokumentation auf die Unwirtschaftlichkeit geschlossen werden. Im Behandlungsfall im KB-Bereich sei mangels ausreichender Dokumentation die Notwendigkeit der Behandlung nicht nachgewiesen. Die Kosten (insgesamt 300,71 Euro) seien abzusetzen.

7Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom ). Der Bescheid vom sei rechtmäßig. Der Beklagte sei berechtigt gewesen, neben der Wirtschaftlichkeitsprüfung sachlich-rechnerische Richtigstellungen vorzunehmen. Deren Notwendigkeit habe sich erst im Laufe des Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahrens herausgestellt und ihnen komme im Verhältnis zur Wirtschaftlichkeitsprüfung keine überragende Bedeutung zu. Die von der Klägerin abgerechneten Schreiben erfüllten nicht den Leistungsinhalt der Nr 75 Anlage zur GOÄ. Soweit Schreiben nicht vorgelegt worden seien, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Leistung erbracht worden sei. Auch die Honorarkürzung im konservierend-chirurgischen Bereich aufgrund der Wirtschaftlichkeitsprüfung sei nicht zu beanstanden, insbesondere hätten die Prüfgremien eine Prüfung nach Durchschnittswerten anstelle einer Einzelfallprüfung bzw einer eingeschränkten Einzelfallprüfung mit Hochrechnung durchführen dürfen. Der Beklagte habe den Umstand, dass ein Mitglied der Klägerin zugleich als MKG-Chirurg auch zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sowie die unterschiedliche Ausrichtung der für die Klägerin tätigen Ärzte durch Heranziehung der Vergleichsgruppe der MKG-Chirurgen mit vertragszahnärztlicher Zulassung in Hessen einerseits und aller zugelassenen Vertragszahnärzte andererseits hinreichend berücksichtigt. Die Gewichtung unter Berücksichtigung der Gesellschafter und angestellten Zahnärzte sei nicht zu beanstanden. Die bei der KÄV beigezogenen Unterlagen zeigten im Übrigen, dass der MKG-Chirurg Dr. Dr. S im streitgegenständlichen Quartal in wesentlich größerem Umfang bei der KÄV abgerechnet habe als die aus 45 Praxen bestehende Vergleichsgruppe der MKG-Chirurgen. Da die Klägerin pro Fall in etwa im gleichen Umfang bei der KÄV abrechne wie die Vergleichsgruppe, ergäben sich auch keine statistischen Verzerrungen im vertragszahnärztlichen Bereich. Die Klägerin habe keine Praxisbesonderheiten vorgetragen, die Anlass zu einer anderen Gewichtung gäben. Der Beklagte sei in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die Wirtschaftlichkeit der Versorgung von Heimpatienten, insbesondere der Besuchsleistungen, aufgrund der fehlenden Dokumentation nicht nachgewiesen sei. Allein aus einer - auch erheblichen - Mehrabrechnung der Besuchsziffern folge nicht die Offenkundigkeit der Notwendigkeit der Besuchsleistungen. Entsprechendes gelte für den Vortrag, Komplexsanierungen vorzunehmen. Der Beklagte habe hinreichend bestimmt und im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG die Grenze des offensichtlichen Missverhältnisses bei Überschreitungen des Fachgruppendurchschnitts um 40 % festgesetzt. Die Berichtigung im KB-Bereich sei nicht zu beanstanden.

8Die Klägerin rügt mit ihrer Revision eine Verletzung von § 106 Abs 2, § 106a, § 12 SGB V und § 35 SGB X sowie von Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG. Die von dem Beklagten vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen seien schon wegen ihres Umfangs nicht mehr von dessen Annexkompetenz gedeckt. Sie wirkten sich zudem durch die Korrektur der Fallzahlen erheblich auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung aus. Der von dem Beklagten rein rechnerisch ermittelte fiktive Vergleichswert bilde die tatsächlichen Verhältnisse der fachübergreifenden BAG der Klägerin nicht ab. Auch habe der einzige MKG-Chirurg einen wesentlich höheren Leistungsanteil als die beteiligten Zahnärzte. Das Abstellen allein auf die Zahl der Behandler sei bei fachübergreifenden Tätigkeiten nicht angemessen. Mit ihrem Vortrag zum chirurgischen Schwerpunkt der Praxis habe sich der Beklagte nur pauschal auseinandergesetzt. Zu Unrecht gehe das SG auch davon aus, dass die Berücksichtigung der angestellten Zahnärzte zulässig sei. Im Durchschnitt arbeiteten niedergelassene Zahnärzte mehr als angestellte Zahnärzte. Die Klägerin habe gegenüber dem Beklagten durch Statistiken und umfangreiche Unterlagen Praxisbesonderheiten durch die Behandlung von Heimpatienten sowie durch Komplexsanierungen dargelegt. Hiermit habe sich der Beklagte nicht ausreichend auseinandergesetzt. Sie habe zudem nicht für jeden unter Praxisbesonderheiten fallenden Patienten die komplette Behandlungsdokumentation einreichen müssen. Die Prüfgremien hätten bei Zweifeln an ihren Angaben weitere Unterlagen anfordern müssen. Dies sei vorliegend nicht geschehen.

11Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend und trägt vor, er habe bei der sachlich-rechnerischen Richtigstellung seine Randzuständigkeit nicht überschritten. Dass die Kürzungen eine erhebliche Reduktion der Fallzahlen und damit eine erhebliche "Hebelwirkung" hätten, ändere hieran nichts. Sowohl Zahnärzte einerseits als auch MKG-Chirurgen andererseits bildeten jeweils eine homogene Arztgruppe. Wenn aus diesen beiden Arztgruppen eine fiktive oder synthetische Vergleichsgruppe gebildet werde, sei es nicht zu beanstanden, wenn auf dieser Grundlage die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei 40 % festgelegt werde. Die Gewichtung der Fallwerte nach Köpfen - einschließlich der angestellten Zahnärzte - trage dem Umstand Rechnung, dass in der Abrechnung der Klägerin sowohl spezifische chirurgische wie auch in weitaus höherem Maße allgemeinzahnärztliche Abrechnungspositionen vorhanden seien. Die Behandlung von Heimbewohnern stelle nur dann eine Praxisbesonderheit dar, wenn nachweisbar ein erhöhter Behandlungsbedarf bestehe. Allein die Abrechnung von Besuchs- und Nachsorgeziffern anlässlich von Heimbesuchen sei nicht ausreichend, wenn sich nicht aus den jeweiligen Falldokumentationen die Wirtschaftlichkeit der Behandlung ergebe.

12Die Beigeladenen stellen keine Anträge. Die zu 1. beigeladene KZÄV schließt sich den Ausführungen des Beklagten an.

Gründe

13Die Revision der klagenden BAG hat nur teilweise Erfolg (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG).

14Der - den alleinigen Streitgegenstand des Verfahrens bildende ( - BSGE 78, 278, 279 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 35 S 194 f = juris RdNr 12) - Bescheid des Beklagten vom ist rechtswidrig und der Beklagte zur Neubescheidung unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats verpflichtet (§ 131 Abs 3 SGG entsprechend), soweit er die Honorarabrechnung der Klägerin im konservierend-chirurgischen Bereich aufgrund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten gekürzt hat. Dem Beklagten ist bei der - grundsätzlich nicht zu beanstandenden (dazu B 1.) - Bildung eines entsprechend der Besetzung der BAG gewichteten Vergleichswerts aus den Fallwerten von MKG-Chirurgen und Zahnärzten ein systematischer Fehler unterlaufen, indem er die Klägerin bezogen auf den spezifischen MKG-Bereich mit Fallwerten von Praxen verglichen hat, in die auch die Leistungen von Allgemeinzahnärzten eingegangen sind. Dies kann sich zum Nachteil der Klägerin auf die Höhe des Vergleichswerts und damit auf den Kürzungsbetrag auswirken (dazu B 2. a). Zudem hat er, ohne dies kenntlich zu machen, Fallwerte von MKG-Chirurgen-Praxen aus anderen KZÄV-Bezirken herangezogen. Die Entscheidung des Beklagten leidet daher auch unter einem Begründungsmangel (dazu B 2. b). Im Übrigen ist der Bescheid des Beklagten nicht zu beanstanden. Der Beklagte muss bei der erneuten Entscheidung - anders als von der Klägerin geltend gemacht - keine weitere Änderung seiner Prüfpraxis, etwa hinsichtlich der Bildung der Vergleichsgruppe oder der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten, vornehmen (dazu C). Die zusätzlich zur statistischen Vergleichsprüfung im konservierend-chirurgischen Bereich durchgeführte sachlich-rechnerische Richtigstellung bei den Leistungen nach Nr 75 Anlage zur GOÄ (dazu D) ist ebenso rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten wie die Kürzung im KB-Bereich (dazu E).

15A. Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Insbesondere war es nicht erforderlich, die KÄV Hessen beizuladen. Die Rechtssphäre der KÄV wird durch die Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis nicht berührt. Die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung gemäß § 75 Abs 2 SGG sind insoweit nicht gegeben (vgl - SozR 3-2500 § 106 Nr 36 S 201 = juris RdNr 12; anders bei einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung bei Verstoß gegen das Splittingverbot vgl - SozR 4-5532 Allg Nr 2 RdNr 16; - juris RdNr 16 = USK 2016-85; zur notwendigen Beiladung als von Amts wegen - und damit auch im Rahmen einer Sprungrevision - zu berücksichtigender Verfahrensmangel vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 161 RdNr 10b, § 163 RdNr 5b; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, aaO, § 75 RdNr 13a).

