Online-Nachricht - Donnerstag, 02.07.2020

Einkommensteuer | Zur Entnahme von selbst erzeugter Wärmeenergie (BFH)

Die Wärmeenergie verselbständigt sich zu einem eigenen Wirtschaftsgut, wenn sie über Wärmemengenzähler bestimmungsgemäß an Abnehmer geliefert oder für private Zwecke verbraucht wird. Der private Verbrauch selbst erzeugter Wärmeenergie ist keine mit den tatsächlichen Selbstkosten anzusetzende Nutzungsentnahme, sondern eine nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 Halbsatz 1 EStG mit dem Teilwert zu bewertende Sachentnahme. Die (Wieder-)Herstellungskosten sind auch bei sog. Kuppelerzeugnissen tauglicher Maßstab zur Bestimmung des Teilwerts. Als Teilwert ist jedoch der Veräußerungspreis anzusetzen, wenn sich für Erzeugnisse gleicher Art und Güte ein niedrigerer Marktpreis gebildet hat (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GbR. Ihre Gesellschafter sind Eheleute. Die Klägerin betreibt seit 2012 ein Blockheizkraftwerk (BHKW) mit Biogasanlage mit einer Maximalleistung von 75 kWh. Verwertet zu Strom wird überwiegend die im landwirtschaftlichen Betrieb des Gesellschafters anfallende Gülle. Der Strom wird vollständig entgeltlich in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Die beim Betrieb des Blockheizkraftwerks anfallende Wärme wird zum einen zum Beheizen des Wohnhauses der Gesellschafter genutzt. Zum anderen liefert die Klägerin entgeltlich Wärme an den Cousin eines Gesellschafters zum Beheizen dessen Wohnhauses.

Die Klägerin setzte für die Nutzung der Wärme zu privaten Zwecken ihrer Gesellschafter einen Entnahmewert unter Berücksichtigung des dem Cousin des Gesellschafters in Rechnung gestellten Werts je kWh an. Das beklagte FA erhöhte Wert unter Berücksichtigung des bundesweit einheitlichen durchschnittlichen Fernwärmepreises, der anhand tatsächlicher Verkäufe innerhalb Deutschlands ermittelt wird.

Die Klage hatte vor dem FG Erfolg. Das FG () führte aus, dass eine Nutzungsentnahme mit dem Teilwert anzusetzen ist und dass dieser im Streitfall antragsgemäß mit dem Wert, zu dem die Klägerin die Wärme an den weiteren angeschlossenen Haushalt liefert, zu berücksichtigen ist.

Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück und führte aus:

  • Das FG hat als Bewertungsmaßstab für die Entnahme zu Recht nach § 6 Abs. 7 Nr. 2, Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 Halbsatz 1 EStG den Teilwert zugrunde gelegt. Denn die in den Verkehr gebrachte Wärmeenergie stellt ein (bilanzierungsfähiges) Wirtschaftsgut dar. Der private Verbrauch der Wärmeenergie ist daher entgegen der Auffassung des FA keine mit den tatsächlichen Selbstkosten anzusetzende Nutzungsentnahme.

  • Der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts ist weit zu fassen und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen. Nach ständiger Rechtsprechung beinhaltet der Begriff des zu aktivierenden "Wirtschaftsguts" in Anlehnung an den Begriff "Vermögensgegenstand" im Handelsrecht nicht nur Sachen und Rechte i. S. des BGB, sondern auch sonstige Vorteile (vgl. ).

  • In verschiedenen Ländererlassen gehen die Finanzverwaltungen bezüglich der Bewertung der für private Zwecke verbrauchten Wärme stillschweigend davon aus, dass diese Energie ein Wirtschaftsgut sei. Denn sie bewerten diese Entnahme mit dem Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG (z.B. Schreiben der OFD NRW v. - S 2130 2011/0003 St 146, Tz. 2.2).

  • Das FG kam nach Würdigung der im Streitfall gegebenen Umstände zu dem Ergebnis, dass der mit dem Cousin des Gesellschafters für die Lieferung der Wärmeenergie vereinbarte Veräußerungspreis von 2,521 Cent/kWh marktgerecht war. Dieser Preis, so das FG, habe dem regional üblichen entsprochen, der für die Lieferung von Abwärme aus BHKW erzielbar gewesen sei. Diese Würdigung ist möglich und verstößt weder gegen Denkgesetze noch Erfahrungssätze.

Quelle: , NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB SAAAH-52459