Zur Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Anstellungsvertrags
Instanzenzug: LG Halle - 5 O 10/17 OLG Naumburg - 12 U 76/18
Tatbestand
1 Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Anstellungsvertrags.
2 Der Kläger und der als Anstalt öffentlichen Rechts von der beklagten Stadt errichtete Abwasserbetrieb L. (nachfolgend: Abwasserbetrieb) schlossen 2011 einen unbefristeten Vertrag, durch den der Kläger unter Ausschluss der ordentlichen Kündigung als Vorstand angestellt wurde. Der Vertrag sah neben dem Gehalt die Bereitstellung eines Firmenwagens vor, den der Kläger auch zu privaten Zwecken nutzen durfte. Weiterhin war er seit Juli 2014 sachkundiger Einwohner in dem Finanzausschuss der Beklagten und seit Juli 2015 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zum Ortsbürgermeister der zur Beklagten gehörenden Ortschaft Z. bestellt.
3 Im Jahr 2016 plante die Beklagte, die Aufgabe der Abwasserbeseitigung künftig durch einen Regiebetrieb ausführen zu lassen. Die Stelle des Betriebsleiters dieser rechtlich unselbständigen Einheit der Beklagten wurde aufgrund einer Ausschreibung im Oktober 2016 mit einem Dritten besetzt. Anfang November 2016 veröffentlichte die Beklagte im Amtsblatt die Satzung über die Auflösung des Abwasserbetriebes und die Fortführung der Aufgaben durch den Regiebetrieb. Anfang Dezember 2016 berieten der Finanzausschuss der beklagten Stadt sowie der Ortschaftsrat Z. unter Beteiligung des Klägers über die Satzung für den neuen Regiebetrieb.
4 Im Zusammenhang mit der Umstellung von der rechtlich selbständigen Anstalt auf den Regiebetrieb gab es Differenzen zwischen dem Kläger und der Bürgermeisterin der Beklagten, die zugleich Vorsitzende des Verwaltungsrats der Anstalt war. Der Kläger übersandte den Mitgliedern des Stadtrats der Beklagten mit Ausnahme der Bürgermeisterin ein Schreiben, welches diesen am 9. beziehungsweise zuging (im Folgenden: das Schreiben). Darin heißt es wörtlich auszugsweise:
"Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
bezugnehmend auf einige Anfragen aus den Fraktionen bzw. einzelner
Stadtratsmitglieder habe ich mich entschlossen, Ihnen nochmals über den weiteren Verlauf bzw. die jetzige Situation im Abwasserbetrieb Auskunft zu erteilen.
Da die einzelnen Schwerpunkte auch weit in den Raum der kommunalen
Ortschaftsarbeit hineinreichen und ich somit auch teilweise aus der Sicht
des Ortsbürgermeisters Stellung nehme, wird dieses Schreiben zwar mit
meiner Unterschrift, jedoch ohne Zusatz der Dienstbezeichnung erfolgen.
...
Satzungen - Gebührenkalkulation
Mit hohem geistigem Aufwand werden nunmehr kurz vor Toresschluss Satzungen für den Regiebetrieb 'erarbeitet'. Dies geschieht durch die Umschreibung der alten Satzungen ... Da man ja völlig fehlerfrei arbeitet, so zumindest nach Auffassung Ihrer Bürgermeisterin, muss nunmehr eine Lüge herhalten. Es wird behauptet, dass der Grund warum keine neuen Satzungen erarbeitet werden, die fehlende Kalkulation der Abwassergebühren ... ist. Bereits seit August 2016 liegen neue Kalkulationen vor. Der Verwaltungsrat der AöR wollte in seiner Sitzung am genau diese neuen Gebühren beschließen. Wie so oft hat Ihre Bürgermeisterin bei wichtigen Entscheidungen allerdings gefehlt. Durch windige Erklärungen z.B. Ladungsfristen und der übliche Tenor 'es ist ja sowieso alles falsch', hat sie auch einige Stadträte, die auch Mitglied des Verwaltungsrat sind, überzeugt, die Sitzung platzen zu lassen... Die Gründe für den Boykott Ihrer Bürgermeisterin liegen klar auf der Hand.
1. Die beträchtlichen Gebührensenkungen sind Ausdruck der guten Arbeit der AöR ... Mit dieser Erfolgsmeldung wäre es für Frau Dr. H. schwer geworden, in den folgenden Ortschaftsratssitzungen ein positives Votum zur Auflösung AöR zu erhalten.