16B. Rechtsgrundlage der bei der Klägerin durchgeführten Auffälligkeitsprüfung auf der Grundlage von Durchschnittswerten ist § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Satz 4 SGB V in der hier noch anwendbaren Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) vom (BGBl I 378, mWv ; zuvor § 106 Abs 2 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes <GMG> vom , BGBl I 2190, mWv ) iVm §§ 5 und 6 der im Bezirk der zu 1. beigeladenen KZÄV geltenden Prüfvereinbarung vom (PrüfV) sowie § 4 der Vereinbarung über die Errichtung der Prüfungsstelle gemäß § 106 SGB V vom (EV) (vgl allgemein zur Maßgeblichkeit des im jeweiligen Prüfzeitraum geltenden Rechts: - SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 15 f; - BSGE 117, 149 = SozR 4-2500 § 106 Nr 48, RdNr 37 ff). Nach § 106 Abs 2 Satz 1 SGB V wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfung ärztlich verordneter Leistungen bei Überschreitung der Richtgrößenvolumina nach § 84 SGB V (Auffälligkeitsprüfung nach Abs 2 Satz 1 Nr 1) und durch arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben (Zufälligkeitsprüfung nach Abs 2 Satz 1 Nr 2) geprüft (sog "Regelprüfmethoden", vgl - SozR 4-2500 § 106 Nr 55 RdNr 20; vgl jetzt aber zur Abschaffung der Zufälligkeitsprüfung als Regelprüfmethode § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1, § 106a Abs 1 bis 3 SGB V in der seit dem geltenden Fassung des Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung <TSVG> vom , BGBl I 646). Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den K(Z)ÄVen Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Satz 4 SGB V).

17Dementsprechend sieht die PrüfV für die hier durchgeführte Auffälligkeitsprüfung (§ 5 Abs 3 PrüfV, § 4 EV) in § 6 Abs 1 neben Prüfverfahren auf der Grundlage von Einzelfällen bzw repräsentativen Einzelfällen auch eine Prüfung nach Durchschnittswerten vor. Bei dieser Prüfmethode wird der Aufwand des geprüften Arztes je Fall mit dem durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe - im Regelfall der Arztgruppe, der der Arzt angehört - verglichen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Vergleichsgruppe im Durchschnitt insgesamt wirtschaftlich handelt (stRspr, vgl zB - SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 298; - SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 14, 15; - BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14; - SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 17). Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungs- oder Verordnungsaufwand des geprüften Arztes - beim Gesamtfallwert, bei Sparten- oder bei Einzelleistungswerten - in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, diesen nämlich in einem Ausmaß überschreitet, das sich nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur wie Praxisbesonderheiten und/oder sog kompensierende Einsparungen erklären lässt, so ist die Folgerung der Unwirtschaftlichkeit gerechtfertigt (stRspr, s dazu zB - SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 319 = juris RdNr 21; - SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 19; - BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14; - SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 17; - SozR 4-2500 § 106 Nr 56 RdNr 14).

181. Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte für die aus einem MKG-Chirurgen mit zahnärztlicher Zulassung und mehreren Zahnärzten bestehende BAG der Klägerin die Abrechnungswerte beider Arztgruppen als Vergleich herangezogen und entsprechend der Zusammensetzung der Klägerin gewichtet hat.

19Die Bildung geeigneter Vergleichsgruppen als Grundlage eines Vergleichs nach Durchschnittswerten ist, soweit - wie hier - keine normativen Vorgaben der maßgeblichen Prüfvereinbarung zu beachten sind, Sache der Prüfgremien. Sofern atypische Praxisumstände des zu prüfenden Zahnarztes vorliegen oder geltend gemacht werden, steht den Prüfgremien ein Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Beurteilung zu, ab welchem Ausmaß atypischer Praxisumstände sie eine engere Vergleichsgruppe bilden oder Praxisbesonderheiten annehmen und sachgerecht quantifizieren (vgl - SozR 4-2500 § 106 Nr 12 RdNr 16).

20Die Frage, welche Vergleichsgruppe bei einer fachübergreifenden BAG wie der Klägerin heranzuziehen ist, kann nur in Abhängigkeit von den konkreten Fachrichtungen und der konkreten Zusammensetzung der BAG beantwortet werden (vgl auch - SozR 4-2500 § 106 Nr 8 RdNr 11 = juris RdNr 22 zur Wechselwirkung von Homogenität und Größe der Vergleichsgruppe). Der Senat hat es bisher bei der Gruppe der Zahnärzte wegen ihrer hohen Homogenität und der Herausnahme eines großen Teils der zahnärztlichen Leistungen aus der (nachträglichen) Wirtschaftlichkeitsprüfung im Regelfall nicht als erforderlich angesehen, für die Prüfung nach Durchschnittswerten Untergruppen mit bestimmten Behandlungsschwerpunkten zu bilden ( - BSGE 62, 24, 28 f = SozR 2200 § 368n Nr 48 S 160 f; - SozR 3-2500 § 106 Nr 36 S 202 f; zuletzt - SozR 4-2500 § 106 Nr 12 RdNr 17). Lediglich für die sowohl zur vertragszahnärztlichen als auch zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen MKG-Chirurgen ist die Bildung einer verfeinerten Vergleichsgruppe als Grundlage der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der zahnärztlichen Leistungen für zumindest sachgerecht gehalten worden ( - SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 299 = juris RdNr 20; vgl auch - SozR 3-2500 § 106 Nr 36 S 202 f = juris RdNr 16 zur Prüfung von Einzelleistungen; verneinend für die Zusatzbezeichnung Oralchirurgie - SozR 4-2500 § 106 Nr 12 RdNr 16 ff). Arbeiten MKG-Chirurgen und Zahnärzte in einer Praxis zusammen, ist die Bildung eines Mittelwerts zwischen den Fallwerten der beiden Arztgruppen entsprechend der konkreten personellen Zusammensetzung der BAG ein möglicher - und zulässiger - Weg, die Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise der BAG zu überprüfen (vgl auch Clemens in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl <Stand >, § 106 RdNr 185; ebenso die Kommentierung von Ulrich in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl <Stand , 1. Überarbeitung>, § 106a RdNr 64). So ist hier verfahren worden und der Beklagte berücksichtigt damit bereits bei der Ermittlung der Vergleichsbasis den besonderen Zuschnitt der Klägerin und nimmt insofern schon hier eine ergänzende medizinisch-intellektuelle Prüfung vor (vgl zu diesem Aspekt - SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 26).

21Dem steht - anders als die Klägerin meint - nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des Senats auf die Bildung einer besonderen, engeren Vergleichsgruppe dann nicht verzichtet werden kann, wenn die jeweils maßgebenden Leistungsbedingungen so verschieden sind, dass von einem statistischen Vergleich von vorneherein keine verwertbaren Aussagen über die Wirtschaftlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit einer Leistung oder eines Leistungskomplexes zu erwarten sind, insbesondere wenn ein erheblich unterschiedliches individuelles Abrechnungsverhalten in der Vergleichsgruppe nur noch rein rechnerisch zu einem statistisch-mathematischen Mittelwert führt, den in der Realität kein Arzt bzw - innerhalb größerer Gruppen - nur einzelne, für die Gesamtgruppe nicht mehr repräsentative Ärzte abgerechnet haben ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 10 RdNr 6 = juris RdNr 12 mwN; vgl auch - SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 14 = juris RdNr 25; - juris RdNr 12).

22Diese Rechtsprechung, die speziell zur Wirtschaftsprüfung bei Einzelleistungen und kleinen und/oder sehr heterogenen Vergleichsgruppen entwickelt wurde, darf allerdings nicht so verstanden werden, dass eine mathematische Gewichtung von mehreren Vergleichsgruppen bei einer fachübergreifenden BAG nicht zulässig wäre. Sie befasst sich vielmehr mit den Nachteilen einer statistischen Vergleichsprüfung, die - im Interesse der Funktionsfähigkeit der Wirtschaftsprüfung - allein auf den arithmetischen Mittelwert abstellt, ohne etwa nach der statistischen Methode der Gaußschen Normalverteilung zusätzlich anhand der Häufigkeitsverteilung die Standardabweichung der mittleren Fallkosten und auf ihrer Grundlage den Bereich der normalen Streuung zu ermitteln (vgl hierzu - BSGE 62, 24, 25 f = SozR 2200 § 368n Nr 48 S 157 f = juris RdNr 15 f unter Hinweis auf - SozR 2200 § 368n Nr 31 S 100 = juris RdNr 23 und - ArztR 1985, 40 = USK 84248; Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 11/17, § 106 RdNr 291 mwN; vgl auch - SozR 2200 § 368n Nr 3 S 10 = juris RdNr 13; ).

23Hiervon zu trennen ist die anschließende Gewichtung von aussagekräftigen arithmetischen Mittelwerten, wie sie hier zumindest aufseiten der in sich homogenen Gruppe der Zahnärzte (zur Gruppe der MKG-Chirurgen vgl sogleich unter B 2.) grundsätzlich vorliegen. Der Beklagte erhebt nicht den Anspruch, damit eine "passende" Vergleichsgruppe abzubilden, die so auch in der Versorgungsrealität existiert. Vielmehr geht er von zwei unterschiedlichen Vergleichsgruppen aus und vergleicht das tatsächliche Abrechnungsverhalten der Klägerin mit der Behandlungs- und Verordnungsweise, die ausgehend von den Durchschnittwerten der beiden Arztgruppen in der Praxis der Klägerin zu erwarten wäre. Das durch die Gewichtung gefundene Ergebnis ist notwendigerweise ein rein mathematisches Ergebnis, da es gerade die individuelle Zusammensetzung der Klägerin berücksichtigen, nicht aber die konkrete Zusammensetzung der anderen Praxen der Vergleichsgruppen widerspiegeln soll. Unter der Voraussetzung, dass die in die Gewichtung einbezogenen Vergleichsgruppen selbst die jeweilige Arztgruppe zuverlässig den von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Kriterien entsprechend wiedergeben, hält es der Senat daher zwar nicht für zwingend, jedoch für rechtlich unbedenklich, die Werte der an einer BAG beteiligten Arztgruppen entsprechend der individuellen personellen Situation der zu prüfenden BAG zu gewichten und miteinander zu kombinieren.

242. Die Unsicherheiten, die mit einer rein rechnerischen Kombination zweier Vergleichsgruppen entstehen, machen es allerdings erforderlich, dass die diesen Arztgruppen zugrunde gelegten Vergleichszahlen besonders sorgfältig und dem eigenen Konzept entsprechend ermittelt werden. Dem genügte die von dem Beklagten für die Gruppe der MKG-Chirurgen herangezogene praxisbezogene Statistik insofern nicht, als diese auch Daten von Praxen enthielt, in denen neben MKG-Chirurgen auch Allgemeinzahnärzte tätig waren (sog Mischpraxen; dazu a). Soweit der Beklagte zudem Abrechnungswerte aus Thüringen und dem Saarland in den Fallwert der MKG-Chirurgen einbezogen hat, hätte er dies offenlegen und begründen müssen (dazu b).

