Online-Nachricht - Donnerstag, 30.07.2020

Kindergeld | Die Vorschrift § 66 Abs. 3 EStG betrifft das Festsetzungsverfahren (BFH)

Wendet sich der Kindergeldberechtigte mit Einwendungen bezüglich der Höhe des zur Auszahlung gekommenen Kindergeldes gegen den in einem Kindergeldbescheid enthaltenen Abrechnungsteil und entscheidet die Familienkasse in der Einspruchsentscheidung über die Höhe des Auszahlungsanspruches, stellt diese Entscheidung einen Abrechnungsbescheid i.S. des § 218 Abs. 2 AO dar. Die Qualifizierung als Abrechnungsbescheid hängt nicht davon ab, dass die Familienkasse ihre Entscheidung ausdrücklich als Abrechnungsbescheid oder als Bescheid nach § 218 Abs. 2 AO bezeichnet (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach dem im Zuge des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes v. (BGBl 2017 I S. 1682) eingeführten § 66 Abs. 3 EStG wird das Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. Nach dem ist diese Vorschrift allerdings nur im Festsetzungs-, nicht aber im Erhebungsverfahren anzuwenden. Die neue Vorschrift bietet daher keine Grundlage dafür, die Auszahlung eines bestandskräftig festgesetzten Kindergeldanspruchs zu verweigern.

Die Problematik betrifft alle nach dem gestellten Kindergeldanträge, mit denen eine rückwirkende Festsetzung und Auszahlung von Kindergeld für über sechs Monate hinausgehende Zeiträume begehrt wird.

Sachverhalt: Der Kläger beantragte bei der Revisionsklägerin (Familienkasse) Kindergeld für den Zeitraum August 2014 bis Januar 2018. Das Antragsschreiben datiert vom wurde mit dem Eingangsstempel der Familienkasse vom versehen. Die Familienkasse setzte mit Bescheid vom Kindergeld für Juli 2017 bis Januar 2018 fest und zahlte den Betrag umgehend aus. Mit dem streitigen Bescheid vom setzte die Familienkasse auch das Kindergeld für den Zeitraum August 2014 bis Juni 2017 fest. Im selben Bescheid verfügte die Familienkasse unter der Überschrift "Nachzahlung", dass sich hieraus keine Nachzahlung des Kindergeldes ergebe. Zur Begründung verwies die Familienkasse darauf, dass aufgrund der gesetzlichen Änderung nach § 66 Abs. 3 EStG Anträge, die nach dem eingingen, rückwirkend nur noch zu einer Nachzahlung für die letzten sechs Kalendermonate vor Eingang des Antrages bei der Familienkasse führen könnten.

Das gab der dagegen gerichteten Klage statt und hob die Nichtauszahlungsverfügung vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom auf.

Der BFH wies die Revision der Familienkasse als unbegründet zurück und führte aus:

  • Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger das Kindergeld für die Monate August 2014 bis Juni 2017 auszuzahlen ist.

  • Der vom Kläger angefochtene Bescheid vom stellt jedenfalls in der Gestalt, die er durch die Einspruchsentscheidung vom gefunden hat, einen Abrechnungsbescheid i.S. des § 218 Abs. 2 AO dar.

  • Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des FG, dass der Kindergeldantrag des Klägers vom erst am bei der Familienkasse eingegangen ist.

  • Weiter ist auch die Annahme des FG nicht zu beanstanden, dass der Kläger einen Auszahlungsanspruch für die Monate August 2014 bis Juni 2017 hat und die Familienkasse die Auszahlung nicht unter Berufung auf § 66 Abs. 3 EStG begrenzen darf.

  • Die Regelung des § 66 Abs. 3 EStG ist im Streitfall anwendbar, da der Antrag des Klägers nach den Feststellungen des FG erst am bei der Familienkasse eingegangen ist. Die Vorschrift betrifft jedoch das Festsetzungsverfahren und nicht das Erhebungsverfahren. Insofern beruft sich die Familienkasse zur Begründung ihrer Gegenauffassung zu Unrecht auf den Wortlaut der Vorschrift.

Quelle: , NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB RAAAH-54584