2. Ihre Bürgermeisterin hätte nicht im Mittelpunkt gestanden. Das heißt, dieses Erfolgserlebnis wäre nicht auf sie projiziert worden. ...
3. Es stehen bestimmt schon die der Stadt nahen Anwälte und Wirtschaftsprüfer bereit, um sofort nach Auflösung der AöR für viel Geld neue und auch alte vorhandene Kalkulationen und Satzungen zu erarbeiten ...
Abwasserbeseitigungskonzept
Sicherlich ist es noch in Ihren Gehörgängen eingebrannt:
'Niederschlagswasserbeseitigungskonzept der Anstalt völlig falsch, mit unterirdischen Ergebnissen und mit vernichtender Kritik durch die Untere Wasserbehörde belegt'.
Als Anlage 2 füge ich ein Gesprächsprotokoll ... und eine Stellungnahme des zuständigen Mitarbeiters der Unteren Wasserbehörde ... bei. ...
Nach aufmerksamer Studie werden Sie ... feststellen, dass das im Jahr 2014 vorgelegte Abwasserbeseitigungskonzept keinen Änderungsbedarf aufweist. Es ist vermutlich dem unbeschreiblich hohen Sachverstand der Bürgermeisterin geschuldet, als sie durchs Land gezogen ist und in organisierten Massenaufläufen die Falschheit des Abwasserbeseitigungskonzeptes propagiert hat. Frei nach dem Motto, der Weg ist das Ziel - egal mit welchem Wahrheitsgehalt.
Aufhebung aller Niederschlagswasserbeitragsbescheide
In meinem letzten an Sie gerichteten Schreiben habe ich ausdrücklich auf die von der Bürgermeisterin geplante und durch den Verwaltungsrat zu beschließende vollumfängliche Bescheidrücknahme hingewiesen. Ich habe ausdrücklich davor gewarnt, drei Tage vor dem bekannten Beratungstermin bei der Unteren Wasserbehörde ... die Vernichtung aller, sogar bestandskräftig gewordener Bescheide, zu beschließen. ... Es kann angenommen werden, dass schon aus den Untersuchungsergebnissen vom Baugrundbüro ... erkennbar geworden ist, dass das Abwasserbeseitigungskonzept aus 2014 halten wird. Daher wäre nach Bekanntwerden der Ergebnisse die Aufhebung aller Bescheide nicht mehr erklärbar gewesen. Somit wurde durch Ihre Bürgermeisterin die schnelle Umsetzung ihrer Beschlussideen forciert. Denn wie hätte sie dagestanden, wenn sie den Geistern, die sie rief (Bürgerinitiative usw.) hätte erklären müssen, dass fast alles richtig war und zahlreiche Bescheide nicht aufgehoben werden können. Das durfte keinesfalls passieren, also wurden - unter Aufrechterhaltung der Falschbehauptung - beitragspflichtige Grundstücke durch Bescheidaufhebung der Verjährung zugeführt.
..."
5 Unter anderem wegen dieser Äußerungen kündigte der Abwasserbetrieb unter dem - zugegangen am selben Datum - schriftlich den Anstellungsvertrag, nachdem der Verwaltungsrat zwei Tage zuvor die Abberufung des Klägers als Vorstand mit sofortiger Wirkung beschlossen hatte.
6 Das Landgericht hat der auf Feststellung des Fortbestehens des Dienstverhältnisses und Herausgabe des vom Kläger bis zur Kündigung genutzten Fahrzeugs gerichteten Klage mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Beklagte dem Kläger einen Firmenwagen zur Privatnutzung zur Verfügung zu stellen habe. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Gründe
7 Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I.
8 Das Berufungsgericht hat ausgeführt (BeckRS 2018, 41776), die Kündigung sei wirksam, ohne dass es einer vorherigen Abmahnung bedurft hätte. Ein zur Kündigung berechtigender wichtiger Grund liege vor, wenn zunächst der Sachverhalt "an sich" als wichtiger Grund geeignet sei. Ein solcher könne in der groben Beleidigung des Arbeitgebers oder anderer Betriebsangehöriger liegen, soweit damit nach Form oder Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung verbunden sei. Diese Grundsätze seien entsprechend auf das Dienstverhältnis zwischen einer Anstalt öffentlichen Rechts und ihrem Vorstand anzuwenden. Es komme entscheidend auf den mit der Pflichtverletzung einhergehenden Vertrauensbruch und damit die Zumutbarkeit der Fortsetzung des Dienstverhältnisses gerade als Vorstand an. Sodann bedürfe es der Prüfung, ob die Fortsetzung des Dienstverhältnisses unter Abwägung der beiderseitigen Interessen bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung, hier zwei Monate bis zum Monatsende, zumutbar sei.