25a) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig (zur Berücksichtigung von unstreitigen Tatsachen im Revisionsverfahren vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 163 RdNr 5d), dass die im spezifischen MKG-Bereich zugrunde gelegten praxisbezogenen Fallwerte auch die Abrechnungsdaten von sog Mischpraxen enthielten, in denen nicht allein MKG-Chirurgen, sondern auch Allgemeinzahnärzte abrechneten. Dies kann die Klägerin benachteiligen, da die Fallwerte der beiden Gruppen sich erheblich unterscheiden. So lagen die durchschnittlichen Fallwerte der Vertragszahnärzte in dem streitgegenständlichen Quartal 3/2013 bei 90, während die MKG-Praxen durchschnittlich auf einen Fallwert von 139 kamen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Fallwerte der reinen MKG-Chirurgen-Praxen, in denen keine Allgemeinzahnärzte tätig sind, sogar noch höher liegen. Letztlich führt der Umstand, dass der einzige MKG-Chirurg der Klägerin nicht allein mit anderen MKG-Chirurgen, sondern (auch) mit Mischpraxen verglichen wird, dazu, dass die niedrigeren Fallwerte der Allgemeinzahnärzte zweifach und damit überproportional in die Berechnung des gewichteten Vergleichswerts einfließen (und diesen reduzieren), nämlich einmal durch die Fallwerte der Mischpraxen bei der Ermittlung des Vergleichswerts der MKG-Chirurgen und ein zweites Mal durch die Berücksichtigung der konkreten Zusammensetzung der Klägerin. Das kann auch nicht mit der Begründung gerechtfertigt werden, dass sog Mischpraxen wie die Klägerin nur ganz selten vorkämen, sodass sich dies tatsächlich nicht auf den Fallwert auswirken könne. Nach den Angaben der zu 1. beigeladenen KZÄV arbeitet ca die Hälfte der MKG-Chirurgen in solchen Mischpraxen, in den in den Vergleich einbezogenen Ländern Thüringen und Saarland sogar deutlich mehr. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass diese überwiegend viel klarer chirurgisch ausgerichtet sind als die Klägerin und insbesondere keine Prothetik erbringen, sodass ihre Abrechnungswerte denjenigen "reiner" MKG-Chirurgen-Praxen uU näherkämen. Dazu, welche konkrete Zusammensetzung bzw Ausrichtung die Mischpraxen haben, liegen jedoch keine Daten vor.

26b) Keinen materiellen, aber einen formellen Fehler enthält der Bescheid des Beklagten, soweit er für die Fallwerte der MKG-Chirurgen nicht allein auf Abrechnungsdaten aus Hessen, sondern auch aus Thüringen und dem Saarland zurückgreift. Methodisch ist die Berücksichtigung von Zahlen aus anderen K(Z)ÄV-Bezirken bei der Zusammenstellung einer Vergleichsgruppe - auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage - nicht zu beanstanden, soweit die Behandlung nicht durch besondere Gegebenheiten im Bereich der jeweiligen K(Z)ÄV bestimmt wird (vgl - USK 85215 = juris RdNr 18; - USK 90102 = juris RdNr 18; vgl - SozR 4-2500 § 106 Nr 10 RdNr 15 = juris RdNr 21; offengelassen von - BSGE 70, 246, 253 = SozR 3-2500 § 106 Nr 10 S 51 = juris RdNr 36; vgl auch Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 11/17, § 106 RdNr 335). Jedoch musste die Klägerin - trotz fachkundiger Vertretung - ohne einen Hinweis des Beklagten nicht mit der durchaus unüblichen und - angesichts der Anzahl der MKG-Chirurgen-Praxen in Hessen (zur Größe der Vergleichsgruppe vgl etwa - SozR 3-2500 § 106 Nr 36 S 204: 58 MKG-Chirurgen als ausreichend angesehen bei Prüfung von Einzelleistungen) - letztlich auch nicht erforderlichen Einbeziehung von Abrechnungswerten aus anderen Bundesländern rechnen. Eine Verpflichtung, auf diesen Umstand hinzuweisen, bestand umso mehr, als der Beklagte ausdrücklich angegeben hatte, die Klägerin mit einem fiktiven Fallwert verglichen zu haben, um der untypischen Zusammensetzung der Klägerin gerecht zu werden. Dadurch, dass der Beklagte nicht offengelegt hat, dass bereits der Wert der Vergleichsgruppe der MKG-Chirurgen nicht den realen hessischen Wert, sondern einen Mix aus Abrechnungswerten aus drei KZÄV-Bezirken enthielt, hat er die Verteidigungsmöglichkeiten der Klägerin erheblich eingeschränkt. Darin liegt ein erheblicher Begründungsmangel iS des § 35 Abs 1 SGB X (vgl allgemein zu den Begründungsanforderungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung als Korrektiv zu den weitgehenden Spielräumen und der nur eingeschränkt möglichen Überprüfung der Prüfbescheide durch die Gerichte: - SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11 = juris RdNr 22; - SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 58, 61; - SozR 4-2500 § 106 Nr 56 RdNr 28, jeweils mwN; vgl auch unten RdNr 49). Darüber hinaus lässt der Inhalt der Bescheide nicht erkennen, ob der Beklagte überhaupt Kenntnis davon hatte, dass die von der zu 1. beigeladenen KZÄV zur Verfügung gestellte Statistik auch Zahlen aus anderen Bundesländern enthielt, da er im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung die Verantwortung für die von ihm eingesetzten Fallzahlen trägt. Eine Nachholung der Begründung zur Heilung des Mangels ist nach § 41 Abs 2 SGB X im Revisionsverfahren nicht mehr möglich. Die Aufhebung des Bescheides ist auch nicht nach § 42 Satz 1 SGB X ausgeschlossen. Nach § 42 Satz 1 SGB X kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Anders als bei rechtsgebundenen Bescheiden (vgl etwa - SozR 4-2500 § 85 Nr 71 RdNr 19; - juris RdNr 23, zur Veröffentlichung in SozR 4-7610 § 812 Nr 9 vorgesehen) fehlt es hier aufgrund des Beurteilungsspielraums des Beklagten an dem Tatbestandsmerkmal der Offensichtlichkeit. Angesichts der erheblichen Anzahl von Mischpraxen in den Bezirken der thüringischen und saarländischen KZÄVen und deren Bedeutung für die Bildung der gewichteten Vergleichswerte kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte ohne den fraglichen Verfahrensfehler ebenso entschieden hätte (vgl zu diesem Aspekt - SozR 4-2500 § 106 Nr 10 RdNr 12 = juris RdNr 18; Schütze in ders, SGB X, 9. Aufl 2020, § 42 RdNr 12 mwN; vgl auch Leopold in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl <Stand >, § 42 RdNr 53).

27C. Im Übrigen enthalten die angefochtenen Bescheide, auch soweit sie den Vergleich nach Durchschnittwerten betreffen, keine Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin. Die Entscheidung des Beklagten, im Fall der Klägerin eine statistische Vergleichsprüfung in Verbindung mit ergänzenden eingeschränkten Einzelfallprüfungen durchzuführen, ist nicht zu beanstanden (dazu 1.). Bei der - wie oben ausgeführt - grundsätzlich zulässigen Bildung der gewichteten Vergleichsgruppe aus MKG-Chirurgen und Zahnärzten sind ihm keine weiteren Fehler unterlaufen, die sich zum Nachteil der Klägerin auswirken (dazu 2.). Der Beklagte hat ferner zutreffend zunächst die Auswirkungen von Praxisbesonderheiten geprüft und verneint (dazu 3.), ehe er bestimmt hat, inwieweit die Leistungen in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe stehen und gekürzt werden dürfen (dazu 4.). Der Beklagte war nicht durch den Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist an einer Entscheidung gehindert (dazu 5.).

281. Das SG hat für den Senat bindend (§ 163 SGG) festgestellt, dass das maßgebliche Auswahlverfahren einschließlich der Information der Klägerin über die Einleitung des Verfahrens (§ 5 Abs 4 Satz 2 PrüfV) eingehalten wurde. Weder mit der Entscheidung, anstelle einer Beratung oder eines Hinweises unmittelbar eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit durchzuführen (dazu a) noch mit der Wahl der statistischen Vergleichsprüfung als Prüfmethode (dazu b) hat der Beklagte seinen Beurteilungsspielraum überschritten. Er war auch nicht mangels rechtskräftiger Feststellung eines unwirtschaftlichen Verhaltens der Klägerin in früheren Quartalen an einer pauschalen Honorarkürzung gehindert (dazu c).

29a) Die Prüfmethode ist durch die PrüfV nicht vorgegeben. § 6 Abs 1 PrüfV sieht insofern sowohl für die Zufälligkeits- als auch die Auffälligkeitsprüfung die Prüfung nach Einzelfällen bzw repräsentativen Einzelfällen oder auf der Grundlage von Durchschnittswerten, wie sie hier erfolgt ist, vor. Für die Entscheidung zwischen Einzelfallprüfung und dem Vergleich nach Durchschnittswerten enthält die maßgebliche Prüfvereinbarung keine Vorgaben. Das SG hat hinsichtlich der Auswahl der Prüfmethode für den Senat bindend § 6 Abs 1 und 2 PrüfV dahingehend ausgelegt, dass ein subsidiäres Verhältnis lediglich zwischen Einzelfallprüfung und repräsentativer Einzelfallprüfung besteht, nicht jedoch zwischen den Einzelfallprüfungen und der Prüfung nach Durchschnittswerten.

30Grundsätzlich steht den Prüfgremien bei der Auswahl der Prüfmethode ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (stRspr, zB - BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14; - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 16 mwN; - SozR 4-2500 § 106 Nr 46 RdNr 13; - SozR 4-2500 § 106 Nr 55 RdNr 20). Von diesem Beurteilungsspielraum ist auch die Entscheidung umfasst, ob der Vergleichsprüfung die Gesamtfallwerte oder nur der Aufwand in einzelnen Leistungssparten oder bei bestimmten Einzelleistungen zugrunde gelegt werden ( - SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 300; - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 16 mwN).

