Online-Nachricht - Montag, 27.07.2020

Umsatzsteuer | Zweifel am Unternehmenssitz im Ausland (FG)

Kann nicht festgestellt werden, dass der Leistungsempfänger sein Unternehmen im Ausland betreibt, ist auf das Vorliegen eines Empfängerorts im Inland zu schließen mit der Folge, dass eine Verlagerung des Leistungsorts nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG in das Ausland ausscheidet (; Revision anhängig).

Hintergrund: Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Abs. 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 Satz 1 UStG).

Sachverhalt: Streitig ist, ob die Umsätze der Klägerin im Zusammenhang mit einer Webseite im Inland der Umsatzsteuer unterliegen.

Die elektronische Dienstleistung der Homepage kann - mit eingeschränkten Möglichkeiten - vom Endkunden gratis in Anspruch genommen werden. Premium User können gegen Entgelt weitere Optionen nutzen. Zudem fallen aufgrund der Beliebtheit der Webseite Einnahmen durch Werbeeinblendungen, z.B. über Google AdSense, an. Die Server, über die die Webseite betrieben wird, stehen in Rechenzentren außerhalb Deutschlands.

Nach dem Vortrag der Klägerin sei die Betreiberin der Webseite in den Streitjahren die Firma I AG mit Sitz auf den Seychellen gewesen, deren Anteile über die in Russland und den USA ansässige Firma N LLC von Herrn V.A. gehalten wurden.

Die Steuerfahndung kam aufgrund der vorläufigen Feststellungen im Rahmen einer noch laufenden Steuerfahndungsprüfung zu der Auffassung, dass die Umsätze aus dem Betrieb der Webseite der Klägerin zuzurechnen seien. Ein Vertrag zwischen der Klägerin und der Firma I AG über die abgerechneten Dienstleistungen existiere nicht. Im Impressum der Webseite seien als Kontaktadresse die Daten der Firma I AG auf den Seychellen genannt.

Die Klage hatte keinen Erfolg:

  • Die von der Klägerin gegenüber der I AG erbrachten Leistungen sind in Deutschland umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig. Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Gesellschaft ist nach der EuGH-Rechtsprechung (vgl. ) der Ort, an dem die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung dieser Gesellschaft getroffen und die Handlungen zu deren zentraler Verwaltung vorgenommen werden. Bei der Bestimmung des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Gesellschaft ist eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen, und zwar in erster Linie der statutarische Sitz, der Ort der zentralen Verwaltung, der Ort, an dem die Führungskräfte der Gesellschaft zusammentreffen, und der - gewöhnlich mit diesem übereinstimmende - Ort, an dem die allgemeine Unternehmenspolitik dieser Gesellschaft bestimmt wird.

  • Dagegen ist eine fiktive Ansiedlung in der Form, wie sie für eine "Briefkastenfirma" oder für eine "Strohfirma" charakteristisch ist, nicht als Sitz einer wirtschaftlichen Tätigkeit einzustufen (vgl. ).

  • Die streitigen Leistungen sind im Inland zu versteuern. Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG oder nach der Grundregel des § 3a Abs. 1 UStG bestimmt. Denn im Streitfall liegt der Leistungsort sowohl bei Anwendung des § 3a Abs. 2 UStG als auch des § 3a Abs. 1 UStG im Inland.

Hinweis

Die Revision wurde zugelassen. Ein Aktenzeichen ist beim BFH derzeit nicht bekannt.

Nachricht am aktualisiert: Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. XI R 22/20 anhängig.

Quelle: , NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB HAAAH-54262