9 Nach diesen Maßstäben sei die Kündigung wirksam. Der Kläger habe die Bürgermeisterin der Begehung von Straftaten bezichtigt sowie grob beleidigt und sie damit innerhalb der Organisation der Beklagten herabgesetzt und als unfähig dargestellt. Sein Schreiben sei auf Häme und Abrechnung gerichtet gewesen und stelle ein grob illoyales Verhalten dar. Damit sei der Zusammenarbeit das gegenseitige Vertrauen entzogen. Der Kläger habe sich nicht nur in seiner Stellung als Ortsbürgermeister, sondern und gerade als Vorstand des Abwasserbetriebs geäußert. Er habe sowohl die Bürgermeisterin als auch die mit der Abwasserproblematik befassten weiteren Beschäftigten bei der Beklagten der Lächerlichkeit preisgegeben. Die Bürgermeisterin habe er offen der Lüge bezichtigt. Ob die fragliche Aussage wahr sei, sei unerheblich. Es komme lediglich auf den die Grenze zur Schmähkritik überschreitenden Charakter der Äußerungen an, weil der Kläger sich ganz ersichtlich nicht mehr auf die Auseinandersetzung in der Sache beschränkt, sondern die Diffamierung der Person der Bürgermeisterin im Vordergrund gestanden habe. Ob die Vorwürfe objektiv berechtigt gewesen seien, könne daher dahinstehen. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, gegenüber dem Gemeinderat nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet zu sein. Er habe mit seinem Schreiben nicht einer eventuellen Rechenschafts- und Berichtspflicht nachkommen wollen, was schon daraus folge, dass er das Schreiben nicht auch der Bürgermeisterin als Gemeinderatsmitglied übersandt habe.
10 Seine Äußerungen fielen sowohl einzeln als auch insgesamt nicht mehr in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG. Dieses Grundrecht gelte nicht schrankenlos, sondern sei durch die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre beschränkt. Dies gelte insbesondere dann, wenn auf Seiten des Dienstherrn das Persönlichkeitsrecht betroffen sei; auch gehöre § 241 Abs. 2 BGB zu den allgemeinen Gesetzen. Erweise sich - wie hier - das Werturteil als Formalbeleidigung oder Schmähkritik, müsse die Meinungsfreiheit regelmäßig zurücktreten. Zwar sei nicht jede überzogene Kritik eine Schmähung; dafür müsse hinzutreten, dass nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund stehe. Nach diesen Maßstäben habe der Kläger seine Pflicht zur Rücksichtnahme gemäß § 241 BGB in erheblichem Maße verletzt, weil er nicht nur die Beklagte und andere Entscheidungsträger als Amtsträger, sondern auch als Persönlichkeit diffamiert habe. Es sei ihm nicht um Aufklärung, sondern um die öffentliche Diffamierung der Bürgermeisterin gegangen.
11 Der Beklagten sei die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses bis zum Ende des fiktiven Zeitpunkts einer ordentlichen Kündigung nicht zumutbar gewesen. Das Interesse der Beklagten überwiege ganz eindeutig. Zwar seien die Folgen der Kündigung für den Kläger erheblich, zugunsten der Beklagten sei aber zu berücksichtigen, dass der Kläger durch das Schreiben das erforderliche Vertrauensverhältnis vollständig zerstört habe. Da bereits dieser Kündigungsgrund durchgreife, komme es auf die weiteren von der Beklagten geltend gemachten Kündigungsgründe nicht an.
II.
12 Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
13 1. Zutreffend - und von der Revision unbeanstandet - ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB durch die Satzung des Abwasserbetriebs nicht ausgeschlossen und das Kündigungsschutzgesetz unanwendbar ist. Auch in formeller Hinsicht begegnet die Kündigungserklärung keinen Bedenken.