31Diesen Beurteilungsspielraum überschritt der Beklagte nicht, als er sich für eine Prüfung nach Durchschnittswerten im konservierend-chirurgischen Bereich entschied. Ein Fall, in dem eine Vergleichsgruppe von vorneherein nicht gebildet werden kann und sich daher die Prüfung nach Durchschnittswerten als nicht aussagekräftig oder nicht durchführbar erweist (vgl etwa - BSGE 75, 220, 224 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 24 S 135 f - unvergleichbare individuelle Praxisausrichtung des zu prüfenden Arztes sowie - BSGE 84, 85, 86 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 47 S 250 f - Vermutung, der Durchschnitt der Fachgruppe handele wirtschaftlich, nicht zutreffend), sodass der Beklagte eine andere geeignete Prüfmethode hätte suchen müssen, liegt nicht vor. Wie ausgeführt, ist bei einer BAG mit Ärzten verschiedener Arztgruppen wie der Klägerin die Bildung einer rein fiktiven Vergleichsgruppe möglich und zulässig.

32b) Anhaltspunkte, dass der Beklagte sich fehlerhaft für die Feststellung der Unwirtschaftlichkeit anstelle einer Beratung oder eines Hinweises (vgl § 8 Abs 6 PrüfV) entschieden haben könnte, liegen nicht vor. Insbesondere ist nach der Rechtsprechung des Senats eine vorgängige Beratung gemäß § 106 Abs 5 Satz 2 SGB V (hier noch idF des Gesundheits-Reformgesetzes <GRG> vom , BGBl I 2477; jetzt § 106 Abs 3 Satz 4 SGB V gemäß Art 1 Nr 56a Buchst b TSVG vom , BGBl I 646, mWv ) dann nicht erforderlich, wenn - wie vorliegend - dem Arzt ein Mehraufwand im Ausmaß eines sog offensichtlichen Missverhältnisses anzulasten ist ( - BSGE 78, 278, 280 ff = SozR 3-2500 § 106 Nr 35 S 195 ff = juris RdNr 14 ff mwN; - SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 45; - SozR 4-2500 § 106 Nr 44 RdNr 22; zum offensichtlichen Missverhältnis vgl im Einzelnen unter C 4.).

33c) Einer pauschalen Honorarkürzung steht - anders als die Klägerin meint - nicht entgegen, dass ein unwirtschaftliches Verhalten bei ihr in früheren Quartalen bisher nicht rechtskräftig festgestellt wurde. Nach § 4 Abs 7 Satz 2 EV sind für den Fall wiederholt festgestellter Unwirtschaftlichkeit oder wenn der Vertragsarzt die Mitwirkung an dem Prüfverfahren verweigert, pauschale Honorarkürzungen zulässig. Für die Entscheidung kommt es nicht darauf an, ob mit dem SG angenommen werden kann, dass ein solcher wiederholter Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot im Sinne der Vorschrift keine rechtskräftige Feststellung voraussetzt. Ebenso kann dahinstehen, ob § 4 Abs 7 Satz 2 1. Alt EV - wovon das SG möglicherweise stillschweigend ausgeht - dergestalt auszulegen ist, dass pauschale Kürzungen "nur" für den Fall einer wiederholt festgestellten Unwirtschaftlichkeit zulässig sind. Denn eine solche Regelung wäre jedenfalls nicht für Fälle wirksam, in denen der Mehraufwand der geprüften Praxis - wie hier - die Schwelle zum offensichtlichen Missverhältnis überschreitet. In einem solchen Fall muss eine pauschale Honorarkürzung sogar dann möglich sein, wenn es sich um einen ersten Verstoß der Praxis handelt. Eine andere Auslegung des § 4 Abs 7 Satz 2 EV wäre nicht mit Bundesrecht vereinbar.

34Gemäß § 106 Abs 3 Satz 7 SGB V (hier idF des Gesundheitsstrukturgesetzes <GSG> vom , BGBl I 2266) sind in den Landesverträgen für den Fall wiederholt festgestellter Unwirtschaftlichkeit pauschale Honorarkürzungen vorzusehen. Welche genaue Bedeutung diese Vorschrift (die mittlerweile im Rahmen der Neustrukturierungen der Wirtschaftlichkeitsprüfungen mWv durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz <GKV-VSG> vom , BGBl I 1211, ohne nähere Begründung aufgehoben wurde, vgl Entwurf der BReg eines GKV-VSG, BT-Drucks 18/4095 S 137 f Zu Artikel 2 Zu Nr 6 <§ 106>) in Bezug auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung hat, erschließt sich nicht ohne Weiteres (vgl auch Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 11/17, § 106 RdNr 449). Bereits § 106 Abs 3 Satz 4 SGB V idF des GRG vom sah vor, dass in den Landesverträgen auch festzulegen ist, unter welchen Voraussetzungen Einzelfallprüfungen durchgeführt und pauschale Honorarkürzungen vorgenommen werden. Die Vorschrift ist im Verlauf der Beratungen im Bundestagsausschuss für Arbeit und Sozialordnung in das GRG eingefügt worden, wobei in den veröffentlichten Materialien keine Hinweise auf die Vorstellungen des Gesetzgebers über den Regelungsbereich der Vorschrift zu finden sind. Die ursprüngliche Fassung des § 114 SGB V idF des Gesetzentwurfs der Fraktionen von CDU/CSU und FDP (BT-Drucks 11/2237 S 40) enthielt die entsprechende Fassung des Abs 3 noch nicht; sie findet sich erstmals in dem Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlüsse des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung des Deutschen Bundestages (BT-Drucks 11/3320 S 70), ohne dass sich aus dem Ausschussbericht eine Begründung ergibt (BT-Drucks 11/3480 S 60). Durch das GSG vom erhielt die Vorschrift mWv als § 106 Abs 3 Satz 7 SGB V ihre auch zum Zeitpunkt des geprüften Quartals geltende Fassung (seit § 106 Abs 3 Satz 4 SGB V, vgl Art 1 Nr 44 Buchst d DBuchst bb und cc Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 <GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000> vom , BGBl I 2626). Gemäß der Begründung der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eines GSG (BT-Drucks 12/3608 S 100 Zu Nr 56 <§ 106> Zu Buchst c) sollte die getroffene Regelung Sanktionen für den Fall wiederholt festgestellter Unwirtschaftlichkeit erleichtern. Hieraus folgt allerdings nicht, dass der Gesetzgeber bei der Einführung bzw Änderung der Vorschrift eine pauschale Sanktionierung des betroffenen Arztes durch Honorarkürzungen vor Augen hatte, etwa wie in § 95d SGB V bei Verstößen gegen die Fortbildungsverpflichtung (zum Doppelcharakter dieser Regelung als Sanktion und pauschaler Abschlag für die schlechtere Qualität der ärztlichen Leistung vgl - SozR 4-2500 § 95d Nr 1 RdNr 24). Schon nach dem Wortlaut der Regelung muss grundsätzlich zunächst die Unwirtschaftlichkeit feststehen - einschließlich der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten (vgl zu einer ähnlichen Konstellation bei der Prüfung nach Richtgrößen - BSGE 117, 149 = SozR 4-2500 § 106 Nr 48, RdNr 75, 77 bei einer Überschreitung des individuellen Richtgrößenvolumens bei Heilmitteln, vgl dort auch aaO RdNr 78 ff zur Notwendigkeit der förmlichen Feststellung vorangegangener Überschreitungen; - SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 65 zu einem Regress wegen Überschreitung der Arzneimittelrichtgrößen). Gemeint ist ersichtlich nur die (bessere) Abschöpfung des unwirtschaftlichen Mehraufwandes im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung (vgl auch Engelhard, aaO, RdNr 451 mwN). Auf keinen Fall enthält jedoch § 106 Abs 3 Satz 4 SGB V, der nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Sanktionierung von Unwirtschaftlichkeiten erleichtern und nicht erschweren sollte, eine Ermächtigung der Landesvertragsparteien, die Möglichkeiten einer Honorarkürzung auch bei Unwirtschaftlichkeiten jenseits der Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis auf Fälle wiederholt festgestellter Unwirtschaftlichkeit einzuschränken und so die Wirtschaftlichkeitsprüfungen weniger effektiv zu machen (zum Gebot der Effektivität der Wirtschaftlichkeitsprüfung vgl - SozR 4-2500 § 106 Nr 46 RdNr 15 mwN; vgl auch BSG Beschlüsse vom - B 6 KA 33/19 B und B 6 KA 34/19 B -, jeweils juris RdNr 8). Eine solche Auslegung des § 106 Abs 3 Satz 4 SGB V ließe sich auch nicht im Einklang bringen mit der Rechtsprechung des Senats zur fehlenden Erforderlichkeit einer vorherigen Beratung bei Vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses (vgl - BSGE 78, 278, 280 ff = SozR 3-2500 § 106 Nr 35 S 195 ff = juris RdNr 14 ff mwN und oben RdNr 32; vgl auch bereits - USK 82178 = juris RdNr 18; - juris RdNr 34) und allgemein mit der BSG-Rechtsprechung zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Durchschnittswerten und zur Kürzung des Honorars bei Abweichungen vom Fachgruppendurchschnitt.

352. Das SG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Umstand, dass der für die Klägerin tätige MKG-Chirurg auch vertragsärztlich abrechnete, den Beklagten nicht dazu zwingt, von der Bildung eines gewichteten Vergleichswerts abzusehen (dazu a). Auch die Einbeziehung der angestellten Zahnärzte in die Berechnung des gewichteten Vergleichswerts nach vollen Versorgungsaufträgen ist nicht zu beanstanden (dazu b).

36a) Die Arztgruppe der MKG-Chirurgen hat in gewissen Grenzen (vgl - SozR 4-5532 Allg Nr 2) die Möglichkeit, dieselbe Leistung entweder gegenüber der KÄV oder gegenüber der KZÄV abzurechnen (vgl - SozR 4-2500 § 85 Nr 60 RdNr 23 mwN). Der Senat hat entschieden, dass daher im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung vertragszahnärztlicher Prüfgremien im Regelfall auch die vertragsärztlichen Abrechnungswerte einzubeziehen sind, dass sich allgemeine Aussagen zu der Frage, in welcher Weise und in welchem Ausmaß dieser Umstand im Rahmen einer Prüfung der Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen ist, aber kaum treffen lassen ( - SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 300 = juris RdNr 22).

