Online-Nachricht - Donnerstag, 16.07.2020

Erbschaftsteuer | Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb bei Wohnungsunternehmen (FG)

Die Vermietung von Wohnungen überschreitet nur dann die Grenze zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit der Folge, dass erbschaftsteuerlich kein (möglicherweise begünstigungsschädliches) Verwaltungsvermögen vorliegt, wenn neben der Überlassung der Wohnungen Zusatzleistungen erbracht werden, die das bei langfristiger Vermietung übliche Maß überschreiten und der Vermietungstätigkeit einen originär gewerblichen Charakter geben. Auf die Anzahl der gehaltenen Wohnungen kommt es nicht an (; Revision zugelassen).

Sachverhalt: Die Klägerin war eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG (KG) innerhalb eines Firmenverbundes, der über 700 Mietwohnungen innehat und verwaltet. Die KG selbst war Eigentümerin von etwa 40 Mietwohnungen und beschäftigte keine eigenen Arbeitnehmer. Zum Firmenverbund gehörte u.a. auch die S-GbR, die Eigentümerin des überwiegenden Teils der Wohnungen des Firmenverbundes war und 50 Arbeitnehmer beschäftigte. Die S-GbR verwaltete die Wohnungen der KG.

Im Streitjahr 2012 verstarb deren alleinige Kommanditistin. Ihre Anteile an der KG wurden von Todes wegen auf ihre beiden Söhne, welche zugleich je zur Hälfte an der S-GbR beteiligt waren, übertragen. Das beklagte Finanzamt stellte die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens auf den Todestag gesondert fest. In seinem Feststellungsbescheid behandelte es die zum Betriebsvermögen der KG gehörenden Grundstücke erbschaftsteuerlich als Verwaltungsvermögen mit der Begründung, dass der Hauptzweck des Betriebs der KG keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordere.

Das FG Münster wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • An Dritte vermietete Wohnungen und Garagen stellten nur dann erbschaftsteuerlich kein Verwaltungsvermögen dar, wenn der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordert.

  • Dabei kommt es nicht auf die Anzahl der vermieteten Wohnungen an, sondern darauf, ob in der Sache eine originär gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird (entgegen R E 13b. 13 Abs. 3 Satz 2 ErbStR 2011, wonach das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes regelmäßig anzunehmen ist, wenn das Unternehmen mehr als 300 eigene Wohnungen hält).

  • Für die Prüfung, ob ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb erforderlich ist, sind die ertragsteuerrechtlich maßgebenden Abgrenzungskriterien heranzuziehen.

  • Danach ist von einer gewerblichen Vermietungstätigkeit auszugehen, wenn der Vermieter ins Gewicht fallende Sonderleistungen gegenüber den Mietern wie bspw. Gebäudereinigung oder -überwachung übernimmt.

  • Im Streitfall sind solche Sonderleistungen weder von der KG noch von der S-GbR für die KG erbracht worden.

  • Ob ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb erforderlich ist, ist allein bezogen auf den Betrieb der KG zu entscheiden. Eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung der Tätigkeit weiterer Personen(-mehrheiten) im Firmen- bzw. Familienverbund findet nicht statt.

Hinweis:

Das FG hat die Revision zum BFH zugelassen. Ein BFH-Az. ist noch nicht bekannt.

Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB FAAAH-53658