14 Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht des Weiteren ausgeführt, dass die Kündigung nicht bereits deshalb unwirksam ist, weil es zuvor einer Abmahnung des Klägers bedurft hätte. Bei der Kündigung eines Organmitglieds ist eine vorherige Abmahnung nicht erforderlich. Das Institut der Abmahnung ist ursprünglich im Arbeitsrecht im Hinblick auf die soziale Schutzbedürftigkeit abhängig Beschäftigter entwickelt worden. Der Bundesgerichtshof wendet ein solches Erfordernis auf Leitungsorgane von Kapitalgesellschaften nicht an. Sie kennen regelmäßig die ihnen obliegenden Pflichten und sind sich über die Tragweite etwaiger Pflichtverletzungen auch ohne besondere Hinweise und Ermahnungen im Klaren (vgl. , NJW 2000, 1638, 1639 und vom - II ZR 14/00, NJW-RR 2002, 173 f.). An dieser Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof nach der Schuldrechtsreform unter der Geltung des § 314 Abs. 2 BGB festgehalten, weil die Zuweisung einer Arbeitgeberfunktion an den organschaftlichen Vertreter ein besonderer Umstand im Sinne von § 314 Abs. 2 Satz 3 BGB ist (, NJW-RR 2007, 1520 f zu § 314 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB aF; so auch Wisskirchen/Kuhn in BeckOK-GmbHG, Stand: , § 6 Rn. 166 mwN). Soweit die Gegenauffassung meint, dass anderenfalls jede leichte Pflichtverletzung genüge, um eine fristlose Kündigung auszusprechen (so Spindler in MüKoAktG, 5. Aufl., § 84 Rn. 179), trifft dies im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Annahme eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB (hierzu sogleich) nicht zu - unbeschadet des Umstands, dass der Wiederholung einer bereits beanstandeten leichten Pflichtverletzung insbesondere bei Organmitgliedern regelmäßig ein schwereres Gewicht zukommt. Diese Erwägungen gelten in gleicher Weise für das Organ einer Anstalt des öffentlichen Rechts, wie dies der Kläger ist.
15 2. Rechtsfehlerhaft sind indes die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht das Schreiben des Klägers als wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB gewertet hat. Nach dieser Vorschrift ist ein wichtiger Grund gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu dessen vereinbarter Beendigung nicht zugemutet werden kann. Die Entscheidung darüber verantwortet in erster Linie der Tatrichter. Das Revisionsgericht kann nur nachprüfen, ob ein bestimmter Vorgang an sich ohne Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben. Im Übrigen sind die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nur darauf nachzuprüfen, ob es Rechtsvorschriften und Erfahrungssätze nicht oder nicht richtig angewendet und ob es bei seiner Würdigung Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat (vgl. Senat, Urteil vom - III ZR 126/15, BGHZ 209, 52 Rn. 30 mwN). Solche Rechtsfehler liegen hier vor, soweit das Berufungsgericht die Äußerungen des Klägers als Schmähkritik beurteilt hat und zu seinen Lasten von einer Verletzung seiner Pflicht zur Verschwiegenheit ausgegangen ist.
16 a) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Äußerungen seien als Schmähkritik oder Formalbeleidigung zu qualifizieren und nähmen deshalb nicht am Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG teil. Zwar hat das Berufungsgericht im Rahmen der Prüfung, ob ein wichtiger Grund zur Kündigung des Anstellungsvertrags vorlag, eine Interessenabwägung vorgenommen. Bei dieser hat es jedoch den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verkannt, und es ist nicht auszuschließen, dass deren Ergebnis hierauf beruht
17 aa) Wegen seiner die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verdrängenden Wirkung ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. zB , NJW 2002, 1192, 1193 und vom - VI ZR 39/14, NJW 2015, 773 Rn. 18; BVerfGE 93, 266, 294; BVerfG, NJW 2014, 3357 Rn. 11). Eine Schmähung liegt bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vor und ist eher auf die Privatfehde beschränkt (vgl. zB aaO; BVerfG aaO). Keine Schmähkritik kann angenommen werden, wenn ein Sachbezug nicht von vornherein zu verneinen ist (vgl. BVerfG, NZA 2018, 924 Rn. 8; NJW 2019, 2600 Rn. 19). Bei der Beurteilung, ob Schmähkritik vorliegt, darf eine Aussage zudem nicht isoliert gewürdigt werden, sondern ist in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist (vgl. , NJW 2007, 686 Rn. 19 und vom aaO Rn. 19).
18 bb) Nach diesen Grundsätzen sind die fraglichen Äußerungen insgesamt nicht als Schmähkritik zu qualifizieren. Dem Schreiben des Klägers kann bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung ein Sachbezug nicht abgesprochen werden. Es handelt sich zwar um eine teilweise polemische, überspitzte und von unangemessener Emotion getragene Kritik; diese hat aber eine sachliche Auseinandersetzung zur Grundlage.