37Hieran ist grundsätzlich festzuhalten. Eine Abweichung vom Regelfall kommt hier nicht in Betracht. Gerade wenn die Werte der MKG-Chirurgen Ausgangspunkt einer nachfolgenden Gewichtung sind, ist es unumgänglich, die Daten der KÄV beizuziehen. Rechneten MKG-Chirurgen mit gleichzeitiger Zulassung als Vertragszahnarzt in erheblichem Umfang Leistungen bei der KÄV ab, etwa weil dies für sie günstiger ist, kann es zu Verfälschungen (insbesondere zu einer starken Absenkung) der Fallwerte dieser Vergleichsgruppe bei der KZÄV kommen. Entscheidend ist dabei das tatsächliche Abrechnungsverhalten der MKG-Chirurgen (vgl bereits - SozR 3-2500 § 106 Nr 36 S 204 f = juris RdNr 21), weswegen es auf spätere Honorarberichtigungen wegen Verstoßes gegen das Splittingverbot nicht ankommt.

38Der Beklagte hat die der KÄV vorliegenden Abrechnungsunterlagen zwar nicht angefordert und dementsprechend die konkreten vertragsärztlichen Abrechnungsvolumina nicht berücksichtigt. Auch wenn es grundsätzlich Sache der Prüfgremien ist, die erforderlichen Unterlagen bei der KÄV beizuziehen, bleibt das Unterlassen des Beklagten hier folgenlos, da es sich nicht zu Lasten der Klägerin ausgewirkt hat (vgl aber zur umgekehrten Konstellation: - SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 302 = juris RdNr 25). Denn nach den Feststellungen des SG auf der Grundlage des von ihm bei der KÄV Hessen beigezogenen Zahlenmaterials rechnete die Klägerin in dem streitgegenständlichen Quartal mit 775 Behandlungsfällen und einem durchschnittlichen Fallwert von 199,71 Euro in einem wesentlich größeren Umfang bei der KÄV ab als andere hessische MKG-Chirurgen mit vertragszahnärztlicher Zulassung (45 Praxen), die durchschnittlich 76 Fälle bei einem Fallwert von 204,26 Euro abrechneten. Hieraus hat das SG zu Recht geschlossen, dass sich aus der doppelten Abrechnungsmöglichkeit keine statistischen Verzerrungen im vertragszahnärztlichen Bereich zu Lasten der Klägerin ergeben. Sollte der Beklagte bei der Neubescheidung der Klägerin weiterhin die Fallstatistiken aus Thüringen und dem Saarland heranziehen wollen, müsste er allerdings auch die dortigen Zahlen der KÄVen anfordern, um sicherzustellen, dass es nicht durch eine unterschiedliche Abrechnungspraxis in diesen beiden Ländern zu Verschiebungen kommt.

39b) Der Beklagte hat sich auch ohne Rechtsfehler dazu entschieden, den gewichteten Vergleichswert anhand der Anzahl der vollen Versorgungsaufträge zu bilden und dabei - anders als die Prüfungsstelle - neben den Mitgliedern der BAG auch die bei der Klägerin angestellten Zahnärzte zu berücksichtigen.

40Da die Werte der Vergleichsgruppen praxis- und nicht arztbezogen gebildet werden, fließen auch die Behandlungszahlen der angestellten Zahnärzte in diese Werte ein. Der Fallwert von 90 bei den (Allgemein-)Zahnärzten spiegelt sowohl die Tätigkeit der Vertragszahnärzte als auch der angestellten Ärzte wider. Es gibt daher keinen Grund, die angestellten Zahnärzte nicht in die Gewichtung der beiden Vergleichsgruppen einzubeziehen. Auch für eine unterschiedliche Gewichtung der Vertragszahnärzte, die Mitglied der klagenden BAG sind, und den bei der BAG angestellten Zahnärzten bestand kein Anlass. Nach der Konzeption des SGB V sind Vertragsärzte und angestellte Ärzte hinsichtlich ihres zeitlichen Arbeitsumfangs gleich zu behandeln (vgl auch allgemein zur statusbezogenen Annäherung von angestellten <Zahn>Ärzten und Vertrags<zahn>ärzten: - juris RdNr 34 - Vorbereitungsassistent, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-5525 § 32 Nr 3 vorgesehen). So hat der Gesetzgeber mit dem GKV-VSG im Jahr 2015 ausdrücklich geregelt, dass Vertragsärzte und angestellte Ärzte bei der Plausibilitätsprüfung bezogen auf die im Tageszeitprofil und im Quartalszeitprofil maßgebenden Stundengrenzen gleich zu behandeln sind (§ 106a Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V idF des GKV-VSG vom ; heute § 106d Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V; vgl - juris RdNr 20, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 106a Nr 25 vorgesehen; vgl auch Entwurf der BReg eines GKV-VSG, BT-Drucks 18/4095 S 110 zu Nr 46 <§ 106a> zu Buchst a DBuchst bb). Nach § 106a Abs 2 Satz 9 SGB V (heute § 106d Abs 2 Satz 9 SGB V) gilt Satz 2 und damit das genannte Gleichbehandlungsgebot auch für Verfahren, die am noch nicht rechtskräftig abgeschlossen waren. Auch im Rahmen der Anwendung der Vorschriften über die Degression sind Vertragszahnärzte und angestellte Zahnärzte gleich behandelt worden (§ 85 Abs 4b Satz 2 SGB V idF des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes <VÄndG> vom , BGBl I 3439, aufgehoben durch das TSVG mWv ; vgl hierzu auch Gesetzentwurf der BReg eines VÄndG, BT-Drucks 16/2474 S 20 Zu Nr 4 Zu Buchst c). Das kann im Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht anders sein.

413. Der Beklagte hat ohne Rechtsverstoß die Anerkennung von Praxisbesonderheiten bei der Klägerin abgelehnt. Praxisbesonderheiten sind anzuerkennen, wenn ein spezifischer, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichender Behandlungs- bzw Verordnungsbedarf des Patientenklientels und die hierdurch hervorgerufenen Mehrkosten nachgewiesen werden ( - SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 35; - SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 38; - SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 14; - SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 55). Regelmäßig nicht zielführend ist der Hinweis auf schwere und kostenintensive Erkrankungen, weil sich solche Fälle in jeder Praxis finden ( - SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 38; - SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 14). Ob Praxisbesonderheiten anzuerkennen sind, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung, welche zum einen zum Gegenstand hat, ob die vorgetragenen spezifischen Besonderheiten des Patientenklientels im Vergleich zur Fachgruppe tatsächlich bestehen und zum anderen, ob diese Besonderheiten die Annahme rechtfertigen, dass sich diese auf das Behandlungs- und Verordnungsverhalten ausgewirkt haben. Bei der Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten steht den Prüfgremien ein Beurteilungsspielraum zu ( - BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36; - SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 14), nicht zuletzt, weil sich Praxisbesonderheiten nicht anhand eines Vergleichs statistischer Daten ermitteln lassen, sondern es hierzu einer fachkundigen Beurteilung bedarf ( - BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36; - SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 57; - juris RdNr 14). Dabei obliegt die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände wie Praxisbesonderheiten nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dem Arzt ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 18; - SozR 4-2500 § 106 Nr 53 RdNr 33, jeweils mwN). Dass der Arzt seiner Darlegungs- und Beweislast nur nach einer - uU aufwendigen - Auswertung der gespeicherten Daten gerecht werden kann, steht dem nicht entgegen ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 55 RdNr 32 und - B 6 KA 43/15 R - USK 2016-77 = juris RdNr 35). Die Prüfgremien sind zu Ermittlungen von Amts wegen nur hinsichtlich solcher Umstände verpflichtet, die typischerweise innerhalb der Fachgruppe unterschiedlich und daher augenfällig sind ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 17, 43 und - B 6 KA 18/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 34 RdNr 18, jeweils mwN; - SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 16; - SozR 4-2500 § 106 Nr 44 RdNr 14).

42a) Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte es rechtsfehlerfrei abgelehnt, bei der Klägerin eine Praxisbesonderheit "Heimpatienten" anzuerkennen, da die Wirtschaftlichkeit des von ihr geltend gemachten Mehraufwandes nicht nachgewiesen ist. Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Betreuung von Pflegeheimbewohnern eine Praxisbesonderheit darstellen, wenn nachweisbar ein erhöhter Behandlungsbedarf besteht. Ein solcher ergibt sich aber nicht per se aus dem Umstand, dass ein Patient in einem Pflegeheim wohnt. Weder die Pflegebedürftigkeit noch die spezielle Wohnsituation lassen ohne Weiteres auf erhöhte Kosten schließen ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 17).

43Soweit die Klägerin vorgetragen hat, durch die Behandlung von Heimpatienten entstehe ein überdurchschnittlicher Behandlungsaufwand insbesondere in Form von Besuchen, Wegegeldern und Nachbehandlungen, diesen Mehraufwand beziffert und für Heimpatienten mit hoher Besuchsfrequenz exemplarisch die jeweiligen Befunde eingereicht hat, ist der Beklagte diesem Vortrag anhand der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nachgegangen. Er hat jedoch, ohne dass dies zu beanstanden wäre, anhand der zahlreichen als repräsentativ vorgelegten Einzelfälle den Eindruck gewonnen, dass der Behandlungsaufwand der Klägerin einschließlich der Aufwendungen für Besuche und Wegegelder nicht geboten war. Eine kontinuierliche Besuchstätigkeit in Heimen, in denen - worauf auch bereits das SG hingewiesen hat - die Behandlungsmöglichkeiten eingeschränkt sind, weil etwa keine Röntgenaufnahmen gefertigt werden können, ist nicht stets und in jedem Umfang wirtschaftlich. Selbst wenn ein Besuch (vgl Nr 151 BEMA-Z, Besuch eines Versicherten, einschließlich Beratung und eingehende Untersuchung; vgl auch Nr 153 BEMA-Z, Besuch eines Versicherten in einer Einrichtung zu vorher vereinbarten Zeiten und bei regelmäßiger Tätigkeit in der Einrichtung einschließlich Beratung und eingehende Untersuchung, ohne Vorliegen eines Kooperationsvertrags nach § 119b Abs 1 SGB V, welcher den verbindlichen Anforderungen der Vereinbarung nach § 119b Abs 2 SGB V entspricht) auch dann abgerechnet werden kann, wenn der Patient die zahnärztliche Praxis aufsuchen könnte (vgl Liebold/Raff/Wissing, DER Kommentar BEMA-Z und GOZ, Stand Januar 2020, KCH Nr 151 Anm 2.1), aber etwa eine notwendige Begleitperson nicht zur Verfügung steht, ist eine routinemäßige, weitgehend anlasslose Besuchstätigkeit bei einer Vielzahl von Heimbewohnern nicht regelmäßig wirtschaftlich. Hier ging die vorgelegte Behandlungsdokumentation nach den Feststellungen des SG jedoch nicht über den Aussagegehalt von Abrechnungsscheinen hinaus. Den vorgelegten Unterlagen war insbesondere nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen der Besuch angefordert wurde (zu dem Erfordernis, bei Abrechnung der Nr 171 BEMA-Z <Zuschlag nach § 87 Abs 2i SGB V für das Aufsuchen von Versicherten, die pflegebedürftig sind, eine Behinderung oder eine eingeschränkte Alltagskompetenz aufweisen> die Notwendigkeit des Aufsuchens, beispielsweise bei fehlender Unterstützung durch das Lebensumfeld, bei Desorientierung oder bei Bettlägerigkeit, zu dokumentieren, vgl auch Anm 4 zu Nr 171 BEMA-Z).