19 (1) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläger habe, indem er die Bürgermeisterin der Lüge bezichtigt habe, jegliche sachliche Grundlage verlassen; aus dem Gesamtzusammenhang ergebe sich eine gewollte Herabsetzung und Schmähung der Bürgermeisterin. Eine derartige öffentliche Abwertung habe in jedem Fall zu unterbleiben, auch wenn die vom Kläger in Bezug genommenen Behauptungen der Bürgermeisterin fehlerhaft sein sollten. Darüber hinaus reichten die vom Kläger vorgetragenen Indizien für die Bejahung des subjektiven Tatbestands nicht aus.
20 Diese Erwägungen sind - bezogen auf die dargestellten Maßstäbe - in sich widersprüchlich. Die Bezeichnung einer Äußerung der Bürgermeisterin als "Lüge" bezieht sich zuvörderst auf den die Wahrheit verfehlenden Inhalt dieser Erklärung und damit auf die Sache. Sie ist - soweit es am Vorsatz des Klägers fehlt - allenfalls eine Überspitzung. Ein Sachbezug kann daher nicht ausgeschlossen werden, sondern liegt vielmehr auf der Hand (vgl. zur Verneinung von Schmähkritik bei der Bezeichnung des Inhalts eines Zivilurteils als "perfide Lüge" , juris).
21 (2) Auch soweit das Berufungsgericht das in den Äußerungen des Klägers enthaltene Werturteil, den Vorwurf des Taktierens, der Dummheit, des Boykotts und der bewussten Schädigung, als Formalbeleidigung gewertet hat, die nicht vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst sei, hat es dieser nicht die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gebotene Bedeutung beigemessen. Eine Äußerung ist nur dann eine Formalbeleidigung in dem Sinne, dass sie wie Schmähkritik nicht den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG genießt, wenn ihr jeder Sachbezug fehlt (vgl. , NJW 2009, 3580 Rn. 20). Dies trifft auf die von der Vorinstanz als Formalbeleidigung gewerteten Äußerungen nicht zu.
22 (a) Den Vorwurf des Boykotts und des Taktierens hat das Berufungsgericht der Äußerung des Klägers entnommen "mit hohem geistigem Aufwand werden nunmehr kurz vor Toresschluss Satzungen für den Regiebetrieb 'erarbeitet'. ... Da man ja völlig fehlerfrei arbeitet, so zumindest nach Auffassung Ihrer Bürgermeisterin, muss nunmehr eine Lüge herhalten. ... Durch windige Erklärungen z.B. Ladungsfristen und der übliche Tenor ‚es ist ja sowieso alles falsch‘, hat sie auch einige Stadträte, die auch Mitglied des Verwaltungsrats sind, überzeugt, die Sitzung platzen zu lassen ... Die Gründe für den Boykott Ihrer Bürgermeisterin liegen klar auf der Hand. 1. Die beträchtlichen Gebührensenkungen sind Ausdruck der guten Arbeit der AöR ... 2. Ihre Bürgermeisterin hätte nicht im Mittelpunkt gestanden. Das heißt, dieses Erfolgserlebnis wäre nicht auf sie projiziert worden...". Diese Argumentation habe der Kläger fortgeführt, indem er der Bürgermeisterin vorgeworfen habe, ihr schnelles Handeln sei dem Umstand geschuldet, selbst gut dastehen zu wollen und nicht "erklären zu müssen, dass fast alles richtig war".
23 Diese Ausführungen beziehen sich sämtlich auf vom Kläger behauptete konkrete Vorgänge und weisen damit einen sachlichen Bezug auf. Die Äußerungen liegen auch nicht deshalb außerhalb des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, weil die zugrundeliegenden Tatsachenbehauptungen des Klägers (bewusst) unwahr wären (vgl. dazu zB , NJW 2013, 790 Rn. 12). Das Berufungsgericht hat insoweit keine Feststellungen getroffen, vielmehr ausgeführt, es komme nicht darauf an, ob die dem fraglichen Vorwurf zugrundeliegenden Tatsachen, wie die Aufhebung mehrerer Verwaltungsratssitzungen, wahr seien.
24 (b) Entsprechendes gilt, soweit die Vorinstanz den Vorwurf der "Dummheit" als Formalbeleidigung qualifiziert hat. Der Kläger verwendete in seinem Schreiben weder diesen Begriff noch das entsprechende Adjektiv. Das Berufungsgericht hat diesen Vorwurf - soweit nachvollziehbar - aus den Ausführungen des Klägers abgeleitet, es sei "vermutlich dem unbeschreiblich hohen Sachverstand der Bürgermeisterin geschuldet, als sie durchs Land gezogen ist und in organisierten Massenaufläufen die Falschheit des Abwasserbeseitigungskonzeptes propagiert hat", obwohl das im Jahr 2014 vorgelegte Abwasserbeseitigungskonzept keinen Änderungsbedarf aufgewiesen habe. Damit sprach der Kläger zwar - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - der Bürgermeisterin "einen hohen Sachverstand" ab. Abgesehen davon, dass fehlender Sachverstand nicht mit Dummheit gleichzusetzen ist, enthält diese Aussage einen Sachbezug, indem sie sich auf die inhaltliche Darstellung des Abwasserkonzepts durch die Bürgermeisterin in der Öffentlichkeit bezieht, deren Unrichtigkeit - mangels abweichender Feststellungen - zu unterstellen ist. Es handelt sich damit - wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend erkannt hat - lediglich um eine "sarkastische Überzeichnung", also eine überspitzte Auseinandersetzung, die aber in der Sache erfolgt ist.
25 (c) Auch soweit die Vorinstanz in dem Vorwurf einer bewussten Schädigung der Beklagten durch die Bürgermeisterin eine Formalbeleidigung gesehen hat, wird dies den dargelegten Anforderungen nicht gerecht. Eine entsprechende Formulierung findet sich in dem Schreiben des Klägers nicht. Die vom Berufungsgericht angenommene Beleidigung beruht wohl auf der Behauptung des Klägers, die Bürgermeisterin habe "beitragspflichtige Grundstücke durch Bescheidaufhebung der Verjährung zugeführt", was die Vorinstanz dahin ausgelegt hat, der Kläger habe der Bürgermeisterin vorgeworfen, sie habe "sehenden Auges und zielgerichtet" Gebührenbescheide verjähren lassen. Auch diese Ausführungen beziehen sich auf konkrete Vorgänge. Allein der Umstand, dass der Vorwurf des Klägers gegen die Bürgermeisterin zumindest in subjektiver Hinsicht nicht durch die vorgebrachten Tatsachen gerechtfertigt war - wie dies im angefochtenen Urteil ausgeführt ist -, entzieht der Äußerung ihre sachliche Grundlage nicht, sondern lässt diese jedenfalls bei der revisionsrechtlich zu unterstellenden inhaltlichen Richtigkeit des Vorwurfs in objektiver Hinsicht lediglich als überspitzte Kritik erscheinen.
26 cc) Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Hält ein Gericht eine Äußerung fälschlich für eine Formalbeleidigung oder Schmähung, mit der Folge, dass eine konkrete Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände entbehrlich wird, so liegt darin ein verfassungsrechtlich erheblicher Fehler, der zur Aufhebung führt, wenn die Entscheidung hierauf beruht (vgl. BVerfGE 93, 266, 294). Zwar hat das Berufungsgericht im Hinblick auf das Vorliegen eines wichtigen, eine außerordentliche Kündigung rechtfertigenden Grundes eine Abwägung der gegenseitigen Interessen vorgenommen. In einem solchen Fall kann die Verkennung des Schutzbereichs der Meinungsfreiheit unerheblich sein, wenn sich feststellen lässt, dass das Gericht in diesem Rahmen der Äußerung im Ergebnis nicht das Maß an Schutz vorenthalten hat, das ihr als Werturteil ohne schmähenden Charakter zukam (vgl. BVerfG, NZA 2018, 924 Rn. 10). Das ist hier indes nicht der Fall. Die Vorinstanz hat die Wirkungen der Äußerungen nicht wenigstens hilfsweise auch unter der Prämisse erörtert, dass diese unter dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG stehen. Vielmehr hat das Berufungsgericht gerade aus der fehlerhaften Qualifizierung der Äußerungen des Klägers als Schmähkritik und Formalbeleidigung den Schluss gezogen, es liege ein Fall vor, in dem die Meinungsfreiheit regelmäßig zurücktreten müsse. Bei der Abwägung der Interessen der Parteien ist es - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - auf den grundrechtlichen Schutz der Äußerungen des Klägers nicht eingegangen. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Bewertung, ein wichtiger Grund für die Kündigung des Anstellungsvertrags im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB habe vorgelegen, im Ergebnis auf der Verkennung des Schutzbereichs der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG beruht.