44Ohne Rechtsverletzung hat der Beklagte auch von der fehlenden Dokumentation auf die fehlende Wirtschaftlichkeit der Besuche geschlossen. Der Arzt ist seit jeher verpflichtet, die bei der Behandlung eines Patienten gemachten Feststellungen und durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu dokumentieren (für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung siehe etwa § 5 <Aufzeichnungen> Bundesmantelvertrag-Zahnärzte, Stand ; zur Aufzeichnungspflicht der Leistungserbringer vgl § 294, § 295 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB V; zur allgemeinen Dokumentationspflicht von Behandlern siehe auch § 10 Abs 1 <Muster->Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte und nunmehr auch § 630f BGB idF des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom , BGBl I 277 mWv ; vgl - SozR 4-2500 § 95c Nr 2 RdNr 23; vgl auch - BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 35; - SozR 4-2500 § 106 Nr 55 RdNr 32 und - B 6 KA 43/15 R - USK 2016-77 = juris RdNr 35). Sind schon diese formalen Voraussetzungen nicht erfüllt, sind Prüfgremien ohne ergänzenden substantiierten Vortrag der betroffenen Praxis nicht gehalten, in weitere Ermittlungen einzutreten. Die allgemeinen Ausführungen der Klägerin etwa zur erforderlichen intensiven Nachsorge bei Patienten in Alten- und Pflegeheimen sind nicht geeignet, dies zu entkräften.

45Der Beklagte war auch - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht verpflichtet, von sich aus weitere Unterlagen anzufordern oder der Klägerin Gelegenheit zu weiteren Darlegungen - zu den vorgelegten Behandlungsdokumentationen oder zu anderen Patienten mit Besuchsleistungen - zu geben. In dem hier betroffenen Quartal war die Wirtschaftlichkeit der Besuchstätigkeit der Klägerin nicht erstmals Gegenstand von Prüfungen, vielmehr hatte der Beklagte bereits in früheren Quartalen identische Beanstandungen - vom SG bestätigt - vorgenommen (vgl zu den Quartalen 1/2009 und 2/2009 SG Marburg Urteil vom - S 12 KA 275/14 - juris, Az beim LSG L 4 KA 49/15; vgl auch zu den Quartalen 1/2008 bis 4/2008 SG Marburg Urteil vom - S 12 KA 228/13 - juris, Az beim LSG L 4 KA 1/14). Die Klägerin konnte daher nicht darauf vertrauen, dass der Beklagte die Unterlagen als ausreichend ansehen und anderenfalls weitere Unterlagen anfordern würde. Es ist Angelegenheit der geprüften Praxis, die zur Begründung ihres Anspruchs dienenden Tatsachen so genau wie möglich anzugeben und zu belegen, vor allem, wenn sie sich auf für sie günstige Tatsachen berufen will, die allein ihr bekannt sind oder nur durch ihre Mithilfe aufgeklärt werden können (vgl - SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 40 mwN). Die Klägerin hätte daher in Kenntnis der Kritik des Beklagten an ihrer Behandlungsdokumentation fehlende Angaben in der Patientenkartei von sich aus im Einzelfall durch geeigneten Sachvortrag ergänzen müssen. Ohne Initiative der Klägerin hatte der Beklagte in der konkreten Situation angesichts der Vorgeschichte keinen Anlass zu der Annahme, dass die Klägerin ihren bisherigen Vortrag ergänzen kann oder will (vgl - SozR 2200 § 368n Nr 57 S 198 = juris RdNr 34).

46Der Beklagte durfte schließlich auch von den von der Klägerin selbst ausgewählten und vorgelegten Unterlagen zu Heimpatienten mit sehr hohen Besuchsleistungen darauf schließen, dass die Mehrzahl der Besuchsleistungen der Klägerin nicht wirtschaftlich war und daher keine Praxisbesonderheit "Heimpatienten" bestand. Er musste nicht überprüfen, ob auch für die anderen zahlreichen Heimpatienten die erforderliche Dokumentation fehlte. Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - in dem Abrechnungsverhalten der Klägerin Muster zu erkennen sind, die auf eine systematisch unwirtschaftliche Abrechnung hindeuten (vgl ähnlich zur Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit anhand der Tages- und Quartalszeitprofile zur Prüfung von Folgequartalen - SozR 4-2500 § 106a Nr 21 RdNr 18). Vereinzelt korrekt dokumentierte und abgerechnete Besuchsleistungen wären ohnehin nicht geeignet, eine Praxisbesonderheit zu belegen.

47b) Auch soweit der Beklagte es abgelehnt hat, eine Praxisbesonderheit "Komplexsanierungen" anzuerkennen, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass es zur Begründung versorgungsrelevanter Besonderheiten nicht genügt, lediglich ein Mehr an "fachgruppentypischen" Leistungen abzurechnen ( - SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 22; - MedR 2012, 413 RdNr 17 f; - juris RdNr 26, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, alle zu Praxisbesonderheiten bei der Bestimmung des Regelleistungsvolumens). Allein mit der im Vergleich zu anderen MKG-Chirurgen-Praxen häufigeren Abrechnung von Intubationsnarkosen - wie von der Klägerin geltend gemacht - lässt sich daher eine Praxisbesonderheit nicht begründen. Auch soweit die Klägerin vorgetragen hat, ihre Praxis sei auf die Behandlung von Patienten mit infektiösen Erkrankungen, Demenz- und Herzkreislauferkrankungen, Zahnarztphobien und Behinderungen spezialisiert, ist dies nicht geeignet, Komplexsanierungsfälle als Besonderheit der Praxis nachzuweisen. Die Klägerin hat hierzu im Verwaltungsverfahren eine Patientenliste nebst Ausdrucken der Patientendokumentation und Aufstellungen der hierauf entfallenden Behandlungskosten zu einigen Patienten vorgelegt. Der Beklagte hat auch diese Unterlagen nach Sichtung dahingehend bewertet, dass diese das Kriterium einer ordnungsgemäßen Dokumentation nicht erfüllten und im Wesentlichen keine über reine Abrechnungsleistungen hinausgehenden Informationen enthielten. Sie seien daher nicht geeignet, die Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit der Leistungen zu belegen. Dies ist nicht zu beanstanden. Sind die Behandlungsunterlagen mangels hinreichender Dokumentation nicht aussagekräftig, genügt ein Arzt allein mit deren Vorlage nicht seinen Darlegungsobliegenheiten. Insofern gilt das oben zur Praxisbesonderheit "Heimpatienten" Gesagte entsprechend.

48c) Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Beklagte eine Praxisbesonderheit im Hinblick auf einen chirurgischen Schwerpunkt der Klägerin verneint hat. Auch wenn die Klägerin gegenüber der Vergleichsgruppe der Allgemeinzahnärzte nahezu alle dem chirurgischen Leistungsspektrum zugeordneten Gebührenpositionen vermehrt abgerechnet hat, während die Überschreitungen im Vergleich mit den MKG-Chirurgen wesentlich moderater ausfielen, belegt dieses "Mehr" an Leistungen angesichts der ebenfalls in hohem Maße durchgeführten allgemeinzahnärztlichen Leistungen keinen signifikant abweichenden Behandlungsbedarf bei dem Patientenklientel der Klägerin. Zu Recht geht das SG daher davon aus, dass der Beklagte diesen Umstand mit der Bildung der gewichteten Vergleichsgruppe genügend berücksichtigt hat.

49d) Der Beklagte hat seine Ablehnung von Praxisbesonderheit schließlich auch nicht unzureichend begründet iS des § 35 Abs 1 SGB X. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats müssen die Prüfgremien ihre Ausführungen zum Vorliegen der Voraussetzungen für Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung derart verdeutlichen, dass im Rahmen der - in Folge von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen eingeschränkten - gerichtlichen Überprüfung zumindest die zutreffende Anwendung der einschlägigen Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11 mwN; - SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 58, 61; - SozR 4-2500 § 106 Nr 56 RdNr 28). Diese Anforderungen dürfen zwar nicht überspannt werden, da sich gerade Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung regelmäßig an einen sachkundigen Personenkreis richten, sodass sich die Begründung auf die Angabe der maßgebend tragenden Erwägungen beschränken kann (vgl - BSGE 74, 70, 75 = SozR 3-2500 § 106 Nr 23 S 128 f; - SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; - SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11); jedoch müssen die Ausführungen erkennen lassen, wie das Behandlungsverhalten des Arztes bewertet wurde und auf welchen Erwägungen die betroffene Kürzungsmaßnahme beruht ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; - SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11; - SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 61; siehe schon - SozR 3-2500 § 106 Nr 41 S 227; vgl auch - juris RdNr 18). Erforderlich sind insbesondere Ausführungen dazu, ob und ggf in welchem Umfang der Mehraufwand auf Praxisbesonderheiten zurückzuführen ist (vgl - SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 61 ff unter Hinweis auf - SozR 3-2500 § 106 Nr 41 S 224). Die Prüfgremien haben sich - als Korrektiv der ihnen eingeräumten Beurteilungsspielräume - mit substantiierten Darlegungen des Arztes im Einzelnen auseinanderzusetzen (vgl - SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 58, 67; - SozR 4-2500 § 106 Nr 56 RdNr 28, jeweils mwN; vgl auch bereits oben RdNr 26).

50Dem ist der Beklagte hier ausreichend nachgekommen. Er ist intensiv auf die Praxisbesonderheit "Heimpatienten" und die Anforderungen an die Dokumentation eines Mehraufwandes eingegangen. Aber auch mit den Praxisbesonderheiten "Komplexsanierungen" bzw "chirurgischer Schwerpunkt" hat er sich in der gebotenen Weise auseinandergesetzt. Zum geltend gemachten chirurgischen Schwerpunkt hat er bereits einleitend zum statistischen Vergleich aufgezeigt, dass es nach seiner Auffassung nicht auf eine isolierte Betrachtung der abgerechneten chirurgischen Leistungen, sondern auf das gesamte Abrechnungsverhalten ankomme. Soweit die Klägerin kritisiert, der Beklagte habe sich mit der von ihr vorgelegten umfangreichen Dokumentation nicht ausreichend und vor allem in zu pauschaler Form auseinandergesetzt, trifft dies - wie schon aus den obigen Ausführungen hervorgeht - nicht zu.

514. Der Honorarkürzungsbescheid ist auch nicht hinsichtlich seiner Ausführungen zum offensichtlichen Missverhältnis zu beanstanden. Wenn das Behandlungs- oder Verordnungsverhalten eines Arztes in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht und diesen in einem Ausmaß überschreitet, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und in Behandlungsnotwendigkeiten erklären lässt, so hat dies die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (stRspr, siehe dazu etwa - SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 19; - BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14) und es bedarf keines einzelfallbezogenen Nachweises der Unwirtschaftlichkeit, um eine Kürzung vorzunehmen.

52Mit der Festsetzung der Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis auf einen Überschreitungsgrad von 40 % oberhalb des Durchschnitts der gewichteten Vergleichsgruppe hat der Beklagte seinen Beurteilungsspielraum ( - BSGE 76, 53, 58 = SozR 3-2500 § 106 Nr 26 S 149 = juris RdNr 25 mwN; - SozR 4-2500 § 106 Nr 34 RdNr 41-42; - SozR 4-2500 § 106 Nr 56 RdNr 23) nicht überschritten. Wann der Fallwert des geprüften Arztes so erheblich über dem Vergleichsgruppendurchschnitt liegt, dass sich die Mehrkosten nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lassen und deshalb zuverlässig auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise als Ursache der erhöhten Aufwendungen geschlossen werden kann und damit der mit dem Begriff des offensichtlichen Missverhältnisses gekennzeichnete Überschreitungsgrad erreicht ist, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Prüfungsgegenstandes und den Umständen des konkreten Falles ab und entzieht sich einer allgemein verbindlichen Festlegung ( - BSGE 76, 53, 55 = SozR 3-2500 § 106 Nr 26 S 146 = juris RdNr 18). Die Festlegungen können je nach Art der Vergleichsprüfung und dem Maß der Homogenität auf Überschreitungen ab 30 % bis 60 % erfolgen ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 34 RdNr 41-42 mwN unter Hinweis auf - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 13 mwN und - BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 50 mwN). Insbesondere im homogenen zahnärztlichen Bereich hat der Senat seit jeher eine Grenze von 40 % für die Bestimmung des offensichtlichen Missverhältnisses gebilligt ( - juris RdNr 13 unter Hinweis auf - BSGE 62, 24, 30 = SozR 2200 § 368n Nr 48 S 162; vgl auch - USK 98181 = juris RdNr 23; - BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 50). Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn der Beklagte diesen Wert bei einer fachübergreifenden BAG mit Zahnärzten und einem MKG-Chirurgen ansetzt, nachdem er eine - im Grundsätzlichen nicht zu beanstandende - Gewichtung der beiden Vergleichsgruppen vorgenommen hat und Praxisbesonderheiten nicht zu berücksichtigen waren. Der Beklagte hat seine Auffassung, das bei der Klägerin gekürzte Honorar im konservierend-chirurgischen Bereich bewege sich im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses, schließlich auch zureichend in Anlehnung an die Rechtsprechung des Senats (Hinweis auf - SozR 4-2500 § 106 Nr 3) begründet (§ 35 Abs 1 SGB X).

535. Der Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist (vgl dazu - SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 28 f; - BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12; grundlegend für die Wirtschaftlichkeitsprüfung 14a/6 RKa 37/91 - BSGE 72, 271, 277 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 111 f = juris RdNr 30 ff) stand der Entscheidung des Beklagten nicht entgegen. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die nach § 45 Abs 2 SGB I für die Verjährung sinngemäß geltenden Vorschriften des BGB auch für die Hemmung der Ausschlussfrist im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung entsprechend heranzuziehen sind (vgl zB - BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 14) und mit dem TSVG vom (BGBl I 646) ist dies in § 106 Abs 3 Satz 3 letzter Halbsatz SGB V ausdrücklich klargestellt worden (vgl - juris RdNr 32, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Sprechstundenbedarf). Der die Wirtschaftlichkeitsprüfung abschließende Bescheid der Prüfungsstelle vom hat die Ausschlussfrist in jedem Fall gewahrt (zur Verkürzung der Frist auf zwei Jahre durch das TSVG mWv vgl nun § 106 Abs 3 Satz 3 SGB V sowie § 106d Abs 5 Satz 3 SGB V für die sachlich-rechnerische Richtigstellung; vgl auch - SozR 4-2500 § 106a Nr 23 RdNr 34 mwN sowie - juris RdNr 32, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, zur Anwendung lediglich auf Quartale nach Inkrafttreten des TSVG).

54D. Rechtsgrundlage der bei der Klägerin durchgeführten Einzelfallprüfung im konservierend-chirurgischen Bereich betreffend Leistungen nach Nr 75 Anlage zur GOÄ ist ebenfalls § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Satz 4 SGB V in der hier noch anwendbaren Fassung des GKV-WSG iVm §§ 5 und 6 Abs 1 PrüfV. Zwar handelt es sich hierbei - auch, soweit die Klägerin keine Abschriften der Arztbriefe vorgelegt hat (vgl dazu unten 2. b) - um eine sachlich-rechnerische Richtigstellung. Die im engen Zusammenhang mit einer "echten" Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolgende Honorarberichtigung bleibt jedoch Teil der Wirtschaftlichkeitsprüfung; Rechtsgrundlage ist daher nicht § 106a Abs 2 SGB V in der ab geltenden Fassung des GMG (im Folgenden: aF; jetzt § 106d Abs 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB V; vgl etwa auch - SozR 4-2500 § 106 Nr 10 RdNr 13 = juris RdNr 19, welches von der Befugnis, Abrechnungs- oder Verordnungskorrekturen geringeren Umfangs "im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung mit zu erledigen" spricht).

55Der Beklagte durfte die fehlerhaften Ansätze der Leistungspositionen für Arztbriefe und Berichte (dazu 2.) im Rahmen der durchgeführten Wirtschaftlichkeitsprüfung kraft seiner Annexkompetenz korrigieren und musste die Abrechnung nicht insoweit an die zu 1. beigeladene KZÄV abgeben (dazu 1.).

561. Trotz der grundsätzlichen Unterschiede zwischen Wirtschaftlichkeitsprüfung und sachlich-rechnerischer Richtigstellung gibt es zwischen beiden Instrumenten inhaltliche Überschneidungen. Regelmäßig ist eine sachlich-rechnerische Richtigstellung vorrangig, weil sinnvollerweise nur die Honorarforderung des Vertragsarztes der Prüfung auf ihre Wirtschaftlichkeit unterzogen werden kann, die sachlich-rechnerisch richtig und auch ansonsten rechtmäßig ist. Honoraranforderungen für fehlerhaft abgerechnete Leistungen, zB für ohne die erforderliche Genehmigung bzw überhaupt nicht erbrachte Leistungen, sind unberechtigt und bedürfen keiner Prüfung auf ihre Wirtschaftlichkeit ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 10 RdNr 14 = juris RdNr 20). Dieser grundsätzliche Vorrang der Abrechnungskorrekturen ist indessen praktisch vielfach nicht umsetzbar, weil für die zuständigen Behörden nicht von vorneherein erkennbar ist, ob bei Auffälligkeiten der Honorarabrechnung fehlerhafte Ansätze der Gebührenordnung oder eine unwirtschaftliche Leistungserbringung bzw -abrechnung vorliegen oder ob beides zusammentrifft. Vielfach zeigt erst eine nähere Untersuchung der Abrechnung im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung, dass bestimmte, ggf extreme Überschreitungen des Vergleichsgruppendurchschnitts hinsichtlich einzelner Leistungssparten oder - besonders deutlich - hinsichtlich einzelner Gebührenpositionen auf einen Fehlansatz zurückgehen (vgl - SozR 4-2500 § 106 Nr 10 RdNr 13 = juris RdNr 19). In dieser Situation hält der Senat die Prüfgremien für berechtigt, sachlich-rechnerische Richtigstellungen vorzunehmen, wenn diese neben der eigentlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung von untergeordneter Bedeutung sind (sog Annexkompetenz oder Randzuständigkeit, vgl hierzu - SozR 3-2500 § 106 Nr 29 S 163 = juris RdNr 15; - SozR 4-2500 § 106 Nr 10 RdNr 13 = juris RdNr 19; - BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 19; - SozR 4-2500 § 106a Nr 3 RdNr 12, 17; - SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 52). Nur wenn der Schwerpunkt der Beanstandungen bei einer fehlerhaften Anwendung der Gebührenordnung liegt, müssen die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung das Prüfverfahren abschließen und der K(Z)ÄV Gelegenheit geben, sachlich-rechnerische Richtigstellungen vorzunehmen (vgl auch § 9 Abs 2 Richtlinien der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen nach § 106 Abs 2b SGB V zum Inhalt und zur Durchführung der Prüfungen nach § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V <Zufälligkeitsprüfung> vom mWv ; vgl auch für den vertragsärztlichen Bereich: § 1 Abs 4 der Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen gemäß § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V <Zufälligkeitsprüfung> vom , zuletzt geändert am mWv ). Ergeben sich im umgekehrten Fall der Abrechnungsprüfung durch die K(Z)ÄV (siehe § 106a Abs 2 SGB V aF; jetzt § 106d Abs 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB V) oder im Rahmen der von den Krankenkassen durchzuführenden Plausibilitätsprüfung der Abrechnungen (§ 106a Abs 3 SGB V aF; jetzt § 106d Abs 3 SGB V) Anhaltspunkte dafür, dass die der Prüfung unterzogenen Leistungen in einem unwirtschaftlichen Ausmaß erbracht worden sind, haben K(Z)ÄV bzw Krankenkassen die Einleitung eines Verfahrens der Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V zu veranlassen (vgl § 5 Abs 3 bzw § 10 Abs 4 der Richtlinien der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen nach § 106a Abs 6 SGB V zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungs- und Plausibilitätsprüfungen nach § 106a Abs 2 und 3 SGB V vom mWv ; vgl zu dem Ganzen - BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 19; vgl auch - SozR 4-2500 § 106a Nr 3 RdNr 17).