27 b) Rechtsfehlerhaft ist es auch, dass das Berufungsgericht eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht des Klägers angenommen hat.
28 aa) Zutreffend allerdings hat das Berufungsgericht zugrunde gelegt, dass es der Berücksichtigung eines solchen Vorwurfs nicht entgegensteht, dass die Beklagte ihre Kündigung in dem Schreiben vom hierauf nicht gestützt hat (vgl. , BGHZ 157, 151, 157).
29 bb) Jedoch tragen die bisherigen Feststellungen nicht die Beurteilung, dass der Kläger gegen seine Verschwiegenheitspflicht verstoßen hat.
30 Soweit das Berufungsgericht auf § 5 Abs. 2 Satz 1 der Satzung des Abwasserbetriebs abgestellt hat, lässt sich bereits nicht beurteilen, ob die Äußerungen des Klägers hiervon umfasst sind. Diese Bestimmung betrifft nur vertrauliche Angelegenheiten sowie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Das Berufungsgericht hat bisher jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob und inwieweit die Äußerungen des Klägers solche Informationen enthalten.
31 Dessen ungeachtet ist diese Verpflichtung ebenso wie die weitergehende Verschwiegenheitspflicht gemäß § 10 Satz 1 des Anstellungsvertrages gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 der Satzung des Abwasserbetriebs dahin eingeschränkt, dass Äußerungen gegenüber den Organen der Beklagten, also insbesondere ihrem Gemeinderat (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 1 KVG LSA), hiervon ausgenommen sind. Das Berufungsgericht hat angenommen, da der Kläger das Schreiben nicht an alle Mitglieder des Gemeinderats verschickt habe, könne er sich auf diese Ausnahme nicht berufen. Das ist rechtsfehlerhaft. § 5 Abs. 2 Satz 3 der Satzung legitimiert auch solche Äußerungen, die an einzelne Mitglieder des Gemeinderats gerichtet sind. Die gegenteilige Auffassung wird der Funktion und Bedeutung der Mandatsträger nicht gerecht.
32 Bedient sich der Staat im Rahmen sogenannter funktionaler Selbstverwaltung (vgl. hierzu BVerfGE 107, 59, 89 f) zur Erfüllung seiner Aufgaben einer Körperschaft oder - wie hier - Anstalt des öffentlichen Rechts, so ist dies nur zulässig, weil und soweit das Volk auch insoweit sein Selbstbestimmungsrecht wahrt, indem es maßgeblichen Einfluss auf dieses Handeln behält. Das erfordert, dass die Aufgaben und Handlungsbefugnisse der Organe in einem von der Volksvertretung beschlossenen Gesetz ausreichend vorherbestimmt sind und ihre Wahrnehmung der Aufsicht personell demokratisch legitimierter Amtswalter unterliegt (vgl. BVerfG aaO S. 94). Über kommunale Anstalten übt der Gemeinderat als die demokratisch gewählte Vertretung des Volkes (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG) diese Kontrolle aus, die auch im Hinblick auf die Gewährträgerhaftung der Gemeinde für Verbindlichkeiten der Anstalt (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 Anstaltsgesetz LSA) geboten ist. Der Gemeinderat verfügt aber über die für diese Kontrolle erforderlichen Kenntnisse nur vermittelt durch seine Mitglieder. Diese sind wiederum zu einer effektiven Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf Informationen aus dem Bereich der Verwaltung angewiesen und haben daher als Ausfluss ihrer Mitgliedschaft einen individuellen verfassungsunmittelbaren Informationsanspruch, um die Kontrolle über die Tätigkeit der Verwaltung effektiv ausüben zu können (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, NVwZ-RR 2010, 123, 124), wie auch eine Verpflichtung, sich selbständig über die Angelegenheiten der Gemeinde zu informieren (vgl. Katz, KommJur 2018, 241, 242 sowie zur Obliegenheit eines Gemeinderatsmitglieds, selbständig Anfragen an die Verwaltung zu richten, OVG Sachsen, LKV 2012, 366 Rn. 8). Vor diesem Hintergrund kann § 5 Abs. 2 Satz 3 der Satzung des Abwasserbetriebs nicht dahin verstanden werden, dass der Kläger sich nur gegenüber dem Gemeinderat als Ganzem äußern durfte. Dies gilt insbesondere, soweit er auf Fragen von Mitgliedern des Gemeinderats antwortete, wie er dies in seinem Schreiben angab und wozu das Berufungsgericht bisher keine abweichenden Feststellungen getroffen hat.