57Gemessen an diesen Maßstäben durfte der Beklagte in dem streitgegenständlichen Quartal die erst im Laufe der Wirtschaftlichkeitsprüfung aufgefallenen Behandlungsfälle, in denen in diesem Quartal lediglich die Leistungen nach Nr 75 Anlage zur GOÄ ggf nebst Porto abgerechnet wurden, selbst auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit prüfen. Der notwendige Zusammenhang der Fehlansätze mit der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der gesamten Behandlung im konservierend-chirurgischen Bereich ist trotz der für sich genommen nicht geringen Anzahl der gekürzten Leistungen und der Höhe der Kürzungsbeträge noch gewahrt. Diese sind im Hinblick auf das Ausmaß der Kürzungen allein wegen Unwirtschaftlichkeit von untergeordneter Bedeutung. Zudem haben die Richtigstellungen erheblichen Einfluss auf die durchschnittlichen Fallwerte der Klägerin und damit auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung selbst, da erst die Streichung der unzutreffend abgerechneten Behandlungsfälle das Ausmaß der Unwirtschaftlichkeit der Abrechnung der Klägerin hat zutage treten lassen.

582. Der Beklagte war in den Fällen, in denen die Klägerin Arztbriefe vorgelegt hatte, berechtigt, die Leistungen nach Nr 75 Anlage zur GOÄ ggf nebst Porto zu streichen (dazu a). Nichts anderes gilt, soweit die Klägerin keine Abschriften der Arztbriefe zu den Akten gereicht hat (vgl dazu unten b).

59a) Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertrags(zahn)arztes zielt - auch soweit sie ausnahmsweise durch die Prüfgremien im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung vorgenommen wird und vorgenommen werden darf - auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots - erbracht und abgerechnet worden sind (vgl - SozR 4-2500 § 117 Nr 6 RdNr 13 mwN; - BSGE 127, 43 = SozR 4-2500 § 106a Nr 19, RdNr 10 mwN). Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung ist insbesondere dann angezeigt, wenn die abgerechneten Leistungen nicht die Vorgaben der maßgeblichen Abrechnungsvorschriften wie EBM-Ä, BEMA-Z, GOZ oder GOÄ erfüllen (vgl - SozR 4-5531 Nr 33076 Nr 1 RdNr 18 mwN; - RdNr 11, zur Veröffentlichung in SozR 4-5531 Nr 01210 Nr 1 vorgesehen).

60Gemäß Nr 3 der Allgemeinen Bestimmungen des BEMA-Z werden zahnärztliche Leistungen, die nicht in diesem Bewertungsmaßstab enthalten sind, nach der GOÄ bewertet. Nr 75 der Anlage Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen (Teil I) zur GOÄ idF vom (= BEMA-Z Nr 7750) erfasst einen ausführlichen schriftlichen Krankheits- und Befundbericht (einschließlich Angaben zur Anamnese, zu dem<n> Befund<en>, zur epikritischen Bewertung und ggf zur Therapie). Die Befundmitteilung oder der einfache Befundbericht ist demgegenüber mit der Gebühr für die zugrundeliegende Leistung abgegolten. Ein ausführlicher schriftlicher Bericht in diesem Sinne zeichnet sich aus durch eine individuelle, auf den Patienten abgestellte epikritische Bewertung der Anamnese, der erhobenen Befunde und des Krankheitsverlaufs sowie ggf der Therapie (vgl Brück/Klakow-Franck, Kommentar zur GOÄ, Stand September 2019, Nr 75 RdNr 2; vgl auch VG Würzburg Urteil vom - W 1 K 17.680 - juris RdNr 22). Dementsprechend reicht es nicht aus, wenn im Wesentlichen - ggf unter Verwendung standardisierter Textbausteine - befundbezogene und allgemein gehaltene Aussagen getroffen werden, eine individuelle Bewertung jedoch unterbleibt (Brück/Klakow-Franck, aaO). Erforderlich ist ein "Längsschnitt durch den Krankheitsverlauf", bei dem umfassend der bisherige Krankheitsverlauf einschließlich erfolgter Behandlungen dargestellt und bewertet wird (vgl - SozR 5530 Allg Nr 2 S 10 = juris RdNr 23 zu Nr 17 GOÄ aF; - juris RdNr 15 f mwN, RdNr 17; .KS - juris RdNr 18; vgl auch Hoffmann/Kleinken, GOÄ, Stand August 2019, Nr 75 Anlage zur GOÄ, RdNr 2). Der Bericht muss nicht zwingend nach Beendigung der Behandlung erfolgen, sondern kann auch am Abschluss eines Behandlungsabschnitts abgegeben werden (BSG, aaO, juris RdNr 22).

61Das SG hat für den Senat bindend festgestellt, dass es sich bei den von der Klägerin nach Nr 75 Anlage zur GOÄ abgerechneten Schreiben, soweit Abschriften vorgelegt wurden, um medizinische Sachstandsmitteilungen gehandelt habe, die keinen fachlichen Nutzen für eine weitere Handlung beinhalteten. Es liegt auf der Hand, dass damit ein individueller "Längsschnitt durch den Krankheitsverlauf", bei dem umfassend der bisherige Krankheitsverlauf einschließlich erfolgter Behandlungen dargestellt und bewertet wird, nicht geleistet und der Leistungsinhalt der Nr 75 Anlage zur GOÄ nicht erfüllt wird. Dies wird auch von der Klägerin mit ihrer Revision nicht angegriffen.

62b) Soweit die Klägerin keine Abschriften der Arztbriefe vorgelegt hat, liegt ebenfalls eine sachlich-rechnerische Richtigstellung der Leistungen nach Nr 75 Anlage zur GOÄ vor.

63Ergeben sich im Rahmen der Prüfung der Wirtschaftlichkeit in einzelnen Behandlungsfällen begründete Zweifel daran, dass der Tatbestand einer Gebührenordnungsposition erfüllt ist, obliegt es auch dem betroffenen Arzt, an der Beseitigung dieser Zweifel durch sachdienliche Angaben mitzuwirken (vgl allgemein - juris RdNr 8; - RdNr 11). Diese - von der Darlegungs- und Feststellungslast zu trennende - besondere Mitwirkungspflicht ergibt sich daraus, dass dem Arzt ein Vergütungsanspruch nur dann zusteht, wenn er die Leistung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen durfte; es ist daher seine Angelegenheit, die zur Begründung seines Anspruchs dienenden Tatsachen so genau wie möglich anzugeben und zu belegen. Das gilt vor allem, wenn sich der Arzt auf für ihn günstige Tatsachen berufen will, die allein ihm bekannt sind oder nur unter seiner Mithilfe aufgeklärt werden können (vgl - SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 40; - SozR 4-2500 § 106 Nr 46 RdNr 22). Welche Angaben dabei vom Arzt erwartet werden können, hängt von den Umständen des Einzelfalles und insbesondere der Art der erbrachten Leistung ab (vgl - juris RdNr 27, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

64Legt der Arzt schon die angeforderte Behandlungsdokumentation nicht vor, hängt es von den Gegebenheiten des Einzelfalles ab, wie die Prüfgremien hierauf reagieren können. Ist die Dokumentation der Behandlung Teil der Leistungslegende, ist diese als nicht erfüllt anzusehen und es ist lediglich Raum für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung (vgl etwa zur Dokumentation eines mindestens sechsmonatigen Schmerzintervalls bei der Akupunktur - juris, zur Veröffentlichung in SozR 4-5531 Nr 30790 Nr 1 vorgesehen).

65Nichts anderes kann gelten, wenn - wie hier bei dem Befund- und Krankheitsbericht - die ausweislich der Leistungslegende zu erbringende Leistung und die Dokumentation praktisch identisch sind. Einziger Gegenstand der Nr 75 Anlage zur GOÄ ist ein ausführlicher schriftlicher Krankheits- und Befundbericht. Elektronische Fertigung und Dokumentation (Abspeicherung) sind ein Vorgang. Kann in einem solchen Fall eine entsprechende Datei oder ein Ausdruck des Berichts bis zum Ende der Tatsacheninstanzen nicht vorgelegt werden, ohne dass dies näher begründet wird, lässt dies nur den Schluss zu, dass die Leistung nicht erbracht wurde. Für eine Wahlfeststellung zwischen unzutreffender gebührenordnungsmäßiger Abrechnung und unwirtschaftlicher Behandlung (vgl hierzu - SozR 4-2500 § 106 Nr 10 RdNr 13 = juris RdNr 19 unter Hinweis auf - BSGE 71, 194, 200 = SozR 3-2500 § 106 Nr 15 S 92 = juris RdNr 23; ähnlich - SozR 3-2500 § 106 Nr 36 S 206 f = juris RdNr 24) besteht in diesem Fall - wie auch das SG richtig gesehen hat - kein Anlass.

66E. Soweit der Beklagte wegen fehlender Dokumentation Einzelabsetzungen im KB-Bereich vorgenommen hat, hat das SG dies unter Verweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheids des Beklagten (§ 136 Abs 3 SGG) bestätigt. Dem ist die Klägerin inhaltlich nicht entgegengetreten und Fehler sind nicht ersichtlich.

67F. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 155 Abs 1 Satz 1 VwGO und berücksichtigt, dass die Klägerin lediglich teilweise im Sinne der Verurteilung des Beklagten zur Neubescheidung und diesbezüglich auch nur bezogen auf einen der geltend gemachten Aspekte (Bildung der gewichteten Vergleichsgruppe) erfolgreich war (vgl - juris RdNr 33, insoweit nicht abgedruckt in SozR 4-2500 § 101 Nr 20; vgl auch - BVerwGE 135, 34 RdNr 67 mwN). Da zudem nicht absehbar ist, wie sich die Neuberechnung des Vergleichswerts konkret auf die Kürzung des Honorars der Klägerin auswirken wird, haben die Klägerin und der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte zu tragen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keinen eigenen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl - BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2020:130520UB6KA219R0

Fundstelle(n):
RAAAH-57539