33 c) Schließlich tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht die Beurteilung, der Kläger habe seine Äußerungen an die Öffentlichkeit gerichtet, was die Vorinstanz zu seinen Lasten berücksichtigt hat. Auch insofern beruht die Bewertung des Schreibens als ein die außerordentliche Kündigung rechtfertigender Grund auf einem Rechtsfehler.
34 Zutreffend ist die Vorinstanz allerdings davon ausgegangen, dass öffentliche Äußerungen in besonderer Weise geeignet sind, ein Vertrauensverhältnis zu schädigen. Der Kläger unterlag als Organ einer kommunalen Anstalt besonderen Anforderungen an seine Loyalität und war deshalb gehalten, sich über die Angelegenheiten der Anstalt sachlich, insbesondere frei von persönlichen Interessen zu äußern. Erst recht gilt dieses Sachlichkeitsgebot für Bekundungen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind oder deren Vertraulichkeit nicht hinreichend gewährleistet erscheint. Eine Äußerung entfaltet dadurch, dass sie in die Öffentlichkeit gelangt, zusätzliche Wirkungen, die das für eine gedeihliche Zusammenarbeit erforderliche Vertrauen leichter zerstören können.
35 Aus den vorstehenden Darlegungen (Buchst. b) Doppelbuchst. bb)) folgt jedoch, dass Äußerungen gegenüber den Mitgliedern des Gemeinderats nicht ohne weitere Voraussetzungen als "öffentlich" zu qualifizieren sind. Es fehlen Feststellungen, ob und inwieweit die einzelnen Äußerungen des Klägers gegenüber den Mitgliedern des Gemeinderats, die ihrerseits gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten unterliegen (insbesondere gemäß § 52 Abs. 2, 3 KVG LSA), vermittelt durch diese an eine weitere Öffentlichkeit gelangt sind beziehungsweise inwieweit das breite Bekanntwerden aus der maßgeblichen Sicht zum Zeitpunkt der Äußerung zu besorgen war.
36 Auch aus der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen lässt sich der Vorwurf, die Äußerungen seien publik geworden, nicht herleiten. Die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen dient der direkten Teilhabe der Einwohner und Bürger an der kommunalen Selbstverwaltung, ohne die lebendige örtliche Demokratie nicht möglich ist (vgl. Landtag Sachsen-Anhalt Drucks. 6/2247 S. 130 f, 192). Soweit daher in einer Sitzung des Gemeinderats als dem zur Erörterung kommunaler Angelegenheiten zuständigen Ort Äußerungen - gefiltert durch die insofern erforderliche Vermittlung durch seine Mitglieder - "öffentlich" werden, so beruht dies auf der demokratischen kommunalverfassungsrechtlichen Organisationsstruktur der Gemeinde und kann vor diesem Hintergrund nicht mit einer unmittelbaren Äußerung an die Öffentlichkeit gleichgesetzt werden.
37 3. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wobei der Senat Veranlassung gesehen hat, von § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch zu machen. Im neuen Verfahren wird das Berufungsgericht auch Gelegenheit haben, sich gegebenenfalls mit den weiteren gegen die bisherige Auslegung seiner Äußerungen erhobenen Rügen des Klägers zu befassen, auf die einzugehen der Senat im vorliegenden Verfahrensstadium keine Veranlassung hat. Sodann wird es im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG unter Berücksichtigung der sonstigen schützenswerten Rechtspositionen, insbesondere des Persönlichkeitsrechts der Bürgermeisterin, abzuwägen haben, in welchem Maße der Kläger den Schutz der Meinungsfreiheit genießt. In einem weiteren Schritt wird es auf der Grundlage dieser ersten Abwägung erneut prüfen müssen, ob die fraglichen Äußerungen eine Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigen.
38 Gegebenenfalls wird sich das Berufungsgericht auch oder stattdessen mit den weiteren Kündigungsgründen zu befassen haben, zu denen es von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig bislang keine Feststellungen getroffen hat.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:070520UIIIZR10.19.0
Fundstelle(n):
NWB-Eilnachricht Nr. 28/2020 S. 2056
AAAAH-52598